21Bs51/25s – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Krenn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Sanda und Mag. Maruna als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*und einen weiteren Verurteilten wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, Abs 2 Z 1, 130 Abs 1 erster Fall, Abs 2 erster Fall, Abs 3 (§ 130 Abs 1 erster Fall; § 129 Abs 2 Z 1), 15 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 15. Jänner 2025, GZ **-86.1, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit dem – auch Privatbeteiligtenzusprüche enthaltenden Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 2. Oktober 2023 (ON 57.5) wurden A* sowie B* jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, Abs 2 Z 1, 130 Abs 1 erster Fall, Abs 2 erster Fall, Abs 3 (§ 130 Abs 1 erster Fall; § 129 Abs 2 Z 1), 15 StGB schuldig erkannt und es wurden hiefür A* zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und B* zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43a Abs 3 StGB hinsichtlich B* ein Teil der Freiheitsstrafe von zwölf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs haben folgende Personen an nachgenannten Orten gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) nachangeführten Verfügungsberechtigten fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro, jedoch 300.000 Euro nicht übersteigenden Wert durch Einbruch in Wohnstätten mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen bzw wegzunehmen versucht (§ 15 StGB), indem sie Fenster bzw Türen mit Werkzeug aufbrachen, in die Wohnstätten derart eindrangen und sie nach Wertsachen durchsuchten, nämlich
I. A* und B* im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB), und zwar
1) im Zeitraum von 10. bis 11. März 2023 in ** der C* eine Zollwache-Uniform, einen Pelzmantel, Schmuck, Uhren, Dolche und einen Fernseher von einem nicht mehr feststellbaren Wert (Faktum 3);
2) am 23. März 2023 in ** dem D* Schmuck und Armbanduhren im Gesamtwert von 7.615 Euro (Faktum 17);
3) am 28. März 2023 in ** der E*, wobei sie nach Aufbrechen eines Tresors zuerst keine für sie brauchbaren Gegenstände finden konnten und sodann nach Eintreffen der Polizei B* festgenommen wurde und A* ohne Diebesgut flüchtete, weshalb es jeweils beim Versuch blieb (Faktum 1);
II. A* (allein oder mit unbekannten Mittätern) und zwar
1) im Zeitraum von 28. bis zum 29. November 2022 in ** dem F*, wobei er keine für ihn brauchbaren Gegenstände finden konnte, sodass es beim Versuch blieb (Faktum 2);
2) am 9. Dezember 2022 in ** dem Mag. G*, Bargeld, Uhren und Goldmünzen in nicht genau feststellbarem, 5.000 Euro jedenfalls übersteigenden Wert (Faktum 5);
3) im Zeitraum von 15. bis 28. Dezember 2022 in ** dem H*, wobei er keine für ihn brauchbaren Gegenstände finden konnte, sodass es beim Versuch blieb (Faktum 6);
4) im Zeitraum von 30. bis 31. Dezember 2022 in ** dem Dr. I*, wobei er keine für ihn brauchbaren Gegenstände finden konnte, sodass es beim Versuch blieb (Faktum 9);
5) im Zeitraum von 31. Dezember 2022 bis 1. Jänner 2023 in ** dem J* Schmuck und Bargeld im Wert von 1.424 Euro (Faktum 7);
6) im Zeitraum von 31. Dezember 2022 bis 1. Jänner 2023 in ** der K* und der L* Schmuck im Wert von rund 15.000 Euro (Faktum 8);
7) am 5. Jänner 2023 in ** der M*, wobei er keine für ihn brauchbaren Gegenstände finden konnte, sodass es beim Versuch blieb (Faktum 10);
8) im Zeitraum von 8. bis 13. Jänner 2023 in ** der N* ein Akkordeon, zwei Blockflöten, eine Violine, zwei Fotoapparate und einen Feldstecher im Gesamtwert von rund 16.000 Euro (Faktum 11);
9) im Zeitraum von 13. bis 14. März 2023 in ** der O* einen Nerzmantel, einen Blaufuchsmantel, ein Armband, eine Halskette, einen Smaragdring, eine Uhr sowie einen Silberschlüssel mit Rosenkranz im Gesamtwert von rund 7.940 Euro (Faktum 12);
10) im Zeitraum von 10. bis 15. März 2023 in ** dem P* Wertgegenstände von einem nicht mehr feststellbaren Wert (Faktum 4);
11) im Zeitraum von 24. bis 26. März 2023 in ** dem Q*, wobei er keine für ihn brauchbaren Gegenstände finden konnte, sodass es beim Versuch blieb (Faktum 14);
12) im Zeitraum von 24. bis zum 26. März 2023 in ** der R* einen Beamer, zwei Taschenuhren, Schmuck und eine Kamera im Gesamtwert von rund 2.000 Euro (Faktum 15);
13) im Zeitraum von 24. bis 26. März 2023 in ** der S* Schmuck, Euromünzen sowie türkische Münzen im Gesamtwert von etwa 10.760 Euro (Faktum 16);
14) am 2. April 2023 in ** neuerlich der E* (s. Spruch Punkt I. 3), wobei er keine für ihn brauchbaren Gegenstände finden konnte, weshalb es beim Versuch blieb;
15) im Zeitraum von 23. März bis 6. April 2023 in ** dem T*, wobei er keine für ihn brauchbaren Gegenstände finden konnte, sodass es beim Versuch blieb (Faktum 13).
Mit der Endverfügung hinsichtlich A* vom 10. November 2023 verfügte der Vorsitzende des Schöffengerichts unter Punkt G (neben der Ausfolgung diverser Gegenstände an die Verurteilten und der Vernichtung diverser anderer Gegenstände) hinsichtlich der PZ 1-41, 43-50, 52-54, 60,62 und 65 (siehe Standblatt Nr 538/23 [ON 19]) die Einleitung eines Ediktalverfahrens (ON 65.1,2).
Mit Schreiben vom 27. Mai 2024 teilte die Verwahrungsstelle des Landesgerichts Korneuburg mit, dass die zu diesem Standblatt erliegenden Beweisgegenstände trotz Aufforderung bis dato nicht abgeholt wurden und um entsprechende Veranlassung zur Bereinigung des Standblattes ersucht werde (ON 75).
Mit dem angefochtenen Beschluss sprach der Vorsitzende des Landesgerichts Korneuburg aus, dass die Rechtmäßigkeit des Besitzes der Verurteilten an den zu Standblatt Nr. 538/23 (ON 19) PZ 1-41, 43-50, 52-54, 60, 62 und 65 beschlagnahmten Gegenstände nicht glaubwürdig sei und die angeführten Gegenstände nach Ablauf der Ediktalfrist verwertet werden. Begründend wird ausgeführt, dass diese Gegenstände bei den Verurteilten sichergestellt, in der Ediktdatei veröffentlicht worden seien und anzunehmen sei, dass die angeführten beschlagnahmten Gegenstände aus den zur Verurteilung gelangten oder anderen Straftaten stammen würde (Damenschmuck, Armketten, Uhren etc.).
Dagegen richtet sich die Beschwerde des A*, mit der er geltend macht, die betroffenen und zu dem Standblatt erliegenden Wertgenstände, wie Damenketten, Uhren und Armketten, würden aus dem Besitz seiner Familie stammen oder seien von seinen Angehörigen rechtmäßig erworben und gekauft worden. Der im Zimmer seiner Tochter gefundene Schmuck sei ihr von seiner Frau bzw Schwiegermutter geschenkt worden, womit er erkennbar jedenfalls die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und allenfalls die Ausfolgung der Gegenstände an ihn begehrt.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Das in §§ 375 bis 379 StPO geregelte „Bedenklichkeitsverfahren“ findet statt, wenn bei einem Beschuldigten Vermögenswerte gefunden werden, die er allem Anschein nach nicht rechtmäßig innehat und deren Eigentümer das Strafgericht nicht kennt. Es schützt somit unbekannte Geschädigte, indem das Gericht die beschlagnahmten Gegenstände über eine begrenzte Zeit aufbewahrt und versucht, den Berechtigten ausfindig zu machen ( Spenling , WK-StPO § 375 Rz 1).
Wenngleich ein Beschluss nach § 378 StPO, dass die Rechtmäßigkeit des Besitzes des Beschuldigten nicht glaubwürdig sei, erst nach Ablauf der Ediktalfrist erlassen werden muss, wenn der Beschuldigte verlangt, ihm unrechtmäßig besessene Gegenstände oder den Erlös aus deren Verkauf auszufolgen, ist es für dessen Zulässigkeit letztlich unerheblich, ob – wie vorliegend - bereits ein Ediktalverfahren gemäß §§ 375f StPO stattgefunden hat (vgl AZ 15 Os 97/03; Spenling , WK-StPO § 367 Rz 22; aM Mayerhofer, StPO 5 § 378 E 1) – oder ein Antrag auf Ausfolgung vorliegt, weil spätestens mit der Beschwerde des A* implizit ein solcher als gestellt anzusehen ist.
Ob der Besitz bestimmter (körperlicher) Sachen durch den Beschuldigten bedenklich ist, hat das Gericht in freier Würdigung und ohne Bindung an § 323 ABGB oder eine andere Rechtsvermutung zu beurteilen (vgl RIS-Justiz RS0010163).
Im vorliegenden Fall beziehen sich die Anordnung der Aufnahme in die Ediktsdatei und der Ausspruch nach § 378 StPO auf (rechtskräftig) gemäß § 115 Abs 1 Z 2 StPO in Beschlag genommene Gegenstände (überwiegend Schmuck und Werkzeug), deren rechtmäßige Innehabung durch die Verurteilten - mit Blick auf die Vielzahl der Diebstahlsangriffe und erbeuteten Wertgegenstände sowie den Umstand, dass sich ein Teil der sichergestellten Vermögenswerte eindeutig als Diebesgut erwies - vom Erstgericht zu Recht als nicht glaubwürdig beurteilt wurde. Sein Vorgehen erweist sich daher als zulässig, wobei es im Rahmen des Ausspruchs nach § 378 StPO im Übrigen auch nicht auf den verurteilten Diebstahlsfakten zuordenbare Wertgegenstände beschränkt war (vgl Spenling , WK-StPO § 367 Rz 22).
Dass die beschlagnahmten Vermögenswerte nicht Gegenstand der vorliegenden Straftaten waren (vgl dazu Maleczky , ÖJZ 1997, 460; Spenling , WK-StPO § 375 Rz 2), wird vom Beschwerdeführer zwar behauptet, aber nicht auf irgendeine Weise belegt, sodass dies nicht ausreicht, die aufgrund der vorangegangenen Überlegungen zutreffende Einschätzung des Erstgerichts, wonach die Rechtmäßigkeit des Besitzes der Verurteilten nicht glaubwürdig sei, zu erschüttern.
Den Verurteilten und somit auch dem Beschwerdeführer bleibt es jedoch auch nach Rechtskraft des Beschlusses nach § 378 StPO unbenommen, auf dem Zivilrechtsweg mit einer gegen den Bund gerichteten Klage die Herausgabe der Gegenstände oder des dafür erzielten Erlöses zu verlangen (vgl Spenling , WK-StPO § 378 Rz 6).
Da sohin das Vorgehen nach §§ 375ff StPO der Sach- und Rechtslage entsprach, ist der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.