8Ra113/24g – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Mag. Zacek als Vorsitzende, die Richterinnen Mag. Derbolav-Arztmann und Dr. Heissenberger LL.M. sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Marianne Zeckl Draxler und Michael Grandinger in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei A* B* , **, vertreten durch Dr. Ronald Rödler, Rechtsanwalt in Bruck an der Leitha, wider die beklagte und widerklagende Partei C* GmbH , **, vertreten durch Dr. Josef Deimböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 2.294,24 s.A. (Klage zu D*) und EUR 17.008,53 s.A. (Widerklage zu E*), über die Berufung der beklagten und widerklagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 17.008,53) gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 19.6.2024, D*–29, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Erstgericht vorbehalten.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger und Widerbeklagte (in Hinkunft: Kläger) war bei der Beklagten und Widerklägerin (in Hinkunft: Beklagte) von 22.01.2019 bis 30.04.2023 als Projektleiter beschäftigt. Das Dienstverhältnis wurde einvernehmlich beendet. Das monatliche Bruttogehalt betrug zuletzt Euro 2.834,75. Ein sich bei Beendigung ergebender Anspruch des Klägers auf aliquote Sonderzahlungen und Urlaubsersatzleistung in Höhe von netto Euro 2.294,24 wurde von der Beklagten nicht erfüllt.
Der schriftliche Dienstvertrag sah ua vor:
„ 8.4. Es ist dem Dienstnehmer während des aufrechten Dienstverhältnisses, ohne ausdrückliche Zustimmung des Dienstgebers, untersagt, einer anderen Tätigkeit - sei es selbständig oder unselbständig, hauptberuflich oder nebenberuflich, sei es ehrenamtlich, nachzugehen, wobei insbesondere jede wie immer geartete Konkurrenztätigkeit untersagt ist. Davon ausgenommen, sind, Tätigkeiten im Unternehmen der Ehegattin bzw. in Unternehmen, an welchen die Ehegattin des Dienstnehmers eine Beteiligung hält - das Konkurrenzverbot bleibt jedoch auch hierfür uneingeschränkt aufrecht.
[…]
9. Verschwiegenheitspflicht, Geschäfts-/Betriebsgeheimnis:
9.1. Der Dienstnehmer ist zur Verschwiegenheit über alle ihm anvertrauten Angelegenheiten verpflichtet. Diese Verschwiegenheitspflicht besteht gegenüber jedermann, wie z.B. gegenüber Angehörigen und sonstigen nahe stehenden Personen, sowie auch gegenüber Kollegen.
9.2. Dem Dienstnehmer ist bewusst, dass eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht zu entsprechenden Schadenersatzklagen seitens des Dienstgebers führt.
9.3. Weiters verpflichtet sich der Dienstnehmer, dass er die vom Dienstgeber verwendeten Formulare, Schemabriefe, Skripten, Rundschreiben, Unterlagen, Muster, Kalkulationen, udglm. niemals an dritte Personen weitergibt.
9.4. Im Falle seines Ausscheidens verpflichtet sich der Dienstnehmer, alle vom Dienstgeber zur Verfügung gestellten Unterlagen (Formulare, Schemabriefe, Skripten, Rundschreiben, Literatur udglm.), in welcher Form und auf welcher Basis auch immer, sei es im elektronischen Wege oder auf sonstige Art und Weise, unverzüglich und vollständig dem Dienstgeber zurückzugeben. Dies gilt insbesondere auch für EDV Programme, -hilfsmittel und alle wie immer gearteten sonstigen Unterlagen und Arbeitsmittel.
9.5. Die Verschwiegenheitspflicht bzw. diese Pflicht zur Geheimhaltung gilt über die Dauer des Dienstverhältnisses hinaus ohne zeitliche Einschränkung.
9.6. Unter das Geschäfts-/Betriebsgeheimnis fällt jede Information oder Vermutung in jeglicher Form, körperlich oder unkörperlich, in irgendeinem Zusammenhang mit der Tätigkeit für den Dienstgeber -insbesondere über Kunden, Dienstnehmer, Berater, Geschäftspartner, alles, was vom Dienstnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses oder sonst hergestellt oder vom Dienstgeber oder für den Dienstgeber erworben wurde. Alle Kenntnisse und Vermutungen gelten, soweit sie nicht außerhalb des Betriebes des Dienstgebers allgemein bekannt sind, als vertraulich.
9.7. Darunter fallen neben den bereits angeführten Bereichen insbesondere auch Formulare, Unterweisungs- und Entwicklungstechniken, Abläufe, Betriebsgeheimnisse, Computerprogramme, elektronische Codes, Erfindungen, Verbesserungen, Entwicklungen, Informationen über Kosten, Gewinn, Betriebskennzahlen, Kunden- und Lieferantenlisten, Geschäfts- und Unternehmenspläne, Dienstnehmerdaten und Entlohnungsschemata.
9.8. Der Dienstnehmer wird während seines Dienstverhältnisses derartige Kenntnisse und Vermutungen nur zum Vorteil und im ausschließlichen Interesse des Dienstgebers verwenden. Nach Ende des Dienstverhältnisses wird er diese weder direkt noch indirekt verwenden, noch anderen offen legen oder zugänglich machen.
9.9. Keineswegs wird der Dienstnehmer von derartigen Informationen Kopien oder andere Reproduktionen oder Aufzeichnungen oder Notizen herstellen, soweit er sie nicht unbedingt unmittelbar für seine konkrete Tätigkeit für den Dienstgeber jeweils benötigt.
11. Konkurrenzklausel:
Es ist dem Dienstnehmer untersagt, in Österreich, in einem Zeitraum von 6 Monaten, nach dem Ende des Dienstverhältnisses eine konkurrierende Tätigkeit auszuüben, sei es selbständig oder unselbständig, hauptberuflich oder nebenberuflich oder in Form eines Beteiligungsverhältnisses - sofern das Dienstverhältnis durch den Dienstnehmer gelöst wurde. Im Falle einer Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber, erstreckt sich der oben genannte Zeitraum, auf 3 Monate.
12. Pauschalierter Schadenersatz:
12.1. In den nachstehenden Fällen wird ein pauschalierter Schadenersatz fällig, soweit nicht vorliegend bereits eine anderweitige Regelung getroffen ist:
- Verstoß gegen das Konkurrenzverbot (während des aufrechten Dienstverhältnisses),
- Verstoß gegen die Konkurrenzklausel (nach dem Dienstverhältnis).
- fristlose Entlassung aus Verschulden,
- vorzeitiger Austritt ohne wichtigen Grund,
- Verstoß gegen das Betriebsgeheimnis sowie gegen die Verschwiegenheitspflicht,
- Verstoß gegen das Nebenbeschäftigungsverbot 12.2. Der pauschalierte Schadenersatz errechnet sich aus dem 6-fachen des letzten Monatsbruttogehaltes und wird vom Dienstnehmer ausdrücklich als angemessen anerkannt.
12.3. Der pauschalierte Schadenersatz ist mit Ende des Dienstverhältnisses fällig bzw. mit dem Zeitpunkt, in dem dem Dienstgeber Kenntnis vom anspruchsbegründenden Sachverhalt zukommt.“
Am 27.03.2023 gründeten Mag. F* B* (die Gattin des Klägers), G* B* (der Sohn des Klägers) und ** (ein ehemaliger Arbeitnehmer der Beklagten) die H* GmbH (in Hinkunft: H*), deren Angestellter der Kläger nunmehr ist.
Der Kläger begehrt die Zahlung seiner Beendigungsansprüche von Euro 2.294,24 s.A.
Die Beklagte bestritt und machte eine Gegenforderung von EUR 17.008,53 s.A. geltend und erhob in diesem Umfang auch Widerklage. Der Kläger habe seine Pflicht zur Verschwiegenheit und zur Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen verletzt. Bereits vor seinem Ausscheiden habe er Maßnahmen gesetzt, um Geschäftspartner für die neu zu gründende H* GmbH abzuwerben, dies unter Ausnutzung seiner Kenntnis über betriebsinterne Kundendaten und das Leistungsangebot, und zwar in folgenden Fällen:
Er habe am 8.2.2023 als Planer und Projektleiter den Operations Manager des Unternehmens ** AG, welche das Franchise-System „I*“ betreibe, kontaktiert und eine Zusammenarbeit angeboten. Dabei sei insbesondere auf die detaillierten Kenntnisse des Unternehmens aufgrund der bisherigen Zusammenarbeit verwiesen worden. Zufolge dieser Kontaktaufnahme habe I* einer Zusammenarbeit zugestimmt. Ein Angebot für das Herstellen und Montieren von Auslagefolien in den Filialen der I* in J* und K* sei am 14.2.2023 präsentiert und am 3.4.2023 für die Filiale K* detailliert ausgearbeitet und unter Heranziehung des internen Preisspiegels der Beklagten kalkuliert und angeboten worden. Nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem Unternehmen seien Kontaktaufnahmen mit I* erfolglos geblieben. Durch nachfolgende Irrläufer habe sich herausgestellt, dass der Auftrag in K* mit dem Kläger bzw. der H* durchgeführt worden sei. Den Mitarbeitern der H* wäre es ohne die Detailkenntnisse, welche der Kläger hinsichtlich der Anforderungen der Filialen der I* bei der Beklagten erworben habe, nicht möglich gewesen, die für das Projekt erforderlichen Leistungen zu kalkulieren und auszuführen.
Im August 2022 sei die Beklagte ersucht worden, ein Angebot für eine mögliche Beschriftung einer Apotheke im ** in ** auszuarbeiten. Der Kläger habe das Auftragsvolumen mit rund EUR 25.000 geschätzt und in dieser Höhe einen firmeninternen Auftrag ausgeschrieben, wobei im Herbst 2022 auch die Ausgestaltung der Leuchtschrift in Verbindung mit den Gegebenheiten vor Ort erörtert und die Unterkonstruktion des Logos abgesprochen worden sei. Die Architekten hätten von einem Mitarbeiter der Beklagten erstellte Pläne am 28.11.2022 übernommen. Das Projekt, welches auch eine zusätzlich in Auftrag gegebene Tafel für die „Nachtdienstausgabe“ umfassen sollte, hätte noch während des Dienstverhältnisses des Klägers fertiggestellt werden sollen; dennoch habe sie keine Aufträge erhalten. Der Kläger selbst habe unmittelbar vor seinem Ausscheiden, nämlich am 26.4.2023, auf die von den Grafikern der Beklagten erstellten Pläne der Außengestaltung der Fassadenbuchstaben zugegriffen, obwohl zu diesem Zeitpunkt kein Auftrag des Architekten vorgelegen sei, sondern dieser bereits die H* beauftragt habe. Der Kläger habe diese Informationen weitergegeben, die Planungen dem Konkurrenzunternehmen zugänglich gemacht und dadurch ermöglicht, dass das Konkurrenzunternehmen die komplexe Herstellung der Fassadenbuchstaben unter Ausnutzung der Planungs- und Ausführungsdetails zeitgerecht durchführen habe können.
Die L* GmbH habe die Beklagte um Übermittlung eines Angebots für die Herstellung eines Sichtschutzes und die Folierung von Besprechungsräumen für das Unternehmen M* ersucht. Der Kläger habe das Angebot am 9.11.2021 übermittelt, woraufhin die Beklagte am 24.11.2021 mit den angebotenen Leistungen und mit der Montage beauftragt worden sei. Der Kläger habe mitgeteilt, dass sich die Ausführung wegen umfangreicher Umbauarbeiten verzögern werde, weshalb die bereits vorgefertigten Folien über ein Jahr aufbewahrt worden seien. Im März 2023 habe der Kläger mitgeteilt, dass die Folien angeliefert werden mögen, mit der Montage jedoch zugewartet werden möge. Tatsächlich habe dann die H* den Auftrag zur Montage erhalten.
Die Beklagte habe für die N* GmbH regelmäßig die Folierung von Firmenfahrzeugen durchgeführt und zuletzt am 27.2.2023 und am 6.3.2023 durch den Kläger vier Angebote für derartige Leistungen kalkuliert und übermittelt. Der Kläger habe die Ausgestaltung und Kalkulation des Angebotes an die H* weitergegeben, welche den Auftrag erhalten habe. Dabei sei die Beschriftung exakt in der Form ausgeführt worden, in welcher die Layouts durch ihren Grafiker ausgearbeitet worden seien.
Es stehe ihr daher wegen des Verstoßes gegen die Wahrung des Betriebsgeheimnisses sowie gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung ein Schadensersatzanspruch in Höhe des Sechsfachen des letzten Bruttomonatsgehaltes zu. Der Kläger habe auch während des aufrechten Dienstverhältnisses gegen das vereinbarte Konkurrenzverbot verstoßen.
Der Kläger bestritt die Gegenforderung. Die Unternehmen I* und L* habe er seit vielen Jahren, schon vor Eintritt bei der Beklagten, betreut. Die an I* gelegten Angebote seien auf Wunsch der Beklagten bewusst hoch kalkuliert und vom Kunden nicht angenommen worden. Anfang Juni 2023 habe ein Verantwortlicher von I* den Kläger kontaktiert und um Übermittlung eines Angebotes für zwei Lokale in K* und J* ersucht. Die Detailplanung sei durch die L* durchgeführt worden, es seien durchwegs andere Positionen als von der Beklagten angeboten, umgesetzt worden.
Betreffend das Projekt Apotheke ** sei er vom Architekten nach seinem Ausscheiden kontaktiert worden. Er habe darauf hingewiesen, nicht mehr für die Beklagte tätig zu sein und ihn an die Beklagte verwiesen.
Der Architekt habe ihn jedoch einige Zeit später ersucht, das Projekt zu übernehmen. Sämtliche Daten wie Planung und Ausführung der Unterkonstruktion und Logo seien nicht durch die Beklagte, sondern durch einen Grafiker des Kunden erstellt worden.
Bei Abwicklung des Projekts M* sei der Auftrag bis auf die Montage schaltbarer Folien im Laufe des Jahres 2021 zur Gänze umgesetzt worden. Es sei vereinbart worden, die bisherigen Leistungen abzurechnen. Die noch nicht montierten Folien seien bei der Beklagten gelagert worden, es sei nicht klar gewesen, ob und durch wen die Montage erfolge. Infolge umfangreicher Umplanungen durch den Kunden hätte sich der Bedarf geändert. Der neue Auftrag an H* habe andere Räume und Portale, Folienformate und Folienzahlen betroffen.
N* habe seit jeher zwei verschiedene Anbieter für Folierungen beauftragt. Die Geschäftsverbindung zu N* sei vernachlässigt worden, weshalb es zu keinen Bestellungen mehr gekommen sei. Der Kläger habe sich bemüht, den Kunden zurückzugewinnen und habe durch persönlichen Einsatz das Vertrauensverhältnis wiederherstellen können. Die Beklagte werde nach wie vor durch N* beauftragt; es seien keine grafischen Leistungen durch die Beklagte erbracht worden, es habe exakte Vorgaben des Kunden gegeben, dies bis hin zur genauen Bezeichnung und Qualität der Folien.
Der Beklagten sei kein Schaden entstanden, ein Verstoß gegen die Wahrung des Betriebsgeheimnisses oder seine Verschwiegenheitsverpflichtung liege nicht vor. Die Ansprüche seien verfristet, sie unterlägen für den Fall ihres Bestehens dem richterlichen Mäßigungsrecht.
Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht die Klageforderung im führenden Verfahren für zu Recht bestehend, die Gegenforderung für nicht zu Recht bestehend und gab der Klage statt. Die Widerklage wies es ab.
Es traf dazu neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt die auf den Urteilsseiten 9 bis 13 wiedergegebenen Feststellungen. Rechtlich vertrat es die Ansicht, dass dem Kläger ein Verstoß gegen das Konkurrenzverbot während aufrechten Dienstverhältnisses nicht anzulasten sei. Für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses habe ein Konkurrenzverbot nicht wirksam vereinbart werden können.
Hinsichtlich eines Verstoßes gegen die vereinbarte Geheimhaltungsverpflichtung habe nicht festgestellt werden können, dass sich der Kläger Kenntnisse, die er durch seine Tätigkeit bei der Beklagten erworben habe, zunutze gemacht hätte.
Gegen dieses Urteil zu D* und E* richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil dahin abzuändern, dass die Klagsforderung mit EUR 2.294,24 netto zu Recht bestehe, die Gegenforderung mit EUR 2.294,24 zu Recht bestehe, die Klage im führenden Verfahren abgewiesen und der Widerklage im Ausmaß von EUR 14.714,29 stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt .
1. Beweisrüge
1.1. Die Beklagte bekämpft folgende Feststellungen: „ Im Mai 2023 nahm der Kläger mit O* Kontakt auf und teilte ihm mit, dass er mit der H* dieselben Leistungen wie die Beklagte erbringen könne. O*, dem daran gelegen war, einen kontinuierlichen Ansprechpartner (sprich: den Kläger, da er mit C* nie in persönlichem Kontakt gestanden war) zu haben, lud daraufhin auch die H* zur Anbotstellung ein, wobei er ihm die Ausführungsdetails – die sich von den Grundlagen des vom Kläger im März 2023 für die Beklagte erstellten Angebots in einigen Punkten unterschieden – am 18.05.2023 übermittelte. Das daraufhin gelegte Angebot der H* vom 23.05.2023 (davor hatte die H* kein Angebot gelegt) nahm die L* an, wobei für O* nicht der geringfügige Preisunterschied, sondern die weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger entscheidend war.“
Sie begehrt folgende Ersatzfeststellung: „Im zeitlichen Zusammenhang, um den 20.03.2023, nahm der Kläger mit O* Kontakt auf und teilte mit, dass er mit der H* dieselben Leistungen wie die Beklagte erbringen könne und arbeitete für die H* GmbH ein Anbot aus, welches mit 26.03.2023 datiert wurde und der L* GmbH übermittelt wurde. O*, dem daran gelegen war, einen kontinuierlichen Ansprechpartner (sprich: den Kläger) zu haben, sprach sich gegen eine Anbotslegung der H* nicht aus. In der Folge wurden Ausführungsdetails - die sich von den Grundlagen des vom Kläger im März 2023 für die Beklagte und die H* GmbH erstellten Angebots in einigen Punkten unterschieden - am 18.05.2023 übermittelt. Das daraufhin gelegte Angebot der H* vom 23.05.2023 nahm die L* an.“
Um die Beweisrüge im Sinne der ständigen Rechtsprechung „gesetzmäßig“ auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber angeben (zumindest deutlich zum Ausdruck bringen), welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre ( Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 471 Rz 15).
Gemäß § 272 ZPO ist der erkennende Richter (Senat) bei der Bildung der Überzeugung, ob die für die Feststellung einer Tatsache notwendige Wahrscheinlichkeit vorliegt, frei, also an keine gesetzlichen Beweisregeln gebunden. Gerade dem persönlichen Eindruck kommt bei einer Tatsachenfeststellung, die in erster Linie an Hand der Aussagen der beteiligten Personen zu gewinnen ist, Bedeutung zu. Zum Wesen der freien Beweiswürdigung gehört auch, dass sich das Gericht für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen aufgrund seiner Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet (RS0043175). Die Beweiswürdigung kann erst dann erfolgreich angefochten werden, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an den vom Erstgericht vorgenommenen Schlussfolgerungen rechtfertigen könnten. Bloß der Umstand, dass die Beweisergebnisse möglicherweise auch andere als die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ermöglicht hätten, kann nicht zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Beweiswürdigung und der darauf gegründeten Tatsachenfeststellungen führen (RS0043175; Rechberger in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze³III/1 § 272 ZPO Rz 4f, 11).
Dass die L* das daraufhin gelegte Angebot der H* vom 23.05.2023 annahm, hat das Erstgericht ohnedies festgestellt. Insofern mangelt es daher an einer gesetzmäßigen Beweisrüge.
Die Beklagte moniert, dass das Erstgericht bei den bekämpften Feststellungen den Angaben des Klägers gefolgt sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Erstgericht die bekämpften Feststellungen auf die Aussage des Zeugen O* in Verbindung mit den vorgelegen Urkunden gestützt hat. Es hat den Inhalt der Blg ./D berücksichtigt und festgehalten, dass sich der Auftrag vom 23.5.2023 (Blg ./D) auf ein Angebot vom 19.5.2023 bezieht und die Ausführungsdetails mit E-Mail vom 18.5.2023 übermittelt worden waren. Es begründete näher, warum trotz des Verweises auf ein Angebot vom 26.3.2023 und ein E-Mail vom 20.3.2023 keine ausreichende Grundlage für die Feststellung, dass der Kläger bzw die H* bereits zu diesem Zeitpunkt ein Angebot gelegt hätten, vorliege. Aus der Aussage des Zeugen O* (PA ON 26, S. 15) ist abzuleiten, dass zunächst nur ein Angebot der Beklagten vorgelegen ist, dass nur die Verlegung der bereits vorhandenen Folien umfasst hat. Im Zuge dessen ist man bei L* drauf gekommen, dass sich durch die Umgestaltung der Glaswände auch die Maße geändert haben und eine Neukonfektionierung der Folien erforderlich ist. Der Zeuge O* verwies auf ein weiteres Angebot der Beklagten, welches diese geänderten Leistungen umfasse. Zu diesen Leistungen sei auch ein Angebot der H* GmbH eingeholt worden. Er bestätigte ausdrücklich, dass ein Angebot bloß für die Verlegung der vorhandenen Folien von H* nicht eingeholt wurde (PA ON 26, S. 15).
Der Zeuge hatte nicht in Erinnerung, dass es zwei Angebote der H* gegeben hätte, konnte es aber nicht ausschließen (PA ON 26, S. 15). Er konnte über weitere Nachfrage auch nicht ausschließen, dass sich das angeführte Angebot vom 26.3.2023 auf einen anderen Auftragnehmer beziehe, auch wenn er es für unwahrscheinlich hielt, dass er „Angebot 2“ schreibe, obwohl das erste Angebot nicht vom selben Angebotsleger stamme (PA ON 26, S. 16-17).
Wenn das Erstgericht in diesem Zusammenhang die Aussage des Klägers, wonach sämtliche Angebote der H* durchnummeriert seien, als plausibel beurteilte, ist dies nicht zu beanstanden. Im Übrigen sind der Blg ./D zwar die AGB für Lieferanten angeschlossen, aber weder ein Angebot vom 26.3.2023 noch ein E-Mail vom 20.3.2023. Wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang mutmaßt, dass der Kläger die beiden weiteren Beilagen einfach nicht vorgelegt habe, ist dem zu entgegnen, dass die Blg ./D einschließlich der angeschlossenen AGB durchgehend mit Seitenzahlen versehen ist und 7 von 7 Seiten im Verfahren vorgelegt wurden. Im Übrigen wäre nicht nachvollziehbar, warum dem Auftrag ein früheres Angebot als Beilage angeschlossen werden sollte. Wenn wäre es naheliegend, das aktuelle angenommene Angebot als Beilage anzuschließen.
Auch das Argument des Erstgerichts, die H* sei am 26.3.2023 noch gar nicht gegründet gewesen, vermag die Beklagte nicht zu entkräften. Sie zitiert selbst die Feststellung des Erstgerichts, wonach die H* am 27.3.2023 gegründet wurde. Es erscheint nicht lebensnah, dass vor Unterfertigung des Gesellschaftsvertrags ein Angebot der neu zu gründenden Gesellschaft verschickt wurde.
Dass der Kläger am 23.3.2023 als Projektleiter der Beklagten ein Angebot für das Bauvorhaben in zwei Ausfertigungen verfasst hat, spricht nicht zwingend für ein erstes Angebot der H* vom 26.3.2023.
Der Beklagten gelingt es nicht, stichhaltige Gründe ins Treffen zu führen, die erhebliche Zweifel an den vom Erstgericht vorgenommenen Schlussfolgerungen rechtfertigen könnten. Bloß der Umstand, dass die Beweisergebnisse möglicherweise auch andere als die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ermöglicht hätten, kann nicht zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Beweiswürdigung und der darauf gegründeten Tatsachenfeststellungen führen.
1.2. Die Beklagte bekämpft weiters folgende Feststellung: „Dass der Kläger bei der Erstellung des Angebotes der H* das von ihm erarbeitete Angebot der Beklagten noch im Detail kannte bzw. dieses bewusst unterbot, kann nicht festgestellt werden.“
Sie beantragt stattdessen die Festellung, „dass der Kläger zwei Wochen nach dem Ausscheiden aus unserem Unternehmen für die H* GmbH ein Angebot im Zusammenhang mit der Herstellung und Montage schaltbarer Folien gelegt hat, bei welchem die Preiskalkulation der beklagten Partei insoweit verwendet wurde, als die Preise jeweils geringfügig unterboten wurden.
Dies mit der Absicht, den Auftrag für die Montage der im Raum stehenden Folien zugunsten der H* GmbH zu akquirieren.“
Das Erstgericht begründet die bekämpfte Feststellung in seiner Beweiswürdigung mit einem Vergleich des Angebots der Beklagten und jenem der H*. Es seien zwar ähnliche, im Detail aber teilweise unterschiedliche Leistungen angeboten worden, insbesondere was die Anzahl der zu liefernden und installierenden neuen schaltbaren Folien betreffe (ON 29, S. 16).
Richtig ist, dass die Blg ./D den Auftrag der L* darstellt, Auftragsgrundlage ist aber das Angebot der H* vom 19.5.2023. Verwiesen wird weiters auf die Ausführungsdetails vom 18.5.2023, die dem Angebot der Beklagten vom 23.3.2023 noch nicht zugrunde gelegt waren. Das macht die Angebote schwer vergleichbar. Wenn die Beklagte daraus allerdings schließt, dass entsprechende Abweichungen nicht geeignet seien, die Verwendung der Kenntnisse interner Details ihrer Kalkulationen beim Verfassen eines Angebots der H* auszuschließen, übersieht sie, dass ihr der Beweis oblag, dass interne Preiskalkulationen oder Einkaufskonditionen vom Kläger für die H* verwertet wurden. Wenn man die Position der 19 zu montierenden schaltbaren Folien heranzieht, kann auch nicht von einem geringfügigen Unterbieten des Angebots der Beklagten gesprochen werden. Während im Angebot der Beklagten EUR 420 für jede zu montierende schaltbare Folie veranschlagt wurden, waren es im Auftrag (Blg ./D), der auf dem Angebot der H* beruht, EUR 330 und damit rund 20 % weniger. Da die Angebote unterschiedliche Leistungen beinhalten und die Ausführungsdetails vom 18.5.2023 nicht bekannt sind, mangelt es tatsächlich an ausreichend verlässlichen Beweisergebnissen dafür, dass der Kläger das Angebot der H* unter Ausnutzung der Kenntis des von ihm für die Beklagte erstellten Angebots verfasst hätte.
1.3. Das Berufungsgericht übernimmt daher den festgestellten Sachverhalt auf Grund einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung.
2. Rechtsrüge
2.1. Die Beklagte moniert, das Verhalten des Klägers widerspreche seiner Pflicht, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Unternehmensgeheimnisse zu wahren. Wenn sie vorbringt, der Kläger sei im Zusammenhang mit der Herstellung und Montage von schaltbaren Folien fachkundig gewesen und habe die bei der Beklagten geübte Praxis gekannt und auch die Preisgestaltung vornehmen dürfen, woraus sich zweifelsfrei ergebe, dass er die Detailkenntnisse nach Beendigung des Dienstverhältnisses einem anderen Unternehmen zukommen habe lassen, um das idente Projekt für das Drittunternehmen zu akquirieren, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt.
Eine Geheimhaltungsvereinbarung über echte Geschäftsgeheimnisse und Betriebsgeheimnisse ist keine Konkurrenzklausel im Sinne des § 36 AngG und unterliegt nicht deren insbesondere zeitlichen Beschränkungen. Eine derartige Vereinbarung bezweckt nicht nur den Schutz vor Verrat an Dritte, sondern auch den vor der Benützung der Geheimnisse als Mitbewerber (RS0044166). Betriebsgeheimnisse oder Geschäftsgeheimnisse sind Tatsachen und Erkenntnisse kommerzieller oder technischer Art, die bloß einer bestimmten und begrenzten Zahl von Personen bekannt sind, nicht über diesen Kreis hinausdringen sollen und an deren Geheimhaltung ein wirtschaftliches Interesse besteht (RS0079599). Haben Parteien eines Arbeitsvertrags sowohl eine Kundenschutzklausel als auch eine Geheimhaltungsvereinbarung bezüglich Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen vereinbart, ist die bloße Kontaktaufnahme mit Kunden des ehemaligen Arbeitgebers zwar ein Verstoß gegen die Kundenschutzklausel, für sich allein aber noch kein Verstoß gegen die Geheimhaltungsvereinbarung (9 ObA 134/19z). Die Lohndaten ganzer Betriebsbereiche (9 ObA 338/00x) fallen ebenso unter den Begriff des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses wie Schaltpläne, auch wenn sie allen im Betrieb Beschäftigten zugänglich waren (8 ObA 214/94), interne Preiskalkulationsunterlagen (8 ObA 37/07k) oder Sitzungsprotokolle (8 ObA 84/06w). Wenn allerdings anzunehmen ist, dass der Empfänger bereits davor Kenntnis von der Information hatte, ist nicht von der Preisgabe eines Betriebsgeheimnisses auszugehen (9 ObA 192/98w).
Das Erstgericht konnte gerade nicht feststellen, dass der Kläger Kenntnisse, die er durch seine Tätigkeit bei der Beklagten erlangt hatte, bei seiner neuen Arbeitgeberin verwertete und damit dieser zugänglich machte.
2.2.Die weiteren Ausführungen der Beklagten in ihrer Rechtsrüge zur Beweislast sind nicht nachvollziehbar. Es ist nicht ersichtlich und vermag die Beklagte auch nicht schlüssig aufzuzeigen, inwiefern das Erstgericht ein unrichtiges Beweismaß angewendet haben sollte. Das Regelbeweismaß der ZPO ist die hohe und nicht eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit (RS0110701 [T6]). Es ist nicht ersichtlich, dass das Erstgericht von einem anderen Beweismaß ausging. Wenn die Beklagte die Begriffe „Glaubhaftmachen“, „Anscheinsbeweis“ bzw „Beweiserleichterung“ verwendet, ist daraus für sie nichts zu gewinnen, da gegenständlich kein Anwendungsfall dieser Regelungen vorliegt. Das behauptet auch die Beklagte in ihrer Rechtsrüge nicht.
3. Die Berufung ist daher insgesamt nicht berechtigt.
4.Da das Erstgericht in seinem Urteil einen Kostenvorbehalt bis zur rechtskräftigen Erledigung der Rechtssache iSd § 52 Abs 2 ZPO anordnete, war gem. § 52 Abs 3 ZPO auch im weiteren Rechtsgang keine Kostenentscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens zu treffen.
5.Die ordentliche Revision ist mangels Vorliegens der Voraussetzung des § 502 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG nicht zulässig.