Leitsatz
Keine Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm betreffend die Festsetzung der Abgabe für die Veräußerung von Strom aus bestimmten Quellen nach dem Energiekrisenbeitrag-StromG (EKBSG); kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz durch die – in Umsetzung einer EU-Notfallmaßnahmenverordnung ergangene – befristete Begrenzung von Markterlösen nach dem EKBSG sowie die rückwirkende Inkraftsetzung; verwaltungsökonomische Anknüpfung an Überschusserlöse und Höhe der Obergrenze angesichts der massiven Störung des Strommarktes im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers; keine Unsachlichkeit der Festlegung des Kreises der Beitragsschuldner im Hinblick auf den Ausschluss von der Abgabepflicht von zB Stromhändlern und Fernwärmeversorgern
Spruch
I. Die beschwerdeführende Partei ist durch das angefochtene Erkenntnis weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
II. Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Partei durch das angefochtene Erkenntnis in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die beschwerdeführende Partei erzeugt und veräußert Strom aus Windenergie. Nachdem sie den Energiekrisenbeitrag Strom (EKB S) nach dem Bundesgesetz über den EnergiekrisenbeitragStrom (EKBSG), BGBl I 220/2022 für den Zeitraum vom 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2023 selbst bemessen und entrichtet hatte, beantragte sie mit Schreiben vom 12. Oktober 2023 gemäß §201 Abs3 Z1 BAO, den EKB S für diesen Zeitraum bescheidmäßig festzusetzen.
2. Das Finanzamt Österreich wies diesen Antrag mit der Begründung ab, dass eine Festsetzung der Abgabe gemäß §201 BAO nicht erfolgen dürfe, wenn sich die bekannt gegebene Selbstbemessung – wie im Fall der beschwerdeführenden Partei – als richtig erweise. In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde an das Bundesfinanzgericht brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass das EKBSG verfassungswidrig und der EKB S daher mit € 0,00 festzusetzen sei.
3. Das Bundesfinanzgericht wies die Beschwerde mit Erkenntnis vom 27. März 2024 als unbegründet ab.
4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums, sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.
Begründend wird dazu im Wesentlichen vorgebracht, dass die beschwerdeführende Partei in Rechten verletzt worden sei, weil dem angefochtenen Erkenntnis ein verfassungswidriges Gesetz zugrunde liege.
Die beschwerdeführende Partei sei auf Grund des EKBSG verpflichtet, für den Zeitraum vom 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2023 den Energiekrisenbeitrag Strom zu entrichten. Während dieses Zeitraumes sei die Verordnung (EU) 2022/1854 (NotfallmaßnahmenVO) in Geltung gestanden, die in Österreich durch das EKBSG umgesetzt worden sei.
Das EKBSG verfolge entsprechend der Notfallmaßnahmen VO und ausweislich der parlamentarischen Materialien das Ziel der Reduzierung der Strompreise für Endverbraucher. Da der EKBS aber nicht die Vertragspartner der Endverbraucher (Stromhändler) treffe und das EKBSG auch keine Zweckbindung der Abgabenerträge vorsehe, sei das Gesetz zur Zweckerreichung ungeeignet und daher unsachlich. Die finanzielle Entlastung von Stromkunden durch das Stromkostenzuschussgesetz (SKZG), BGBl I 156/2022, sei keine geeignete Maßnahme im Sinne des Art10 Abs2 NotfallmaßnahmenVO, da zwischen dem SKZG und dem EKBSG kein Zusammenhang bestehe und das SKZG bereits vor dem EKBSG beschlossen worden sei.
Auch §3 und §4 EKBSG verstießen wegen ihrer unsachlichen Ausgestaltung gegen den Gleichheitsgrundsatz: Das EKBSG knüpfe bei der Bemessung der Abgabe an den Erlös an, der aber keine geeignete Größe sei, da er von den Produktionskosten des jeweiligen Energieträgers unabhängig sei und daher keine Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit der Beitragsschuldner zulasse. Außerdem habe der Gesetzgeber die Obergrenze für Markterlöse ohne sachliche Begründung niedriger festgesetzt als in Art6 Abs1 Notfallmaßnahmen-VO vorgesehen. Investitionen der Beitragsschuldner seien nach dem EKBSG gewissermaßen nur nach dem Zufallsprinzip absetzbar: Der Zeitraum vom 31. Dezember 2021 bis 1. Jänner 2024, innerhalb dessen Anschaffungs- und Herstellungskosten von begünstigten Investitionsgütern gemäß §4 EKBSG berücksichtigt werden können, erfasse nicht die ökonomische Realität der Beitragsschuldner. Auch Investitionen bei verbundenen Unternehmen würden nicht ausreichend berücksichtigt: Es sei unsachlich, Investitionen nur dann zwischen verbundenen Unternehmen zu verteilen, wenn das Unternehmen, das sie getätigt habe, nicht Beitragsschuldner sei, die Möglichkeit der Verteilung aber zu versagen, wenn das Unternehmen, das investiert habe, seinerseits den EKB-S schulde.
Auch das rückwirkende Inkrafttreten des EKBSG am 1. Dezember 2022 sei verfassungswidrig: Die Normunterworfenen hätten vor der Kundmachung am 29. Dezember 2022 auf den Fortbestand der Rechtslage vertrauen dürfen und hätten nicht davon ausgehen müssen, dass eine im Vergleich zu Art6 Abs1 Notfallmaßnahmen VO niedrigere Obergrenze für Markterlöse festgesetzt wird.
Zudem verstoße die Abgrenzung des Kreises der Beitragsschuldner nach dem EKBSG in verschiedener Hinsicht gegen den Gleichheitsgrundsatz:
Indem der Gesetzgeber entgegen Art7 Abs1 Notfallmaßnahmen VO Betreiber von Steinkohlekraftwerken und von Speicherkraftwerken, die keine Pumpspeicherkraftwerke sind, dem EKB S unterwerfe, verkenne er unterschiedliche Kostenstrukturen der verschiedenen Energieträger und behandle wesentlich Ungleiches ohne sachliche Rechtfertigung gleich. Auch liege im Verhältnis von Strom und fossilen Energieträgern eine unsachliche Ungleichbehandlung vor, da der Energiekrisenbeitrag fossile Energieträger (EKB F) nach dem Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitragfossile Energieträger (EKBFG), BGBl I 220/2022 idF BGBl I 13/2024 – dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechend – auf die tatsächlich erzielten Übergewinne von im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätigen Unternehmen, der EKB S aber auf die Erlöse abstelle. Eine unsachliche Ungleichbehandlung liege auch insofern vor, als Stromproduzenten, nicht aber Stromhändler oder Fernwärmeversorger Beitragsschuldner des EKB S seien, wiewohl auch Stromhändler und Fernwärmeversorger in der Energiekrise von steigenden Energiepreisen profitiert hätten.
Nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei ergebe sich die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung bereits aus der Anwendung des behauptetermaßen verfassungswidrigen EKBSG. Sollte das EKBSG jedoch nicht verfassungswidrig sein, habe das Bundesfinanzgericht das Gesetz denkunmöglich angewendet, indem es den Anwendungsvorrang des Unionsrechts verkannt habe, und die beschwerdeführende Partei dadurch in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.
5. Das Finanzamt Österreich und das Bundesfinanzgericht haben die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
II. Rechtslage
1. Das Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom (EKBSG), BGBl I 220/2022, idF BGBl I 13/2024 lautet wie folgt:
"Allgemeine Bestimmungen
§1. (1) Durch dieses Bundesgesetz wird der Energiekrisenbeitrag Strom (im Folgenden EKB S) näher geregelt und die Verordnung (EU) 2022/1854 über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise, ABl. Nr L 261 vom 07.10.2022, S. 1, umgesetzt.
(2) Der EKB-S ist eine ausschließliche Bundesabgabe.
(3) Dem EKB-S unterliegt die Veräußerung von im Inland erzeugtem Strom aus Windenergie, Solarenergie (Solarthermie und Fotovoltaik), Erdwärme, Wasserkraft, Abfall, Braunkohle, Steinkohle, Erdölerzeugnissen, Torf und Biomasse-Brennstoffen ausgenommen Biomethan, durch den Stromerzeuger einschließlich der Realisierung von Veräußerungsrechten auf Strom.
Befreiungen
§2. Vom EKB-S sind befreit
1. die Veräußerung von Strom aus Demonstrationsprojekten gemäß §7 Abs1 Z7a des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010 – ElWOG 2010, BGBl I Nr 110/2010;
2. die Veräußerung von Strom durch einen Erzeuger, dessen Erlöse pro MWh erzeugten Strom bereits aufgrund von nicht gemäß Art8 der VO (EU) 2022/1854 erlassenen staatlichen oder öffentlichen Maßnahmen begrenzt sind; dazu zählt jedenfalls die Veräußerung von Strom aus Anlagen, die eine Marktprämie nach dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – EAG, BGBl I Nr 150/2021, erhalten, im Ausmaß, in dem die Erlöse bereits einer Rückzahlungsverpflichtung gemäß §11 Abs6 EAG unterliegen, sowie aus Anlagen, die einen Einspeise- oder Nachfolgetarif nach dem Ökostromgesetz, BGBl I Nr 149/2002, oder nach dem Ökostromgesetz 2012, BGBl I Nr 75/2011, erhalten;
3. die Veräußerung von Strom, der als Regelarbeit im Sinne von Art2 Z4 der VO (EU) 2017/2195 zur Festlegung einer Leitlinie über den Systemausgleich im Elektrizitätsversorgungssystem, ABl. Nr L 312 vom 28.11.2017 S. 6, eingesetzt wird;
4. die Veräußerung von Strom, der für Zwecke des Engpassmanagements gemäß §7 Abs1 Z13a ElWOG 2010 eingesetzt wird;
5. die Veräußerung von Strom, der in inländischen Pumpspeicherkraftwerken erzeugt wird.
Höhe des Beitrags
§3. (1) Bemessungsgrundlage für den EKB-S ist die Summe der monatlichen Überschusserlöse aus der Veräußerung von Strom gemäß §1 Abs3, die nach dem 30. November 2022 und vor dem 1. Jänner 2024 (Erhebungszeitraum 1) und nach dem 31. Dezember 2023 und vor dem 1. Jänner 2025 (Erhebungszeitraum 2) erzielt wurde. Die Bemessungsgrundlage beinhaltet auch das Ergebnis von derivativen Kontrakten, die in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Markterlösen stehen. Aufwendungen können nicht berücksichtigt werden.
(2) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten
1. Überschusserlöse: eine positive Differenz zwischen den Markterlösen des Beitragsschuldners je MWh Strom und der jeweiligen Obergrenze für Markterlöse gemäß Z3.
2. Markterlöse: die realisierten Erträge, die ein Beitragsschuldner für den Verkauf und die Lieferung von Strom in der Union erhält, unabhängig von der Vertragsform, in der dieser Austausch stattfindet, einschließlich Strombezugsverträgen und anderer Absicherungen gegen Schwankungen auf dem Stromgroßhandelsmarkt und unter Ausschluss jeglicher von Mitgliedstaaten gewährter Unterstützung.
3. Obergrenze für Markterlöse:
a) für Überschusserlöse, die von 1. Dezember 2022 bis 31. Mai 2023 erzielt wurden, beträgt die Obergrenze 140 Euro je MWh Strom;
b) für Überschusserlöse, die nach dem 31. Mai 2023 erzielt wurden, beträgt die Obergrenze 120 Euro je MWh Strom.
(3) Liegen die notwendigen direkten Investitions- und Betriebskosten der Energieerzeugung über der Obergrenze für Markterlöse, können diese Kosten zuzüglich eines Aufschlags von 20 % der notwendigen, direkten Investitions- und Betriebskosten als Obergrenze für Markterlöse angesetzt werden, sofern der Beitragspflichtige die Voraussetzungen nachweist.
(4) Veräußert der Beitragsschuldner Strom im Sinne des §1 Abs3 an verbundene Unternehmen, sind als Markterlöse für den Verkauf und die Lieferung von Strom jene Beträge anzusetzen, die marktüblichen Konditionen mit fremden Dritten auf derselben Stufe der Lieferkette entsprechen.
(5) Der EKB-S beträgt 90 % der Überschusserlöse.
(6) Der EKB-S stellt eine abzugsfähige Betriebsausgabe dar (§4 Abs4 Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988, BGBl Nr 400/1988).
Absetzbetrag für begünstigte Investitionen
§4. (1) Vom gemäß §3 ermittelten EKB-S kann ein Absetzbetrag für begünstigte Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz abgezogen werden. Voraussetzung dafür ist, dass Anschaffungs- oder Herstellungskosten von begünstigten Investitionsgütern im Erhebungszeitraum 1 oder im Erhebungszeitraum 2 anfallen. Erstreckt sich die Anschaffung oder Herstellung von begünstigten Investitionsgütern über einen dieser Zeiträume hinaus, kann der Absetzbetrag auch für in den jeweiligen Zeiträumen anfallende Teilbeträge der Anschaffungs- oder Herstellungskosten geltend gemacht werden.
Begünstigte Investitionen eines verbundenen Unternehmens, das selbst nicht Beitragsschuldner (§5 Abs1) ist, können dem Beitragsschuldner zugerechnet werden. Im Erhebungszeitraum 2 können auch Investitionen eines verbundenen Unternehmens zugerechnet werden, das selbst Beitragsschuldner ist. Sofern eine Zurechnung zu mehreren Beitragsschuldnern in Betracht kommt, ist eine sachgerechte Aufteilung der begünstigten Investitionen unter den Beitragsschuldnern vorzunehmen. Dabei ist nach einem einheitlichen Aufteilungsschlüssel vorzugehen und sicherzustellen, dass es nicht zu einer mehrfachen Berücksichtigung derselben begünstigten Investitionen kommt. Jedenfalls ausgeschlossen von der Zurechnung zum Beitragsschuldner sind von der Regulierungsbehörde anerkannte Investitionen oder Energieeffizienzmaßnahmen eines verbundenen Netzbetreibers.
(2) Begünstigte Investitionen sind im Erhebungszeitraum 1 im Ausmaß von 50 % der tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten als Absetzbetrag zu berücksichtigen. Der Absetzbetrag für begünstigte Investitionen beträgt höchstens 36 Euro je MWh Strom bezogen auf die den Markterlösen gemäß §3 Abs2 Z2 zugrundeliegende gelieferte Menge. In Fällen des §3 Abs3 kann der Absetzbetrag ebenfalls berücksichtigt werden, wobei für
den Zeitraum von 1. Dezember 2022 bis 31. Mai 2023 bei Erzeugungskosten zwischen 140 Euro und 180 Euro je MWh Strom und
den Zeitraum nach dem 31. Mai 2023 bei Erzeugungskosten zwischen 120 Euro und 180 Euro je MWh Strom
die Obergrenze von 180 Euro nicht überschritten werden darf.
(2a) Begünstigte Investitionen sind im Erhebungszeitraum 2 im Ausmaß von 75 % der tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten als Absetzbetrag zu berücksichtigen. Dieser Absetzbetrag beträgt höchstens 72 Euro je MWh Strom bezogen auf die den Markterlösen gemäß §3 Abs2 Z2 zugrundeliegende gelieferte Menge.
(3) Der Absetzbetrag kann im Rahmen der Selbstberechnung vom fälligen Betrag (§5 Abs2) abgezogen werden.
Beitragsschuldner, Fälligkeit des Beitrags
§5. (1) Beitragsschuldner ist
1. der Betreiber einer Anlage (§7 Abs1 Z20 ElWOG 2010) zur Erzeugung von Strom gemäß §1 Abs3 mit einer installierten Kapazität von mehr als 1 MW;
2. der Begünstigte eines Strombezugsrechtes aus Erzeugungsanlagen gemäß Z1. Strombezugsrechte sind langfristige Stromlieferungen, die entweder über Istwert-aufschaltung direkt oder über Fahrpläne abgewickelt werden und deren Abgeltung nicht auf einem Marktpreis beruht. In diesen Fällen gilt der Betreiber gemäß Z1 insoweit nicht als Beitragsschuldner für die auf das Strombezugsrecht entfallenden Strommengen.
(2) Der EKB-S wird zu folgenden Zeitpunkten fällig:
1. am 30. September 2023 für den Zeitraum 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2023;
2. am 15. April 2024 für den Zeitraum 1. Juli 2023 bis 31. Dezember 2023;
3. am 15. Oktober 2024 für den Zeitraum 1. Jänner 2024 bis 30. Juni 2024;
4. am 15. April 2025 für den Zeitraum 1. Juli 2024 bis 31. Dezember 2024.
(3) Die Fälligkeit eines gemäß §201 der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, festgesetzten EKB-S richtet sich nach Abs2.
Erhebung des Beitrags
§6. (1) Die Erhebung des Beitrags obliegt dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt.
(2) Der Beitragsschuldner hat den Beitrag selbst zu berechnen und am Fälligkeitstag (§5 Abs2) an das zuständige Finanzamt zu entrichten.
Plausibilitätsprüfung
§7. Die Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E Control) hat auf Ersuchen des zuständigen Finanzamtes oder des Bundesfinanzgerichts im Anlassfall eine Plausibilitätsprüfung hinsichtlich einer allfälligen Beitragsschuldnerschaft sowie hinsichtlich der korrekten Höhe des durch den Beitragsschuldner selbst berechneten Beitrags vorzunehmen. Die E Control ist dazu befugt, in alle Daten und Unterlagen des Beitragsschuldners Einsicht zu nehmen und Auskünfte darüber vom Beitragsschuldner anzufordern. Vom Beitragsschuldner sind der E Control innerhalb von sechs Wochen alle Auskünfte zu beantworten sowie alle angefragten Unterlagen vorzulegen.
Aufzeichnungs- und Übermittlungspflichten
§8. (1) Der Beitragsschuldner ist verpflichtet, Aufzeichnungen zu führen, aus denen sich die Veräußerung von Strom, der Einkauf von Strom, das Eingehen und die Realisierung von Strombezugs- und -veräußerungsrechten, die nach §3 relevanten Veräußerungserlöse sowie die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Absetzbetrages nach §4 für den Zeitraum von 1. Dezember 2022 bis 31. Dezember 2024 ergeben.
(2) Der Beitragsschuldner hat dem zuständigen Finanzamt am Fälligkeitstag (§5 Abs2) eine Aufstellung zu übermitteln, aus der sich die Berechnung des abgeführten Beitrags nachvollziehbar und überprüfbar ergibt.
(3) Der Beitragsschuldner hat der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie oder einem von ihr beauftragten Dienstleister folgende Daten und Unterlagen zum Zweck der Berichterstattung an die Europäische Kommission zu übermitteln:
1. bis zum 20. Jänner 2023 die von 1. Dezember bis 31. Dezember 2022 erzielten Überschusserlöse und
2. bis zum 20. April 2023 die von 1. Jänner bis 31. März 2023 erzielten Überschusserlöse.
Verordnungsermächtigungen
§9. (1) Der Bundesminister für Finanzen wird gemeinsam mit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ermächtigt
1. die Ableitung der Markterlöse für erzeugte Strommengen im Sinne des §3 Abs2 Z2 sowie die Voraussetzungen samt Inlandsbezug für den Absetzbetrag für begünstigte Investitionen gemäß §4,
2. die Plausibilitätsprüfung gemäß §7 und
3. die Aufzeichnungs- und Übermittlungspflichten gemäß §8
mit Verordnung näher zu konkretisieren.
(2) Der Bundesminister für Finanzen wird gemeinsam mit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ermächtigt auch andere, als die in §4 Abs1 genannten Investitionen, als begünstigte Investitionen anzuerkennen. Voraussetzung dafür ist, dass solche Investitionen im Interesse der Energiewende und der Transformation zur Klimaneutralität gelegen sind. Dabei kann auch vorgesehen werden, dass auch solche Investitionen begünstigt sind, die vor dem 1. Jänner 2028 nachweislich begonnen haben und noch nicht abgeschlossen sind.
(3) Verordnungen aufgrund dieses Bundesgesetzes dürfen auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.
Schlussbestimmung und Vollziehung
§10. (1) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist
1. hinsichtlich §3, §4, und §§7 bis 9 der Bundesminister für Finanzen gemeinsam mit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie,
2. im Übrigen der Bundesminister für Finanzen
betraut.
(2) Der E-Control sind die aufgrund dieses Gesetzes anfallenden Kosten vom Bundesminister für Finanzen aus den mit dem EKB S erzielten Einnahmen zu erstatten.
(3) Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Gesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
Inkrafttreten
§11. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Dezember 2022 in Kraft.
(2) §3 Abs2 und §4 Abs2, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 64/2023, treten mit 1. Juni 2023 in Kraft.
(3) §3 Abs1, §4 Abs1, Abs2 und Abs2a, §5 Abs2 Z2 bis Z4, §8 Abs1 und §9 Abs2 jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 13/2024 treten mit 1. Jänner 2024 in Kraft."
2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) 2022/1854 über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise (Notfallmaßnahmen-VO), ABl. 2022 L 261/I, lauten:
"KAPITEL I
Gegenstand und Begriffsbestimmungen
Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich
In dieser Verordnung sind Notfallmaßnahmen festgelegt, um die Auswirkungen der hohen Energiepreise durch außerordentliche, gezielte und zeitlich begrenzte Maßnahmen abzumildern. Ziel dieser Maßnahmen ist es, den Stromverbrauch zu senken, eine Obergrenze für die mit der Stromerzeugung erzielten Markterlöse bestimmter Erzeuger einzuführen und diese Erlöse gezielt an Stromendkunden weiterzuverteilen, Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten zu schaffen, mit öffentlichen Eingriffsmaßnahmen in die Festsetzung der Stromversorgungspreise für Haushaltskunden und KMU einzugreifen und Vorschriften für einen befristeten obligatorischen Solidaritätsbeitrag von im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätigen Unternehmen und Betriebsstätten der Union einzuführen, um zu einer bezahlbaren Energieversorgung von Haushalten und Unternehmen beizutragen.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Verordnung gelten die in Artikel 2 der Verordnung (EU) 2019/943 und Artikel 2 der Richtlinie (EU) 2019/944 festgelegten Begriffsbestimmungen. Zudem gelten folgende Begriffsbestimmungen:
1. 'kleine und mittlere Unternehmen' oder 'KMU' bezeichnet Unternehmen im Sinne von Artikel 2 des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission (6);
2. 'Bruttostromverbrauch' bezeichnet die gesamte Stromversorgung für Tätigkeiten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats;
3. 'Referenzzeitraum' bezeichnet die Zeiträume vom 1. November bis zum 31. März in den fünf aufeinander folgenden Jahren vor dem Tag des Inkrafttretens dieser Verordnung, beginnend mit dem Zeitraum vom 1. November 2017 bis zum 31. März 2018;
4. 'Spitzenzeiten' bezeichnet die jeweiligen Tagesstunden, in denen auf der Grundlage der Prognosen von Übertragungsnetzbetreibern und gegebenenfalls nominierten Strommarktbetreibern die Day-Ahead-Stromgroßhandelspreise voraussichtlich am höchsten sind, der Bruttostromverbrauch voraussichtlich am höchsten ist oder der Bruttoverbrauch von Strom, der nicht mit Energie aus erneuerbaren Quellen im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) erzeugt wird, voraussichtlich am höchsten ist;
5. 'Markterlöse' bezeichnet die realisierten Erträge, die ein Erzeuger für den Verkauf und die Lieferung von Strom in der Union erhält, unabhängig von der Vertragsform, in der dieser Austausch stattfindet, einschließlich Strombezugsverträgen und anderer Absicherungen gegen Schwankungen auf dem Stromgroßhandelsmarkt und unter Ausschluss jeglicher von Mitgliedstaaten gewährter Unterstützung;
6. 'Abwicklung' bezeichnet eine zwischen Gegenparteien geleistete und empfangene Zahlung, gegebenenfalls gegen Lieferung und Erhalt von Strom, zur Erfüllung der Verpflichtungen der Gegenparteien aus einer oder mehreren Clearing Transaktionen;
7. 'zuständige Behörde' bezeichnet eine Behörde im Sinne von Artikel 2 Nummer 11 der Verordnung (EU) 2019/941 des Europäischen Parlaments und des Rates (8);
8. 'Vermittler' bezeichnet Unternehmen, die auf isolierten, nicht mit anderen Mitgliedstaaten verbundenen Stromgroßhandelsmärkten von Mitgliedstaaten mit einheitsbasierten Geboten tätig sind und die von der Regulierungsbehörde ermächtigt wurden, im Namen des Erzeugers am Markt teilzunehmen, mit Ausnahme von Unternehmen, die die Überschusserlöse direkt an die Stromendkunden weitergeben;
9. 'Überschusserlöse' bezeichnet eine positive Differenz zwischen den Markterlösen der Erzeuger je MWh Strom und der Obergrenze für Markterlöse von 180 EUR je MWh Strom gemäß Artikel 6 Absatz 1;
10. 'Abfall' bezeichnet gemäß Artikel 3 Nummer 1 der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (9) jeden Stoff oder Gegenstand, dessen sich sein Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss;
11. 'Abhängigkeit von Nettoeinfuhren' bezeichnet die Differenz zwischen den gesamten Stromeinfuhren und den gesamten Stromausfuhren als prozentualer Anteil an der gesamten Bruttostromerzeugung in einem Mitgliedstaat, im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021;
12. 'Haushaltsjahr' bezeichnet ein Steuerjahr, ein Kalenderjahr oder einen anderen für Steuerzwecke geeigneten Zeitraum gemäß nationalem Recht;
13. 'Endkunde' bezeichnet einen Kunden, der Energie für den Eigenverbrauch bezieht;
14. 'Stromendkunde' bezeichnet einen Kunden, der Strom für den Eigenverbrauch bezieht;
15. 'Unternehmen der Union' bezeichnet ein in einem Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen, das nach dem Steuerrecht dieses Mitgliedstaats für Steuerzwecke als in diesem Mitgliedstaat ansässig gilt und nicht gemäß einem mit einem Drittstaat geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen als außerhalb der Union steuerlich ansässig gilt;
16. 'Betriebsstätte' bezeichnet eine feste Geschäftseinrichtung, die in einem Mitgliedstaat gelegen ist und durch die die Tätigkeit eines in einem anderen Staat niedergelassenen Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird, sofern die Gewinne dieser Geschäftseinrichtung in dem Mitgliedstaat, in dem sie gelegen ist, nach nationalem Recht steuerpflichtig sind;
17. 'im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätige Unternehmen und Betriebsstätten der Union' bezeichnet Unternehmen oder Betriebsstätten der Union, die mindestens 75 % ihres Umsatzes durch die in der Verordnung (EG) Nr 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) genannten Wirtschaftstätigkeiten in den Bereichen Extraktion, Bergbau, Erdölraffination oder Herstellung von Kokereierzeugnissen erzielen;
18. 'Überschussgewinne' bezeichnet die nach den nationalen Steuervorschriften im Haushaltsjahr 2022 und/oder im Haushaltsjahr 2023 und während der gesamten Dauer des betreffenden Haushaltsjahrs ermittelten steuerpflichtigen Gewinne aus Tätigkeiten von im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätigen Unternehmen oder Betriebsstätten der Union, die in den vier am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnenden Haushaltsjahren mehr als 20 % über dem Durchschnitt der steuerpflichtigen Gewinne liegen;
19. 'Solidaritätsbeitrag' bezeichnet eine befristete Maßnahme in Bezug auf Überschussgewinne von im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätigen Unternehmen und Betriebsstätten der Union, mit dem Ziel, außergewöhnliche Preisentwicklungen auf den Energiemärkten für Mitgliedstaaten, Verbraucher und Unternehmen abzumildern;
20. 'Engpasserlösüberschüsse' bezeichnet die übrigen Einnahmen, die nach Zuteilung der Engpasserlöse im Einklang mit den in Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2019/943 festgelegten vorrangigen Zielen nicht verwendet werden;
21. 'erlassene gleichwertige nationale Maßnahme' bezeichnet eine von einem Mitgliedstaat bis zum 31. Dezember 2022 erlassene und veröffentlichte Rechts- oder Verwaltungsmaßnahme, die zur Erschwinglichkeit von Energie beiträgt.
KAPITEL II
Maßnahmen in Bezug auf den Strommarkt
Abschnitt 1
Nachfragesenkung
Artikel 3
Senkung des Bruttostromverbrauchs
(1) Die Mitgliedstaaten streben die Umsetzung von Maßnahmen an, mit denen ihr monatlicher Gesamtbruttostromverbrauch gegenüber dem durchschnittlichen Bruttostromverbrauch in den entsprechenden Monaten des Referenzzeitraums um 10 % gesenkt wird.
(2) Bei der Berechnung der Mengen, um die der Bruttostromverbrauch gesenkt wurde, können die Mitgliedstaaten dem erhöhten Bruttostromverbrauch Rechnung tragen, der sich aus der Verwirklichung der angestrebten Senkung der Gasnachfrage und den allgemeinen Elektrifizierungsbemühungen zur schrittweisen Abkehr von fossilen Brennstoffen ergibt.
Artikel 4
Senkung des Bruttostromverbrauchs zu Spitzenzeiten
(1) Jeder Mitgliedstaat ermittelt Spitzenzeiten, die insgesamt mindestens 10 % aller Stunden des Zeitraums zwischen dem 1. Dezember 2022 und dem 31. März 2023 entsprechen.
(2) Jeder Mitgliedstaat senkt seinen Bruttostromverbrauch während der ermittelten Spitzenzeiten. Die Senkung während der ermittelten Spitzenzeiten beträgt durchschnittlich mindestens 5 % pro Stunde. Das Ziel für die Senkung wird als Differenz zwischen dem tatsächlichen Bruttostromverbrauch für die ermittelten Spitzenzeiten und dem Bruttostromverbrauch berechnet, den die Übertragungsnetzbetreiber gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der Regulierungsbehörde prognostiziert haben, ohne die Auswirkungen der Maßnahmen zu berücksichtigen, die ergriffen wurden, um das in diesem Artikel festgelegte Ziel zu erreichen. Die Prognosen der Übertragungsnetzbetreiber können historische Daten des Referenzzeitraums enthalten.
(3) Die Mitgliedstaaten können beschließen, für die Spitzenzeiten einen anderen Prozentsatz als den in Absatz 1 genannten als Ziel festzulegen, sofern er sich mindestens auf 3 % der Spitzenzeiten erstreckt und die während jener Spitzenzeiten eingesparte Energie mindestens der Energiemenge entspricht, die mit den Parametern in den Absätzen 1 und 2 eingespart würde.
Artikel 5
Maßnahmen zur Erreichung der Nachfragesenkung
Es steht den Mitgliedstaaten frei, geeignete Maßnahmen zur Senkung des Bruttostromverbrauchs zu wählen sowie bestehende nationale Maßnahmen auszuweiten, um die in den Artikeln 3 und 4 festgelegten Ziele zu erreichen. Die Maßnahmen müssen eindeutig festgelegt, transparent, verhältnismäßig, gezielt, diskriminierungsfrei und überprüfbar sein, und sie müssen insbesondere sämtliche der folgenden Bedingungen erfüllen:
a) Wenn zusätzlich zu den Markterlösen auch ein finanzieller Ausgleich gezahlt wird, muss der Ausgleichsbetrag im Rahmen eines offenen wettbewerblichen Verfahrens festgelegt werden;
b) die Maßnahmen dürfen nur dann einen finanziellen Ausgleich umfassen, wenn dieser Ausgleich für zusätzliche Stromeinsparungen gezahlt wird, die gegenüber dem Verbrauch, der in der betreffenden Stunde ohne Ausschreibung zu erwarten gewesen wäre, erreicht wurden;
c) sie dürfen den Wettbewerb nicht unangemessen verzerren und das ordnungsgemäße Funktionieren des Strombinnenmarkts nicht unangemessen beeinträchtigen;
d) sie dürfen gemäß Artikel 17 der Richtlinie (EU) 2019/944 nicht unangemessen auf bestimmte Kunden oder Kundengruppen, einschließlich unabhängiger Aggregatoren, beschränkt sein und
e) sie dürfen den Prozess des Austauschs von Technologien, die fossile Brennstoffe nutzen, durch Technologien, die Strom nutzen, nicht unangemessen behindern.
Abschnitt 2
Obergrenze für Markterlöse und Verteilung der Überschusserlöse und der Engpasserlösüberschüsse an die Stromendkunden
Artikel 6
Verbindliche Obergrenze für Markterlöse
(1) Die Markterlöse, die Erzeuger für die Stromerzeugung aus den in Artikel 7 Absatz 1 genannten Quellen erzielen, werden auf höchstens 180 EUR je MWh erzeugter Elektrizität begrenzt.
(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Obergrenze für Markterlöse auf alle Markterlöse der Erzeuger und gegebenenfalls der Vermittler, die im Namen von Erzeugern an Stromgroßhandelsmärkten teilnehmen, angewandt wird, unabhängig davon, in welchem Marktzeitraum die Transaktion stattfindet und ob der Strom bilateral oder auf einem zentralen Markt gehandelt wird.
(3) Die Mitgliedstaaten treffen wirksame Maßnahmen, um eine Umgehung der Verpflichtungen der Erzeuger gemäß Absatz 2 zu verhindern. Sie stellen insbesondere sicher, dass die Obergrenze für Markterlöse wirksam angewandt wird, wenn Erzeuger unter der Kontrolle oder teilweise im Besitz von anderen Unternehmen stehen, insbesondere wenn sie Teil eines vertikal integrierten Unternehmens sind.
(4) Die Mitgliedstaaten entscheiden, ob die Obergrenze für Markterlöse zum Zeitpunkt der Abwicklung des Energieaustauschs oder danach angewandt wird.
(5) Die Kommission gibt für die Mitgliedstaaten Leitlinien für die Durchführung dieses Artikels heraus.
Artikel 7
Anwendung der Obergrenze für Markterlöse auf Stromerzeuger
(1) Die Obergrenze für Markterlöse gemäß Artikel 6 gilt für die mit dem Verkauf von Strom aus folgenden Quellen erzielten Markterlöse:
a) Windenergie;
b) Solarenergie (Solarthermie und Fotovoltaik);
c) Erdwärme;
d) Wasserkraft ohne Speicher;
e) Biomasse-Brennstoffe (feste oder gasförmige Biomasse-Brennstoffe) außer Bio-methan;
f) Abfall;
g) Kernenergie;
h) Braunkohle;
i) Erdölerzeugnisse;
j) Torf.
(2) Die in Artikel 6 Absatz 1 vorgesehene Obergrenze für Markterlöse gilt nicht für Demonstrationsprojekte oder für Erzeuger, deren Erlöse pro MWh erzeugten Stroms bereits aufgrund von nicht gemäß Artikel 8 erlassenen staatlichen oder öffentlichen Maßnahmen begrenzt sind.
(3) Die Mitgliedstaaten können insbesondere in Fällen, in denen die Anwendung der Obergrenze für Markterlöse gemäß Artikel 6 Absatz 1 zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand führt, beschließen, diese Obergrenze für Markterlöse nicht auf Stromerzeuger anzuwenden, die Strom mit Anlagen mit einer installierten Kapazität von bis zu 1 MW erzeugen. Die Mitgliedstaaten können — insbesondere, wenn bei Anwendung der Obergrenze für Markterlöse gemäß Artikel 6 Absatz 1 ein Anstieg der CO2 Emissionen und eine Verringerung der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen droht — beschließen, diese Obergrenze für Markterlöse nicht auf in Hybridanlagen erzeugten Strom anzuwenden, in denen auch konventionelle Energiequellen zum Einsatz kommen.
(4) Die Mitgliedstaaten können beschließen, die Obergrenze für Markterlöse nicht auf die Erlöse aus dem Verkauf von Strom auf dem Regelleistungsmarkt und aus dem Ausgleich für Redispatching und Countertrading anzuwenden.
(5) Die Mitgliedstaaten können beschließen, die Obergrenze für Markterlöse nur auf 90 % der die Obergrenze für Markterlöse gemäß Artikel 6 Absatz 1 überschreitenden Markterlöse anzuwenden.
(6) Erzeuger, Vermittler und relevante Marktteilnehmer sowie gegebenenfalls Netzbetreiber stellen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und gegebenenfalls den Netzbetreibern und nominierten Strommarktbetreibern unabhängig von dem Marktzeitraum, in dem die Transaktion stattfindet, und davon, ob der Strom bilateral, unternehmensintern oder auf einem zentralen Markt gehandelt wird, alle für die Anwendung von Artikel 6 erforderlichen Daten, auch über den erzeugten Strom und die damit verbundenen Markterlöse, zur Verfügung.
Artikel 8
Nationale Krisenmaßnahmen
(1) Die Mitgliedstaaten können
a) Maßnahmen aufrechterhalten oder einführen, durch die die Markterlöse der Erzeuger, die Strom aus den in Artikel 7 Absatz 1 genannten Quellen erzeugen, weiter begrenzt werden, wobei auch zwischen Technologien unterschieden werden kann, und durch die die Markterlöse anderer Marktteilnehmer, einschließlich im Stromhandel tätiger Marktteilnehmer, weiter begrenzt werden;
b) für Erzeuger, die Strom aus den in Artikel 7 Absatz 1 genannten Quellen erzeugen, eine höhere Obergrenze für Markterlöse festlegen, wenn deren Investitions- und Betriebskosten die in Artikel 6 Absatz 1 festgelegte Obergrenze überschreiten;
c) nationale Maßnahmen zur Begrenzung der Markterlöse von Erzeugern, die Strom aus nicht in Artikel 7 Absatz 1 genannten Quellen erzeugen, beibehalten oder einführen;
d) für Markterlöse aus dem Verkauf von aus Steinkohle erzeugtem Strom eine gesonderte Obergrenze festlegen;
e) auf Wasserkraftanlagen, die durch Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d nicht erfasst werden, eine Obergrenze für Markterlöse anwenden, oder Maßnahmen für diese Anlagen beibehalten oder einführen, durch die deren Markterlöse weiter begrenzt werden, wobei auch zwischen Technologien unterschieden werden kann.
(2) Für die in Absatz 1 genannten Maßnahmen gilt im Einklang mit dieser Verordnung Folgendes: Sie
a) sind verhältnismäßig und diskriminierungsfrei;
b) dürfen Investitionssignale nicht gefährden;
c) stellen sicher, dass die Investitions- und Betriebskosten gedeckt sind;
d) dürfen das Funktionieren der Stromgroßhandelsmärkte nicht verzerren und insbesondere keine Auswirkungen auf die Einsatzreihenfolge (Merit Order) und die Preisbildung auf dem Großhandelsmarkt haben;
e) sind mit dem Unionsrecht vereinbar.
Artikel 9
Verteilung der Engpasserlösüberschüsse aus der Zuweisung zonenübergreifender Kapazität
(1) Abweichend von den Unionsvorschriften über Engpasserlöse können die Mitgliedstaaten die Engpasserlösüberschüsse aus der Zuweisung zonenübergreifender Kapazität dazu verwenden, Maßnahmen zur Unterstützung von Stromendkunden im Sinne von Artikel 10 zu finanzieren.
(2) Die Verwendung der Engpasserlösüberschüsse gemäß Absatz 1 unterliegt der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde des betreffenden Mitgliedstaats.
(3) Die Mitgliedstaaten informieren die Kommission über die Verwendung von Engpasserlösüberschüssen gemäß Absatz 1 innerhalb eines Monats nach dem Tag des Erlasses der einschlägigen nationalen Maßnahme.
Artikel 10
Verteilung der Überschusserlöse
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Überschusserlöse, die sich aus der Anwendung der Obergrenze für die Markterlöse ergeben, gezielt zur Finanzierung von Maßnahmen verwendet werden, mit denen Stromendkunden unterstützt werden, um die Auswirkungen der hohen Strompreise auf diese Kunden abzumildern.
(2) Die in Absatz 1 genannten Maßnahmen müssen eindeutig festgelegt, transparent, verhältnismäßig, diskriminierungsfrei und überprüfbar sein und dürfen der Verpflichtung zur Senkung des Bruttostromverbrauchs gemäß den Artikeln 3 und 4 nicht entgegenwirken.
(3) Wenn die Erlöse, die direkt durch Anwendung der Obergrenze für Markterlöse im Hoheitsgebiet erzielt werden, und die Erlöse, die indirekt aus grenzüberschreitenden Vereinbarungen erzielt werden, nicht ausreichen, um die Stromendkunden angemessen zu unterstützen, können die Mitgliedstaaten zu demselben Zweck und denselben Bedingungen andere geeignete Mittel, beispielsweise Haushaltsmittel, einsetzen.
(4) Die in Absatz 1 genannten Maßnahmen können beispielsweise Folgendes umfassen:
a) Gewährung eines finanziellen Ausgleichs für Stromendkunden für die Senkung ihres Stromverbrauchs, unter anderem durch Auktionen oder Ausschreibungen zur Nachfragesenkung;
b) direkte Überweisungen an Stromendkunden, auch in Form proportionaler Senkungen der Netztarife;
c) einen Ausgleich für Versorger, die nach einem staatlichen oder öffentlichen Eingriff in die Preisfestsetzung gemäß Artikel 13 ihre Kunden zu einem Preis unterhalb der Kosten mit Strom beliefern müssen;
d) Senkung der Strombezugskosten der Stromendkunden, auch für eine begrenzte Menge des verbrauchten Stroms;
e) Förderung von Investitionen von Stromendkunden in Dekarbonisierungstechnologien, erneuerbare Energien und Energieeffizienz.
Artikel 11
Vereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten
(1) In Fällen, in denen die Abhängigkeit eines Mitgliedstaats von Nettoeinfuhren 100 % oder mehr beträgt, schließen der Einfuhrmitgliedstaat und der wichtigste Ausfuhrmitgliedstaat bis zum 1. Dezember 2022 eine Vereinbarung über die angemessene Aufteilung der Überschusserlöse. Solche Vereinbarungen können alle Mitgliedstaaten im Geiste der Solidarität schließen, wobei sich die Vereinbarungen auch auf Einnahmen aus nationalen Krisenmaßnahmen gemäß Artikel 8, einschließlich Stromhandelstätigkeiten, erstrecken können.
(2) Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten während des gesamten Verhandlungsprozesses und fördert und erleichtert den Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten.
Abschnitt 3
Maßnahmen in Bezug auf Endkunden
Artikel 12
Vorübergehende Ausweitung öffentlicher Eingriffe in die Strompreisfestsetzung auf KMU
Abweichend von den Vorschriften der Union über öffentliche Eingriffe in die Preisfestsetzung können die Mitgliedstaaten öffentliche Eingriffe in die Festsetzung der Stromversorgungspreise für KMU vornehmen. Diese öffentlichen Eingriffe müssen
a) den Jahresverbrauch des Begünstigten in den letzten fünf Jahren berücksichtigen und einen Anreiz zur Nachfragesenkung bieten;
b) den in Artikel 5 Absätze 4 und 7 der Richtlinie (EU) 2019/944 festgelegten Bedingungen entsprechen;
c) soweit relevant, die in Artikel 13 dieser Verordnung festgelegten Bedingungen erfüllen.
Artikel 13
Vorübergehende Möglichkeit zur Festsetzung der Strompreise unterhalb der Kosten
Abweichend von den Vorschriften der Union über öffentliche Eingriffe in die Preisfestsetzung können die Mitgliedstaaten bei öffentlichen Eingriffen in die Festsetzung der Stromversorgungspreise gemäß Artikel 5 Absatz 6 der Richtlinie (EU) 2019/944 oder Artikel 12 der vorliegenden Verordnung ausnahmsweise und vorübergehend einen Preis für die Stromversorgung festsetzen, der unter den Kosten liegt, sofern sämtliche der folgenden Bedingungen erfüllt sind:
a) Die Maßnahme bezieht sich auf eine begrenzte Verbrauchsmenge und umfasst einen Anreiz zur Nachfragesenkung;
b) sie diskriminiert nicht zwischen Versorgern;
c) die Versorger erhalten einen Ausgleich für die Lieferung von Strom unterhalb der Kosten; und
d) alle Versorger können auf derselben Grundlage Angebote zum Preis für die Stromversorgung unterbreiten, der unter den Kosten liegt.
KAPITEL III
Maßnahme in Bezug auf den Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich
Artikel 14
Unterstützung von Endkunden durch einen befristeten Solidaritätsbeitrag
(1) Sofern Mitgliedstaaten keine gleichwertigen nationalen Maßnahmen erlassen haben, unterliegen Überschussgewinne von im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätigen Unternehmen und Betriebsstätten der Union einem befristeten obligatorischen Solidaritätsbeitrag.
(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass erlassene gleichwertige nationale Maßnahmen ähnlichen Zielen dienen und vergleichbaren Vorschriften unterliegen wie der befristete Solidaritätsbeitrag im Rahmen dieser Verordnung und dass mit ihnen mit den geschätzten Einnahmen aus dem Solidaritätsbeitrag vergleichbare oder höhere Einnahmen erzielt werden.
(3) Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen bis zum 31. Dezember 2022 Maßnahmen zur Umsetzung des in Absatz 1 genannten befristeten obligatorischen Solidaritätsbeitrags.
Artikel 15
Bemessungsgrundlage für die Berechnung des befristeten Solidaritätsbeitrags
Der befristete Solidaritätsbeitrag für im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätige Unternehmen und Betriebsstätten der Union, einschließlich jener, die Teil einer lediglich zu Steuerzwecken konsolidierten Gruppe sind, wird auf der Grundlage der steuerpflichtigen Gewinne berechnet, die nach den nationalen Steuervorschriften im Haushaltsjahr 2022 und/oder im Haushaltsjahr 2023 und während der gesamten Dauer des betreffenden Haushaltsjahrs ermittelt wurden und mehr als 20 % über dem Durchschnitt der steuerpflichtigen Gewinne liegen, die gemäß den nationalen Steuervorschriften in den vier am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnenden Haushaltsjahren ermittelt wurden. Ist der Durchschnitt der steuerpflichtigen Gewinne in diesen vier Haushaltsjahren negativ, so beträgt der durchschnittliche steuerpflichtige Gewinn bei der Berechnung des befristeten Solidaritätsbeitrags null.
[…]
KAPITEL IV
Schlussbestimmungen
Artikel 19
Überwachung und Durchsetzung
(1) Die zuständige Behörde jedes Mitgliedstaats überwacht die Umsetzung der in den Artikeln 3 bis 7, 10, 12 und 13 genannten Maßnahmen in ihrem Hoheitsgebiet.
(2) Die Mitgliedstaaten erstatten der Kommission so bald wie möglich nach Inkrafttreten dieser Verordnung und bis zum 1. Dezember 2022 Bericht über die gemäß Artikel 5 geplanten Maßnahmen zur Erreichung der geforderten Nachfragesenkung und die gemäß Artikel 11 geschlossenen Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten.
(3) Bis zum 31. Januar 2023 und erneut bis zum 30. April 2023 erstatten die Mitgliedstaaten der Kommission Bericht über
a) die gemäß den Artikeln 3 und 4 erzielte Nachfragesenkung und die zur Erreichung der Senkung gemäß Artikel 5 getroffenen Maßnahmen;
b) die gemäß Artikel 6 erzielten Überschusserlöse;
c) die Maßnahmen zur Verteilung der Überschusserlöse zur Abmilderung der Auswirkungen der hohen Strompreise auf die Stromendkunden gemäß Artikel 10;
d) etwaige öffentliche Eingriffe in die Festsetzung der Stromversorgungspreise gemäß den Artikeln 12 und 13.
(4) Die Mitgliedstaaten berichten der Kommission
a) bis zum 31. Dezember 2022 über die Einführung des befristeten Solidaritätsbeitrags gemäß Artikel 14 sowie darüber, in welchem(n) Haushaltsjahr(en) sie ihn anwenden werden;
b) über jede spätere Änderung des nationalen Rechtsrahmens innerhalb eines Monats nach dem Datum der Veröffentlichung in ihren entsprechenden nationalen Amtsblättern;
c) über die Verwendung der Einnahmen gemäß Artikel 17 innerhalb eines Monats ab dem Tag, an dem die Einnahmen im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften bei ihnen eingegangen sind;
d) bis zum 31. Dezember 2022 über die erlassenen gleichwertigen nationalen Maßnahmen gemäß Artikel 14; innerhalb eines Monats ab dem Tag, an dem die Einnahmen im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften bei den Mitgliedstaaten eingegangen sind, legen die Mitgliedstaaten zudem eine Bewertung bezüglich der Höhe der mit diesen erlassenen gleichwertigen nationalen Maßnahmen erzielten Einnahmen und deren Verwendung vor.
Artikel 20
Überprüfung
(1) Die Kommission überprüft Kapitel II bis zum 30. April 2023 vor dem Hintergrund der allgemeinen Stromversorgungslage und der Strompreise in der Union und übermittelt dem Rat einen Bericht über die wesentlichen Ergebnisse dieser Überprüfung. Auf der Grundlage dieses Berichts kann die Kommission insbesondere vorschlagen, die Geltungsdauer dieser Verordnung zu verlängern, die Höhe der Obergrenze für Markterlöse gemäß Artikel 6 Absatz 1 und die in Artikel 7 Absatz 1 genannten Quellen der Stromerzeugung, für die diese Obergrenze gilt, zu ändern oder Kapitel II auf sonstige Weise zu ändern, wenn dies im Hinblick auf die wirtschaftlichen Umstände oder das Funktionieren des Strommarkts in der Union und in den einzelnen Mitgliedstaaten gerechtfertigt ist.
(2) Die Kommission überprüft Kapitel III bis zum 15. Oktober 2023 und erneut bis zum 15. Oktober 2024 vor dem Hintergrund der allgemeinen Lage des Sektors für fossile Brennstoffe und der erzielten Überschussgewinne und übermittelt dem Rat einen Bericht über die wesentlichen Ergebnisse dieser Überprüfung.
Artikel 21
Ausnahmen
(1) Die Artikel 4 bis 7 gelten nicht für Gebiete in äußerster Randlage im Sinne des Artikels 349 AEUV, die nicht an den Strommarkt der Union angebunden werden können.
(2) Die Mitgliedstaaten können beschließen, die Artikel 4 bis 7 nicht auf Strom anzuwenden, der in kleinen, isolierten Netzen oder kleinen Verbundnetzen erzeugt wird.
(3) Die Artikel 4 bis 7 sind für Zypern und Malta nicht verpflichtend. Wenn Zypern beschließt, die Artikel 4 bis 7 anzuwenden, gilt Artikel 6 Absatz 1 nicht für aus Erdölerzeugnissen erzeugten Strom.
Artikel 22
Inkrafttreten und Anwendung
(1) Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
(2) Unbeschadet der Verpflichtung, die Verteilung der Überschusserlöse gemäß Artikel 10 sicherzustellen und die Einnahmen aus dem befristeten Solidaritätsbeitrag gemäß Artikel 17 zu verwenden, sowie unbeschadet der in Artikel 20 Absatz 2 genannten Berichterstattungspflicht gilt diese Verordnung bis zum 31. Dezember 2023 unter den folgenden Bedingungen.
a) Artikel 4 gilt vom 1. Dezember 2022 bis zum 31. März 2023;
b) Die Artikel 5 und 10 gelten ab dem 1. Dezember 2022;
c) Die Artikel 6, 7 und 8 gelten vom 1. Dezember 2022 bis zum 30. Juni 2023;
d) Artikel 20 Absatz 2 gilt bis zum 15. Oktober 2024.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten."
III. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.
2. Für die Beurteilung der in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen ist folgender unionsrechtlicher Zusammenhang zu beachten:
2.1. Das Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom (EKBSG) und das Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-fossile Energieträger (EKBFG) regeln Maßnahmen, die auf die Verordnung (EU) des Rates 2022/1854 vom 6. Oktober 2022 über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise (NotfallmaßnahmenVO) zurückgehen. Die beiden Bundesgesetze wurden am 29. Dezember 2022 in BGBl I 220/2022 kundgemacht und sind gemäß §11 EKBSG idF BGBl I 220/2022 bzw §11 EKBFG am 1. Dezember 2022 in Kraft getreten.
2.2. Die Notfallmaßnahmen-VO wurde auf Grund der seit September 2021 in Folge der hohen Gaspreise auftretenden hohen Energiepreise erlassen, wobei Strompreisschwankungen aus witterungsbedingten und technisch bedingten Rückgängen des Angebotes an Strom aus Wasserkraft und Kernkraft resultierten und der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zu Unsicherheiten auch hinsichtlich der Versorgung mit anderen Rohstoffen wie Steinkohle und Erdöl geführt hat (vgl Erwägungsgrund 1–3 der Notfallmaßnahmen VO). Die Notfallmaßnahmen VO sieht im – für die hier zu entscheidenden Rechtsfragen maßgeblichen – Kapitel II drei verschiedene Maßnahmenbündel in Bezug auf den Strommarkt vor. Diese bestehen in Maßnahmen zur Nachfragesenkung unter anderem hinsichtlich des Brutto stromverbrauchs zu Spitzenzeiten (Kapitel II, Abschnitt 1), in einer Obergrenze für Markterlöse sowie der Verteilung der Überschusserlöse und der Engpasserlösüberschüsse an die Stromendkunden (Kapitel II, Abschnitt 2) und in Maßnahmen in Bezug auf Endkunden, wie etwa der Möglichkeit, Strompreise vorübergehend unterhalb der Kosten festzusetzen (Kapitel II, Abschnitt 3).
2.3. Art6 Notfallmaßnahmen-VO sieht eine für den Zeitraum vom 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2023 befristet anzuwendende Erlösobergrenze für die Erzeugung von Strom in Anlagen mit niedrigen Grenzkosten (sogenannte inframarginale Stromerzeugungsanlagen), also für die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien, Kernenergie oder Braunkohle vor (vgl Notfallmaßnahmen VO, Erwägungsgrund 11).
2.3.1. Diese Regelung wird mit der besonderen, durch die Mechanismen des Strommarktes bedingten Ertragslage für Stromerzeuger begründet: Da der Marktpreis für Strom einheitlich für alle Nachfrager durch das Kraftwerk mit den höchsten Grenzkosten bestimmt wird, das zur Deckung der Nachfrage benötigt wird ("Merit Order Modell"; oftmals ein Gaskraftwerk), konnten inframarginale Stromerzeuger auf Grund der seit 2021 steigenden Gaspreise in der Regel unerwartet hohe Gewinne erzielen, ohne dass auch ihre Betriebskosten in nennenswertem Ausmaß gestiegen wären. Diese Erlöse der Erzeuger sollten in einer Situation, in der Verbraucher hohen, auch für den Wirtschaftsstandort der Union schädlichen Preisen ausgesetzt waren, durch die Abschöpfung von über einer zwischen den Mitgliedstaaten abgestimmten, verbindlichen Obergrenze liegenden Markterlösen begrenzt werden. Mit den so eingehobenen Überschusserlösen sollten Maßnahmen finanziert werden, um die Auswirkungen der hohen Strompreise auf Endkunden abzumildern.
Um die Bewertung von ursprünglichen Investitionsrentabilitäten nicht zu beeinträchtigen und eine Erlösmarge der Stromerzeuger zu ermöglichen, sollte die Obergrenze deutlich über den durchschnittlichen Preisspitzen in der Vergangenheit und damit über den begründeten Erwartungen der Marktteilnehmer vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine liegen (Erwägungsgrund 28 der Notfallmaßnahmen VO). Nach der Abschöpfung der die Obergrenze übersteigenden, realisierten Erlöse sollte den Stromproduzenten jenes wirtschaftliche Ergebnis verbleiben, das ohne die Verwerfungen am Strommarkt erzielbar gewesen wäre.
2.3.2. Die Notfallmaßnahmen-VO enthält in Art6 und 8 nähere Bestimmungen zur Erlösobergrenze. Art6 der Verordnung begrenzt die Markterlöse, die Erzeuger aus den in Art7 Abs1 leg cit genannten Quellen beziehen, mit höchstens € 180,–/MWh erzeugter Elektrizität. Nach Art8 leg cit können die Mitgliedstaaten Maßnahmen aufrechterhalten oder einführen, durch die die Markterlöse der Erzeuger weiter begrenzt werden; dabei kann auch zwischen Technologien unterschieden werden (Art8 Abs1 lita leg cit). Die Mitgliedstaaten können auch eine höhere Obergrenze vorsehen, wenn Investitions- und Betriebskosten der Erzeuger die festgelegte Obergrenze überschreiten (Art8 Abs1 litb leg cit). Es können aber auch Obergrenzen für nicht in Art7 Notfallmaßnahmen VO genannte Energiequellen beibehalten oder eingeführt werden (Art8 Abs1 litc leg cit). Art8 Abs1 litd Notfallmaßnahmen VO erlaubt eine gesonderte Obergrenze für die Stromerzeugung aus Steinkohle, lite leg cit enthält ein Wahlrecht, eine Obergrenze auch für nicht von Art7 Notfallmaßnahmen VO erfasste Wasserkraftanlagen (Speicherkraftwerke) festzulegen. Art7 Abs5 Notfallmaßnahmen-VO bestimmt schließlich, dass die Mitgliedstaaten beschließen können, die Obergrenze nur auf 90 % der diese überschreitenden Markterlöse anzuwenden.
2.3.3. Bei der Verteilung der Überschusserlöse haben die Mitgliedstaaten gemäß Art10 Abs1 Notfallmaßnahmen VO sicherzustellen, dass alle Überschusserlöse, die sich aus der Anwendung der Obergrenze ergeben, zur Finanzierung von Maßnahmen verwendet werden, mit denen Stromendkunden unterstützt werden, um die Auswirkungen der hohen Strompreise für diese Kunden abzumildern. Zu den in Art10 Abs4 Notfallmaßnahmen VO beispielhaft genannten Maßnahmen iSd Abs1 leg cit zählen die Gewährung eines finanziellen Ausgleichs für Stromendkunden für die Senkung ihres Stromverbrauchs, direkte Überweisungen an Stromendkunden oder auch die Senkung von Strombezugskosten, wobei Abs2 leg cit anordnet, dass Maßnahmen eindeutig festgelegt, transparent, verhältnismäßig, diskriminierungsfrei und überprüfbar sein müssen. Reichen die Überschusserlöse für die Finanzierung der Maßnahmen nicht aus, können die Mitgliedstaaten andere geeignete Mittel, beispielsweise Haushaltsmittel, einsetzen (Art10 Abs3 Notfallmaßnahmen-VO).
2.4. Für Gewinne von Unternehmen, die im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätig sind, wird in Kapitel III der Verordnung ein befristeter obligatorischer Solidaritätsbeitrag festgelegt, der auf Grundlage der steuerpflichtigen Gewinne der Jahre 2022 bzw 2023 ermittelt wird, die mehr als 20 % über dem Durchschnitt der jährlichen steuerpflichtigen Gewinne seit 2018 liegen (vgl Art15 Notfallmaßnahmen VO).
3. Die Notfallmaßnahmen VO regelt die Eckpunkte der Maßnahmen, bedarf aber (wenngleich Verordnungen gemäß Art288 Abs2 AEUV grundsätzlich unmittelbar gelten) der Umsetzung durch die Mitgliedstaaten (IA 3024/A 27. GP, 6; sogenannte "unvollständige" oder "hinkende" Verordnung, vgl Öhlinger/Eberhard/Potacs , EU Recht und staatliches Recht 8 , 2023, 73 f.).
3.1. Allfällige Bedenken ob der Vereinbarkeit der Notfallmaßnahmen-VO mit primärrechtlichen Vorgaben sind hinsichtlich der Beitragspflicht für den zeitlichen Geltungsbereich von Art6—8 Notfallmaßnahmen-VO vom 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2023 beim Verfassungsgerichtshof nicht entstanden.
3.2. Der Verfassungsgerichtshof hegt auch keine Zweifel, dass sich die Regelungen des EKBSG innerhalb des den Mitgliedstaaten durch die Verordnung eröffneten Regelungsspielraumes bewegen. Innerhalb dieses Spielraumes hat der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung gemäß dem Grundsatz der doppelten Bindung neben den Vorgaben des Unionsrechtes auch die Vorgaben des Verfassungsrechtes und damit insbesondere des Gleichheitsgrundsatzes zu beachten (vgl VfSlg 17.022/2003, 20.522/2021; VfGH 13.12.2021, G212/2023 ua). Vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens sind beim Verfassungsgerichtshof hinsichtlich des EKBSG keine Bedenken entstanden.
4. Die für den Beschwerdefall maßgebliche Rechtslage nach dem EKBSG stellt sich wie folgt dar:
4.1. Der Gesetzgeber des EKBSG hat zur Operationalisierung der Notfallmaßnahmen VO eine ausschließliche Bundesabgabe vorgesehen (§1 Abs1 und 2 EKBSG iVm §6 Abs1 Z1 F VG). Dieser unterliegt gemäß §1 Abs3 EKBSG die Veräußerung von im Inland erzeugtem Strom aus Windenergie, Solarenergie (Solarthermie und Fotovoltaik), Erdwärme, Wasserkraft, Abfall, Braunkohle, Steinkohle, Erdölerzeugnissen, Torf und BiomasseBrennstoffen ausgenommen Biomethan durch den Stromerzeuger einschließlich der Realisierung von Veräußerungsrechten auf Strom. Als Bemessungsgrundlage bestimmt §3 Abs1 EKBSG die monatlichen Überschusserlöse aus der Veräußerung von Strom gemäß §1 Abs3 leg cit, wobei als Überschusserlös gemäß §3 Abs2 leg cit eine positive Differenz zwischen den realisierten Erträgen des Beitragsschuldners aus dem Verkauf von Strom und der festgelegten Obergrenze für Markterlöse definiert ist.
4.2. Als Obergrenze für Markterlöse hat der Gesetzgeber nicht den in Art6 NotfallmaßnahmenVO vorgesehenen Betrag von € 180,–/MWh erzeugter Elektrizität übernommen, sondern für Überschusserlöse, die vom 1. Dezember 2022 bis 31. Mai 2023 erzielt wurden, eine Obergrenze von € 140,–/MWh, und für die Zeit nach dem 31. Mai 2023 eine Obergrenze von € 120,–/MWh festgelegt. §3 Abs3 EKBSG sieht "in Anlehnung an Art8 Abs1 litb" Notfallmaßnahmen VO (vgl IA 3024/A 27. GP, 7) vor, dass eine höhere Obergrenze angesetzt werden kann, wenn die notwendigen direkten Investitions- und Betriebskosten der Energieerzeuger die Obergrenze von € 140,– bzw € 120,– je MWh übersteigen, sofern der Beitragspflichtige die Voraussetzungen nachweist. Entsprechend Art7 Abs5 NotfallmaßnahmenVO ordnet §3 Abs5 EKBSG an, dass der EKBS 90 % der Überschusserlöse beträgt. Insoweit ordnet das EKBSG eine Abschöpfung von Überschusserlösen an.
5. Die beschwerdeführende Partei, die sich gegen die Beitragspflicht während des Geltungszeitraumes von Art6—8 Notfallmaßnahmen-VO wendet, behauptet zunächst, dass die Abgabe deshalb sachlich nicht gerechtfertigt sei, weil sie die Zielsetzungen der Notfallmaßnahmen VO nicht umsetze.
Diese Rechtsansicht vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu teilen:
5.1. Der Gleichheitsgrundsatz gebietet dem Gesetzgeber, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, und setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er es verbietet, sachlich nicht begründbare Differenzierungen zwischen den Norm adressaten zu schaffen (vgl VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005, 20.244/2018, 20.270/2018). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002).
Der Gesetzgeber hat den Gleichheitsgrundsatz auch bei der Auswahl von Besteuerungsgegenständen und der Abgrenzung des Steuergegenstandes zu beachten (vgl VfSlg 4392/1963, 5577/1967, 10.001/1984). Dabei kann die sachliche Rechtfertigung in einer besonderen Leistungsfähigkeit, in Äquivalenzüberlegungen oder auch in einer nichtfiskalische Zielsetzungen verfolgenden Einnahmenerzielung bestehen. Entscheidet sich der Gesetzgeber, einen bestimmten Lebenssachverhalt mit einer Abgabe zu belasten, kann eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes vorliegen, wenn im wesentlichen vergleichbare Sachverhalte unbelastet bleiben und hiefür keine sachliche Rechtfertigung zu erkennen ist. Dabei hat der Gesetzgeber vor dem Hintergrund eines weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes ausgehend von der Belastungskonzeption der Abgabe auch die mit der Abgabe verfolgten öffentlichen Interessen zu berücksichtigen.
5.2. Die mit dem EKBSG vom Gesetzgeber getroffene Belastungsentscheidung ist sachlich begründet:
5.2.1. Vor dem Hintergrund der besonderen Situation einer massiven Störung des Strommarktes (vgl dazu auch die Erwägungen der Notfallmaßnahmen VO, vgl auch 2.2.—2.3.1.) kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er zur Bewältigung der krisenbedingten Entwicklungen am Strommarkt für einen angemessenen, begrenzten Zeitraum eine Abgabe auf Überschusserlöse der Stromerzeuger vorsieht. In diesem Zusammenhang soll die Abgabe Mehrerlöse belasten, die – typisierend betrachtet – über einer an den begründeten Investitionserwartungen vor der Krise ausgerichteten Obergrenze liegen, ohne Erzeuger insbesondere erneuerbarer Energien daran zu hindern, aus den verbleibenden Erlösen ihre notwendigen Investitions- und Betriebskosten zu decken. Zugleich soll die Abgabe Mittel zur Finanzierung von Unterstützungsleistungen an Stromendkunden generieren und damit die Sicherung einer bezahlbaren Versorgung für ein existenzielles Verbrauchsgut gewährleisten (vgl auch BVerfG 28.11.2024, 1 BvR 460/23 und 1 BvR 611/23, insb. Rz 84 ff.).
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Anwendung einer festgelegten Obergrenze bemessungsrechtlich einfach zu vollziehen ist und der Gesetzgeber die Abgabe nur für einen begrenzten Zeitraum vorgesehen hat. In dieser besonderen Konstellation kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit die Abgabe an sich eine dämpfende Wirkung auf die Strompreise der Endkunden hat, sondern es genügt, wenn die auf diese Art erhobenen Mittel im Ergebnis der Finanzierung von entlastenden Zuschüssen an Stromendkunden dienen.
5.2.2. Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei steht der sachlichen Rechtfertigung des EKBS somit auch nicht entgegen, dass das EKBSG keine Vorschriften enthält, die die Verwendung des Abgabenertrages zur Unterstützung von Stromendkunden anordnen. Weder der Bundesverfassung noch der Notfallmaßnahmen VO ist zu entnehmen, dass ein Abgabengesetz, mit dem die unionsrechtliche Verpflichtung zur Anwendung der Obergrenze umgesetzt wird, zugleich eine Zweckbindung der Abgabenerträge zur Unterstützung von Stromendkunden vorsehen muss.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass Österreich der Verpflichtung zur finanziellen Unterstützung von Stromendkunden nicht nachgekommen wäre, stehen den Einnahmen aus dem EKB-S und dem EKB-F im Jahr 2023 in Höhe von insgesamt € 255.000.000,– doch Entlastungen der Verbraucher im Rahmen des Stromkostenzuschussgesetzes in Höhe von ca € 900.000.000,– gegenüber. Damit ist jedenfalls gesichert, dass im Ergebnis mehr an Zuschuss aus dem Bundeshaushalt zur Entlastung an Verbraucher geflossen ist, als durch die Abgabe eingenommen worden ist. Dass das Stromkostenzuschussgesetz bereits vor Inkrafttreten des EKBSG beschlossen wurde, vermag die Einhaltung der Verpflichtung gemäß Art10 Abs1 Notfallmaßnahmen-VO nicht in Frage zu stellen (zur Zulässigkeit der Vorfinanzierung von Unterstützungsmaßnahmen für Stromendkunden vgl Erwägungsgrund 31 der Notfallmaßnahmen VO).
6. Soweit die beschwerdeführende Partei ferner behauptet, dass es der Abgabe dem Grunde nach an einer sachlichen Rechtfertigung fehle, weil diese nicht mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar sei und unter Bedachtnahme auf unterschiedlich hohe Produktionskosten der eingesetzten Technologien vielmehr an den Gewinn angeknüpft werden müsste, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten:
6.1. Durch die Anwendung einer gesetzlich festgelegten Obergrenze soll unabhängig von den jeweiligen Produktionskosten der Zuwachs an Leistungsfähigkeit erfasst werden, der entsteht, wenn und insoweit der erzielte Verkaufserlös einen typisierend für reguläre Marktverhältnisse angenommenen Markterlös übersteigt (vgl Erwägungsgrund 45 der Notfallmaßnahmen-VO).
6.2. Vor dem Hintergrund der sachlichen Rechtfertigung der Abgabe (vgl 5.2.) ist nicht zu erkennen, dass der Gleichheitsgrundsatz erfordern würde, anstelle von Überschusserlösen erzielte Übergewinne zu belasten:
6.2.1. In Anbetracht der Belastungskonzeption der Abgabe und der damit einhergehenden verwaltungsökonomischen Vereinfachungen hegt der Verfassungsgerichtshof auch mit Blick auf die zeitliche Begrenztheit der Regelung keine gleichheitsrechtlichen Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber eine für alle Produktionstechnologien einheitliche Obergrenze vorgesehen und nicht nach den Kostenstrukturen der jeweiligen Technologien differenzierende Obergrenzen eingeführt hat.
6.2.2. Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei folgt aus dem Umstand, dass der EKB-F auf Grundlage von Übergewinnen ermittelt wird, auch nicht, dass die Bemessungsgrundlage des EKB S gleichheitswidrig wäre. Abgesehen davon, dass diese Differenzierung bereits der Notfallmaßnahmen VO zugrunde liegt, überschreitet der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum nicht, wenn er für Zwecke der Bemessung der Abgabe für ein Produkt, das einem Mechanismus der einheitlichen Preisbildung ("Merit Order") unterliegt, auf eine leicht handhabbare Obergrenze abstellt.
6.2.3 Es bestehen auch keine gleichheitsrechtlichen Bedenken gegen die Festlegung der Höhe der Obergrenze. Dass die in §3 Abs2 EKBSG festgelegte Obergrenze Stromproduzenten regelmäßig daran hinderte, ihre notwendigen Betriebs- und Investitionskosten einschließlich einer Marge aus den ihnen verbleibenden Erlösen zu decken, ist nicht zu erkennen. Da die Obergrenze insofern die Investitionserwartungen vor Eintritt der Krise berücksichtigt, erscheint es auch sachgerecht, dass sie durch Investitionen erhöht werden kann, die nach Beginn der Krise vorgenommen wurden (§4 EKBSG, vgl die Verordnung des Bundesministers für Finanzen und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie über den Absetzbetrag für begünstigte Investitionen im Rahmen der Energiekrisenbeiträge [EKB InvestitionsV], BGBl II 194/2023, idF BGBl II 244/2024). Im Übrigen wird in der Beschwerde auch nicht behauptet, dass die innerhalb des Rahmens der Notfallmaßnahmen VO einheitlich festgelegte Obergrenze regelmäßig dazu geführt hätte, dass Investitionserwartungen der Beitragspflichtigen enttäuscht worden wären.
6.2.4. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber in §3 Abs3 EKBSG eine Anpassung der Obergrenze in Höhe der direkten Kosten der Energieerzeugung einschließlich eines Aufschlages iHv 20 % für jene Fälle vorsieht, in denen die gesetzlich festgelegte Obergrenze für die Deckung dieser Kosten nicht ausreicht. Vor diesem Hintergrund liegt es auch im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ob er Stromerzeuger mit hohen Grenzkosten – wie etwa Steinkohlekraftwerke oder Pumpspeicherkraftwerke – in die Beitragspflicht einbezieht oder nicht.
7. Auch das Bedenken, der EKB S sei deshalb unsachlich, weil Stromhändler und andere Akteure am Energiemarkt, die in der Energiekrise ebenfalls von gestiegenen Strompreisen profitiert hätten (zB Fernwärmeversorger), nicht in die Abgabepflicht einbezogen würden, trifft nicht zu.
7.1. Nach §1 Abs3 EKBSG unterliegt der Abgabe die Veräußerung von im Inland erzeugtem Strom durch den Stromerzeuger einschließlich der Realisierung von Veräußerungsrechten auf Strom. Beitragsschuldner ist der Betreiber einer Anlage zur Erzeugung von Strom gemäß §1 Abs3 EKBSG mit einer installierten Kapazität von mehr als 1 Megawatt (§5 Abs1 Z1 EKBSG) sowie der Begünstigte eines Strombezugsrechtes aus einer solchen Erzeugungsanlage (§5 Abs1 Z2 EKBSG). Die Veräußerung von Strom durch Stromhändler unterliegt somit nicht der Abgabepflicht.
7.2. Abgesehen davon, dass sich das Geschäftsmodell der Stromhändler wesentlich von jenem der Stromproduzenten unterscheidet, kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er angesichts der kurzfristig notwendig gewordenen Umsetzung der Notfallmaßnahmen VO im Rahmen einer zeitlich begrenzten, leicht handhabbaren Regelung Stromhändler und andere Energielieferanten (zB Fernwärmeversorger) nicht in die Abgabepflicht einbezieht.
8. Der Verfassungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, dass die Regelungen des EKBSG betreffend die Behandlung verbundener Unternehmen unsachlich wären:
8.1. §3 Abs4 EKBSG sieht vor, dass der Beitragsschuldner bei der Veräußerung von Strom an ein verbundenes Unternehmen als realisierte Markterlöse jene Beträge anzusetzen hat, die marktüblichen Konditionen mit fremden Dritten auf derselben Stufe der Lieferkette entsprechen.
Gemäß §4 Abs1 EKBSG kann dem Beitragsschuldner ein Absetzbetrag für begünstigte Investitionen eines verbundenen Unternehmens, das selbst nicht Beitragsschuldner ist, zugerechnet werden. Hieraus ergibt sich, dass Investitionen eines verbundenen Unternehmens dann nicht abgesetzt werden können, wenn dieses selbst Beitragsschuldner ist. Dies gilt auch insoweit, als sich auf Ebene des verbundenen Unternehmens auf Grund der Höhe der Investitionen ein Absetzbetrag ergäbe, der den Höchstbetrag von € 36,–/MWh übersteigt und dem Beitragsschuldner somit verloren geht.
8.2. Es ist nicht zu erkennen, dass der Gleichheitsgrundsatz gebieten würde, derart "überhängende" Absetzbeträge eines verbundenen Unternehmens, das Beitragsschuldner ist, einem anderen verbundenen Unternehmen, das den Absetzbetrag selbst nicht voll ausschöpfen kann, zuzurechnen. Der Gesetzgeber hat im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes in §3 Abs4 EKBSG von einer konsolidierten Betrachtung von Beitragsschuldnern im Konzern Abstand genommen. Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass er die gesonderte Betrachtung einzelner verbundener Unternehmen, die Beitragsschuldner sind, auch für Zwecke der Ermittlung des Absetzbetrages für begünstigte Investitionen – sei es, um Doppelerfassungen zu vermeiden, oder auch nur aus Gründen der Vereinfachung – aufrecht hält.
9. Schließlich hat der Gesetzgeber auch durch die rückwirkende Inkraftsetzung des EKBSG den Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt:
9.1. Wie die beschwerdeführende Partei zutreffend ausführt, wurde das Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom am 29. Dezember 2022 in BGBl I 220/2022 kundgemacht, ist gemäß §11 EKBSG idF BGBl I 220/2022 aber bereits am 1. Dezember 2022 in Kraft getreten. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch diese Rückwirkung in ihrem berechtigten Vertrauen auf die vom 1. Dezember 2022 bis 29. Dezember 2022 geltende Rechtslage verletzt und bringt vor, dass sie in diesem Zeitraum nicht mit einer Obergrenze für Markterlöse unterhalb des unionsrechtlich vorgesehenen Höchstausmaßes habe rechnen müssen.
9.2. Die Bundesverfassung verbietet dem Gesetzgeber nicht, Abgabenvorschriften mit rückwirkender Kraft auszustatten, soweit diese Rückwirkung mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist. Knüpft eine gesetzliche Vorschrift nachträglich an früher verwirklichte Tatbestände steuerliche Folgen und wird dadurch die Rechtsposition der Steuerpflichtigen mit Wirkung für die Vergangenheit verschlechtert, liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurden und nicht besondere Umstände eine solche Rückwirkung verlangen (VfSlg 12.186/1989 ua). Für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit solcher Gesetzesänderungen sind die Gravität des Eingriffs sowie das Gewicht der für diesen Eingriff sprechenden Gründe maßgeblich (vgl VfSlg 12.688/1991, 13.020/1992, 16.022/2000, 16.689/2002, 17.311/2004).
9.3. Die Notfallmaßnahmen-VO (EU) 2022/1854 vom 6. Oktober 2022 wurde am 7. Oktober 2022 im Amtsblatt kundgemacht und sieht in §22 Abs2 litc vor, dass Art6, 7 und 8 am 1. Dezember 2022 in Kraft treten. Der Nationalrat hat die zur Umsetzung erforderlichen Regelungen am 13. Dezember 2022 beschlossen; der Beschluss des Bundesrates, keinen Einspruch zu erheben (Art42 Abs4 2. Fall BVG), erfolgte am 21. Dezember 2022. Am 29. Dezember 2022 wurde das EKBSG mit BGBl I 220/2022 kundgemacht. Anders als in dem dem Erkenntnis VfSlg 20.187/2017 zugrunde liegenden Fall lagen in Anbetracht der kurzen Frist für die unionsrechtlich gebotene Umsetzung, die der Gesetzgeber auch unverzüglich vorgenommen hat, somit besondere Umstände vor, die ein Inkrafttreten der nationalen Rechtslage gemäß §11 EKBSG idF BGBl I 220/2022 mit 1. Dezember 2022 rechtfertigten.
10. Im Zusammenhang mit ihrer Beschwerdebehauptung, durch die denkunmögliche Anwendung des EKBSG durch das Bundesfinanzgericht in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt zu sein, wiederholt die beschwerdeführende Partei ihre Bedenken gegen die Umsetzung der NotfallmaßnahmenVO durch den Bundesgesetzgeber und bringt vor, dass §§1–3 EKBSG auf Grund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechtes gar nicht hätten angewendet werden dürfen.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union bewirkt der Vorrang des Unionsrechts, dass entgegenstehendes innerstaatliches Recht "ohne weiters unanwendbar wird" (EuGH 9. März 1978, 106/77, Simmenthal II). Wie bereits dargelegt wurde, geht der Verfassungsgerichtshof jedoch nicht davon aus, dass es sich bei den Bestimmungen des EKBSG um dem Unionsrecht entgegenstehendes nationales Recht handelt. Das angefochtene Erkenntnis beruht vielmehr auf Bestimmungen, die innerhalb des den Mitgliedstaaten durch die Notfallmaßnahmen VO eingeräumten Umsetzungsspielraumes erlassen wurden. Daher ist weder die in der Beschwerde geltend gemachte denkunmögliche Missachtung des Anwendungsvorranges des Unionsrechtes ersichtlich, noch bestehen aus verfassungsrechtlicher Perspektive darüberhinausgehende Bedenken gegen die Gesetzesanwendung durch das Bundesfinanzgericht.
IV. Ergebnis
1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Partei in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
2. Die Beschwerde ist daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.