Das Oberlandesgericht Wien fasst als Rekursgericht *** in der Markenschutzsache der Antragstellerin A *** gegen die Antragsgegnerin B *** , wegen Widerspruchs gegen die Marke Nr. AT 308819, über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 17.2.2025, WM 114/2020, in nicht öffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s :
Der Antrag auf Durchführung einer Rekursverhandlung wird abgewiesen .
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
B e g r ü n d u n g :
Im gegenständlichen Widerspruchsverfahren stehen einander die folgenden Marken gegenüber:
Die Antragstellerin , brachte zur Begründung ihres Widerspruchs vor, zwischen den beiden Marken bestehe Verwechslungsgefahr iSd § 30 Abs 1 Z 2 MSchG.
Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung dieses Widerspruchs, weil eine von der Antragstellerin ins Treffen geführte Verwechslungsgefahr zu verneinen sei. Denn zwischen einer Wortmarke und einer Formmarke könne von vornherein kaum Verwechslungsgefahr bestehen. Darüber hinaus weise nur ein minimales Detail der Formmarke eine Ähnlichkeit mit der Wortmarke auf; prägendes Unterscheidungsmerkmal sei sei demgegenüber das in der Formmarke enthaltene Wort (der Firmenbestandteil) „Freixenet“.
Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies die Rechtsabteilung des Patentamts Anträge auf Beweiserhebung ab (1.). Weiters gab sie dem Widerspruch statt und hob die Registrierung der jüngeren Marke hinsichtlich aller Waren auf (2.).
Begründend führte die Behörde aus, Beweisaufnahmen seien entbehrlich, weil im gegenständlichen Widerspruchsverfahren bloß Rechtsfragen zu prüfen seien. Im Übrigen sei die von der Antragstellerin ins Treffen geführte Verwechslungsgefahr zu bejahen.
Nur gegen den Spruchpunkt 2. dieses Beschlusses richtet sich der vorliegende Rekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung nach Durchführung einer Rekursverhandlung dahin abzuändern, dass der Widerspruch abgewiesen werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragstellerin stellt in ihrer Rekursbeantwortung den Antrag, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Zum Antrag auf Durchführung einer Rekursverhandlung:
Gemäß § 52 Abs 1 Satz 1 AußStrG (iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 139 PatG) hat das Rekursgericht eine mündliche Rekursverhandlung durchzuführen, wenn es eine solche für erforderlich erachtet. Selbst beim Vorliegen eines Antrags ist sie nicht zwingend (RS0120357). Erforderlich ist eine Verhandlung, wenn sie im Hinblick auf Art 6 EMRK geboten ist, etwa wenn die Beweisaufnahme wiederholt oder ergänzt wird und eine schriftliche Äußerungsmöglichkeit aufgrund der besonderen Fallkonstellation nicht ausreicht ( Terlitza in Kucsko/Schumacher , marken.schutz 3 , § 37 Rz 25 mwN).
Da in casu nur Rechtsfragen zu beurteilen sind, die überdies keine besondere Komplexität aufweisen, liegen die soeben dargestellten Voraussetzungen nicht vor. Der Antrag auf Durchführung einer Rekursverhandlung ist deshalb abzuweisen.
2. Zum übrigen Inhalt des Rekurses:
2.1. Allgemeine Grundsätze:
Gemäß § 29a Abs 1 iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann der Inhaber einer früher angemeldeten Marke gegen die Registrierung einer Marke mit der Begründung Widerspruch erheben, dass diese beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.
Verwechslungsgefahr im engeren Sinn ist insb anzunehmen, wenn durch den Zeichengebrauch der Anschein der Identität der beiden Unternehmen erweckt wird; Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn, wenn der Anschein eines besonderen Zusammenhangs wirtschaftlicher oder organisatorischer Natur dieser beiden Unternehmen erweckt wird (RS0079190).
Ob zwei Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung in einer Weise ähnlich sind, die Verwechslungsgefahr begründet, richtet sich nach dem Gesamteindruck, den diese Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen. Entscheidend ist die Wirkung auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungsart, der die Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die Einzelheiten achtet (RS0117324). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die zu vergleichenden Marken regelmäßig nicht gleichzeitig wahrgenommen werden (RS0117324 [T7]). Weiters sind die Wortanfänge von Marken geeignet, die Aufmerksamkeit des Publikums stärker an sich zu ziehen als die Wortenden (EuG T-328/12 [Rz 49 mwN]).
2.2. Zu den konkreten Marken:
2.2.1. Die von den gegenständlichen Marken umfassten Waren sind insofern identisch, als es sich um alkoholische Getränke, ausgenommen Biere, handelt. Im Übrigen besteht eine Ähnlichkeit zwischen solchen Getränken und den - nur – durch die angegriffene Marke geschützten alkoholischen Präparaten für die Zubereitung von Getränken.
2.2.2. Das Erscheinungsbild der Widerspruchsmarke wird durch den in einem Rechteck hervorgehobenen Wortbestanteil „ELYSSIA“ dominiert. Angesichts der Identität der ersten vier Buchstaben besteht zwischen diesem Begriff und der angegriffenen Wortmarke „Elyse“ eine hohe bildliche und klangliche Ähnlichkeit. Was den Sinngehalt anlangt, so ist „Elyse“ eine alternative Schreibweise des weiblichen Vornamens „Elise“, der heutzutage wenig gebräuchlich ist und dank Ludwig van Beethovens Klavierstück „Für Elise“ ein wenig elitär wirkt. Hingegen handelt es sich bei „ELYSSIA“ um eine Neuschöpfung, die auf das „Elysion“ (einen paradiesischer Ort in der griechischen Mythologie; latinisiert „Elysium“) anzuspielen scheint. Ungeachtet ihres unterschiedlichen Ursprungs haben daher beide Wörter ein erhabenes Flair, was eine gewisse begriffliche Ähnlichkeit impliziert.
Zwar weist die Widerspruchsmarke Bildbestandteile auf, die der angegriffenen Marke fehlen, nämlich die Form einer Sektflasche, die bedruckte Folie mit einem Fantasiewappen und dem Wort „Freixenet“ auf dem Flaschenhals sowie helle grafische Elemente auf dem Flaschenkörper. All diese Elemente treten aber gegenüber dem Wortbestandteil „ELYSSIA“ in den Hintergrund, nicht zuletzt deshalb, weil er in Blockbuchstaben geschrieben und rechteckig umrahmt ist, während das in Schreibschrift gestaltete Wort „Freixenet“ nur bei genauerer Betrachtung entziffert werden kann.
2.2.3. Aus dem Gesagten folgt, dass angesichts des Gesamteindrucks, den die in Rede stehenden Marken hinterlassen, sowie der Identität und Ähnlichkeit der davon umfassten Waren jedenfalls eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn vorliegt. Die Rechtsabteilung hat daher dem Widerspruch zutreffend stattgegeben, sodass dem vorliegenden Rekurs kein Erfolg beschieden sein kann.
3.Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben ist gemäß § 59 Abs 2 AußStrG (iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 139 PatG) auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt.
4.Der ordentliche Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 38 MSchG) nicht zulässig.
Oberlandesgericht Wien
1011 Wien, Schmerlingplatz 11
Abt. 33, 11. September 2025
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