2R22/25g – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann (Vorsitzender) sowie den Richter MMag. Popelka und die Richterin Mag. Kulka in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , FN ** , **, vertreten durch MMMag. Dr. Franz Josef Giesinger Rechtsanwalt GmbH in 6840 Götzis, gegen die beklagte Partei B* AG , FN **, ** , vertreten durch Walch Zehetbauer Motter Rechtsanwälte in 1040 Wien, wegen Feststellung (EUR 35.000,--) , über den Kostenrekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse EUR 4.424,40) gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 16. Dezember 2024, **-57, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 402,86 (darin EUR 67,14 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Die Klägerin betreibt ein Transportunternehmen. Sie schloss mit der Beklagten einen Versicherungsvertrag über den gewerblichen Gütertransport mit LKW (CMR) zu Polizzennummer **. Mit Klage vom 22.12.2023 begehrte die Klägerin die Feststellung der Deckung aus diesem Versicherungsvertrag hinsichtlich eines Schadensfalls vom 7.4.2023, bei dem ein Bagger am Bestimmungsort eines Transportes beschädigt worden sei.
Die Klägerin verzeichnete in ihrem am Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz gelegten Kostenverzeichnis (ON 50, S 4 ff) EUR 30.799,98 an Verfahrenskosten (darin EUR 4.501,33 USt und EUR 3.792,-- Barauslagen), darunter EUR 1.470,20 für den vorbereitenden Schriftsatz vom 6.3.2024 (ON 17), EUR 746,60 für die Bekanntgabe vom 21.3.2024 (ON 19) und EUR 1.470,20 für die Äußerung zum Antrag auf SV-Umbestellung vom 9.9.2024 (ON 40), jeweils zuzüglich 20% USt.
In ihren Einwendungen (ON 51) gegen dieses Kostenverzeichnis sprach sich die Beklagte gegen die Honorierung der eben genannten drei Positionen mit der Begründung aus, dass sie nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich gewesen seien.
Mit dem nur im Kostenpunkt angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt und erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin die mit EUR 24.351,31 (darin EUR 2.832,-- Barauslagen und EUR 3.586,55 USt) bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen. Zur Begründung der auf § 41 ZPO gestützten Kostenentscheidung führte das Erstgericht aus, die von der Klägerin beantragten Kosten seien aufgrund berechtigter Einwendungen der Beklagten zu kürzen, so seien die „Triplik“ vom 6.3.2024, die Bekanntgabe vom 21.3.2024 und die Äußerung vom 9.9.2024 nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig, weil sie nicht vom Gericht aufgetragen worden seien und das darin enthaltene Vorbringen auch in der Tagsatzung vom 13.3.2024 mündlich hätte erstatten werden können.
Dagegen richtet sich der Kostenrekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, dass der Kostenzuspruch um insgesamt EUR 4.424,40 zu erhöhen sei, sodass er gesamt EUR 28.775,71 (darin enthalten EUR 2.832,-- an Barauslagen und EUR 4.323,95 an USt) betrage.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1. Zur Beurteilung des Kostenersatzanspruchs der Klägerin im Hinblick auf die drei genannten Schriftsätze sind nachstehende Kriterien heranzuziehen:
Ein Schriftsatz, der weder nach § 257 Abs 3 ZPO zulässig ist noch vom Gericht aufgetragen war, ist - wenn überhaupt - nach TP 2 RATG zu honorieren, und zwar nur dann, wenn er zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist (vgl RS0121828 [T1]). Primäre Voraussetzung für den Kostenersatzanspruch in allen Verfahrensarten ist, dass die an sich ersatzfähigen Kosten auch zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung – kumulativ – notwendig und zweckmäßig aufgewendet wurden. Der Grundsatz der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit besagt, dass Kosten überhaupt nur unter diesen Voraussetzungen ersatzfähig sind (9 Ob 104/00k; RS0035774). War die Verfahrenshandlung zwar zweckmäßig (zB eine Klagsausdehnung), aber nicht notwendig (weil sie zB in der nächsten Verhandlung vorgenommen werden hätte können), so ist sie nicht zu honorieren. War sie überhaupt nicht notwendig und/oder unzweckmäßig (sinnlos, chancenlos), so gebührt auch kein Ersatz; war sie nur in der konkreten Form unzweckmäßig (zu aufwändig), so gebührt der geringere Ersatz für jene Handlung, die bei gleicher Erfolgschance billiger gewesen wäre. Im gleichen Sinn bedeutet auch die prozessuale Zulässigkeit (das „Nichtverboten-Sein“) einer Verfahrenshandlung nicht schon, dass sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war; sie kann zwar prozessrechtlich zulässig, aber dennoch nicht notwendig und/oder unzweckmäßig sein ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.240). Als zweckentsprechend gilt jede – verfahrensrechtlich zulässige − Handlung, die zum prozessualen Ziel der Partei führen kann; die Prozesshandlung muss nach objektiver Beurteilung eine Förderung des Prozesserfolgs erwarten lassen. Notwendig ist jede Handlung, die durch die Prozesslage und die Verfahrensvorschriften erzwungen wird und deren Zweck mit geringerem Aufwand nicht erreicht werden kann ( Obermaier , aaO Rz 1.241).
Ein Schriftsatz im Sinne des § 257 Abs 3 ZPO ist dann nicht zu honorieren, wenn sein Inhalt bereits früher hätte vorgetragen werden können, oder, wenn sein Inhalt zwar einen Neuheitswert hat, diese neuen Tatsachen aber auch ohne nennenswerte Schwierigkeiten in der nächsten Verhandlung vorgetragen werden können. Sowohl bei einem zweiten vorbereitenden Schriftsatz, wie auch bei den nach der vorbereitenden Tagsatzung eingebrachten Schriftsätzen ist es Sache der Partei, plausibel darzulegen, warum sie das Vorbringen nicht bereits früher erstatten konnte. Ein Replizieren auf einen Schriftsatz des Gegners ist etwa dann erforderlich, wenn darin neues, insbesondere unerwartetes, Vorbringen enthalten ist, was etwa bei der Einwendung von Gegenforderungen der Fall sein kann ( Obermaier , aaO Rz 3.60 mwN).
2. Die Klägerin moniert, die „ Triplik“ vom 6.3.2024 (ON 17) sei zu honorieren, sie habe mit dem Schriftsatz auf das unmittelbar davor erstattete Beklagtenvorbringen vom 22.02.2024 reagiert. Der Schriftsatz sei zudem auch zur Vorbereitung aller Verfahrensbeteiligten auf die Beweisaufnahme in der folgenden Tagsatzung vom 13.03.2024 zweckmäßig gewesen, zumal ein mündlicher Vortrag in der Tagsatzung zu überraschend neuen Sachinformationen geführt hätte.
Diesen Ausführungen der Klägerin ist im Hinblick auf die oben dargelegten Grundsätze nicht zu folgen. In der „Triplik“ (ON 17) wiederholte die Klägerin großteils ihr bis dahin bereits erstattetes Vorbringen, was insbesondere durch die mehrfachen Verweise auf vorangegangenes ausführlicheres Vorbringen deutlich wird. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum das im Schriftsatz erstattete tatsächlich neue Vorbringen nicht in der darauffolgenden Tagsatzung erstattet werden hätte können. Auch das Argument der Klägerin, ein Vortrag des ergänzenden Vorbringens im Rahmen der Tagsatzung hätte die Verhandlungsvorbereitung erschwert, überzeugt nicht; die Triplik war weder notwendig noch zweckmäßig.
3. Die Klägerin führt weiters aus, die Bekanntgabe vom 21.03.2024 (ON 19) mit Vorschlägen zu Sachverständigen sei zweckentsprechend gewesen, zumal dieses Thema in der vorbereitenden Tagsatzung nicht diskutiert worden sei. Das Erstgericht habe sich letztlich auch zur Bestellung eines von der Klägerin vorgeschlagenen Sachverständigen entschieden.
Auch wenn die Bekanntgabe zweckmäßig gewesen sein mag, ist sie mangels Vorliegen der Notwendigkeit einer schriftlichen Eingabe nicht zu honorieren. Die Klägerin hätte ihre Vorschläge bereits in der vorbereitenden Tagsatzung bekanntgeben bzw. die Frage der Person der/des Sachverständigen thematisieren können, stellte sie den Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens doch schon bereits mit ihrer Klage.
4. Die Klägerin wendet sich zuletzt gegen die Nichthonorierung ihrer Äußerung vom 9.9.2024 (ON 40) zum Antrag der Beklagten auf Bestellung eines neuen Sachverständigen bzw. auf Erörterung des schon erstatteten Gutachtens.
Da die Beklagte den Sachverständigen nicht ablehnte, sondern einen Antrag nach § 362 Abs 2 ZPO stellte, lag – im Gegensatz zum Ablehnungsverfahren - kein Zwischenstreit vor (vgl zum Ablehnungsverfahren RS0045974; Obermaier , aaO Rz 1.320), und der Klägerin stand es aufgrund der fehlenden Zweiseitigkeit nicht frei, sich ohne Auftrag des Erstgerichts zu äußern. Auch in diesem Punkt ist der Klägerin also entgegenzuhalten, dass ihre Eingabe – die umfangreiches inhaltliches Vorbringen enthielt - weder aufgetragen, noch notwendig oder zweckmäßig war. Die Klägerin hätte dieses Vorbringen in der nächsten, jedenfalls zur Erörterung des Gutachtens notwendigen Tagsatzung erstatten und den Ausführungen der Beklagten zu deren Erörterungs- und Umbestellungsantrag entgegengetreten können.
Das Erstgericht ist daher zu Recht den Einwendungen der Beklagten gefolgt, weswegen dem Kostenrekurs ein Erfolg versagt bleiben muss.
Die Kostenentscheidung des Rekursverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.