2R169/24x – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr. Werner Gratzl und Mag. Christine Mayrhofer in der Insolvenzeröffnungssache der Antragstellerin Österreichische Gesundheitskasse, **straße **, wider die Antragsgegnerin B* , geboren am **, „C*“, **platz **, über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 20. November 2024, GZ1* in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Die Antragsstellerin begehrte mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2024 über das Vermögen der Antragsgegnerin das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Diese schulde laut beiliegendem vollstreckbaren Rückstandsausweis den Betrag von EUR 6.026,27 zuzüglich gesetzlicher Verzugszinsen. Die Beitragsschuld sei trotz mehrmaliger Mahnung und trotz Exekutionsmaßnahmen weiterhin zur Gänze ausständig.
Die amtswegigen Erhebungen des Erstgerichtes ergaben mehr als zehn offene Exekutionsverfahren, wobei sieben Gläubiger Forderungen in Höhe von EUR 12.370,25 betreiben. Ein Vermögensverzeichnis wurde am 25. Februar 2024 abgelegt.
Zu der für den 13. November 2024 anberaumten Einvernehmungstagsatzung erschien niemand. Die Zustellung an die Antragsgegnerin ist durch Hinterlegung zur Abholung ab 23. Oktober 2024 ausgewiesen. Die Antragsstellerin hatte zur Tagsatzung schriftlich bekanntgegeben, dass seit der Konkursantragstellung der Rückstand auf EUR 7.198,54 gestiegen sei. Es seien am 15. Oktober 2024 EUR 19,37 und am 22. Oktober 2024 EUR 15,75 an Zahlungen geleistet worden; eine Ratenvereinbarung sei nicht abgeschlossen worden.
Laut Aktenvermerk des Erstgerichtes vom 15. November 2024 bestehe bei der SVS ein Rückstand in Höhe von EUR 23.960,55. Eine Ratenvereinbarung bestehe nicht. Die Ratenvereinbarung vom 28. Juni 2024 sei wegen Nichteinhaltung am 4. September 2024 beendet worden. Im letzten Halbjahr seien Zahlungen in Höhe von gesamt EUR 882,19 geleistet worden, wobei die letzte Zahlung am 29. Oktober 2024 erfolgt sei.
Nach Aktenvermerk vom 18. November 2024 belaufe sich der aktuelle Rückstand beim Finanzamt auf EUR 10.523,89. Aktuell bestehe keine Ratenvereinbarung. Im Mai 2023 sei eine Ratenvereinbarung abgeschlossen worden, die allerdings nicht eingehalten und daher beendet worden sei. In den letzten sechs Monaten seien Zahlungen in Höhe von gesamt rund EUR 3.800,00, die letzte Zahlung am 18. Oktober 2024, erfolgt.
Mit dem angefochtenen Beschlusserklärte das Erstgericht die Antragsgegnerin für zahlungsunfähig, wies den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin mangels kostendeckenden Vermögens gemäß § 71b IO ab und teilte mit, das Insolvenzverfahren nicht zu eröffnen. In seiner Begründung verwies es darauf, dass die von der Antragstellerin behauptete Forderung durch die dafür angebotene Titelurkunde in Form eines Rückstandsausweises vom 16. Oktober 2024 über EUR 6.026,97, zurückreichend bis Dezember 2023, glaubhaft gemacht worden sei. Die nicht bloß vorübergehende Zahlungsunfähigkeit resultiere aus aktuell 26 aufscheinenden offenen gerichtlichen Exekutionen. Allein aus dem Jahr seien neun Verfahren mit gesamt betriebenen Ansprüchen in Höhe von EUR 11.425,61 (inklusive Räumungsexekution) offen. Zudem sei gegen die Schuldnerin ein Passivprozess über EUR 73,48 anhängig. Zudem verwies es auf die - oben wiedergegebenen - amtswegigen Erhebungsergebnisse. Die Schuldnerin habe sich im Insolvenzeröffnungsverfahren bei Gericht nicht beteiligt. Im Zuge des Exekutionsverfahrens GZ2* des Bezirksgerichtes Urfahr habe sie am 25. Februar 2024 ein Vermögensverzeichnis abgelegt. Aus diesem ergebe sich, dass sie selbstständig im Bereich Fußpflege tätig sei und kein Einkommen bezogen habe. Ihr Konto weise einen Stand von EUR 4.000,00 im Soll auf; außer einem Pkw der Marke VW-Polo, Baujahr 2014 sei kein werthaltiges Vermögen vorhanden gewesen, auch keine Forderungen gegenüber Kunden. Der aktuelle Rückstand bei den Gläubigern der öffentlichen Hand, die offenen Exekutionsverfahren sowie das zuletzt abgegebene Vermögensverzeichnis ließen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass tatsächlich Insolvenz gegeben sei und auch der Kostenvorschuss für die Insolvenzeröffnung nicht aufgebracht werden könne. Anfechtungsvolumen bei den Gläubigern der öffentlichen Hand sei gesichert nicht gegeben. Die antragstellende Gläubigerin sei zum Erlag eines Kostenvorschusses nicht bereit gewesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragsgegnerin mit dem erkennbaren Antrag, den Insolvenzantrag abzuweisen. Sie macht geltend, sie habe bis heute den Brief der Ladung nicht erhalten, die Post habe für sie keine Verständigung hinterlegt, um so den Brief des Gerichtes abholen (zu können). Die Ratenzahlung der Rückstände bei der Antragstellerin würde weiterlaufen. Es seien falsche Tatsachen festgestellt worden, da sie zahlungsfähig sei. Es starte das Weihnachtsgeschäft.
Die Antragsstellerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Entgegen dem Rekursvorbringen bestehe seit 1. August 2024 keine Ratenvereinbarung mehr. Es sei nach dem angefochtenen Beschluss ein neuerliches Ratenansuchen eingebracht worden, das aber abgelehnt worden sei. Seit der letzten Mitteilung seien zwei Zahlungen von insgesamt EUR 65,18 geleistet worden und betrage der ausgewiesene Rückstand fast unverändert EUR 7.171,57. Der weitere und bereits fällige Beitrag für den Beitragszeitraum 10/2024 sei noch nicht mitberücksichtigt.
Aufgrund des Rekursvorbringens wurde dem Erstgericht mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz vom 11. Dezember 2024 aufgetragen, durch geeignete Erhebungen zu überprüfen, inwieweit der Zustellvorgang betreffend den Antrag auf Insolvenzeröffnung und die Ladung der Antragsgegnerin zur Einvernahmetagsatzung rechtswirksam erfolgt sei. Die Erhebungsergebnisse lassen sich dahin zusammenfassen, dass der gegenständliche Rückschein am 22. Oktober 2024 ordnungsgemäß hinterlegt und die Verständigung der Hinterlegung korrekt in die Abgabeeinrichtung **platz ** geworfen worden sei. Es gebe über keine Auffälligkeiten zu berichten. Es handle sich um einen sehr zuverlässigen und ordentlichen Zusteller, der seit 23 Jahren bei der Österreichischen Post beschäftigt sei.
Diese Erhebungsergebnisse wurden der Antragsgegnerin durch persönliche Zustellung zur Kenntnis gebracht. Sie wurde auf ihre Möglichkeit hingewiesen, binnen 14 Tagen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Eine solche ist jedoch unterblieben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Was den behaupteten Zustellmangel betrifft, ist auf die unwidersprochen gebliebenen Erhebungsergebnisse des Erstgerichtes bei der Österreichischen Post zu verweisen. Demnach ist die Verständigung der Antragsgegnerin gemäß § 17 Abs 2 ZustG ordnungsgemäß erfolgt. Die Hinterlegung der an die Antragsgegnerin gerichteten Sendung (Antrag auf Insolvenzeröffnung und Ladung zur Einvernahmetagsatzung) ist daher wirksam erfolgt.
Die Antragsgegnerin hat die Einvernahmetagsatzung insofern unentschuldigt unbesucht gelassen. Daher ist davon auszugehen, dass die Frage der Zahlungs(un)fähigkeit vom Rekursgericht grundsätzlich nur auf Basis der bei erstinstanzlicher Beschlussfassung gegebenen Aktenlage geprüft werden kann. Nach § 259 Abs 2 IO können nämlich Anträge, Erklärungen und Einwendungen, zu deren Anbringung eine Tagsatzung bestimmt ist, von den nicht erschienenen, gehörig geladenen Personen nachträglich nicht mehr vorgebracht werden. Somit ist es der Antragsgegnerin verwehrt, im Rekurs gegen die Entscheidung über den Insolvenzeröffnungsantrag Neuerungen – insbesondere solche betreffend die Tatfrage ihrer Zahlungs-(un)fähigkeit – vorzubringen, wenn sie der Ladung zur Tagsatzung über den Konkursantrag bzw zu ihrer Vernehmung keine Folge geleistet hat (Mohr, IO [2012], § 70 E 212 und § 71c E 14; OLG Linz 8.10.2013, 2 R 158/13p; 21.8.2014, 2 R 133/14p uva; OLG Graz 3 R 154/14p, ZIK 2015/37; RIS-Justiz RS0110967 T6 und RS0115313).
Worin die unrichtigen Feststellungen des Erstgerichtes liegen sollen, lässt die Rekurswerberin in ihrem Rechtsmittel unerörtert. Aufgrund der bei erstinstanzlicher Beschlussfassung gegebenen Aktenlage ist zweifellos von der Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin auszugehen. Darauf weisen nicht nur die zahlreichen Exekutionen, sondern auch das von ihr unterfertigte Vermögensverzeichnis hin. Aus diesen Gründen besteht auch am Fehlen von kostendeckendem Vermögen kein Zweifel. Der Rekurs bleibt erfolglos.
Der Revisionsrekurs ist gemäß §§ 252 IO iVm 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.