3R56/25p – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht durch Senatspräsident Mag. Hans Peter Frixeder als Vorsitzenden sowie Mag. Carina Habringer-Koller und Dr. Gert Schernthanner in der Rechtssache der Kläger 1. A* B* , geboren am **, und 2. C* B* , geboren am **, beide ohne Angabe von Beschäftigung, D*, **-Straße **, vertreten durch Dr. Claudia Holzmann, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die Beklagte E* m.b.H. , FN **, D*, **straße **, vertreten durch Dr. Michael Dyck und andere Rechtsanwälte in Salzburg, und deren Nebenintervenientin F* GmbH , FN **, **, **straße **, vertreten durch die Hirsch Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Verbesserung (Streitwert EUR 20.000,00) gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 5. März 2025, Cg*-12, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Beklagten und der Nebenintervenientin die mit je EUR 2.442,16 (darin EUR 407,03 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000,00.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
2007 kauften die Kläger von der Beklagten als Bauträgerin die im Objekt EZ **, Grundbuch **, gelegene Erdgeschoß-Wohnung Top 1.
Die Kläger begehren von der Beklagten Mängelbehebung dahin, dass von der im Keller des Hauses (unmittelbar unterhalb ihrer Wohnung befindlichen) Heizungsanlage ausgehende Geräusche und Vibrationen in ihrer Wohnung nicht hör- und spürbar sind. Die Heizungsanlage verursache störende, die zulässigen Grenzwerte und das ortsübliche Maß übersteigende Geräusche. Ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft sei nicht erforderlich, würden doch Ansprüche aus dem individuellen Vertrag mit der Beklagten geltend gemacht. Gemeinschaftsinteressen würden nicht beeinträchtigt, weil nur Maßnahmen gefordert würden, die die allein in ihrer Wohnung wahrnehmbaren Geräusche und Vibrationen auf Kosten der Beklagten beseitigen würden.
Die Beklagte und deren Nebenintervenientin bestritten (unter anderem) die aktive Klagslegitimation der Kläger infolge (unstrittigen) Fehlens eines Mehrheitsbeschlusses der Eigentümergemeinschaft.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab. Es verneinte die aktive Klagslegitimation der Kläger. Es wäre ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft notwendig gewesen, weil Gemeinschaftsinteressen beeinträchtigt werden könnten. Die übrigen Miteigentümer könnten etwa eine Verbesserung durch selbst gewählte Professionisten bevorzugen. Eine bestimmte Verbesserungsmaßnahme könnte zudem andere Nachteile mit sich bringen. Die Mehrheit der Eigentümer könnte sich aufgrund des Alters der Heizungsanlage auch dazu entschließen, die Heizungsanlage zu tauschen und die Kosten der Verbesserung anrechnen zu lassen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Mit ihren Berufungsbeantwortungen streben die Beklagte und ihre Nebenintervenientin die Bestätigung des Ersturteils an.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Verfahrensrüge:
1. Die Kläger monieren die unterlassene Einholung eines Sachverständigengutachtens aus den Fachgebieten Heizungsinstallation und Bauwesen und zudem ihre nicht durchgeführte Einvernahme als Partei. Bei Aufnahme dieser Beweise hätte sich „herausgestellt“, dass nur sie von den Geräuschen betroffen seien und sie ausschließlich einen Verbesserungsanspruch geltend machen würden, sodass keine Gemeinschaftsinteressen beeinträchtigt würden. Die Geräusche und Vibrationen seien nur in ihrer Wohnung hör- und spürbar. Bei 77 Wohneinheiten mit ebenso vielen - nicht betroffenen - Miteigentümern sei aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung nicht davon auszugehen, dass die Eigentümer am Austausch der Heizungsanlage oder an einer Ersatzvornahme durch andere Professionisten interessiert seien. Es käme auch nur Verbesserung in Betracht.
2.1.Verfahrensmängel sind nur dann wahrzunehmen, wenn sie ausdrücklich geltend gemacht wurden und wesentlich sind, also abstrakt geeignet sind, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen (RS0043049; Pimmer in Fasching/Konecny 3§ 496 ZPO Rz 34). Im Rechtsmittel ist die Erheblichkeit des Mangels iSd § 496 Abs 1 Z 2 ZPO darzulegen (4 Ob 157/98m;RS0043049 [T6]; OLG Linz, 3 R 133/18a ua). Der Berufungswerber muss also in der Berufung grundsätzlich behaupten, welche für die Entscheidung des Rechtsfalles relevanten Ergebnisse ohne den Mangel hätten erzielt werden können ( Pimmer in Fasching/Konecny 3IV/1 § 496 ZPO Rz 37).
2.2. Die Kläger haben die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Aktivlegitimation gar nicht beantragt (vgl ON 5, Punkt 1.). Bereits deshalb ist ein Verfahrensmangel insofern zu verneinen.
Auch aus der unterlassenen Einvernahme der Kläger resultiert kein (wesentlicher) Verfahrensmangel. Ob von den von der Heizungsanlage ausgehenden Beeinträchtigungen ausschließlich die Kläger oder auch andere Wohnungseigentümer betroffen sind, ist rechtlich nicht relevant (vgl etwa 5 Ob 251/09m). Dass die Kläger Verbesserung begehren, ergibt sich aus ihrem Klagebegehren.
II. Zur Rechtsrüge
1. Die Kläger verweisen auch in ihrer Rechtsrüge darauf, dass nur sie von den von der Heizungsanlage ausgehenden Geräuschen betroffen seien. Es sei daher nur im Vertragsverhältnis zwischen ihnen und der Beklagten eine Leistungsstörung eingetreten, sodass auch nur sie forderungsberechtigt seien. Dass die übrigen Miteigentümer einen Austausch der Heizung oder eine Verbesserung durch andere Professionisten bevorzugen könnten, sei „weit hergeholt“ und nicht nachvollziehbar. Das Klagebegehren sei ausschließlich auf Verbesserung gerichtet. Eine Wahlmöglichkeit zwischen Verbesserung und Preisminderung stelle sich nicht.
Die Kläger machen auch einen sekundären Feststellungsmangel geltend. Das Erstgericht hätte feststellen müssen, dass sich nur ihre Wohnung direkt über dem Heizungskeller befinde und nur in dieser Geräusche und Vibrationen hör- und spürbar seien, sodass die übrigen Miteigentümer durch diese nicht gestört würden.
2.1.Dem Erwerber eines Wohnungseigentumsobjekts steht die Sachlegitimation zur Geltendmachung der Rechte aus seinem individuellen Vertrag mit dem Bauträger auch dann (allein) zu, wenn die Mängel nicht sein eigenes Wohnungseigentumsobjekt, sondern - wie hier - allgemeine Teile des Hauses betreffen. Nach der ständigen Rechtsprechung können einzelne Wohnungseigentümer solche Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche geltend machen, ohne dass die übrigen Wohnungseigentümer ihre Zustimmung erteilen oder selbst als Kläger auftreten müssen (RS0108157, RS0082907, RS0119208, auch RS0108158). Wenn und soweit das Vorgehen des einzelnen Eigentümers Gemeinschaftsinteressen beeinträchtigen könnte, ist allerdings ein Beschluss der Mehrheit der Gemeinschaftsmitglieder oder eine diesen Mehrheitsbeschluss substituierende Entscheidung des Außerstreitrichters erforderlich (RS0108158, RS0108157 [T3, T6, T7, T10, T14, T16], RS0082907 [T7, T8, T13, T20]). Insbesondere (bereits) die Wahl des Gewährleistungsbehelfs zwischen Verbesserung und Preisminderung oder zwischen Naturalersatz und Geldersatz betreffend allgemeine Teile der Liegenschaft steht nicht dem einzelnen Wohnungseigentümer allein zu, sondern es ist darüber ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft oder eine substituierende Entscheidung des Außerstreitrichters erforderlich (RS0108157 [T7, T13, T14], RS0108158 [T4, T8, T12, T17, T27], RS0082907 [T6, T9, T13, T23]; 5 Ob 251/09m, 6 Ob 235/24p). Die möglicherweise unterschiedlichen Interessen der anderen Wohnungseigentümer können nicht unberücksichtigt bleiben (RS0108158). Am Erfordernis eines Mehrheitsbeschlusses ist auch dann festzuhalten, wenn der Kläger die Gewährleistungsrechte aus seinem individuellen Vertrag mit dem Bauträger geltend macht (RS0108158 [T3]).
Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass und aufgrund welcher Umstände und Erwägungen eine Beeinträchtigung von Interessen der anderen Miteigentümer nicht zu besorgen sei, liegt beim Kläger als einzelnem Mit- und Wohnungseigentümer (5 Ob 21/09p, 1 Ob 136/18h, 6 Ob 235/24p).
2.2.Die Kläger brachten in erster Instanz nur vor, dass Gemeinschaftsinteressen nicht beeinträchtigt würden, weil nur Verbesserungsmaßnahmen gefordert würden, die die in ihrer Wohnung wahrnehmbaren Geräusche und Vibrationen „beseitigen“ würden. Sie allein seien von den Immissionen betroffen. Darauf, ob nur die Kläger und/oder auch andere Wohnungseigentümer von den Immissionen betroffen sind und ob durch eine bestimmte Ausführung von Verbesserungsarbeiten konkrete Interessen einzelner Wohnungseigentümer berührt werden, kommt es aber (wie bereits dargelegt) nicht an (vgl 5 Ob 251/09m). Abgesehen davon haben die Kläger in erster Instanz nicht vorgebracht, dass und aufgrund welcher Umstände und Erwägungen eine Beeinträchtigung von Interessen anderer Miteigentümer nicht zu besorgen sei. Auch die nunmehrige Behauptung, dass nur eine Verbesserung in Betracht käme und die anderen Miteigentümer nach der allgemeinen Lebenserfahrung weder am Austausch der Heizungsanlage noch an einer Ersatzvornahme durch einen anderen Professionisten interessiert seien, war nicht Thema im Verfahren erster Instanz.
Im Übrigen ist das Erstgericht zutreffend davon ausgegangen, dass insbesondere die Wahl des Gewährleistungsbehelfs betreffend allgemeine Teile der Liegenschaft angesichts möglicher Beeinträchtigung von Gemeinschaftsinteressen nicht dem einzelnen Wohnungseigentümer allein zusteht, sondern darüber ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft oder eine substituierende Entscheidung des Außerstreitrichters erforderlich ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen haben die Kläger nicht behauptet. Dass lediglich eine Verbesserung in Betracht käme, haben die Kläger - wie bereits angesprochen - in erster Instanz nicht ins Treffen geführt. In der Berufung wird dies zudem nicht begründet. Es ist auch nicht ersichtlich.
Der von den Klägern angesprochene sekundäre Feststellungsmangel (vgl dazu RS0053317) liegt nicht vor. Dass sich nur die Wohnung der Kläger „direkt über dem Heizungskeller befindet“, ist für die Beurteilung einer möglichen Beeinträchtigung von Gemeinschaftsinteressen ebenso wenig relevant wie der behauptete Umstand, dass die Geräusche und Vibrationen nur für die Kläger wahrnehmbar sind.
Das Erstgericht hat das Verbesserungsbegehren daher zu Recht abgewiesen.
III. Ergebnis, Kosten, Bewertung, Rechtsmittelzulässigkeit
1. Der Berufung war kein Erfolg zuzuerkennen.
2.Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.
3. Bei der Bewertung des Entscheidungsgegenstandes mit EUR 30.000,00 übersteigend berücksichtigte der Senat, dass Verbesserungskosten höher anzusetzen sein könnten als das von den Klägern angegebene Interesse an ihrem Verbesserungsbegehren.
4.Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht von der Lösung erheblicher, im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO qualifizierter Rechtsfragen abhängig war.