7Bs93/25x – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Knapp, LL.M., als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Offer und Mag. a Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Finanzstrafsache gegen den Erstangeklagten A* und den Zweitangeklagten B* wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1 lit a FinStrG über die Berufungen der beiden Angeklagten und der Staatsanwaltschaft Feldkirch jeweils wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 12.11.2024, GZ **-14, nach der am 22.5.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. a Fuchs, der Sitzungsvertreterin der Oberstaatsanwaltschaft OStA Mag. Draschl, des Privatbeteiligtenvertreters Mag. Harald Zlimnig für das Zollamt Österreich als Finanzstrafbehörde, des Erstangeklagten A*, des Zweitangeklagten B* sowie ihres Verteidigers RA Mag. German Bertsch öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Den Berufungen wird n i c h t Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe :
Text
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geborene Erstangeklagte A* und der ** geborene Zweitangeklagte B* jeweils eines Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt.
Danach haben am 30.6.2023 im Bereich des Zollamts Österreich vorsätzlich
1. A* eine eingangsabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht (und der zollamtlichen Überwachung entzogen), indem er einen LKW mit einem Zollwert von EUR 220.304,15, auf den Zoll in der Höhe von EUR 48.466,91 und Einfuhrumsatzsteuer in der Höhe von EUR 53.754,21 entfielen (US 6) von der Schweiz nach Österreich lenkte und – trotz des Hinweises von Zollbeamten, dass er „keine ausreichenden Papiere habe“ (US 5) – seiner Gestellungspflicht nicht nachkam, sondern weiterfuhr, sowie
2. B* A* zu diesem Finanzvergehen (1.) bestimmt (§ 11 zweiter Fall FinStrG), indem er ihn telefonisch anwies, „einfach weiterzufahren“.
Hiefür verhängte der Schöffensenat „in Anwendung des § 21 FinStrG“ nach § 35 Abs 4 FinStrG über den Erstangeklagten eine Geldstrafe von EUR 44.000,--und über den Zweitangeklagten eine Geldstrafe von EUR 50.000,--, bestimmte bei beiden Angeklagten im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe mit vier Monaten, verurteilte sie zu je einer Wertersatzstrafe von EUR 10.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall zu einer an deren Stelle tretender Ersatzfreiheitstrafe von jeweils einem Monat, sah bei beiden Angeklagten jeweils die Hälfte der ausgesprochenen Geldstrafen und bei der Wertersatzstrafe einen Betrag von EUR 7.500,-- jeweils unter Bestimmung der Probezeit von drei Jahren gemäß § 26 Abs 1 FinStrG bedingt nach und verpflichtete beide gemäß § 227 Abs 1 FinStrG iVm § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens. Hinsichtlich des jeweils unbedingt verbliebenen Teils von Geld- und Wertersatzstrafen sprach es auch aus, dass auf den unbedingten Teil der Geldstrafe zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe und auf jenen der Wertersatzstrafe sieben Tage Ersatzfreiheitsstrafe entfielen.
Überdies konstatierte der Schöffensenat, dass die gesamte Einfuhrumsatzsteuer und die Zollabgaben zwischenzeitlich von den Angeklagten beglichen wurden (US 6), weshalb im Rahmen der Strafbemessung bei beiden eine vollständige Schadensgutmachung und das abgelegte Tatsachengeständnis, welches wesentlich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen habe, beim Erstangeklagten zudem sein bisher ordentlicher Lebenswandel und die damit in auffallendem Widerspruch stehende Tathandlung mildernd gewertet wurden, erschwerend kein Umstand. Berücksichtigt wurde nach § 23 Abs 2 FinStrG zudem, dass beide Angeklagte nicht die Absicht gehabt hätten, sich eine fortlaufenden Einnahmen zu lukrieren und die Begehung auch nicht auf Wiederholung angelegt gewesen sei. Ausgehend davon sowie unter Berücksichtigung allgemeiner Strafbemessungsgrundsätze des § 23 FinStrG erachtete der Schöffensenat die referierten Geldstrafen – auch unter Berücksichtigung der höheren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Zweitangeklagten – als schuld- und tatangemessen, sah aufgrund des bisherigen Lebenswandels keine Notwendigkeit für die Verhängung einer Freiheitsstrafe und führte zur Wertersatzstrafe Nachstehendes aus:
Die Wertersatzstrafe war auszusprechen, weil der Ausspruch des Verfalls aufgrund fremder Eigentumsrechte am LKW - C* AG – nicht möglich ist (§ 19 Abs 1 lit b FinStrG). Die Strafe des Wertersatzes ist gemäß § 19 Abs 3 FinStrG mit dem gemeinen Wert des dem Verfall unterliegenden Gegenstands im Zeitpunkt der Tatbegehung zu bemessen.
Gemäß § 19 Abs 4 FinStrG ist der gemäß Abs 3 leg cit bestimmte Betrag auf alle an der Tat beteiligten Personen anteilig aufzuteilen. § 19 Abs 5 StGB sieht vor, dass vom Ausspruch des Wertersatzes teilweise oder gänzlich abgesehen werden kann, wenn die Auferlegung im Verhältnis zur Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis stehen würde.
Hier ist nicht von einer derart großen, die Angeklagten treffenden Schuld auszugehen, dass die Auferlegung des gesamten Wertersatzes gerechtfertigt wäre. Angesichts ihres aber durchaus als dreist einzustufenden Verhaltens wäre auch die gänzlich Nachsicht des Wertersatzes nicht gerechtfertigt. Es war somit ein Anteil von rund 10 % je Angeklagter, somit EUR 10.000,-- an Wertersatzstrafe, auszusprechen.
Die ausgemittelten Ersatzfreiheitsstrafen hinsichtlich der Geld- und der Wertersatzstrafen stützte der Schöffensenat auf § 20 Abs 1 FinStrG, mit Blick auf die bisherige – finanzstrafrechtliche – Unbescholtenheit der Angeklagten und die vollständige Schadenswiedergutmachung erachtete er überdies die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 26 Abs 1 FinStrG im spruchgemäßen Ausmaß als vertretbar. Die Verpflichtung zum Kostenersatz wurde auf die angeführte Gesetzesstelle gestützt.
Die von den Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 19.3.2025, **-22, zurückgewiesen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über die Berufungen weitergeleitet.
Während die Staatsanwaltschaft mit dem Vorbringen einer unzureichenden Gewichtung des Unrechtsgehalts der Straftat und der Schuld der Angeklagten die Erhöhung der vom Erstgericht verhängten Strafen auf ein schuld- und tatangemessenes Maß begehrt (ON 17), trägt die Berufung der Angeklagten auf eine Herabsetzung der Strafen und des Wertersatzes an (ON 18).
Die Staatsanwaltschaft hat auf die Erstattung von Gegenausführungen ausdrücklich verzichtet (ON 19), die Angeklagten beantragen in ihrer Gegenäußerung, dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft keine Folge zu geben (ON 21).
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer Stellungnahme den Standpunkt, dass lediglich der auf Strafverschärfung abzielenden Berufung der Anklagebehörde Folge zu geben sein werde.
Rechtliche Beurteilung
Den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.
Bei der Strafbemessung sind gemäß § 23 Abs 2 letzter Satz FinStrG die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Ausgehend davon hat der Schöffensenat die Strafzumessungsgründe im Wesentlichen richtig und zutreffend erfasst, diese sind jedoch geringfügig zu präzisieren und korrigieren.
Bei beiden Angeklagten blieb auf der mildernden Seite die Sicherstellung des inkriminierten Fahrzeugs unberücksichtigt, auf der erschwerenden Seite wirkt anlassbezogen die Erfüllung beider Tatbestandsvarianten des § 35 Abs 1 lit a FinStrG ( Lässig in Höpfel/Ratz , WK 2 FinStrG § 35 Rz 19) aggravierend.
Mit Blick auf die Verantwortung der beiden Angeklagten, die sich zu dem wider sie erhobenen Vorwurf zwar nicht schuldig bekannten, dessen ungeachtet aber das äußere Tatgeschehen – insbesondere auch das zwischen ihnen geführte Telefonat, dessen Inhalt zur Verurteilung des Zweitangeklagten (Schuldspruch 2.) geführt hat – eingeräumt haben, ist den Berufungsausführungen der Staatsanwaltschaft zuwider durchaus von einem, einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung ausgehenden Tatsachengeständnis der beiden Angeklagten auszugehen.
Soweit der Erstangeklagte auf seine ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse hinweist, ist klarzustellen, dass der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nur in geringem Umfang Bedeutung beizumessen ist. Eine unmittelbare Relation der Geldstrafe zu den wirtschaftlichen Verhältnissen ohne Berücksichtigung der Schuld- und Unrechtskomponenten würde jedenfalls dem Strafzweck zuwiderlaufen und die Höhe der Geldstrafe manipulierbar machen (RIS-Justiz RS0086328).
Ausgehend davon (§ 23 Abs 2 erster Satz FinStrG) und weil weitere besondere Strafzumessungsgründe weder in der Berufung der Angeklagten noch jener der Staatsanwaltschaft vorgetragen werden noch sich solche aus dem Akteninhalt ergeben, erweisen sich die auf der Grundlage der Schuld der Angeklagten (§ 23 Abs1 FinStrG) unter Einbeziehung ihrer persönlichen Verhältnisse und ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (§ 23 Abs 3 FinStrG) bei einer Geldstrafdrohung bis EUR 204.442,24 nach § 35a Abs 4 FinStrG vom Erstgericht verhängten Geldstrafen, die beim Erstangeklagten 21,52 % und beim Zweitangeklagten 24,46 % der vorgesehenen Höchststrafe betragen, schuld- und tatangemessen und sind damit weder einer Erhöhung noch einer Herabsetzung zugänglich.
Die - ohnedies nicht kritisierte - Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafen im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen mit vier Monaten erfolgte gemäß § 20 Abs 1 FinStrG und ist nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0086629).
Die Voraussetzungen nach § 26 Abs 1 FinStrG liegen - worauf auch bereits das Erstgericht zutreffend hingewiesen hat - mit Blick auf die finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit beider Angeklagten vor, mit Blick auf den Umstand, das die gesamte Einfuhrumsatzsteuer und die Zollabgaben zwischenzeitig beglichen wurden (US 6), hat der Schöffensenat zu Recht auch von der Erteilung einer Weisung nach § 26 Abs 2 erster Satz FinStrG abgesehen (RIS-Justiz RS0086125).
Schließlich besteht auch kein Anlass für eine Reduktion der Wertersatzstrafe. Ausgehend vom gemeinen Wert der an sich dem - hier nicht vollziehbaren - Verfall unterlegenen deliktsverfangenen Sache - worunter der inländische Detailverkaufspreis zu verstehen und damit anlassbezogen von einem Betrag von EUR 322.525,27 auszugehen ist (vgl ON 2.3, 1 Wert des Fahrzeugs samt darauf entfallender Abgabenbetrag) - begegnet die vom Erstgericht unter Berücksichtigung der Strafbemessungskriterien des § 23 Abs 1 - 4 FinStrG vorgenommene Aufteilung des Wertersatzes auf die beiden Angeklagten zu gleichen Teilen (§ 19 Abs 6 FinStrG) keinen Bedenken. Gleiches gilt auch für das im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 19 Abs 5 FinStrG erfolgte teilweise Absehen vom Wertersatzanteil, wobei die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrags von EUR 102.221,12 dem von der Berufung geforderten gänzlichen oder weiteren Absehen vom Wertersatzanteil entgegensteht.
Damit drangen die Berufungen nicht durch.
Die Verurteilung zum Kostenersatz ist Folge des Ausgangs des Berufungsverfahrens. Sie gründet in der angezogenen Gesetzesstelle.