JudikaturOLG Linz

2R3/25m – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
15. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr. Werner Gratzl und Mag. Christine Mayrhofer in der Insolvenzsache des Schuldners A*, geboren am **, Fleischhändler, **, **, nunmehr ** Straße **, **, vertreten durch die Rechtsanwalt Dr. Gahleitner Partner OG in Wien (Insolvenzverwalter: Dr. B*, Rechtsanwalt in C*), über die Rekurse des Schuldners gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 10. Dezember 2024, S*-23, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Die Rekurse werden zurückgewiesen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000,00.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 5. September 2024 eröffnete das Erstgericht das Konkursverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte Dr. B*, Rechtsanwalt in C*, zum Masseverwalter.

Der vom Schuldner dagegen erhobene Rekurs wurde zurückgewiesen. Er hatte darin ausschließlich die sachliche und örtliche Unzuständigkeit des Erstgerichtes geltend gemacht sowie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des nachfolgenden Verfahrens einschließlich der Bestellung eines Insolvenzverwalters samt Überweisung der Insolvenzsache an das zuständige Gericht beantragt. Er hatte argumentiert, über keine Gewerbeberechtigung zu verfügen und auch nicht selbständiger Fleischhändler zu sein, sondern bloß Angestellter. Auch habe eine freiberufliche Tätigkeit nicht vorgelegen und stammten Verbindlichkeiten nicht aus dem Betrieb eines Unternehmens, das er zum Zeitpunkt der Antragstellung betrieben habe.

Das Rekursgericht erblickte im Eröffnungsbeschluss eine nach § 45 JN die sachliche Zuständigkeit bejahende Entscheidung, die nicht weiter bekämpfbar sei. Soweit der Rekurs die sachliche Unzuständigkeit argumentiere, erweise er sich daher als unzulässig; der zur örtlichen Unzuständigkeit inhaltsleer gebliebene Rekurs sei wie der Rekurs insgesamt zurückzuweisen.

In der Berichtstagsatzung verwies der Masseverwalter unter Hinweis auf einen beigeschafften Kooperationsvertrag, abgeschlossen zwischen dem Schuldner und drei weiteren Gesellschaften, auf eine unternehmerische Tätigkeit des Schuldners. Danach sei der Schuldner Leistungserbringer und auch Gegenleistungsbezieher gewesen. Eine Gesellschaft habe diesen Kooperationsvertrag bereits aufgekündigt. Der Masseverwalter beantragte die Schließung des Unternehmens und verwies darauf, dass die Wiedereröffnung zu einem weiteren Ausfall für die Gläubiger führen würde und nicht einmal die Masseforderungen bedient werden könnten. Es bestehe nach wie vor Masseunzulänglichkeit.

Der Schuldner nahm dazu insofern Stellung, als für ihn völlig unklar bleibe, welches Unternehmen der Masseverwalter schließen wolle und ebenso, auf welche Weise dies bewerkstelligt werden solle. Es existiere schlicht kein vom Schuldner betriebenes Unternehmen. Auf die Insolvenz des Schuldners seien vielmehr die Vorschriften über das Schuldenregulierungsverfahren anzuwenden. Indem nicht erfindlich sei, worauf der Schließungsantrag des Masseverwalters eigentlich abziele, könne inhaltlich zum Schließungsantrag nicht Stellung genommen werden.

Der Masseverwalter replizierte, zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung habe der Schuldner aufgrund der Kooperationsvereinbarung mit einer Gesellschaft ein Unternehmen betrieben.

Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Erstgericht die sofortige Schließung des Unternehmens des Schuldners. In seiner Begründung verwies es auf einen am 08.09.2023 zwischen dem Schuldner und drei Gesellschaften sowie einer weiteren Person abgeschlossenen Kooperationsvertrag. Darin habe sich der Schuldner persönlich zur europaweiten Vermarktung bzw Alleinvermarktung der im Vertrag angeführten Produkte verpflichtet. Für die Dauer der Gültigkeit dieser Vereinbarung sei dem Schuldner aus dem Vertrag ein Provisionsanspruch zugestanden, und zwar für jene Umsätze, die die andere Person mit Bestandkunden oder Neukunden, mit oder ohne Zutun des Schuldners, erzielt habe. Das Vertragsverhältnis sei bis Ende September 2024, somit bis nach Eröffnung des Konkursverfahrens aufrecht gewesen. Dass der Schuldner auch noch nach Eröffnung des Konkursverfahrens unternehmerisch tätig gewesen sei, ergebe sich daraus, dass dieser den Kooperationsvertrag trotz Konkursverfahrens selbständig beendet habe. Eine Wiedereröffnung oder Fortführung des Unternehmens würde zu einer Erhöhung des Ausfalls führen, den die Gläubiger erleiden würden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der erste – zunächst als solcher gegen den Eröffnungsbeschluss bezeichnete – Rekurs des Schuldners. Er beantragt darin die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie das diesem folgende Verfahren einschließlich der Bestellung eines Insolvenzverwalters; weiters möge das Erstgericht für unzuständig erkannt und die Insolvenzsache gemäß § 182 Abs 2 IO bzw § 44 JN an das zuständige Gericht zur Abführung eines Schuldenregulierungsverfahrens überwiesen werden.

Weiters brachte der Schuldner am darauf folgenden Tag einen weiteren – gleichlautenden - Rekurs ein, der sich vom ersteren lediglich durch die Weglassung der im Rubrum ersichtlichen Bezeichnung „gegen den Eröffnungsbeschluss“ unterscheidet. In beiden Rekursen lautet die Anfechtungserklärung als gegen den Beschluss der Schließung des Unternehmens des Schuldners vom 10.12.2024 (ON 23) gerichtet.

Der Masseverwalter hat eine Rekursbeantwortung erstattet, in der er beantragt, den angefochtenen Beschluss zu bestätigen.

Beide Rekurse sind zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Dem ersten Rekurs fehlt es an der für ein Rechtsmittel notwendigen Voraussetzung der Beschwer (RIS-Justiz RS 0043815), der zweite Rekurs widersetzt sich dem im Rechtsmittelverfahren geltenden Einmaligkeitsgrundsatz (RS0041666).

Was den ersten Rekurs betrifft, geht der Schuldner davon aus, er betreibe kein Unternehmen und habe auch zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung kein Unternehmen betrieben. Wenn nun der angefochtene Beschluss darauf lautet, die Schließung des schuldnerischen Unternehmens werde bewilligt, ist kein Umstand zu sehen, der einen Nachteil für den Schuldner begründen könnte. Wenn damit ein nach Ansicht des Schuldners ohnehin nicht existentes Unternehmen geschlossen werden soll, gingen die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses ins Leere. Damit fehlt es den inhaltlichen Ausführungen des Schuldners an der für einen zulässigen Rekurs nötigen Beschwer.

Abgesehen davon ignoriert der Schuldner mit seiner neuerlichen Kritik an der sachlichen Zuständigkeit des Landesgerichtes die Rechtskraftwirkung des Eröffnungsbeschlusses. Den Beschluss des Rekursgerichtes, mit dem sein gegen die Konkurseröffnung erhobener Rekurs vor allem wegen § 45 JN zurückgewiesen wurde, ließ er unbekämpft. Ungeachtet einer späteren Sachverhaltsänderung bleibt das Gericht für das weitere Verfahren zuständig (perpetuatio fori) (Schuhmacher in KLS, IO 2 , § 63 Rz 55). Der Rekurs ist daher auch aus formeller Sicht, weil er neuerlich die bereits bejahte sachliche Zuständigkeit des Insolvenzgerichtes angreift, unzulässig und auch aus diesem Grund zurückzuweisen.

Was den zweiten Rekurs betrifft, wurde schon gesagt, dass er gegen den Grundsatz der Einmaligkeit verstößt und schon aus diesem Grund als unzulässig zu beurteilen ist.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 181 IO, wenn der Schuldner eine natürliche Person ist, die Bestimmungen des ordentlichen Verfahrens mit den in den §§ 182 bis 216 festgelegten Besonderheiten gelten. Es kommen daher auch die Entschuldungsmöglichkeiten (Zahlungsplan und Abschöpfungsverfahren) für Unternehmer zur Anwendung (Blatt in KLS, IO 2, § 181 IO Rz 2).

Aufgrund der Forderungsanmeldungen war der Wert des Streitgegenstands mit EUR 30.000,00 übersteigend zu bewerten.

Der ordentliche Revisionsrekurs gemäß §§ 252 IO iVm 528 Abs 1 ZPO war nicht zuzulassen, weil einerseits zu den Fragen der Beschwer und zum Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung besteht und zum anderen die Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend waren.