JudikaturOLG Wien

23Bs259/25v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
10. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Aichinger als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Staribacher und den Richter Mag. Trebuch LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens des Diebstahls nach §§ 127, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde der Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26. August 2025, GZ **-35, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

A* wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26. August 2025 (ON 32) der Vergehen des Diebstahls nach §§ 127, 15 StGB, der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall StGB, der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und des § 39 Abs 1 und Abs 1a StGB nach § 105 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Unmittelbar nach Urteilsverkündung bzw. erklärtem Rechtsmittelverzicht stellte sie den Antrag auf Gewährung eines Strafaufschubs gemäß § 39 Abs 1 SMG (ON 32a S 13).

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht diesen Antrag mit der wesentlichen Begründung zurück, dass der als Beschaffungsdiebstahl in Frage kommende Diebstahl nach § 127 StGB nicht strafbestimmend sei und es daher bereits an der wesentlichen Grundvoraussetzung, nämlich einer Verurteilung wegen strafbarer Handlungen nach dem SMG oder wegen einer Straftat, die mit der Beschaffung von Suchtmitteln in Zusammenhang steht (und die zugleich zumindest ex aequo strafsatzbestimmend ist), mangle.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der A* (ON 43), der keine Berechtigung zukommt.

Wie vom Erstgericht zutreffend dargelegt, setzt die Gewährung eines Strafaufschubs nach § 39 SMG neben einer Gewöhnung an Suchtmittel primär voraus, dass die zu vollstreckende Geldstrafe oder drei Jahre nicht übersteigende Freiheitsstrafe entweder wegen einer Straftat nach dem SMG (außer nach § 28a Abs 2, 4 oder 5 SMG) oder wegen einer Straftat im Zusammenhang mit der Beschaffung von Suchtmitteln (siehe dazu Schwaighoferin WK² SMG § 35 Rz 26ff) verhängt worden ist.

Wird der Täter – wie hier - wegen mehrerer strafbarer Handlungen verurteilt, die nur zum Teil unter § 39 Abs 1 SMG fallen, ist darauf abzustellen, welche Straftat – nach § 28 Abs 1 StGB - strafbestimmend war ( Matzka/Zeder/Rüdisser SMG 3 § 39 Rz 11 mwN; Schwaighofer, aaO § 39 Rz 11; OLG Linz 9 Bs 108/25h; OLG Graz 9 Bs 103/23z), wobei es auf die im betreffenden Fall maßgebliche Strafdrohung ankommt (14 Os 102/06s).

Im gegenständlichen Fall ist die Strafe in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 83 Abs 1 StGB bzw. § 105 Abs 1 StGB mit einem infolge Vorliegens der Voraussetzungen des § 39 Abs 1 und Abs 1a StGB erweiterten Strafrahmen einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr und sechs Monaten bzw. einer Geldstrafe bis zu 1080 Tagessätzen zu bestimmen.

Fallen unter Beschaffungskriminalität auch strafbare Handlungen, die im Zuge einer Beschaffungstat „begleitend“ verwirklicht werden, so etwa eine dauernde Sachentziehung, Urkundenunterdrückung oder Unterdrückung unbarer Zahlungsmittel im Zuge eines Handtaschendiebstahls, der der Erlangung von Bargeld zwecks Suchtmittelbeschaffung dient ( Schwaighofer aaO § 35 Rz 29, Rz 31; Matzka/Zeder/Rüdisser aaO § 35 Rz 29 mwN), stellen das (jeweils nicht der Erlangung der Diebsbeute dienende) Beißen in den Zeigefinger des Ladenhausdetektivs und Kratzen seiner Hand, um ihn (allein) zur Unterlassung der Anhaltung zu nötigen zu versuchen, wie auch die ihm dabei zugefügten Verletzungen (Kratzer und Rötungen) – entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin – nur sonstige „Begleitkriminalität“ ( Matzka/Zeder/Rüdisser aaO § 35 Rz 29) dar.

Damit stammt die im betreffenden Fall maßgebliche Strafdrohung ausschließlich aus (fallbezogen nicht aufschubsgeeigneten) Vergehen der Körperverletzung bzw. Nötigung und scheidet ein Aufschub nach § 39 Abs 1 SMG schon aus diesem Grunde aus.