JudikaturVfGH

V90/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
25. Februar 2025
Leitsatz

Aufhebung einer Wort- und Zeichenfolge einer Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl betreffend ein Fahrverbot für Fahrzeuge mit über 2t Gesamtgewicht über eine Brücke mangels Begründung der Erforderlichkeit

Spruch

I. Die Wort- und Zeichenfolge "KG Wurmbrand 6. FAHRVERBOT FÜR FAHRZEUGE MIT ÜBER 2 t GESAMTGEWICHT (§52 lita Z9c StVO) im Zuge der Brücke über den 'Zwettl' Fluß nächst dem Grundstück .37/1, KG Wurmbrand" der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 30. März 2010, ZZTS1 V 0676/006, kundgemacht durch Anbringung von Straßenverkehrszeichen, war gesetzwidrig.

II. Die Niederösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Antrag an den Verfassungsgerichtshof begehrt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, "Punkt 6 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 30.03.2010, Zl ZTS1 V 0676/006, also die Wort- und Zeichenfolge 'KG Wurmbrand 6. FAHRVERBOT FÜR FAHRZEUGE MIT ÜBER 2 t GESAMTGEWICHT (§52 lita Z9c StVO) im Zuge der Brücke über den 'Zwettl' Fluß nächst dem Grundstück .37/1, KG Wurmbrand' als gesetzwidrig aufzuheben".

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 30. März 2010, ZTS1 V 0676/006, haben folgenden Wortlaut (Zitat ohne die Hervorhebungen im Original, die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"Verordnung

Die Bezirkshauptmannschaft Zwettl verfügt gemäß §43 Abs1 litb der Straßenverkehrsordnung 1960StVO 1960 aus Gründen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs im Gemeindegebiet von Groß Gerungs nachstehende Verkehrsmaßnahmen:

[…]

KG Wurmbrand

6. FAHRVERBOT FÜR FAHRZEUGE MIT ÜBER 2 t GESAMTGEWICHT

(§52 lita Z9c StVO 1960) im Zuge der Brücke über den 'Zwettl' Fluß nächst dem Grundstück .37/1, KG Wurmbrand

[…]"

2. Die für die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmungen anzuwendenden Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 StVO. 1960), BGBl 159/1960 , lauten in der jeweils maßgeblichen Fassung wie folgt:

" §43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.

(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung

a) […]

b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,

1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,

2. […]

c)-d) […]

(1a)-(11) […]

§44. Kundmachung der Verordnungen.

(1) Die im §43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des §8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie die Hinweiszeichen 'Autobahn', 'Ende der Autobahn', 'Autostraße', 'Ende der Autostraße', 'Einbahnstraße', 'Ortstafel', 'Ortsende', 'Internationaler Hauptverkehrsweg', 'Straße mit Vorrang', 'Straße ohne Vorrang', 'Straße für Omnibusse' und 'Fahrstreifen für Omnibusse' in Betracht. Als Bodenmarkierungen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen Markierungen, die ein Verbot oder Gebot bedeuten, wie etwa Sperrlinien, Haltelinien vor Kreuzungen, Richtungspfeile, Sperrflächen, Zickzacklinien, Schutzwegmarkierungen oder Radfahrerüberfahrtmarkierungen in Betracht.

(1a)-(5) […]

[…]

§52. Die Vorschriftszeichen

[…]

a) Verbots- oder Beschränkungszeichen

1.-9b. […]

9c. 'FAHRVERBOT FÜR FAHRZEUGE MIT ÜBER t GESAMTGEWICHT'

Dieses Zeichen zeigt an, dass das Fahren mit Fahrzeugen, deren Gesamtgewicht das im Zeichen angegebene Gewicht überschreitet, verboten ist.

9d.-14b. […]

b)-c) […]"

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ist ein Verfahren anhängig, dem folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 11. Jänner 2023 wurde dem Beschwerdeführer im Verfahren vor dem antragstellenden Landesverwaltungsgericht (im Folgenden: Beschwerdeführer) zur Last gelegt, er habe am 14. Juli 2021 zweimal ein nach dem Kennzeichen näher bestimmtes Kraftfahrzeug aus Richtung der Grundstücke Nr 1804 und 672/1 (alte Mühle, "Hausmühle"), KG Wurmbrand, kommend über die Zwettl ausfahrend sowie einmal in die entgegengesetzte Richtung gelenkt und dabei das (im Brückenbereich geltende) "Fahrverbot für Fahrzeuge mit über 2 t Gesamtgewicht" nicht beachtet. Über den Beschwerdeführer wurde daher wegen Übertretung des §52 lita Z9c StVO 1960 gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von € 240,– (96 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und ihm ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgeschrieben.

2. Aus Anlass des Beschwerdeverfahrens gegen dieses Straferkenntnis stellt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Antrag, "Punkt 6 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 30.03.2010, Zl ZTS1 V 0676/006, also die Wort- und Zeichenfolge 'KG Wurmbrand 6. FAHRVERBOT FÜR FAHRZEUGE MIT ÜBER 2 t GESAMTGEWICHT (§52 lita Z9c StVO) im Zuge der Brücke über den 'Zwettl' Fluß nächst dem Grundstück .37/1, KG Wurmbrand' als gesetzwidrig aufzuheben".

2.1. Das antragstellende Landesverwaltungsgericht führt zunächst zur Zulässigkeit des Antrages aus, dass die angefochtene Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl durch die aufgestellten Verkehrszeichen ein Mindestmaß an Publizität erreicht habe. Es sei von der Präjudizialität des Punktes 6 der angefochtenen Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl auszugehen, weil dem Beschwerdeführer eine Übertretung dieser Bestimmung vorgeworfen werde.

2.2. In der Folge legt das antragstellende Landesverwaltungsgericht seine Bedenken gegen die angefochtene Verordnung dar:

2.2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes habe die Behörde vor Erlassung einer verkehrsbeschränkenden Verordnung die im Einzelnen umschriebenen Interessen an der Verkehrsbeschränkung mit dem Interesse an der ungehinderten Benützung der Straße abzuwägen und dabei die (tatsächliche) Bedeutung des Straßenzuges zu berücksichtigen (vgl zB VfSlg 8086/1977, 9089/1981, 12.944/1991, 13.449/1993, 13.482/1993). Die sohin gebotene Interessenabwägung erfordere sowohl die nähere sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung und Umwelt, vor denen die Verkehrsbeschränkung schützen soll, als auch eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse durch ein entsprechendes Anhörungs- und Ermittlungsverfahren (vgl zB VfSlg 12.485/1990, 16.805/2003, 17.572/2005).

2.2.2. Zwar habe vor Erlassung der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 30. März 2010 eine Verhandlung samt Ortsaugenschein und Beiziehung eines verkehrstechnischen Sachverständigen stattgefunden. Jedoch sei hinsichtlich des Punktes 6 dieser Verordnung laut der Niederschrift zur Verhandlung vom 17. Dezember 2009 vom beigezogenen Amtssachverständigen für verkehrstechnische Angelegenheiten (lediglich) ausgeführt worden, dass im Zuge der Sanierung der Brücke nach einem Hochwasser eine Gewichtsbeschränkung auf 2 t aufgestellt worden sei, für die eine Verordnung nicht bestehen dürfte, und dass gegen die Erlassung eines solchen Fahrverbotes für Fahrzeuge mit über 2 t Gesamtgewicht gemäß §52 lita Z9c StVO 1960 aus verkehrstechnischer Sicht keine Bedenken bestünden. Dem Verordnungsakt lasse sich nicht entnehmen, zum Schutz welcher Interessen bzw welcher Rechtsgüter und auf Grund welcher tatsächlichen Umstände die Behörde die Erlassung des Fahrverbotes für erforderlich erachte. Da weder eine Grundlagenforschung noch eine Interessenabwägung durchgeführt worden seien, sei die Verordnung gesetzwidrig.

2.2.3. Nach §44 Abs1 StVO 1960 seien Verordnungen durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen. Die Straßenverkehrszeichen seien dort anzubringen, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginne und ende. §44 Abs1 StVO 1960 lasse sich zwar keine Verpflichtung zur "zentimetergenauen" Einhaltung des in einer Verordnung verfügten räumlichen Geltungsbereiches für die Aufstellung entsprechender Verkehrszeichen entnehmen (VwGH 25.01.2002, 99/02/0014, mwN); differiere der Aufstellungsort eines Verkehrszeichens von der getroffenen Verordnungsregelung allerdings um 5 m, könne von einer gesetzmäßigen Kundmachung keine Rede sein (VwGH 25.06.2014, 2013/07/0294; ähnlich zuletzt VfGH 26.02.2021, V427/2020; beide mwN). Das ein Fahrverbot für Fahrzeuge über 2 t Gesamtgewicht anzeigende und in Fahrtrichtung Westen zu passierende Verkehrszeichen gem. §52 lita Z9c StVO 1960 habe sich zum Tatzeitpunkt rund 5,9 m vom rechten Brückengeländer entfernt befunden. Auf Grund dieser erheblichen Abweichung des Aufstellungsortes hegt das Verwaltungsgericht Zweifel an einer gesetzmäßigen Kundmachung.

Die Niederösterreichische Landesregierung sowie die verordnungserlassende Behörde haben mitgeteilt, dass auf Grund eines Anlassfalles das Fahrverbot neu verordnet worden sei. Im Zuge des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sei eine statische Nachberechnung erfolgt, die eine mögliche Gesamtbelastung der Brücke über den Zwettlfluss von bis zu 10 t ergeben habe. Sohin sei am 8. August 2024 eine Verordnung (ZTS1 V 0676/027) erlassen worden, wonach das Befahren der Brücke im Bereich der Hausmühle auf Grundstück Nr 672/1, KG Wurmbrand, mit Fahrzeugen mit über 10 t Gesamtgewicht verboten und die Verordnung ZTS1 V 0676/006 vom 30. März 2010 aufgehoben worden sei.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof geht im Hinblick auf Art89 Abs1 B VG beginnend mit dem Erkenntnis VfSlg 20.182/2017 davon aus, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm – also eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt (VfSlg 20.182/2017). Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in der rechtlich vorgesehenen Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art139 B VG anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich (vgl VfSlg 20.251/2018).

1.2. Die angefochtene Verordnung wurde ausweislich der vorgelegten Verordnungsakten durch die Anbringung von Straßenverkehrszeichen kundgemacht. Dadurch erlangte sie ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen war (vgl VfSlg 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; vgl auch VfGH 18.9.2015, V96/2015).

1.3. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.4. Dem Beschwerdeführer wird die Missachtung des Fahrverbotes für Fahrzeuge mit über 2 t Gesamtgewicht im Anwendungsbereich des angefochtenen Punktes 6 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl zur Last gelegt. Dadurch habe der Beschwerdeführer §52 lita Z9c StVO 1960 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurden. Der Annahme des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich, dass es die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 30. März 2010, ZTS1 V 0676/006, anzuwenden hat, ist vor diesem Hintergrund nicht entgegenzutreten. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den im Antrag dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2 Der Antrag ist begründet.

§43 Abs1 litb Z1 StVO 1960 sieht die Erlassung dauernder oder vorübergehender Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung vor, wenn und soweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes und wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hat die Behörde vor Erlassung einer verkehrsbeschränkenden Verordnung die im Einzelnen umschriebenen Interessen an der Verkehrsbeschränkung mit dem Interesse an der ungehinderten Benützung der Straße abzuwägen und dabei die (tatsächliche) Bedeutung des Straßenzuges zu berücksichtigen (vgl zB VfSlg 8086/1977, 9089/1981, 12.944/1991, 13.449/1993, 13.482/1993). Die sohin gebotene Interessenabwägung erfordert sowohl die nähere, sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung und Umwelt, vor denen die Verkehrsbeschränkung schützen soll, als auch eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse durch ein entsprechendes Anhörungs- und Ermittlungsverfahren (vgl zB VfSlg 12.485/1990, 16.805/2003, 18.572/2005). Die Gefahrensituation muss sich für die betreffende Straße deutlich von der allgemeinen, für den Straßenverkehr typischen Gefahrenlage unterscheiden (vgl zB VfSlg 14.000/1994).

Mit der angefochtenen Verordnung wurde im Jahr 2010 für die Brücke über die Zwettl nahe des Grundstückes .37/1, KG Wurmbrand, ein Fahrverbot für Fahrzeuge mit über 2 t Gesamtgewicht verfügt. Laut der entsprechenden Niederschrift hat vor Erlassung der Verordnung am 17. Dezember 2009 eine Verhandlung samt Ortsaugenschein und Beiziehung eines verkehrstechnischen Sachverständigen stattgefunden. Der dieser Verhandlung beigezogene Amtssachverständige für verkehrstechnische Angelegenheiten führte hinsichtlich der Gewichtsbeschränkung aus, dass im Zuge der Sanierung der Brücke nach einem Hochwasser eine Gewichtsbeschränkung auf 2 t aufgestellt worden sei, für die eine Verordnung nicht bestehen dürfte. Gegen die Erlassung eines solchen Fahrverbotes für Fahrzeuge mit über 2 t Gesamtgewicht gemäß §52 lita Z9c StVO 1960 würden aus verkehrstechnischer Sicht jedoch keine Bedenken bestehen. Dem Verordnungsakt lässt sich jedoch keine Begründung für die Erforderlichkeit der Erlassung des Fahrverbotes für Fahrzeuge mit über 2 t Gesamtgewicht entnehmen.

2.2.1. Vor diesem Hintergrund findet die angefochtene Verordnung keine Deckung im Gesetz. Damit erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung ob der Gesetzmäßigkeit der Kundmachung durch Anbringen des Verkehrszeichens gemäß §52 lita Z9c StVO 1960 in einem Abstand von 5,9 m zum Geltungsbereich.

2.3. Die Niederösterreichische Landesregierung sowie die verordnungserlassende Behörde haben mitgeteilt, dass die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 30. März 2010, ZTS1 V 0676/006, mit der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 8. August 2024, ZTS1 V 0676/027, aufgehoben worden ist. Der Verfassungsgerichtshof hat daher gemäß Art139 Abs4 B VG festzustellen, dass die angefochtene Verordnung – im Umfang des Punktes 6, der ein Fahrverbot für Fahrzeuge mit über 2 t Gesamtgewicht anordnete – gesetzwidrig war.

V. Ergebnis

1. Die Wort- und Zeichenfolge "KG Wurmbrand 6. FAHRVERBOT FÜR FAHRZEUGE MIT ÜBER 2 t GESAMTGEWICHT (§52 lita Z9c StVO 1960) im Zuge der Brücke über den 'Zwettl' Fluß nächst dem Grundstück .37/1, KG Wurmbrand" der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 30. März 2010, ZTS1 V 0676/006, war gesetzwidrig.

2. Die Verpflichtung der Niederösterreichischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit erfließt aus Art139 Abs5 zweiter Satz BVG und §59 Abs2 iVm §61 VfGG und §2 Abs1 Z6 NÖ Verlautbarungsgesetz 2015.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.