6Bs65/25x – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Friedrich als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Klammer und den Richter Mag. Melichar als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 2 StGB über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 15.11.2024, GZ **-41, nach der am 16.4.2025 in Anwesenheit des Schriftführers Rp Ing. Hollenstein LL.B. LL.M., der Oberstaatsanwältin Mag. Draschl, des Angeklagten und seiner Verteidigerin RAA Mag. Hackl, Kzl. RA Dr. Klotz, öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird t e i l w e i s e Folge gegeben und über den Angeklagten in Anwendung des § 43a Abs 2 StGB eine Geldstrafe von 300 (dreihundert) Tagessätzen á EUR 4,--, im Uneinbringlichkeitsfall 150 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und eine gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von 10 (zehn) Monaten v e r h ä n g t .
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 2 StGB schuldig erkannt und hiefür nach § 205 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, wovon gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil von 10 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
Nach dem Schuldspruch hat A* am ** in ** außer dem Fall des § 205 Abs 1 StGB eine wehrlose Person unter Ausnützung dieses Zustandes dadurch missbraucht, dass er an ihr eine geschlechtliche Handlung vorgenommen hat, indem er der stark alkoholisierten und schlafenden bzw. gerade aufwachenden B* mit der Hand von hinten in die Hose und zwischen ihren Beinen nach vorne zum Intimbereich fuhr.
Bei der Strafbemessung innerhalb des von 6 Monaten bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmens des § 205 Abs 2 StGB wertete der Schöffensenat den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten und den auffallenden Widerspruch der Tat zu seinem sonstigen Verhalten (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), das (letztendlich doch noch abgegebene) Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) sowie die verminderte Zurechnungsfähigkeit infolge Alkoholgenusses (§ 34 Abs 1 Z 11 StGB) mildernd. Besondere Erschwerungsgründe lagen nicht vor.
Gegen dieses Urteil richtet sich die unmittelbar nach Urteilsverkündung angemeldete Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe. Die rechtzeitig schriftlich ausgeführte Berufung mündet in die Anträge, die Strafe auf ein angemessenes Maß herabzusetzen und insbesondere gänzlich bedingt nachzusehen.
Die Oberstaatsanwaltschaft erachtet in ihrer Stellungnahme die Berufung für nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung des Angeklagten ist teilweise berechtigt.
Die im Ersturteil genannten besonderen Strafzumessungsgründe treffen zu und sind weder korrektur- noch ergänzungsbedürftig. Die von der Berufung relevierten Umstände (Geständnis, erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit sowie Unbescholtenheit) wurden im Ersturteil bereits berücksichtigt (US 6).
Der von der Berufung darüber hinaus reklamierte Milderungsgrund der Verletzung des Angeklagten durch C* nach § 34 Abs 1 Z 19 StGB liegt nicht vor, weil die vom Angeklagten nach der Tat erlittene Körperverletzung nicht die unmittelbare Folge der hier abgeurteilten Tat ist (RIS-Justiz RS0132073).
Ausgehend von den genannten besonderen Strafzumessungsgründen und unter weiterer Berücksichtigung allgemeiner Strafbemessungskriterien des § 32 StGB sowie der personalen Täterschuld erweist sich die Höhe der über ihn verhängten Freiheitsstrafe mit Blick auf den zur Anwendung gelangenden Strafrahmen von 6 Monaten bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe als angemessen und ist einer Herabsetzung nicht zugänglich.
Die Anwendung des § 37 Abs 1 StGB scheitert bereits am Ausmaß der mit mehr als einem Jahr bemessenen Freiheitsstrafe.
Eine gänzlich bedingte Strafnachsicht nach § 43 Abs 1 StGB ist gerade bei Sittlichkeitsdelikten, bei denen es regelmäßig des Vollzugs zumindest eines Teils der verhängten Strafe bedarf, um potentielle Täter abzuschrecken und der Allgemeinheit zu demonstrieren, dass derartige Straftaten gravierendes Unrecht darstellen, nicht möglich.
Mit Blick auf die vorliegenden Milderungsgründe, insbesonders die bisherige Unbescholtenheit und die starke Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt mit über 2,8 Promille (US 3), konnte jedoch in Anwendung des § 43a Abs 2 StGB anstelle des unbedingten Teils der Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf eine Geldstrafe erkannt werden (entspricht 300 Tagessätzen) und im Hinblick darauf der verbleibende Teil der Freiheitsstrafe von zehn Monaten nach § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen werden. Der Vollzug der Geldstrafe und die Androhung der Freiheitsstrafe scheint ausreichend, um dem Angeklagten vor Augen zu führen, dass er sich hinkünftig strafbarer Handlungen zu enthalten hat. Generalpräventiven Erwägungen wird durch den Vollzug der Geldstrafe Genüge getan. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes war im Hinblick auf die festgestellten wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten mit dem Mindestsatz von EUR 4,-- festzusetzen.
Damit war die Berufung des Angeklagten teilweise erfolgreich.
Der Ausgang des Berufungsverfahrens hat die im Spruch angeführten Kostenfolgen.
Über die allfällige Erteilung von zweckmäßigen Weisungen – wie etwa eine ambulante Alkoholtherapie, zu der der Angeklagte bereits in der Berufungsverhandlung seine Zustimmung erteilt hat - wird das Erstgericht zu entscheiden haben (RIS Justiz RS0086098; Ratz in Fuchs/Ratz, WK StPO § 295 Rz 12; Jerabek/Ropper in Fuchs/Ratz, WK StPO § 494 Rz 1).