V427/2020 (V427/2020-9) – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Aufhebung der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck (BH) vom 25.04.2018, LA-VK-STVO-S16/7/1-2018, soweit damit auf der S 16 Arlberg Schnellstraße im Bereich der Mautstelle St. Jakob in Fahrtrichtung Innsbruck bei km 23,650 ein Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von unter 3,5 Tonnen verordnet wird. Dem Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) liegt ein Straferkenntnis zugrunde, in dem dem Beschwerdeführer vor dem antragstellenden Gericht zur Last gelegt wird, in der Gemeinde St. Anton auf der Arlberg Schnellstraße S 16 bei km 23,600, in Fahrtrichtung Zams, im äußersten rechten Bereich der Fahrbahn trotz des deutlich sichtbar aufgestellten Verbotszeichens "Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge ausgenommen Kraftfahrzeuge über 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht" befahren zu haben, obwohl er nicht unter diese Ausnahme gefallen sei. Der angefochtene Teil der Verordnung betrifft diesen Streckenabschnitt. Es bestehen daher insoweit keine Zweifel an der Präjudizialität.
§1 der angefochtenen Verordnung legt in Verbindung mit dem einen integrierenden Bestandteil dieser Verordnung bildenden Verkehrszeichen- und Bodenmarkierungsverzeichnis sowie dem ebenfalls einen integrierenden Bestandteil dieser Verordnung bildenden Verkehrszeichen- und Bodenmarkierungsplan auf der Arlberg Schnellstraße S 16, in Fahrtrichtung Innsbruck (Zams), ab km 23,650 ein Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge unter 3,5 Tonnen Gesamtgewicht fest.
Aus dem von der verordnungserlassenden Behörde im Verfahren unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des LVwG sowie dem vorgelegten Bildmaterial geht hervor, dass das Verbotszeichen "Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge" (§52 lita Z6c StVO 1960) mit dem Zusatz "ausgenommen KFZ über 3,5t höchstzulässiges Gesamtgewicht" (sowie ein nach links deutender Pfeil) erst unmittelbar bei der Mautstelle, bei km 23,580, angebracht wurde. Daraus ergibt sich eine Abweichung von 70 Metern. (Bei km 23,650 findet sich lediglich eine Ankündigung des in 70 Metern geltenden Fahrverbotes mittels eines oberhalb der Fahrbahn angebrachten Schildes "Fahrverbot für alle Fahrzeuge" mit dem Zusatz "70 m ausgenommen Kfz über 3,5t".)
Nach der Rsp des VfGH zu §44 Abs1 StVO 1960 führt eine signifikante Abweichung zu einer nicht ordnungsgemäßen Kundmachung. Auch wenn die Rsp des VfGH zur Kundmachung von Verordnungen iSd §44 Abs1 StVO 1960 je nach örtlichen Verkehrsverhältnissen eine bestimmte Fehlertoleranz vorsieht - die Aufstellung der entsprechenden Verkehrszeichen hat nicht "zentimetergenau" zu erfolgen -, bewirkt die festgestellte Abweichung von 70 Metern im vorliegenden Fall jedenfalls eine nicht ordnungsgemäße und damit gesetzwidrige Kundmachung, weshalb die Verordnung im angefochtenen Umfang aufzuheben ist.
Der festgestellte Kundmachungsmangel betrifft ausschließlich das angefochtene - im Verfahren vor dem antragstellenden Landesverwaltungsgericht präjudizielle - Fahrverbot. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 25.04.2018, LK-VK-STVO-S16/7/1-2018, verfügt auf der S 16 Arlberg Schnellstraße im Bereich der Anschlussstelle St. Anton, der Mautstelle sowie dem Arlbergtunnel zahlreiche weitere Verkehrsregelungen, die auf andere Weise, insbesondere durch anders gestaltete Verkehrszeichen an anderen, näher bezeichneten Orten kundzumachen sind. Eine Aufhebung der ganzen Verordnung gemäß Art139 Abs3 Z3 B-VG kommt daher nicht in Betracht.