JudikaturOLG Wien

9Rs9/25x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Pöhlmann als Vorsitzenden und die Richterinnen Mag. Oberbauer und Mag.Dr. Vogler (Dreiersenat gemäß § 11a Abs 2 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , geboren **, **, wider die beklagte Partei B* , **, vertreten durch Mag. **, ebendort, wegen Kostenersatz (hier: wegen Verfahrenshilfe), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 12.12.2024, ** 11, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit Urteil vom 5.9.2024 wies das Erstgericht das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, dem Kläger eine höhere Kostenerstattung als EUR 12,82 für die Inanspruchnahme von Dr. C* laut Honorarnote ** vom 11.1.2024 über einen Betrag von EUR 190 sowie höher als EUR 33,34 für die Inanspruchnahme von Dr. C* laut Honorarnote ** vom 20.1.2024 über einen Betrag von EUR 640 zu leisten, ab (ON 9).

Das Urteil wurde dem Kläger am 4.12.2024 durch Hinterlegung zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 12.12.2024 beantragte der Kläger die Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang zur Erhebung einer Berufung gegen dieses Urteil. Er legte seinem Verfahrenshilfeantrag ein Vermögensbekenntnis bei. Nach diesem habe er EUR 300 für die Wohnung zu bezahlen. Er habe ein Nettoeinkommen als Pensionist in Höhe von EUR 1.155 pro Monat, dies 14 Mal jährlich. Sein Bargeldbestand belaufe sich auf EUR 600, sein Kontostand auf EUR 4.535. Er habe weder Schulden noch Unterhaltspflichten.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Verfahrenshilfeantrag des Klägers ab.

Begründend wurde ausgeführt, die Rechtsanwaltskosten für die Erhebung einer Berufung würden ca EUR 600 ausmachen. Dies könne sich der Kläger nach seinem Vermögensbekenntnis von seinem Bargeldbestand leisten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gerichteten Abänderungsantrag.

Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben. Der Revisor verzichtete auf die Erstattung einer Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rekurs kommt keine Berechtigung zu.

1. Vorab ist festzuhalten, dass für den Kläger zu ** des Bezirksgerichts Leopoldstadt ein Erwachsenenvertreter für die Vertretung in Zivil- und Verwaltungsverfahren mit Kostenersatzpflicht bestellt wurde.

Da in Sozialrechtssachen keine Kostenersatzpflicht des Versicherten besteht, ist das in Rede stehende Verfahren nicht vom Wirkungsbereich des Erwachsenenvertreters umfasst.

2.Soweit der Kläger in seinem Rekurs vorbringt, er habe mehr Ausgaben als im angefochtenen Beschluss aufgeschlüsselt, verstößt er mit diesem Vorbringen, das in seinem Verfahrenshilfeantrag nicht erstattet wurde, gegen das auch im Rekursverfahren geltende Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO (RS0042091), das auch in Verfahrenshilfesachen gilt ( Fucik in Rechberger/Klicka 5§ 72 ZPO Rz 2). Davon sind auch Sozialrechtssachen nicht ausgenommen (RS0042049).

3.Gemäß § 63 Abs 1 ZPO ist einer natürlichen Person Verfahrenshilfe soweit zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, als sie außerstande ist, die Kosten des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrenshilfe ist demnach die Beschränktheit der materiellen Mittel einer Partei in dem Sinn, dass der Prozessführer die Kosten einer Prozessführung nicht ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts leisten kann. Der notwendige Unterhalt ist dann gefährdet, wenn unter Berücksichtigung der zu erwartenden Prozesskosten keine genügenden Mittel für eine einfache Lebensführung des Antragstellers und seiner Familie verbleiben. Einfache Lebensführung bedeutet eine die persönlichen Bedürfnisse des Einzelnen berücksichtigende bescheidende Lebensführung ( Klauser/Kodek ZPO 18§ 63 ZPO E 28, E 29 je mwN). Als Faustregel kann gelten, dass einem alleinstehenden Verfahrenshilfewerber etwa EUR 1.000 bis 1.400 verbleiben müssen ( Fucik in Rechberger/Klicka 5§ 63 ZPO Rz 3). Bei der Beurteilung, ob die Kosten der Prozessführung den notwendigen Unterhalt beeinträchtigen würden, sind neben dem Einkommen der Partei auch ihr sonstiges Vermögen, wie Spargutgaben ( Fucik, aaO ) sowie bestehende Verbindlichkeiten zu berücksichtigen ( Bydlinski in Fasching/Konecny 3§ 63 ZPO Rz 3 mwN).

4. Der Kläger bezieht nach eigenen Angaben in seinem Vermögensbekenntnis (ON 10, 5 f) eine Nettopension von EUR 1.155, 14 Mal jährlich, sohin EUR 1.347,50 pro Monat. Nach Abzug der von ihm im Vermögensbekenntnis angegebenen Fixkosten von EUR 300 verbleiben ihm sohin EUR 1.047,50.

Hinzu kommt, dass der Kläger laut eigenen Angaben über Bargeld in Höhe von EUR 600 und einen positiven Kontostand von EUR 4.535 verfügt. Er hat weder Schulden noch Unterhaltspflichten.

Die Kosten für eine Berufung würden sich auf rund EUR 600 belaufen.

Unter Anwendung der zu Punkt 3. dargestellten Grundsätze sind in Übereinstimmung mit der Ansicht des Erstgerichts die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe insbesondere im Hinblick auf die besonders niedrigen Fixkosten nicht erfüllt.

Dem Rekurs war sohin ein Erfolg zu versagen.

Die Unzulässigkeit eines weiteren Rechtszugs folgt aus § 528 Abs 2 Z 4 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.