21Bs240/25k – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Hahn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Maruna und Dr. Bahr als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 27. Mai 2025, GZ **-13, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Sonnberg Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von drei Jahren und drei Monaten, und zwar
- die mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 21. März 2023 zu AZ ** wegen der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB, der Vergehen der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 1 und 2 und Abs 3 erster Fall StGB idF BGBl I Nr 117/2017 und (richtig:) des (vgl RIS-Justiz RS0130142 und 11 Os 75/16p) Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf nachstehend angeführte Verurteilung über ihn nach § 205 Abs 1 StGB verhängte Zusatzfreiheiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren (ON 10),
- den aufgrund Widerrufs zu vollziehenden, ursprünglich bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafteil von 15 Monaten, der vom Landesgericht Feldkirch mit Urteil vom 23. Juni 2021 zu AZ ** wegen des Vergehens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 3 erster Fall SMG, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall Fall SMG, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 15 StGB, § 27 Abs 1 Z 2 SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit psychotropen Stoffen nach § 30 Abs 1 zweiter Fall SMG nach dem ersten Strafsatz des § 28a Abs 3 SMG über ihn verhängt wurde (ON 9.1; ON 9.2; ON 10).
Das errechnete Strafende fällt auf den 23. August 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB lagen mit 20. Dezember 2024 vor, zwei Drittel der Sanktion hat der Strafgefangene am 20. Juli 2025 verbüßt (ON 2, 5).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Korneuburg als zuständiges Vollzugsgericht nach Anhörung des Strafgefangenen (ON 12) seine bedingte Entlassung aus entgegenstehenden spezialpräventiven Gründen ab.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Entscheidungsverkündung angemeldete (ON 12), in der Folge nicht ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.
Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten, der die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe verbüßt hat, der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach § 46 Abs 4 StGB ist insbesondere zu beachten, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose sind insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägungen einzubeziehen ( Jerabek/Ropper , WK 2StGB § 46 Rz 15/1).
Gemäß § 46 Abs 2 StGB ist für den Fall, dass ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, dieser trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Nach Verbüßung von zwei Dritteln spielen generalpräventive Erwägungen keine Rolle mehr (Jerabek/Ropper aaO Rz 17).
Die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe soll somit der Regelfall sein, der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben ( Jerabek/Ropper aaO). Genau dieses liegt fallkonkret jedoch vor:
Der Strafgefangene weist insgesamt sechs allesamt (teils im weiteren Sinne) gegen die körperliche Integrität gerichtete einschlägige Verurteilungen (davon vier im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB) in kurzer zeitlicher Abfolge auf (vgl. ON 4). Drei Mal kam er in den Genuss bedingter Strafnachsicht, ein Mal in den Genuss bedingter Entlassung. Sämtliche gewährten bedingten Strafnachsichten mussten anschließend widerrufen werden, zuletzt jene zum Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 23. Juni 2021 wegen (unter anderem) Weisungsbruchs (ON 9.2).
Anstaltsleitung (ON 2, 2) wie auch B* (ON 6, 2) und C* (ON 11, 3) sprechen sich gegen eine bedingte Entlassung zum derzeitigen Zeitpunkt aus. Laut Stellungnahme der C* ist sowohl in Bezug auf sexuell motivierte Straftaten inklusive Konsum sexueller Missbrauchsabbildungen Minderjähriger als auch in Bezug auf allgemeine Gewaltdelikte das Rückfallrisiko als überdurchschnittlich einzuschätzen (ON 7). Während der Beschwerdeführer intramural Ausbildungsmodule abschließen konnte (ON 6, 1: Modul 1 Facharbeiter Intensivausbildung zum Metallarbeiter, ECDL Kurs Standard Advanced) sowie 2023/2024 am Alkoholmodul und an der Suchtgruppe teilnahm, wurde zuletzt im Jänner 2025 eine forensische Einzeltherapie zur Deliktbearbeitung wegen mangelnder Veränderungsmotivation, versäumter Therapieeinheiten und unaufrichtigen Verhaltens abgebrochen (ON 5, 2).
Hinzu kommt, dass es der Strafgefangene nicht einmal in Strafhaft versteht, sich ordnungsgemäß zu verhalten, sodass über ihn bereits sechs Mal Ordnungsstrafen in Form von Geldbußen oder Verweisen gegen ihn verhängt werden mussten, zuletzt im Jänner 2025 wegen eines positiven und im März 2025 wegen eines verweigerten Drogentests (ON 8).
Insgesamt kann daher in Übereinstimmung mit dem Erstgericht von keiner Änderung der Verhältnisse, unter denen die Taten begangen wurden, ausgegangen werden. Vielmehr ist von einem eklatanten Rückfallrisiko auszugehen, dem nur durch den weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe wirksam begegnet werden kann.
Da der angefochtene Beschluss sohin der Sach- und Rechtslage entspricht, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 erster Satz StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).