18Bs80/25h – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3, Abs 5 SMG, § 12 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Genannten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 1. Oktober 2024, GZ ** 513, nach der am 24. April 2025 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Frohner, im Beisein der Richterinnen Mag. Heindl und Mag. Primer als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Staatsanwältin MMag. Angelika Linzner, des Angeklagten A* sowie seines Verteidigers Dr. Ernst Schillhammer durchgeführten öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenenauch einen Verfallsausspruch nach § 20 Abs 1 StGB und einen Einziehungsausspruch nach § 26 Abs 1 StGB enthaltendenUrteil wurde A* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3, Abs 5 SMG, § 12 zweiter Fall StGB (A./) und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 4 Z 3, Abs 5 SMG (B./) schuldig erkannt und nach § 28a Abs 5 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 16 Jahren verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* in B* und andernorts als führend tätiges Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen „zur Begehung solcher Straftaten“, bestehend aus C*, D*, E* und F*, dem unbekannt gebliebenen „G*“ und weiteren teils bekannten, teils unbekannten Mittätern, insbesondere mehr als sechs albanischen Kurieren, vorschriftswidrig Suchtgift
A./ in einer das 25fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge aus anderen Staaten aus und nach Österreich eingeführt (I./) bzw andere dazu bestimmt (II./ und III./), nämlich
I./zu nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten in den Jahren 2018 und 2020 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei unbekannten Komplizen als Mittäter (12 erster Fall StGB) insgesamt vier Kilogramm Kokain, enthaltend eine Reinsubstanz von zumindest zwei Kilogramm Cocain, indem sie es gemeinsam aus den Niederlanden nach B* brachten;
II./ „am 5.12.2018“ in B* (teils) namentlich genannte Kuriere dadurch, dass er zumindest gemeinsam mit C* die Aufträge an die albanischen Kuriere, die das Suchtgift bis nach **/Serbien brachten, erteilte und dann selbst bzw über C* Logistiker, darunter auch D*, mit dem Weitertransport bis Österreich beauftragte, „die wiederum ihrerseits Kuriere beauftragten, und [er] auch direkt unbekannt gebliebene Kuriere mit Importen beauftragte“, dazu bestimmt, Cannabisblüten aus dem Kosovo über Serbien, Ungarn und teilweise die Slowakei nach Österreich zu bringen, nämlich in den im Urteil zu den Punkten 1) bis 8) genannten Angriffen betreffend insgesamt zumindest 2.000 Kilogramm Cannabisblüten (enthaltend rund 200 Kilogramm THCA und 10 Kilogramm Delta 9 THC Reinsubstanz), die diese nach Österreich brachten;
III./ nicht mehr auszuforschende Kuriere dadurch, dass er diese damit beauftragte, 30 Kilogramm Cannabisblüten (enthaltend 0,5% Delta 9 THC und 10% THCA) aus dem Westbalkan nach Österreich einzuführen, und zwar am 10. Februar 2021 und 14. Februar 2021;
B./ in einer das 25fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge Nachgenannten überlassen bzw verschafft, nämlich
I./ H* sowie anderen unbekannt gebliebenen Abnehmern in den Jahren 2018 bis 2020 in B* insgesamt vier Kilogramm Kokain, enthaltend eine Reinsubstanz von zumindest 2 Kilogramm Cocain, indem er es den Genannten in mehrfachen Angriffen anlässlich gewinnbringender Verkäufe übergab;
II./ indem er in den unter A./ II./ genannten Fällen (ausgenommen der Sicherstellung von 127,8 Kilogramm Cannabisblüten am 22. Oktober 2018 sowie 44,8 Kilogramm Cannabisblüten am 5. Dezember 2018) entweder seine Importeure und Mittäter, darunter auch F*, zur Übergabe an I*, J*, K*, L* und weitere unbekannt gebliebene Abnehmer aufforderte oder das Suchtgift nach der Übernahme von seinen Importeuren und Mittätern selbst den Abnehmern übergab.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht die teilweise geständige Verantwortung, die Sicherstellung von Suchtgiften, die „Unbescholtenheit“ und die überlange Verfahrensdauer, die zu einer Reduktion der Strafe im Ausmaß von sechs Monaten Anlass gab, mildernd, erschwerend hingegen das Zusammentreffen „mehrerer“ strafbarer Handlungen, die exorbitante, das 25 fache der Grenzmenge um ein Vielfaches übersteigende Menge und den langen Tatzeitraum.
Nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde und der (im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 4. März 2025, GZ 15 Os 9/25z 5, ist vorliegend über die eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe begehrende Berufung des A* zu erkennen.
Rechtliche Beurteilung
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Zunächst ist das Strafzumessungskalkül dahingehend zu präzisieren, dass die Sicherstellung des Suchtgifts als „objektive Schadensgutmachung“ formell zwar nicht den Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 14 StGB herstellt, jedoch nach den allgemeinen Strafzumessungsgrundsätzen des § 32 Abs 3 StGB wenn auch im geringeren Umfang mildernd zu berücksichtigen ist ( Riffel , WKStGB § 34 Rz 33).
Richtigerweise ist anstatt der „Unbescholtenheit“ der bisherige ordentliche Lebenswandel mildernd zu würdigen.
Zu den Erschwerungsgründen sei konkretisierend angemerkt, dass das Zusammentreffen von zwei Verbrechen aggravierend zu werten ist.
Richtigerweise hat das Erstgericht zusätzlich auch die exorbitante, das 25fache der Grenzmenge um ein Vielfaches übersteigende Menge in Anschlag gebracht, ohne gegen das Doppelverwertungsverbot zu verstoßen, weil § 28a Abs 1 SMG das Übersteigen (jeweils bloß) einer, nicht des Mehrfachen der Grenzmenge verlangt ( Riffel , WKStGB § 32 Rz 77).
Mit Blick auf die solcherart korrigierte Strafzumessungslage und unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung iSd § 32 StGB ist die vom Geschworenengericht ausgemittelte Sanktion schuld und tatangemessen.
Der Berufung gelingt es nicht, zusätzliche Umstände ins Treffen zu führen, die eine Strafreduktion rechtfertigen würden. Worin der (potentiell zusätzlich zur teilgeständigen Verantwortung zu wertende) Beitrag zur Wahrheitsfindung in casu gelegen sein soll, bleibt das Rechtsmittel nachvollziehbar darzulegen schuldig.
Dem Einwand, dass das Erstgericht die partiell geständige Verantwortung nicht ausreichend in Anschlag gebracht habe, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn der Angeklagte hatte vor der Anklageerhebung keine Angaben zum Sachverhalt gemacht und war auch in der Hauptverhandlung stets bemüht, seine Verantwortung, insbesondere die führende Rolle und die exorbitanten Suchtgiftquanten, herunterzuspielen, und gab im Wesentlichen nur die Mengen zu, die im Rahmen der Sicherstellungen objektiviert werden konnten.
Wenn in der Berufung schließlich auf die Störung der familiären Beziehung und die Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung am Arbeitsmarkt als Folgen einer derart langjährigen Haftstrafe hingewiesen wird, ist dem zu erwidern, dass die mit dem Strafverfahren selbst für den Angeklagten unvermeidbar verbundenen Nachteile vom Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 19 StGB nicht umfasst sind, somit die Täterbetroffenheit aus der Verfolgung wegen der Tat (im Gegensatz zu jener aus den Folgen der Tat ) keinen berücksichtigungswürdigenden Umstand darstellt (RISJustiz RS0130394).
Vor dem Hintergrund der tatsächlich immens großen Suchtgiftmengen (in Bezug auf Cocain wurde die Grenzmenge mehr als 133 fach und die übergroße Menge mehr als 5 fach überschritten; in Bezug auf Delta 9 THC wurde die Grenzmenge um das rund 500 fache und die übergroße Menge um das rund 20 fache überschritten; in Bezug auf THCA wurde die Grenzmenge um mehr als das 5.000 fache und die übergroße Menge um das rund 200 fache überschritten) und der Vielzahl der Angriffe über einen mehrjährigen Zeitraum ist die mit 16 Jahren ausgemittelte Freiheitsstrafe nicht zu beanstanden.
Schließlich ist auch aus generalpräventiven Aspekten heraus die Strafe nicht überhöht als anzusehen, soll doch der Allgemeinheit deutliche vor Augen geführt werden, dass Straftaten in dieser Dimension, also die Überschwemmung des österreichischen Markts mit einer derart großen Menge an Suchtgift mit all seinen volkswirtschaftlich äußerst schädlichen Auswüchsen, mit der gebotenen Härte des Gesetzes sanktioniert werden.
Der Berufung ist daher insgesamt nicht Folge zu geben.