10Bs143/25p – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28 Abs 1 vierter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 20. Jänner 2025, Hv1*-60 sowie über die Beschwerden des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen einen zugleich gefassten Beschluss gemäß § 494a StPO nach der in Anwesenheit des Ersten Oberstaatsanwalts Mag. Winkler, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Trunez durchgeführten Berufungsverhandlung am 21. Juli 2025:
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird nicht Folge gegeben.
Der Berufung des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben und unter zusätzlicher Anwendung des § 43a Abs 3 StGB ein Teil der Freiheitsstrafe von 16 Monaten unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehen; der unbedingte Teil beträgt 8 Monate.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
II. beschlossen:
Den Beschwerden wird Folge gegeben und der nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO gefasste Beschluss ersatzlos aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geborene A* jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I.) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II.) sowie des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (III.) schuldig erkannt und unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt. Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wurde vom Widerruf der vom Landesgericht Salzburg gewährten bedingten Strafnachsicht im Verfahren Hv2* abgesehen und gemäß Abs 6 leg.cit. die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
Demnach hat er in B* vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich Kokain, enthaltend 67,63 % Cocain, und Cannabiskraut, enthaltend 0,66 % Delta-9-THC und 8,63 % THCA,
I./ anderen angeboten, und zwar
A./ am 12. August 2020 C* 10.000 Gramm Cannabiskraut zu einem Preis von EUR 4,8 pro Gramm;
B./ am 23. Oktober 2020 einer noch auszuforschenden Person „D*“ 800 Gramm Kokain zu einem Preis von EUR 40.000,00;
II./ anderen 1.980 Gramm Kokain überlassen, und zwar
A./ einer Person namens „D*“
1./ am 14. April 2020 300 Gramm Kokain;
2./ am 24. April 2020 180 Gramm Kokain;
3./ am 22. Juli 2020 1.000 Gramm Kokain;
4./ am 24. September 2020 500 Gramm Kokain;
B./ am 14. September 2020 einem nicht mehr näher feststellbaren Abnehmer 230 Gramm eines nicht mehr näher bestimmbaren Suchtgiftes;
III./ seit einem nicht mehr näher festzustellenden Zeitpunkt bis 20. August 2024, wenn auch nur fahrlässig, eine verbotene Waffe, nämlich einen Schlagring, besessen.
Gegen dieses Urteil richten sich – nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten durch Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 11. Juni 2025, 12 Os 44/25z-4 die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten, die nicht berechtigt sind.
Bei der Strafbemessung werteten die Erstrichter mildernd die vollumfängliche geständige und reumütige Verantwortung sowie den Umstand, dass hinsichtlich der Fakten I./ und II./ Die Voraussetzungen nach §§ 31, 40 StGB im Hinblick auf das Vorurteil des Landesgerichts Salzburg zu Hv2* vorliegen; erschwerend hingegen das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen sowie die einschlägige Vorstrafenbelastung. Das Überschreiten der 25-fachen Grenzmenge wurde im Rahmen des § 32 StGB schuld- aggravierend gewertet.
Zusätzlich erschwerend ist – in Ansehung der verbotenen Waffe – eine Delinquenz während offener Probezeit.
Den Ausführungen des Angeklagten zuwider haben die Erstrichter berücksichtigt, dass der Angeklagte seit 28. Oktober 2020 keine einschlägigen Tathandlungen nach dem Suchtmittelgesetz begangen hat (US 9). Da es sich beim Schlagring um eine verbotene Waffe handelt, sind die Hintergründe für den Besitz nicht von Relevanz. Wie auch der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung festgehalten hat, haben die Erstrichter ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der am 23. Oktober 2020 angebotenen Menge von 800 Gramm Kokain nicht um jene 785,2 Gramm Kokain handelte, die bereits der Verurteilung durch das Landesgericht Salzburg vom 01. März 2021, Hv2*, zugrunde liegen.
Der Staatsanwaltschaft wiederum ist zu entgegnen, dass sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung vollumfänglich schuldig bekannt hatte und die Erstrichter dieses Geständnis als reumütig gewertet haben. Diese geständige Verantwortung des Angeklagten hat das Beweisverfahren in der Hauptverhandlung auch deutlich verkürzt.
Aufgrund des Umstands, dass die (schwere) Suchtmitteldelinquenz des Angeklagten nunmehr nahezu fünf Jahre zurückliegt, ist das von den Erstrichtern ausgemittelt Strafmaß von zwei Jahren Freiheitsstrafe tat- und schuldangemessen und bedarf keiner Korrektur. Bei der vom Angeklagten verhandelten 89-fachen Grenzmenge überschreitenden Suchtgiftmenge bedarf es schon aus generalpräventiven Gründen des Vollzugs eines Teils der Freiheitsstrafe um gleichgelagerter Delinquenz anderer entgegenzuwirken. Der Jahre zurückliegende erfolgreiche Ausstieg aus dem Suchtgifthandel führt zu einer positiven Prognose, sodass ein Teil der Freiheitsstrafe von 16 Monaten unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachzusehen war.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerden sind berechtigt:
Zutreffend führen beide Beschwerdeführer aus, dass die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Probezeit nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO nicht vorliegen:
Nach dem Vollzug des unbedingten Teils der Freiheitsstrafe am 01. März 2021 endete die dreijährige Probezeit im Verfahren Hv2* des Landesgerichts Salzburg am 01. März 2024. Die strafbaren Handlungen zu ./1. und ./2. des Urteilstenors wurden bis 28. Oktober 2020 begangen, jene zu ./3. ab einem nicht mehr näher festzustellenden Zeitpunkt bis zum 20. August 2024. Da nicht mehr festgestellt werden kann, seit wann der Angeklagte die verbotene Waffe besessen hat, steht nicht fest, dass diese strafbare Handlung tatsächlich während der noch laufenden Probezeit begangen wurde.
Der angefochtene Beschluss war daher ersatzlos aufzuheben.