11Bs138/25v – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch die Richterin Mag. a Hagen als Vorsitzende sowie den Senatspräsidenten Mag. Dampf und die Richterin Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 3 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten wegen der Aussprüche über die Schuld und Strafe gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 14.3.2025, GZ **-12, sowie dessen Beschwerde gegen den unter einem ergangenen Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach der am 5.8.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. a Egger, des Sitzungsvertreters der Oberstaatsanwaltschaft OStA Mag. Willam, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
II. beschlossen:
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geborene A* jeweils eines Vergehens des Diebstahls „, teils“ durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 3 StGB (1.) sowie des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1 StGB (2.) schuldig erkannt.
Danach hat er am „ 30.12.2024 in **
1. dem B* eine fremde bewegliche Sache, zu 1.2 durch Öffnen einer Sperrvorrichtung mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel unter Einsatz der unter Punkt 1.1 angeführten entfremdeten Bankomatkarte ([US 5] mittels kontaktloser Bezahlfunktion) , mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er
[1.] 1. die Geldtasche des B* samt Inhalt, insbesondere Bargeld in Höhe von EUR 5,00 „sowie dessen Bankomatkarte“, während einer gemeinsamen Busfahrt unbemerkt an sich nahm;
[1.] 2. in zwei Angriffen die elektronische Sperre des Zigarettenautomaten der C* überwand und die ausgegebene Tabakwaren im Wert von insgesamt EUR 13,00 wegnahm;
2. mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte (vgl aber zutreffend US 5: B*) dadurch am Vermögen geschädigt, dass er das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung durch Eingabe, Veränderung, Löschung oder Unterdrückung von Daten oder sonst durch Einwirkung auf den Ablauf des Verarbeitungsvorgangs beeinflusste, indem er im Supermarkt „D*“ Lebensmittel im Wert von gesamt EUR 4,12 mittels NFC-Funktion mit der unter 1.1 angeführten Bankomatkarte bezahlte .“
Hiefür wurde er in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 129 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, wovon gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil von sechs Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 20 Abs 3 StGB wurde ein Geldbetrag von EUR 22,12 für verfallen erklärt. Mit gleichzeitig ergangenem Beschluss wurde die dem Angeklagten zu E* des Landesgerichts Feldkirch gewährte bedingte Strafnachsicht (drei Monate Freiheitsstrafe) widerrufen.
Gegen das Urteil und den Beschluss richten sich die vom Angeklagten in der Hauptverhandlung rechtzeitig angemeldeten Rechtsmittel der Berufung wegen der Aussprüche über die Schuld und die Strafe sowie der Beschwerde, welche er in weiterer Folge jedoch schriftlich nicht ausführte.
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer Stellungnahme den Standpunkt, dass den Rechtsmitteln keine Folge zu geben sein werde. Der Angeklagte brachte hiezu keine Gegenäußerung ein.
Rechtliche Beurteilung
Den Rechtsmitteln kommt keine Berechtigung zu.
Zur Berufung:
Aufgrund der nicht ausgeführten Schuldberufung unterzog das Oberlandesgericht die den Schuldsprüchen zugrunde liegenden entscheidenden Sachverhaltsannahmen einer Überprüfung anhand des Akteninhalts. Diese ergab keine Bedenken an der erstrichterlichen Beweiswürdigung und damit auch nicht an der Richtigkeit der entscheidenden Sachverhaltsannahmen. Das Erstgericht begründete überzeugend, weshalb es der Verantwortung des Angeklagten, der zum einen die subjektive Tatseite bestritt und zum anderen leugnete, die Geldtasche dem B* und insbesondere das Bargeld daraus weggenommen zu haben, demgegenüber behauptete, die Geldtasche am Boden im Bus gefunden zu haben und darüber hinaus erklärte, er sei davon ausgegangen, dass das Opfer mit der Verwendung der Bankomatkarte einverstanden gewesen sei, mit Blick auf die Ermittlungsergebnisse der Kriminalpolizei, dabei insbesondere die Angaben des Opfers B*, nicht zu folgen vermochte, sondern vielmehr von der Schuld des Angeklagten überzeugt war. Das Oberlandesgericht teilt diese Beweiswürdigung ausdrücklich, weshalb es bei den entscheidenden Sachverhaltsannahmen zu bleiben hatte.
Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei angemerkt, dass dem angefochtenen Urteil mehrere Subsumtionsfehler anhaften. Zutreffend zeigt zunächst die Oberstaatsanwaltschaft auf, dass die Dateneingabe zum Schuldspruch 2. nach den Urteilsannahmen (US 4 und 5) unrechtmäßig im Sinne des § 148a Abs 3 StGB erfolgte ( Klaus Schwaighofer , Zum Bezahlen an Bankomatkassen mit einer fremden Karte, ÖJZ 2022/154; Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 15§ 148a Rz 3/1). Darüber hinaus ist eine Bankomatkarte (wie hier) ohne aufgeladene Quick-Chip-Funktion kein selbständiger Wertträger und damit kein taugliches Objekt eines Diebstahls (RIS-Justiz RS0124920, RS0093730; zum Wegfall eines Beutestücks vgl RIS-Justiz RS0118720 [T3]). Des Weiteren konstatierte das Erstgericht zur Bankomatkarte aber auch (US 4), dass es der Angeklagte bei der Wegnahme der Geldtasche ernstlich für möglich hielt und es billigend in Kauf nahm, dass sich in der weggenommenen Geldtasche auch eine Bankomatkarte befindet, über die er nicht verfügen darf und er wusste, dass es sich bei der Bankomatkarte um ein unbares Zahlungsmittel handelt und er es ernsthaft für möglich hielt und sich damit abfand, dass er durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde. Ausgehend davon hätte der Angeklagte aber in echter Konkurrenz auch das Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 erster Satz StGB verwirklicht (RIS-Justiz RS0119780). Da sich diese Subsumtionsfehler aber nicht zum Nachteil des Angeklagten auswirkten, hatte es mit diesen Anmerkungen sein Bewenden.
Zur Strafberufung:
Bei der Strafbemessung berücksichtigte das Erstgericht mildernd das Nachtatverhalten des Angeklagten, der nach den unrechtmäßigen Verwendungen der Bankomatkarte die Geldtasche samt der Bankomatkarte bei der Polizei abgab; erschwerend hingegen zwei einschlägige Vorstrafen (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB), das Zusammentreffen von zwei Vergehen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), den raschen Rückfall nicht einmal vier Wochen nach der letzten einschlägigen Verurteilung zu E* des Landesgerichts Feldkirch sowie die Tatbegehung(en) während aufrechter Probezeit.
Zutreffend zeigt die Oberstaatsanwaltschaft auf, dass auf der aggravierenden Seite die Tatwiederholung beim Diebstahl unberücksichtigt blieb.
Ausgehend von diesen leicht zu Lasten des Angeklagten ergänzten, ansonsten zutreffenden und vollständigen Strafzumessungsgründen des Erstgerichts sowie unter weiterer Berücksichtigung allgemeiner Strafbemessungsgrundsätze nach § 32 StGB und der Strafbefugnis (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren) ist die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe von neun Monaten schuld- und tatangemessen und daher einer Herabsetzung nicht zugänglich.
Den Angeklagten konnten bis dato weder Geldstrafen noch zuletzt eine Strafenkombination nach § 43a Abs 2 StGB von einschlägiger Delinquenz abhalten, weshalb die Nichtanwendung der §§ 37 Abs 1, 43 Abs 1 und 43a Abs 2 StGB durch das Erstgericht nicht zu beanstanden ist. Indem das Erstgericht trotz der einschlägigen Vorstrafenbelastung und dem äußerst raschen einschlägigen Rückfall innerhalb der Probezeit zu E* des Landesgerichts Feldkirch einen Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von sechs Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah (§ 43a Abs 3 StGB), ist der Berufungswerber dadurch keinesfalls beschwert.
Auch das Wertersatzverfallserkenntnis (§ 20 Abs 3 StGB) begegnet mit Blick auf die unbedenklichen Feststellungen zu den erlangten Vermögenswerten keinen Bedenken.
Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung ist Folge des Ausgangs des Berufungsverfahrens. Sie gründet in der angeführten Gesetzesstelle.
Zur Beschwerde:
Zutreffend führte bereits das Erstgericht aus, dass die einschlägige Vorstrafenbelastung und der nunmehr äußert rasche einschlägige Rückfall nicht einmal vier Wochen nach der letzten Verurteilung spezialpräventiv den Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu E* des Landesgerichts Feldkirch betreffend die dreimonatige Freiheitsstrafe der Strafenkombination (§ 43a Abs 2 StGB) zusätzlich zur nunmehr verhängten Freiheitsstrafe erfordert, um den Angeklagten in Hinkunft von der Begehung weiterer, insbesondere gegen fremdes Vermögen gerichteter strafbarer Handlungen abzuhalten.
Demzufolge musste auch die Beschwerde erfolglos bleiben.