JudikaturVfGH

V3/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
06. März 2024

Spruch

I. Die Wortfolge "Auf die Gewährung eines Verlustersatzes besteht kein Rechtsanspruch." in Punkt 7.6 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 ABBAG Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Verlustersatzes durch die COVID 19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl II Nr 568/2020, idF BGBl II Nr 75/2021 wird als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Der Bundesminister für Finanzen ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Antrag begehrt der Oberste Gerichtshof, der Verfassungsgerichtshof möge

"nachstehende Bestimmung des Anhangs zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 ABBAG-Gesetz betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Verlustersatzes durch die COVID 19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO über die Gewährung eines Verlustersatzes), BGBl II 568/2020 idF BGBl II 75/2021, als gesetzwidrig aufheben:

Pkt 7.6 [...] 'Auf Gewährung eines Verlustersatzes besteht kein Rechtsanspruch.'"

II. Rechtslage

1. §3b des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG Gesetz), BGBl I 51/2014, idF BGBl I 228/2021 lautet wie folgt:

"Richtlinien zur Gewährung von finanziellen Maßnahmen

§3b. (1) Finanzielle Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 dürfen nur zu Gunsten von Unternehmen gesetzt werden, die ihren Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich haben und ihre wesentliche operative Tätigkeit in Österreich ausüben.

(2) Auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen besteht kein Rechtsanspruch.

(3) Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Vizekanzler unter Beachtung der geltenden Vorgaben des EU Beihilfenrechtes per Verordnung Richtlinien zu erlassen, die insbesondere nachstehende Regelungen zu enthalten haben und die auch im Internet zur Abfrage bereit zu halten sind:

1. Festlegung des Kreises der begünstigten Unternehmen,

2. Ausgestaltung und Verwendungszweck der finanziellen Maßnahmen,

3. Höhe der finanziellen Maßnahmen,

4. Laufzeit der finanziellen Maßnahmen,

5. Auskunfts- und Einsichtsrechte des Bundes oder des Bevollmächtigten.

6. Rückforderungen.

(4) Der Bundesminister für Finanzen hat dem Budgetausschuss monatlich einen detailliert dargestellten Bericht, in dem sämtliche Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gem. §3b Abs1, die zu Erhaltung der Zahlungsfähigkeit, Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS CoV 2 (COVID 19) geboten sind, die nach diesem Bundesgesetz ergriffen wurden, vorzulegen. Der Bericht hat insbesondere die materiellen und finanziellen Auswirkungen der gesetzten Maßnahmen auszuweisen.

(5) Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Vizekanzler in den nach Abs3 zu erlassenden Richtlinien eine betragliche Grenze für jene Fälle vorzusehen, in denen die Höhe einer bereits ausbezahlten anteiligen finanziellen Maßnahme von Aufwendungen des begünstigten Unternehmens abhängt, die für Zeiträume eines behördlichen Betretungsverbotes getätigt wurden und Bestandszinszahlungen beinhaltet haben. Rückforderungen solcher anteiliger finanzieller Maßnahmen haben insoweit zu erfolgen, als sie die betragliche Grenze überschreiten und das Bestandsobjekt infolge des behördlichen Betretungsverbotes tatsächlich nicht nutzbar war. Die betragliche Grenze beträgt EUR 12.500 pro Kalendermonat und begünstigtem Unternehmen und gilt als bewilligt im Sinne des Bundeshaushaltsgesetzes 2013 (BHG 2013), BGBl I Nr 139/2002 idF BGBl I Nr 153/2020.

(6) Rückforderungen von anteiligen finanziellen Maßnahmen nach Abs5 bis zur Höhe der betraglichen Grenze haben nur insoweit zu erfolgen, als das begünstigte Unternehmen bezahlte Bestandszinsen nachträglich ganz oder teilweise vom Bestandgeber oder von dritter Seite zurückbekommt.

(7) Für den Umfang der Auszahlung von finanziellen Maßnahmen und für die Höhe einer allfälligen Rückforderung nach Abs5 ist die tatsächliche Nutzbarkeit des Bestandsobjektes in jenen Zeiträumen, in welchen das begünstigte Unternehmen direkt von einem behördlichen Betretungsverbot betroffen war, maßgeblich. Diese tatsächliche Nutzbarkeit kann auch auf der Grundlage des dem Bestandsobjekt zuzurechnenden Umsatzausfalles berechnet werden.

(8) Die vorstehenden Abs5 bis 7 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2021 in Kraft. Sofern diese Absätze die Behandlung von Rückforderungen betreffen, sind sie auf jene finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 anzuwenden, die bis zum 31. Dezember 2021 beantragt werden."

2. Punkt 7 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Verlustersatzes durch die COVID 19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO über die Gewährung eines Verlustersatzes), BGBl II 568/2020, idF BGBl II 75/2021 lautet (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"7 Entscheidung über Anträge

7.1 Die COFAG entscheidet über die eingereichten Anträge auf Auszahlung des Verlustersatzes jeweils nach abgeschlossener Antragsprüfung gemäß Punkt 5.8.

7.2 Die jeweils in Einklang mit Punkt 5.3 beantragten Tranchen des Verlustersatzes werden nach Genehmigung durch die COFAG gemäß Punkt 7.1 ausbezahlt. Die Auszahlung erfolgt gemäß Punkt 5.3.

7.3 Die COFAG entscheidet über den Antrag gemäß den internen Zuständigkeitsregeln, die in den Aufträgen des Bundesministers für Finanzen, dem Gesellschaftsvertrag der COFAG und den Geschäftsordnungen der Organe der COFAG festgelegt sind.

7.4 Sollte ein Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern beim Bund eine finanzielle Unterstützung des Bundes in Form von Eigenmitteln beziehungsweise eigenmittelähnlichen oder vergleichbaren Instrumenten oder Subventionen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID 19, die nicht von diesen Richtlinien umfasst ist, erhalten, ist darüber gemeinsam mit der Gewährung des Zuschusses nach diesen Richtlinien zu entscheiden.

7.5 Eine vom Antrag abweichende Entscheidung der COFAG ist unter Beilegung der von der Finanzverwaltung übermittelten Risikoanalyse gegenüber dem Antragsteller zu begründen.

7.6 Der Verlustersatz wird auf Grundlage einer privatrechtlichen Vereinbarung gewährt. Auf die Gewährung eines Verlustersatzes besteht kein Rechtsanspruch. "

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Die in der Rechtssache vor dem Obersten Gerichtshof klagende Partei beantragte am 6. April 2021 Verlustersatz für den Betrachtungszeitraum 16. September 2020 bis 30. Juni 2021 bei der COVID 19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) auf Grundlage einer Planungsrechnung nach der (bzw des Anhanges zur) Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 ABBAG-Gesetz betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Verlustersatzes durch die COVID 19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl II 568/2020, idF BGBl II 75/2021 (VO über die Gewährung eines Verlustersatzes).

1.2. Die COFAG lehnte den Antrag unter Hinweis darauf ab, dass es sich bei der klagenden Partei um keine Neugründung handle und daher die Voraussetzungen für die Erstellung einer Planungsrechnung nicht vorlägen.

1.3. Die klagende Partei forderte daraufhin die Zahlung von € 100.000,– als Teilbetrag des von ihr beantragten Verlustersatzes von der COFAG vor dem Handelsgericht Wien ein.

1.4. Das Handelsgericht Wien wies die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, bei der klagenden Partei handle es sich um keine Neugründung iSd Punktes 4.5.1 des Anhanges zur VO über die Gewährung eines Verlustersatzes.

1.5. Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht hob das von der klagenden Partei angefochtene Urteil des Handelsgerichtes Wien auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

1.6. Aus Anlass des gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien von der beklagten Partei erhobenen ordentlichen Rekurses wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung stellt der Oberste Gerichtshof den vorliegenden Antrag gemäß Art139 Abs1 Z1 B VG.

2. Der Oberste Gerichtshof legt die Bedenken, die ihn zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:

"Die Klägerin wurde 2016 – noch unter anderem Firmenwortlaut – als bloße Vorratsgesellschaft ohne operative Tätigkeit im Firmenbuch eingetragen. Die *** AG beabsichtigte bereits im April 2018, in Korneuburg einen Produktionsstandort für hochwertige Cannabisprodukte aufzubauen. Zur Umsetzung dieses Vorhabens übernahm sie mit 18.4.2018 die Klägerin als Alleingesellschafterin. Mit Beitritts- und Übernahmeerklärung vom 4.9.2018 traten drei natürliche Personen der Klägerin als Gesellschafter bei. Zum 7.9.2018 wurde der Firmenwortlaut geändert. Im Gewerbeinformationssystem erfolgte mit 19.9.2018 die Eintragung der Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe 'Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe', mit 29.10.2019 für das reglementierte Gewerbe 'Herstellung von Arzneimitteln und Giften und Großhandel mit Arzneimitteln und Giften'. Spätestens seit Ende des Jahres 2018 begann die Klägerin mit Mitteln aus dem Konzernverband, den Produktionsbetrieb (Lagerhalle samt zur Produktion erforderliche Doppelzellen) in Korneuburg aufzubauen. Die Serienproduktion sollte ursprünglich Anfang des Jahres 2020 aufgenommen werden. Bereits im Jahr 2019 waren jedenfalls zeitweise mehr als zehn Personen (neben technischen Experten auch Arbeitspersonal) bei der Klägerin angestellt. In diesem Zeitraum wurden erste Testchargen zur Überprüfung des Produktionsvorgangs und zur Kalibrierung durchgeführt. Die Klägerin erwarb bereits 2019 die für die spätere Herstellung der Produkte erforderlichen Materialien. Eine Serienproduktion oder ein tatsächlicher Verkauf der Waren an Kunden erfolgte im Jahr 2019 noch nicht. Die Klägerin erzielte im Geschäftsjahr 2019 (1.1.2019 bis 31.12.2019) lediglich ganz geringfügige, sonstige betriebliche Erträge in Höhe von 880,01 EUR.

Aufgrund lieferbedingter Verzögerungen hätte die Klägerin ihre Serienproduktion schließlich nicht wie geplant bereits im Jänner 2020, sondern erst rund zwei Monate später starten können. Sie nahm von diesem Vorhaben jedoch aufgrund der COVID 19 Maßnahmen (Lockdown) Abstand. Tatsächlich erzielte sie im gesamten Jahr 2020 (ausschließlich im Oktober) Umsätze in Höhe von nur 3.232 EUR.

Die Klägerin beantragte am 6.4.2021 nach der auf Grundlage des §3b Abs3 des ABBAG Gesetzes erlassenen Verordnung 'Richtlinien über die Gewährung eines Verlustersatzes durch die COVID 19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (Verordnung über die Gewährung eines Verlustersatzes)' (VEVO) samt im Anhang befindlicher Richtlinien (RL VEVO; BGBI II 568/2020 idF BGBl II 75/2021) in der Tranche 1 Verlustersatz in Höhe von 876.140,37 EUR für den Betrachtungszeitraum 16.9.2020 bis 30.6.2021. Als neu gegründetes Unternehmen könne sie mangels vergleichbarer Umsätze im Vergleichszeitraum 2019 den Verlustersatz gemäß Pkt 4.5.1 RL VEVO anhand einer Planungsrechnung berechnen. Diese nahm für den Betrachtungszeitraum einen Umsatz von 4.610.701 EUR an. Tatsächlich erwirtschaftete die Klägerin in diesem Zeitraum lediglich 74.418 EUR.

Die Beklagte lehnte den Antrag unter Hinweis darauf ab, dass es sich bei der Klägerin um keine Neugründung handle und daher die Voraussetzungen für die Erstellung einer Planungsrechnung nicht vorlägen.

Über den am 31.3.2022 im Rahmen der Tranche 2 abermals auf eine Planungsrechnung gestützten Antrag der Klägerin auf Verlustersatz hat die Beklagte noch nicht entschieden.

Die Klägerin begehrt die Zahlung von 100.000 EUR als Teilbetrag des von ihr beantragten Verlustersatzes der Tranche 1. Die Ablehnung ihres Antrags sei aus unsachlichen Gründen erfolgt. Unter Zugrundelegung der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise handle es sich bei der Klägerin um eine Neugründung gemäß Pkt 4.5.1 RL VEVO, weil sie erst im Jahr 2019 begonnen habe, ihr Unternehmen aufzubauen. Voraussetzung für den Nachweis des Verlusts durch eine Planungsrechnung sei aber ohnehin lediglich das Fehlen vergleichbarer umsatz- oder ertragssteuerlicher Daten aus dem Jahr 2019 sowie das Lukrieren von Umsätzen vor dem 1.11.2020. Die Beklagte selbst verweise in Pkt 1.15 ihrer öffentlich abrufbaren Website in den FAQ auf die Möglichkeit der analogen Anwendung von Pkt 4.5.1 RL VEVO auf Unternehmen deren Rechtsträger nicht neu gegründet worden seien.

Die Beklagte wendet – soweit im Rekursverfahren relevant – im Wesentlichen ein, nur nach dem 31.12.2019 gegründete Unternehmen seien Neugründungen iSd Pkt 4.5.1 RL VEVO. Pkt 1.15 der als AGB der privatrechtlichen Förderverträge zu wertenden FAQ beziehe sich nur auf Unternehmen, die bereits vor 2020 Umsätze erzielt hätten, bei denen jedoch die Umsatzdaten nicht vergleichbar seien. Die Klägerin habe aber gar nicht geplant, im Jahr 2019 schon Umsätze zu erzielen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Die nachträglich durch die Beklagte erstellten FAQ seien keine über den Richtlinien der Verordnung stehende, diese verändernde Rechtsquelle. Bei der Klägerin handle es sich um keine Neugründung iSd Pkt 4.5.1 der RL VEVO, weil die Gründung jedenfalls schon mit der Übernahme der Vorratsgesellschaft anzunehmen sei. Es lägen ohnehin vergleichbare Daten für das Geschäftsjahr 2019 vor, die aber keinen Anspruch auf Verlustersatz begründeten.

Das Berufungsgericht hob das von der Klägerin angefochtene Urteil auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Dem Begriff der Neugründung komme keine maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend sei lediglich, dass das Unternehmen vor dem 1.11.2020 Umsätze erzielt habe und keine vergleichbaren umsatz- oder ertragssteuerlichen Daten für 2019 vorlägen. Mangels 'normalen' Geschäftsbetriebs im Jahr 2019 seien aber noch keine vergleichbaren Daten vorhanden. Die Klägerin könne daher ihre Umsätze anhand einer Planungsrechnung plausibilisieren. Da sie erstmals im Oktober 2020 Umsätze erwirtschaftet habe, scheide eine Antragstellung für die Monate September und Oktober 2020 jedoch aus, was noch zu erörtern sei. Das Erstgericht habe im weiteren Verfahren die Planungsrechnung einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht zur Auslegung des Pkt 4.5.1 der RL VEVO zu, weil Rechtsprechung zu dieser über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Frage fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, in eventu, die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Klägerin beantragt, den Rekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

1. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie wurde mit dem COVID 19-Gesetz (BGBl I 2020/12) das ABBAG Gesetz (Stammfassung BGBl 1 2014/51) zur Ermöglichung finanzieller Hilfen an Unternehmen in mehreren Punkten ergänzt. Insbesondere wurde der Bundesminister für Finanzen in §3b Abs3 ABBAG Gesetz ermächtigt, mit Verordnung Richtlinien zur Gewährung finanzieller Unterstützungen zu erlassen. Diese Bestimmung war auch die Grundlage für die hier relevante Verordnung.

Gemäß §6a Abs2 ABBAG-Gesetz wurde – auf Basis von §2 Abs2a dieses Gesetzes – über Auftrag des Bundesministers für Finanzen die Beklagte gegründet und dieser die Erbringung der Dienstleistungen und finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG Gesetz übertragen. Der Bund stattet die Beklagte so aus, dass diese in der Lage ist, die ihr übertragenen kapital- und liquiditätsstützenden Maßnahmen bis zu einem Höchstbetrag von 19 Milliarden Euro zu erbringen und ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen.

Gemäß §3b Abs2 ABBAG Gesetz besteht auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen kein Rechtsanspruch.

2.Die im vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmungen der gemäß §3b Abs3 ABBAG Gesetz erlassenen RL VEVO lauten wie folgt (Hervorhebungen durch den Senat):

'1 Präambel

1.4 Der Verlustersatz hat der Erhaltung der Zahlungsfähigkeit. Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID 19 zu dienen.

2.4 Die COFAG hat den Verlustersatz nach diesen Richtlinien zu gewähren. Innerhalb dieser Richtlinien sind die Organe der COFAG bei den Entscheidungen über den Verlustersatz weisungsfrei.

3.Begünstigte Unternehmen

[…]

3.2 Ausgenommen von der Gewährung eines Verlustersatzes sind:

[…]

3.2.6 Neu gegründete Unternehmen , die vor dem 1. November 2020 noch keine Umsätze gemäß Punkt 4.4.1 (Waren- und/oder Leistungserlöse) erzielt haben. [...]

4 Ermittlung und Höhe des Verlustersatzes

4.1 Der Verlustersatz wird ab einem Umsatzausfall von mindestens 30% und unter der Voraussetzung, dass der gesamte Verlustersatz mindestens EUR 500 beträgt, gewährt.

4.2 Ausgangspunkt für die Ermittlung des Verlustersatzes ist der Verlust, den der Antragsteller in den antragsgegenständlichen Betrachtungszeiträumen aufgrund seiner operativen Tätigkeit im Inland erleidet.

4.4 Umsätze und Umsatzausfall

4.4.1 Für die Berechnung der Umsätze eines Unternehmens im Sinne dieser Richtlinien ist auf die für die Einkommen- oder Körperschaltsteuerveranlagung oder in der Feststellung gemäß §188 BAO maßgebenden Waren- und/oder Leistungserlöse abzustellen.

4.4.2 Bei der Berechnung des Umsatzausfalls sind ein oder mehrere der folgenden Betrachtungszeiträume zu wählen, wobei sich der Umsatzausfall aus dem Vergleich zu den jeweils entsprechenden Zeiträumen des Jahres 2019 (Vergleichszeiträume) ergibt:

(a)

Betrachtungszeitraum 1: 16. September 2020 bis 30. September 2020;

(b)

Betrachtungszeitraum 2: Oktober 2020;

(c)

Betrachtungszeitraum 3: November 2020;

(d)

Betrachtungszeitraum 4: Dezember 2020;

(e)

Betrachtungszeitraum 5. Jänner 2021;

(f)

Betrachtungszeitraum 6: Februar 2021;

(g)

Betrachtungszeitraum 7: März 2021;

(h)

Betrachtungszeitraum 8: April 2021;

(i)

Betrachtungszeitraum 9: Mai 2021;

(j)

Betrachtungszeitraum 10. Juni 2021.

Jene neu gegründeten Unternehmen , die erstmalig zwischen dem 16. September 2020 und dem 1. November 2020 Umsätze gemäß Punkt 4.4.1 (Waren- und/oder Leistungserlöse) erzielt haben, dürfen die Betrachtungszeiträume gemäß lita und litb nicht auswählen.

[…]

4.5 Neugründungen , Erwerbe von (Teil )Betrieben oder Mitunternehmeranteilen und Umgründungen

4.5.1 Unternehmen, die vor dem 1. November 2020 bereits Umsätze gemäß Punkt 4.4.1 (Waren- und/oder Leistungserlöse) erzielt haben, für die aber keine vergleichbaren umsatz- oder ertragsteuerlichen Daten für das Jahr 2019 vorliegen, können die Umsatzausfälle anhand einer Planungsrechnung plausibilisieren und auf dieser Grundlage einen Verlustersatz beantragen.

4.5.2 Bei der Ermittlung des Umsatzausfalls ist im Fall des Erwerbs oder der Veräußerung von (Teil )Betrieben oder Mitunternehmeranteilen oder im Falle von Umgründungen auf die jeweilige vergleichbare wirtschaftliche Einheit abzustellen. In diesen Fällen ist durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter zu bestätigen, dass

[…]

7.6 Der Verlustersatz wird auf Grundlage einer privatrechtlichen Vereinbarung gewährt. Auf die Gewährung eines Verlustersatzes besteht kein Rechtsanspruch. '

3. Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs

3.1 Mit Erkenntnis vom 5.10.2023, G265/2022, hob der Verfassungsgerichtshof §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs2a, §3b Abs2 und §6a des ABBAG-Gesetzes mit Ablauf des 31.10.2024 als verfassungswidrig auf. Er ging davon aus, dass der Gesetzgeber (nach wie vor) Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B VG auf die Beklagte überträgt bzw übertragen hat (Rz 62), die Ausgliederung aber dem Sachlichkeitsgebot widerspricht (Rz 85). Ebenso qualifizierte er den (generellen) Ausschluss eines Rechtsanspruchs als Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot (Rz 118). Er ging davon aus, dass die einschlägigen Regelungen des ABBAG-Gesetzes und die auf deren Grundlage erlassenen Verordnungen keine (bloßen) – nur die Vollzugsorgane im internen Verhältnis bindenden und die Rechtssphäre von Einzelpersonen nicht berührenden – Selbstbindungsregelungen sind, weil sich diese nicht an den Bundesminister (für Finanzen), sondern an die Beklagte als außerhalb der Staatsorganisation stehende Einrichtung richten (Rz 115). Überdies ist Adressat der Förderregelung der gesamte Kreis der in Frage kommenden Leistungswerber. Die Ausgleichsleistungen werden vorn Gesetzgeber offenkundig zumindest zum Teil auch als funktionelles Äquivalent für (hoheitlich zu gewährende) Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz angesehen, sodass der kategorische Ausschluss eines Rechtsanspruchs – trotz Fiskalgeltung der Grundrechte – einen Verstoß gegen das aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließende Sachlichkeitsgebot darstellt (Rz 121 f).

Der Verfassungsgerichtshof hielt fest, dass durch die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen die Beklagte nicht ihre Rechtspersönlichkeit verliert und auch nicht gehindert ist, weiterhin – bis zur gesetzlichen Neuregelung – die ihr bisher übertragenen Tätigkeiten auszuüben (Rz 126). Die Aufhebung der Bestimmungen hindert nicht die gerichtliche Fortsetzung von anhängigen Verfahren (vgl VfGH V139/2022, G108/2022 Rz 79). Hat der Verfassungsgerichtshof – wie im vorliegenden Fall – gemäß Art140 Abs5 B VG eine Frist für das Außerkrafttreten bestimmt, dann gehört bis zu diesem Zeitpunkt – verfassungsrechtlich unangreifbar – die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung dem Rechtsbestand an und ist daher anzuwenden (RS0054001). Die aufgehobenen Gesetzesbestimmungen sind auch keine materiell- oder verfahrensrechtliche Grundlage der hier anzuwendenden RL VEVO (vgl VfGH V236/2022 Rz 49 [Fixkostenzuschuss VO]).

3.2 Mit Erkenntnis vom 5.10.2023, V236/2022, hob der Verfassungsgerichtshof ua auch Pkt 2.4 zweiter Satz der hier anzuwendenden RL VEVO idF BGBl II 75/2021, wonach die Beklagte bei Entscheidungen über einen Verlustersatz innerhalb der Richtlinien weisungsfrei ist, als gesetzwidrig auf.

4. Die vom Verfassungsgerichtshof bereits dargelegten Bedenken gegen den Ausschluss eines Rechtsanspruchs in §3b Abs2 ABBAG-Gesetz (vgl Pkt 3.1) gelten nach Ansicht des Senats in gleicher Weise in Bezug auf den im vorliegenden Fall unmittelbar anzuwendenden (vgl zum Erfordernis der Präjudizialität: RS0054015) zweiten Satz des Pkt 7.6 RL VEVO, der ebenfalls einen Rechtsanspruch auf Verlustersatz ausschließt.

Die einschlägigen Regelungen des ABBAG-Gesetzes und die auf deren Grundlage erlassene RL-VEVO idF BGBI II 75/2021 sind keine (bloßen) – nur die Vollzugsorgane im internen Verhältnis bindenden und die Rechtssphäre von Einzelpersonen nicht berührenden – Selbstbindungsregelungen, weil sie sich nicht an den Bundesminister (für Finanzen), sondern an die Beklagte als außerhalb der Staatsorganisation stehende Einrichtung richten. Adressat der Förderregelung ist der gesamte Kreis der in Frage kommenden Leistungswerber. Die Ausgleichsleistungen werden vom Gesetzgeber zumindest zum Teil auch als funktionelles Äquivalent für (hoheitlich zu gewährende) Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz angesehen, sodass der kategorische Ausschluss eines Rechtsanspruchs – trotz Fiskalgeltung der Grundrechte – einen Verstoß gegen das aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließende Sachlichkeitsgebot darstellt.

Es wird daher auch die Aufhebung des zweiten Satzes des Pkt 7.6 RL VEVO durch den Verfassungsgerichtshof beantragt.

Die Bestimmung ist auch nicht wie §3b Abs2 ABBAG Gesetz bis zur Neureglung immunisiert, weil sie noch nicht Gegenstand der Prüfung des Verfassungsgerichtshofs war. Da Gesetzwidrigkeit iSd Art139 B VG nicht nur Gesetze im formellen Sinn, sondern jede übergeordnete Rechtsquelle und daher auch die Verfassung meint ( Bußjäger in Kahl/Khakzadeh/Schmid , Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B VG und Grundrechte Art139 B VG Rz 5) schadet es nicht, dass sie dem bis zum Außerkrafttreten verfassungsrechtlich unangreifbaren §3b Abs2 ABBAG Gesetz entspricht.

Gesetzliche Grundlage der Verordnung ist §3b Abs3 ABBAG-Gesetz, der – wie der Verfassungsgerichtshof bereits festgehalten hat (VfSlg 20.518/2021) – nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B VG verstößt. Dadurch, dass die angefochtene Verordnungsbestimmung gleichheitswidrig einen Rechtsanspruch ausschließt, verstößt sie (auch) gegen §3b Abs3 ABBAG Gesetz, indem sie diesem einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt vgl V145/2022 ua Pkt IV.2.8. [Punkt 3.1.7 des Anhangs 1 zur VO Lockdown Umsatzersatz])."

3. Der Bundesminister für Finanzen erstattete keine Äußerung zum Antrag des Obersten Gerichtshofes.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Es ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung in Punkt 7.6 des Anhanges zur VO über die Gewährung eines Verlustersatzes, BGBl II 568/2020, idF BGBl II 75/2021 zweifeln ließe.

1.2. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag daher als zulässig.

2. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

Der Antrag ist begründet.

2. Der Oberste Gerichtshof behauptet einen Verstoß der angefochtenen Regelung (zweiter Satz des Punktes 7.6 des Anhanges zur VO über die Gewährung eines Verlustersatzes, BGBl II 568/2020, idF BGBl II 75/2021) gegen den Gleichheitsgrundsatz im Lichte der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 2023, G265/2022 ua Mit diesem Bedenken ist der Oberste Gerichtshof im Recht:

2.1. Der Verfassungsgerichthof hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass es sich bei den einschlägigen Regelungen des ABBAG-Gesetzes und den auf dieser Grundlage erlassenen Verordnungen, so auch bei der in Rede stehenden VO über die Gewährung eines Verlustersatzes, nicht um sogenannte Selbstbindungs- bzw Statutarregelungen handelt. Selbstbindungs- bzw Statutarbestimmungen werden dadurch charakterisiert, dass der Gesetzgeber oder Verordnungsgeber die obersten Organe (im internen Verhältnis) bindet, ohne dass Einzelpersonen berührt werden oder daraus einen Rechtsanspruch ableiten können.

Da sich die Bestimmungen des ABBAG-Gesetzes in Verbindung mit den einschlägigen Regelungen der Verordnungen des Bundesministers für Finanzen (im Einvernehmen mit dem Vizekanzler) nicht (nur) an den bzw die Bundesminister, sondern vielmehr auch an die COFAG als einen vom Bund verschiedenen Rechtsträger richten, kommt von vornherein die Qualifikation der genannten Rechtsvorschriften als (bloße) Selbstbindungs- bzw Statutarregelungen nicht in Betracht. Schon aus diesem Grund müssen die einschlägigen Regelungen, auf Grund derer die COFAG die finanziellen Maßnahmen an die zu begünstigenden Unternehmen zu gewähren hat, den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechen (VfGH 5.10.2023, G108/2022 ua; siehe auch VfGH 5.10.2023, 265/2022 ua).

2.2. Davon ausgehend hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 5. Oktober 2023, G265/2022 ua, die Bestimmung des §3b Abs2 ABBAG-Gesetz, wonach "[a]uf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen […] kein Rechtsanspruch" besteht, wegen Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot als verfassungswidrig aufgehoben.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes folgte aus der Bestimmung des §3b Abs2 ABBAG-Gesetz – neben der Klarstellung, dass die Angelegenheit nicht hoheitlich zu besorgen ist –, dass es grundsätzlich keinen unbedingten Anspruch der in den vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler erlassenen Verordnungen begünstigten Unternehmen auf Gewährung von finanziellen Mitteln durch die COFAG gebe. Dieser Ausschluss eines unbedingten Anspruches stehe zunächst im Gegensatz zur Tatsache, dass der Gesetzgeber in den auf Grund des ABBAG-Gesetzes erlassenen Verordnungen nähere finanzielle Maßnahmen festgelegt haben wollte, welche zum Teil ein funktionelles Äquivalent für (hoheitlich zu gewährende) Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz darstellten. Bereits aus diesem Grund sei es sachlich nicht gerechtfertigt, den Rechtsanspruch der begünstigten Unternehmen auf finanzielle Maßnahmen auszuschließen. Dazu komme, dass in den Bestimmungen des ABBAG Gesetzes (vgl insbesondere §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7 sowie §3b Abs1, 3 und 4) klar zum Ausdruck gelange, dass die in den auf Grund des ABBAG-Gesetzes erlassenen Verordnungen vorgesehenen finanziellen Maßnahmen den begünstigten Unternehmen auch tatsächlich zukommen sollen.

Der Verfassungsgerichtshof kam daher im genannten Erkenntnis zum Ergebnis, dass der (kategorische) Ausschluss eines Anspruches auf Gewährung von finanziellen Maßnahmen das aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließende Sachlichkeitsgebot verletzt. Daran ändere auch die in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 20.397/2020) und des Obersten Gerichtshofes (vgl OGH 23.12.2014, 1 Ob 218/14m; 23.5.2018, 3 Ob 83/18d) anerkannte Fiskalgeltung der Grundrechte nichts, weil diese voraussetze, dass zunächst (irgend )einem Unternehmen die entsprechende Leistung gewährt wurde, was dann zur Folge habe, dass andere vergleichbare Unternehmen in einem vergleichbaren Zusammenhang einen Anspruch auf Gleichbehandlung und damit ebenfalls einen (abgeleiteten) Anspruch auf Gewährung der Leistungen haben.

2.3. Nichts anderes kann für die angefochtene Regelung des Punktes 7.6 zweiter Satz des Anhanges zur VO über die Gewährung eines Verlustersatzes, BGBl II 568/2020, idF BGBl II 75/2021 gelten. Die angefochtene Regelung des Punktes 7.6 zweiter Satz des Anhanges zur VO über die Gewährung eines Verlustersatzes, BGBl II 568/2020, idF BGBl II 75/2021 sieht vor, dass auf die Gewährung eines Verlustersatzes nach der genannten Verordnung kein Rechtsanspruch besteht.

Die angefochtene Verordnungsbestimmung des Punktes 7.6 zweiter Satz des Anhanges zur VO über die Gewährung eines Verlustersatzes findet ihre gesetzliche Grundlage nicht nur in §3b Abs2 ABBAG Gesetz, sondern auch in §3b Abs3 ABBAG Gesetz. Der Umstand, dass die angefochtene Verordnungsbestimmung ihre inhaltliche Deckung (auch) in einer unter Fristsetzung als verfassungswidrig aufgehobenen – somit bis zum 31. Oktober 2024 weiterhin anzuwendenden – Gesetzesbestimmung findet, kann nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes in der vorliegenden Konstellation nicht dazu führen, dass die Verordnungsbestimmung als (verfassungs )gesetzmäßig zu qualifizieren ist.

Die angefochtene Regelung des Punktes 7.6 zweiter Satz des Anhanges zur VO über die Gewährung eines Verlustersatzes, BGBl II 568/2020, idF BGBl II 75/2021, ist daher aus den im Erkenntnis vom 5. Oktober 2023, G265/2022 ua, dargelegten Gründen wegen Verstoßes gegen das aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitbare Sachlichkeitsgebot als gesetzwidrig aufzuheben.

V. Ergebnis

1. Die Wortfolge "Auf die Gewährung eines Verlustersatzes besteht kein Rechtsanspruch." in Punkt 7.6 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 ABBAG Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Verlustersatzes durch die COVID 19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl II 568/2020, idF BGBl II 75/2021 wird als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Die Verpflichtung des Bundesministers für Finanzen zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B VG und §59 Abs2 VfGG iVm §4 Abs1 Z4 BGBlG.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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