V103/2024 ua (V103-105/2024-11) – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Leitsatz
Gesetzwidrigkeit von Wortfolgen der FixkostenzuschussV, der AusfallbonusV III und der VerlustersatzverlängerungsV betreffend den Ausschluss von Förderungen zur wirtschaftlichen Bewältigung der COVID-19 Pandemie im Falle einer finanzstrafrechtlichen Verurteilung; Unsachlichkeit des Ausschlusses mangels Normierung einer zeitlichen Grenze für eine – auch weit zurückliegende – Abgabenhinterziehung
Aufhebung der Wortfolge "über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein; ein FKZ800.000 darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt;" in Punkt 3.1.6 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines begrenzten Fixkostenzuschusses bis EUR 800.000 durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO über die Gewährung eines FKZ800.000), BGBl II 497/2020.
Aufhebung der Wortfolge "über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein; ein Ausfallsbonus III darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt;" in Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über eine weitere Verlängerung des Ausfallsbonus für Unternehmen mit hohem Umsatzausfall (VO Ausfallsbonus III), BGBl II 518/2021.
Aufhebung der Wortfolge "über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein; ein Verlustersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt;" in Punkt 3.1.6 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Verlängerung der Gewährung eines Verlustersatzes durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Verlustersatz II), BGBl II 343/2021.
Aufhebung der Wortfolge "Auf die Gewährung eines Verlustersatzes besteht kein Rechtsanspruch." in Punkt 7.6 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetz betreffend Richtlinien über die Verlängerung der Gewährung eines Verlustersatzes durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Verlustersatz II), BGBl II 343/2021.
Die durch das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (LG) angefochtenen Regelungen des Punktes 3.1.6 des Anhanges zur VO über die Gewährung eines FKZ800.000, des Punktes 3.1.7 des Anhanges 1 zur VO Ausfallsbonus III, sowie des Punktes 3.1.6 des Anhanges zur VO Verlustersatz II, gleichen den mit V145/2022 ua, und G172/2022, V172/2022, beide v 05.10.2023, aufgehobenen Verordnungsbestimmungen, weswegen auf die dortigen Ausführungen des VfGH verwiesen werden kann. Die angefochtenen Regelungen in Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur VO Ausfallsbonus III, sowie in Punkt 3.1.6 des Anhanges zur VO Verlustersatz II, finden nach Aufhebung des §3 Z4 COVID-19-WohlverhaltensG durch E v 05.10.2023, G172/2022, V172/2022, mit Wirkung ab Ablauf des 15.04.2024 keine Deckung in §3b Abs3 ABBAG-Gesetz bzw nunmehr §3 Abs1 iVm §2 Abs9 Z12 und 13 COFAG-NoAG. Die durch das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien angefochtene Regelung des Punktes 3.1.6 des Anhanges zur VO über die Gewährung eines FKZ800.000 findet aus den in E v 05.10.2023, V145/2022, genannten Gründen keine Deckung in §3b Abs3 ABBAG-Gesetz bzw nunmehr §3 Abs1 iVm §2 Abs9 Z5 COFAG-NoAG.
Die durch das LG angefochtene Regelung des Punktes 7.6 zweiter Satz des Anhanges zur VO Verlustersatz II gleicht der mit E v 06.03.2024, V3/2024, aufgehobenen Verordnungsbestimmung. Punkt 7.6 zweiter Satz des Anhanges zur VO Verlustersatz II ist daher aus den im Erkenntnis vom 06.03.2024, V3/2024, dargelegten Gründen (Verletzung des Sachlichkeitsverbots durch den [kategorischen] Ausschluss eines Anspruches auf Gewährung von finanziellen Maßnahmen) als gesetzwidrig aufzuheben.
(Vgl auch V101/2024, V107/2024, V114/2024 und V115/2024 ua, alle E v 24.02.2025).