11Bs167/25h – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Hagen und Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A* B*wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 31.3.2025, GZ **-85, nach der am 5.8.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp in Mag. a Egger, des Sitzungsvertreters der Oberstaatsanwaltschaft OStA Mag. Willam, des Angeklagten und seines Verteidigers RA Mag. Simon Strasser (für RA Dr. Michael Hohenauer) öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpfte Adhäsionserkenntnisse sowie einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch von einem weiteren Anklagevorwurf enthält, wurde der am ** geborene A* B* des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (zu I.), des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (zu II.), des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (zu III.) und des Vergehens der Bestimmung zur falschen Beweisaussage nach (richtig:) §§ 15, 12 zweiter Fall, 288 Abs 1 und 4 StGB (zu IV.) schuldig erkannt.
Danach hat er „ in **
I.
zu einem nicht mehr konkret feststellbaren Zeitpunkt im Winter 2023 C* D* mit dem Tode einer ihm nahestehenden Person gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er diesen anrief, nach dem Aufenthaltsort seines Bruders E* D* fragte und sodann aggressiv schreiend äußerte, dass er diesen finden, dann sinngemäß zwischen zwei Autos festbinden und sodann auseinander fahren werde,
II.
am 04.08.2024 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten F* B*, G* B* und H* den E* D* absichtlich schwer am Körper verletzt und zentrolaterale Mittelgesichtsfrakturen, eine Nasenbeinfraktur rechts, Quetschrissverletzungen an der Stirn, der rechten Wange, unterhalb des linken Auges sowie in der Hinterkopfregion, multiple Schnittwunden an der rechten Brustkorbrückseite, der Sprunggelenks- und Unterschenkelregion links, der Knie- und Unterschenkelregion rechts und eine Stichverletzung im Bereich der linken Gesäßhälfte und somit an sich schwere und mit mehr als vierundzwanzig Tage dauernder Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit verbundene Verletzungen zugefügt, indem F* B* dem E* D* mit einem Hammer einen wuchtigen Schlag gegen den Hinterkopf versetzte, wodurch der Geschädigte sogleich zu Boden ging, und er ihm sodann weiterhin Schläge, teils mit Gläsern, und auch Tritte versetzte, welche fortdauernden Attacken nur durch die hinzueilende I*, die ihm (F* B*) mit einer Bierflasche einen wuchtigen Schlag gegen die Hinterkopf versetzte, beendet werden konnten, G* B* und A* B* dem am Boden liegenden E* D* weitere Schläge mit einem Hammer, teils auch mit Gläsern, sowie Tritte versetzten, wobei ein weiterer wuchtiger, mit über dem Kopf erhobenem Arm mit dem Hammer auszuführender versuchter Schlag des A* B* nur durch das Eingreifen des J* verhindert werden konnte und schließlich H* dem am Boden liegenden E* D* mehrere wuchtige Faustschläge ins Gesicht und Fußtritte versetzte und nur durch das Eingreifen des dem Verletzten zu Hilfe eilenden K* von weiteren Attacken abgehalten werden konnte,
III.
am 04.08.2024 den K* durch Versetzen eines Faustschlages in das Gesicht, wodurch dieser eine Kopfprellung erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt,
I V.
am 05.08.2024 die I* dadurch, indem er ihr das Protokoll seiner Einvernahme als Beschuldigter zeigte und sie aufforderte, dieses zu fotografieren und bei ihrer eigenen polizeilichen Einvernahme „genau das Gleiche auszusagen“, zu einer falschen Beweisaussage vor der Kriminalpolizei in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung zu bestimmen versucht .“
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten in Anwendung der §§ 28 Abs 1 und (richtig:) § 39a Abs 2 Z 4 (iVm Abs 1 Z 3, 4 und 5) StGB nach § 87 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, rechnete darauf gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB die erlittenen Vorhaftzeiten aktenkonform an und verurteilte ihn gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens.
Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht mildernd, dass der Angeklagte bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt habe und die Taten mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stünden, den Umstand, dass eine Tat beim Versuch geblieben sei, das teilweise Geständnis (zu Schuldspruch III.) sowie die am 4.8.2024 eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit aufgrund der Alkoholisierung; erschwerend hingegen das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit drei Vergehen, das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 39a Abs 1 Z 3, Z 4 und Z 5 StGB, die Tatbegehung zu II. gemeinsam mit Mittätern und unter Einsatz einer Waffe (§ 33 Abs 2 Z 6 StGB) sowie eines außergewöhnlich hohen Ausmaßes an Gewalt (§ 33 Abs 2 Z 5 StGB), die dreifache Qualifikation der von E* D* erlittenen Verletzungen (an sich schwer, länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit) sowie die Tatbegehung zu IV. während eines anhängigen Verfahrens.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte unter Behauptung, dass die vom Schöffengericht vorgenommene Strafbemessung verfehlt sei und die verhängte Freiheitsstrafe weder der persönlichen Täterschuld noch dem Unwert der verschuldeten Taten entspreche sowie darüber hinaus die Milderungs- und Erschwerungsgründe unrichtig erfasst und gewichtet worden seien, die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an (ON 89).
Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Gegenausführungen zum Rechtsmittel des Angeklagten (siehe Vermerk bei ON 1.36).
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer Stellungnahme den Standpunkt, dass der Berufung nicht Folge zu geben sein werde.
Rechtliche Beurteilung
Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.
Im Hinblick auf die konstatierten massiven körperlichen Attacken des Angeklagten und seiner Mittäter mit Waffen (Hammer, Flaschen und Gläser) auch gegen empfindliche und besonders anfällige Körperregionen wie den Kopf, zum Teil als das Opfer bereits bewusstlos am Boden lag, ist das Schöffengericht zu Recht von einer Erhöhung der Strafuntergrenze des § 87 Abs 1 StGB auf zwei Jahre Freiheitsstrafe ausgegangen (§ 39a Abs 2 Z 4 [iVm Abs 1 Z 3, 4 und 5] StGB). Zudem hat das Schöffengericht der Berufung zuwider die besonderen Erschwerungsgründe nach § 33 Abs 2 Z 5 und 6 StGB berechtigterweise herangezogen und auch die Mittäterschaft zu Recht als aggravierend gewertet. Da weder der Einsatz eines außergewöhnlich hohen Ausmaßes an Gewalt noch die Verwendung einer Waffe oder die Begehung mit Mittätern subsumtionsrelevant sind, verstößt deren aggravierende Wertung trotz Anhebung der Mindeststrafdrohung in Anwendung des § 39a Abs 2 Z 4 (iVm Abs 1 Z 3, 4 und 5) StGB nicht gegen das Doppelverwertungsverbot des § 32 Abs 2 erster Satz StGB (vgl 7 Bs 98/23d mit ausführlicher Begründung uwN). Zu Recht zeigt allerdings die Oberstaatsanwaltschaft auf, dass „das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 39a Abs 1 Z 3, Z 4 und Z 5 StGB“ nicht auch noch zusätzlich als Erschwerungsgrund zu berücksichtigen ist.
Insofern der Berufungswerber einen weiteren Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot darin sieht, dass die Schwere der von E* D* erlittenen Verletzungen zwangsläufig mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit verbunden ist, ist ihm zu entgegnen, dass die aggravierende Berücksichtigung des dreifachen Erfolgseintritts nicht gegen das Doppelverwertungsverbot verstößt (RIS-Justiz RS0130193; 15 Os 159/24g [Rz 8]).
Dass der besondere Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 19 StGB fallaktuell nicht zum Tragen kommt, wird im Rechtsmittel eingeräumt. Warum jedoch der Verlust der wirtschaftlichen Existenz und der damit einhergehenden massiven psychischen Belastung nicht nur beim Berufungswerber, sondern auch bei seiner einkommenslosen Ehegattin und den drei Kindern als Folge der Taten im Rahmen der allgemeinen Strafbemessungsgrundsätze mildernd zu werten gewesen wäre, vermag das weitere Vorbringen nicht aufzuzeigen.
Der Milderungsgrund des bisher ordentlichen Lebenswandels und der Umstand, dass die Taten mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stehen, wurde vom Schöffengericht bereits in Anschlag gebracht und auch ausreichend gewichtet.
Dass der Berufungswerber bereits seit 26.9.2024 in Untersuchungshaft ist und aus diesem Grund eine geringere Freiheitsstrafe ausreichend wäre, um ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten, ist kein bei der Strafbemessung im engeren Sinn als mildernd zu beachtender Umstand, ebenso wenig der vorgelegte Führungs- und Arbeitsbericht der Justizanstalt Innsbruck vom 30.6.2025. Soweit er zudem ins Treffen führt, dass er ein 13-monatiges Kind habe, für das er sorgen wolle, ist ihm zu entgegnen, dass er bereits zum Tatzeitpunkt Familienvater war, was aber nicht tatabhaltend wirkte.
Auf der mildernden Seite ist aufgrund des vorgelegten Zahlungsnachweises vom 16.7.2025 nunmehr zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Angeklagte EUR 400,00 an den Privatbeteiligten K* und EUR 3.000,00 an E* D* überwiesen hat, sodass von einer entsprechenden (Teil-)Schadensgutmachung auszugehen ist. Eine Wiedergutmachung kann auch noch während des Verfahrens und sogar noch im Rechtsmittelverfahren mit strafmildernder Wirkung erfolgen ( Riffel in Höpfel/Ratz, WK² StGB § 34 Rz 34). Dass er zudem beabsichtige, weitere monatliche Zahlungen in Höhe von EUR 1.000,00 auf Grund des rechtskräftigen Teilschmerzengeldzuspruchs (von insgesamt EUR 10.000,--) an E* D* zu tätigen, stellt hingegen keinen Milderungsgrund dar, da die bloße Bereitschaft zur Schadensgutmachung nicht mildernd ist (RIS-Justiz RS0091325, RS0091354).
Darüber hinausgehend zeigt der Berufungswerber keine weiteren Milderungsgründe auf und ergeben sich solche auch nicht aus dem Akt.
Trotz der zugunsten des Angeklagten korrigierten und ergänzten Strafzumessungsgründe erweist sich unter weiterer Beachtung allgemeiner Strafbemessungsgrundsätze des § 32 StGB und auf Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) unter Berücksichtigung des Handlungs-, Gesinnungs- und Erfolgsunwerts der Taten die innerhalb der Strafbefugnis von zwei bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verhängte Freiheitsstrafe von vier Jahren der Berufung - die im Übrigen wiederholt übersieht, dass dem Schuldspruch nicht nur die Tat zum Schuldspruch II. zugrunde liegt - zuwider nicht als „deutlich überhöht“, sondern als tat- und schuldangemessen, weshalb sie einer Herabsetzung nicht zugänglich ist.
Eine – vom Berufungswerber ohnehin nicht angestrebte – (teil-)bedingte Strafnachsicht wäre nur in Anwendung des § 41 Abs 3 StGB zulässig, scheitert aber schon daran, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen.
Die Berufung blieb sohin erfolglos.
Die Kostenentscheidung ist Folge des Ausgangs des Berufungsverfahrens. Sie gründet in der angeführten Gesetzesstelle.