JudikaturOLG Wien

32Bs152/25z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
24. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und die fachkundige Laienrichterin Hofrätin Mag. Killinger, BA MA als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A*über dessen Beschwerde gegen den Bescheid der Generaldirektion beim Bundesministerium für Justiz vom 13. Mai 2025, GZ **-9, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

A* ist gemäß § 21 Abs 2 StGB in der Justizanstalt * untergebracht.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die Generaldirektion seinen Ansuchen vom 20. März 2025 (ON 1), vom 27. März 2025 (ON 2) und vom 1. April 2025 (ON 2a) jeweils um Änderung des Vollzugsorts in das forensisch therapeutische Zentrum Garsten nicht Folge.

Nach Wiedergabe der in der Justizanstalt * durchgeführten Erhebungen sowie der Stellungnahme des forensisch therapeutischen Zentrums Garsten, das sich gegen die Überstellung aussprach, weil dort ein Insasse untergebracht sei, der aufgrund eines Mordversuchs an A* verurteilt worden sei (ON 6), erwog die Generaldirektion, dass eine Vollzugsortsänderung nur dann zulässig sei, wenn dadurch der Abbau der Gefährlichkeit des Untergebrachten gefördert werde und gleichzeitig weder die zweckmäßige Auslastung der Vollzugseinrichtungen noch Sicherheitsbedenken dagegen sprechen würden. Es werde der Stellungnahme der Justizanstalt * beigetreten. Zum aktuellen Zeitpunkt werde der Abbau der Gefährlichkeit gegen die sich die Maßnahme richte in einer anderen Vollzugseinrichtung nicht besser gefördert, im Gegenteil sei aktuell eine leichte Verbesserung des impulsiven Verhaltens des Untergebrachten berichtet worden, welche weiter beobachtet und nicht durch eine Vollzugsortsänderung unterbrochen werden solle.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A*, der sich dagegen beschwert, dass er nicht nach Oberösterreich „abgeschoben“ werde. Er sei 2019 durch einen Insassen beinahe ermordet worden. Weiters zitiert er aus der aktenkundige Stellungnahme der Hofrätin B* vom 22. April 2025 (ON 4 S 2), dernach für den Fall, dass er die Arbeit wieder verlieren oder auf der jetzigen Abteilung Konflikte mit Mitinsassen verursachen würde, ohnehin ein neuer Vollzugsort gefunden werden müsse, da die Möglichkeiten seiner sicheren Anhaltung ausgeschöpft seien.

Er wolle umfassende Verfahrenshilfe.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 16a Abs 1 Z 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Bescheid des Bundesministeriums für Justiz.

Ad 1) Verfahrenshilfe ist im gegenständlichen Verfahren nicht vorgesehen, weil die Strafprozessordnung in Beschwerdeverfahren nach § 16 Abs 3, 16a StVG keine subsidäre Wirkung entfaltet, sodass allein die in § 17 Abs 2 StVG vorgesehenen Normen des AVG und des VStG zur Anwendung kommen, welche die Gewährung von Verfahrenshilfe nicht vorsehen (RISJustiz RW0000767; Pieber in WK 2StVG § 17 Rz 19, Drexler/Weger, StVG 5§ 17 Rz 7; Oberlandesgericht Wien AZ 32 Bs 22/25g für viele andere). Der Antrag war daher zurückzuweisen.

Ad 2) Gemäß § 10 Abs 1 StVG hat das Bundesministerium für Justiz allgemein oder im Einzelfall die Zuständigkeit einer anderen als der nach § 9 StVG zuständigen Anstalt anzuordnen, wenn dies unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des Strafvollzugs (§ 20 StVG) zur besseren Ausnützung der Vollzugseinrichtungen oder aus Gründen der Sicherheit des Strafvollzugs zweckmäßig ist (Z 1) oder wenn dadurch die Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft gefördert wird und weder das Erfordernis einer zweckmäßigen Ausnützung der Vollzugseinrichtungen noch Gründe der Sicherheit des Strafvollzugs entgegenstehen (Z 2).

Darüber hinaus ist bei der Entscheidung darüber, in welchem forensisch-therapeutischen Zentrum der Vollzug im Einzelfall durchzuführen ist, zu berücksichtigen, dass nach § 164 Abs 1 StVG Untergebrachte davon abgehalten werden sollen, unter dem maßgeblichen Einfluss ihrer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung mit Strafe bedrohte Handlungen zu begehen. Vielmehr soll die Unterbringung den Zustand der Untergebrachten soweit bessern, dass von ihnen die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen nicht mehr zu erwarten ist, und den Untergebrachten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verholfen werden. Nach § 166 Z 1 StVG sind die nach § 21 Abs 2 StGB Untergebrachten zur Erreichung dieser Vollzugszwecke entsprechend ihrem Zustand ärztlich, insbesondere psychiatrisch, psychotherapeutisch, psychohygienisch und erzieherisch zu betreuen. Der Untergebrachte hat ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, die erforderliche Behandlung zu erhalten, und - wenn dies in der zuständigen Justizanstalt nicht möglich ist - entsprechend verlegt (§ 161 StVG) zu werden ( Drexler/Weger, StVG 5 § 166 Rz 1).

Eine Strafvollzugsortsänderung ist damit nur dann zulässig, wenn dadurch der Abbau der Gefährlichkeit des Untergebrachten gefördert wird (§ 164 Abs 1 StVG) und gleichzeitig weder die zweckmäßige Auslastung der Vollzugseinrichtungen noch Sicherheitsbedenken dagegen sprechen (§ 10 Abs 1 Z 1 und Z 2 StVG). Hier sind die Gründe nicht gegeneinander abzuwägen, sondern bereits ein dagegen sprechender Grund schließt eine Strafvollzugsortsänderung aus (Erkenntnis des VwGH vom 24. Juni 2004, 2003/20/0275 sowie vom 22. Juli 2004, 2001/20/0666).

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass die vom Beschwerdeführer in seinen Anträgen angesprochene Erleichterung der Besuchsmöglichkeiten durch seine Schwester fallkonkret nicht von Bedeutung ist, weil bei Untergebrachten nach § 21 StGB anstelle der Resozialisierung als Verlegungsgrund die Förderung des Abbaus der spezifischen Gefährlichkeit tritt (vgl Drexler/Weger, StVG 5 § 10 Rz 5).

Sohin hängt die Frage der Zulässigkeit der Vollzugsortsänderung davon ab, ob der Abbau der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers in der Zielanstalt besser gewährleistet ist als in der Justizanstalt *. Die Generaldirektion geht unter Bezugnahme auf die eingeholten Stellungnahmen davon aus, dass die Weiterführung der Behandlung in der Standanstalt zuletzt eine leichte Verbesserung des impulsiven Verhaltens des Untergebrachten erbracht habe, welche weiter beobachtet und nicht durch eine Vollzugsortsänderung unterbrochen werden solle. Nachdem sich tatsächlich weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus dem Akteninhalt Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Abbau der spezifischen Gefährlichkeit im forensisch-therapeutischen Zentrum Garsten besser gewährleistet wäre als in der Standanstalt, die in ihrer Stellungnahme etwa auch festhält, dass der wiederholte Wunsch nach Strafvollzugsortsänderung eher eine Flucht vor negativen Konsequenzen im Sinne eines Vermeidungsverhaltens sei (ON 4 S 2), entspricht der angefochtene Bescheid der Sach und Rechtslage und war der Beschwerde daher ein Erfolg zu versagen.

Über den im Parteiengehör gestellten Antrag um Verlegung in die Justizanstalt Stein (ON 8) wird die Generaldirektion noch zu entscheiden haben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.