E4317/2017 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Die Begründung des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erschöpft sich darin, auszuführen, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen jungen, arbeitsfähigen Mann mit ausreichender Schulbildung und Berufserfahrung (Bauarbeiter, Taxifahrer) handle, dem es grundsätzlich möglich sein werde, in seinem Herkunftsland ein ausreichendes Einkommen zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhalts zu erwirtschaften. Es sei unter Berücksichtigung seiner individuellen Situation nicht ersichtlich, warum dem Beschwerdeführer eine Existenzsicherung im Irak, auch an anderen Orten bzw in anderen Landesteilen des Irak, zumindest durch Gelegenheitsarbeiten, nicht möglich und zumutbar sein sollte. Auch könnten ihn "zB Verwandte, sonstige ihn schon bei der Ausreise unterstützende Personen, Hilfsorganisationen, religiös-karitativ tätige Organisationen" unterstützen.
Die pauschale Aussage, es sei dem Beschwerdeführer, der sunnitischen Glaubens ist, "eine Existenzsicherung im Irak, auch an anderen Orten bzw in anderen Landesteilen des Irak" möglich und zumutbar, steht im Widerspruch zu den im Erkenntnis wiedergegebenen Länderberichten: Diesen zufolge bestünden starke Einschränkungen der Bewegungsfreiheit auf Grund von konfessionellen Spannungen und rechtlichen Zugangsbeschränkungen, wodurch die Möglichkeit der Menschen beeinträchtigt werde, Zugang zu Versorgungsleistungen und Unterstützung zu finden. Insbesondere sei in den meisten Provinzen ein neues Gesetz angenommen worden, das Binnenvertriebene dazu verpflichte, bei der Ankunft einen lokalen Bürgen vorzuweisen. Auch erreiche humanitäre Hilfe die Menschen in nicht-kurdischen Gebieten weitaus seltener als in der kurdischen Autonomieregion.
Vor dem Hintergrund dieser Berichtslage wären Feststellungen zu treffen gewesen, aus welcher Region der Beschwerdeführer stammt und ob ihm eine Rückkehr in diese Region möglich ist bzw ob eine konkrete innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die ihm eine Einreise dorthin und einen Aufenthalt in einer Weise ermöglicht, die den Anforderungen des Art3 EMRK Rechnung trägt.
(Siehe auch E2776/2017, E v 11.06.2018)