9Bs173/25x – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Senatspräsidentin Mag a . Kohlroser als Vorsitzende, den Richter Mag. Scherr, LL.M. BA, und die Richterin Mag a . Berzkovics in der Strafsache gegen A*wegen der Vergehen des bildlichen sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterials und der bildlichen sexualbezogenen Darstellungen minderjähriger Personen nach § 207a Abs 1 Z 2 dritter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 26. Juni 2025, GZ **-32a, und seine Beschwerde gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss gemäß § 494a StPO nach der am 10. September 2025 in Gegenwart des Oberstaatsanwalts Mag. Liensberger, LL.M., des Angeklagten und seines Verteidigers Rechtsanwalt DI (FH) Mag. Dr. Krachler durchgeführten Berufungsverhandlung
1. zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
2. den Beschluss gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* der Vergehen des bildlichen sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterials und der bildlichen sexualbezogenen Darstellungen minderjähriger Personen nach „§ 207a Abs 1 Z 2, Abs 3 zweiter Fall und Abs 4 Z 1, 2 und 3 lit b StGB“ (richtig: jeweils mehrerer Vergehen nach § 207a Abs 3 zweiter Satz [zu 1.] und nach § 207a Abs 1 Z 2 dritter Fall StGB [zu 2.]) schuldig erkannt.
Dem Schuldspruch nach hat er in ** und an anderen Orten des Bundesgebiets wirklichkeitsnahe Abbildungen von geschlechtlichen Handlungen einer unmündigen Person an sich selbst (Abs 4 Z 1), wirklichkeitsnahe Abbildungen eines Geschehens mit einer unmündigen Person, dessen Betrachtung nach den Umständen den Eindruck vermittelt, dass es sich dabei um eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person oder der unmündigen Person an sich selbst handelt (Abs 4 Z 2) und wirklichkeitsnahe Abbildungen der Genitalien oder der Schamgegend Minderjähriger, wobei es sich um reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelt, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen (Abs 4 Z 3 lit b), nämlich zumindest neun Bilddateien mit Darstellungen nackter unmündiger Mädchen, die teils geschlechtliche Handlungen an sich selbst vornehmen,
1. ab einem nicht näher bekannten Zeitpunkt bis zumindest 2. März 2025 sich auf nicht näher bekannte Weise verschafft und in der Folge besessen;
2. am 1. März 2025 und am 2. März 2025 anderen überlassen, indem er diese über seine „B*“-Accounts „ ** “ und „ ** “ mehreren bislang unbekannten Personen im Rahmen von privaten Chatnachrichten sendete.
Er wurde hiefür (zu ergänzen: unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB) nach § 207a Abs 1 StGB in Anwendung des § 39 Abs 1 StGB zur Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vorhaft von 6. Mai 2025, 9.50 Uhr bis 26. Juni 2025, 12.00 Uhr wurde gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB angerechnet. Der WLAN-Router wurde gemäß § 19a Abs 1 StGB konfisziert. Gemäß § 389 Abs 1 StPO wurde der Angeklagte zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.
Aus Anlass der Verurteilung widerrief das Erstgericht mit gleichzeitig gefasstem Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die bedingte Nachsicht eines achtmonatigen Strafteils zu AZ ** des Landesgerichts Leoben sowie die bedingte Entlassung mit einem Strafrest von einem Monat zu AZ ** des Landesgerichts Leoben.
Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 5 iVm § 489 Abs 1 StPO) und wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe. Ferner erhob der Angeklagte Beschwerde gegen den Widerruf der bedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung (ON 36.2).
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsmittel sind nicht berechtigt.
Mit der Mängelrüge moniert der Angeklagte eine fehlende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Urteilsfeststellungen zum Schuldspruchpunkt 1. Tatsächlich leitete das Erstgericht die Annahme, dass sich der Angeklagte die inkriminierten Abbildungen verschafft und diese besessen hat, aus dem Umstand ab, dass er Bilddateien mit diesen Abbildungen versendete, woraus es den Schluss zog, dass er sie jedenfalls auch besessen haben muss (insb US 6 erster Abs, US 8 letzter Abs). Diese Begründung widerspricht weder den Gesetzen logischen Denkens noch grundlegenden Erfahrungssätzen und ist daher formell mängelfrei (RS0118317, RS0099413).
Die Schuldberufung vermag keine Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichts hervorzurufen und bleibt daher ebenfalls ohne Erfolg. Der Erstrichter setzte sich mit sämtlichen Verfahrensergebnissen in plausibler Weise auseinander und berücksichtigte dabei eingehend die leugnende Verantwortung des Angeklagten und dessen Spekulationen darüber, wer sonst die Bilddateien über seinen WLAN-Router versendet haben könnte, wobei er diese Verantwortung mit nachvollziehbarer Begründung als unglaubwürdig verwarf. Vor dem Hintergrund der mehrfachen einschlägigen Verurteilungen des Angeklagten ist auch die Annahme, dass er jene Datenträger, die Kindesmissbrauchsdarstellungen enthielten, vor der Durchsuchung versteckt oder entsorgt hat, naheliegend, sodass auch der Umstand, dass die inkriminierten Darstellungen nicht gefunden wurden, keine Bedenken gegen die getroffenen Feststellungen weckt. Aus dem Umstand, dass der Angeklagte die Darstellungen versendet hat, schloss der Erstrichter nachvollziehbar, dass er diese auch selbst besessen hat, zumal die Versendung mehrerer Dateien an zwei verschiedenen Tagen den Besitz der Dateien zwingend nahelegt. Die Beweiswürdigung des Erstgerichts ist sohin schlüssig und nicht zu kritisieren.
§ 207a Abs 1 StGB normiert eine Strafdrohung von sechs Monaten bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Da beim Angeklagten nach den Urteilsannahmen die Voraussetzungen für die Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1 und 1a StGB vorliegen, ist bei von einem erweiterten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe auszugehen.
Als erschwerend sind das Zusammentreffen von mehreren Vergehen und drei frühere Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten zu berücksichtigen. Schuldsteigernd ist ferner die Tatbegehung in zwei (jeweils bereits auf fünf Jahre verlängerten) Probezeiten sowie im raschen Rückfall nur wenige Monate nach der Haftentlassung am 22. November 2025 (Pkt 2 der Strafregisterauskunft) und der Umstand, dass die Rückfallsvoraussetzungen in den Varianten nach Abs 1 und Abs 1a des § 39 StGB gegeben sind. Milderungsgründe hingegen liegen nicht vor. Bei einer Gesamtabwägung dieses Strafzumessungssachverhalts ist die vom Erstgericht ausgemessene Sanktion schuld- und tatangemessen, sodass die begehrte Herabsetzung des Strafmaßes nicht in Betracht kommt. Die bedingte Nachsicht der gesamten Strafe oder eines Strafteils (§§ 43, 43a StGB) scheitert aufgrund des einschlägig belasteten Vorlebens und der Wirkungslosigkeit von Vollzügen an spezialpräventiven Erwägungen.
Auch die Konfiskation des WLAN-Routers, die nicht ausdrücklich angefochten wurde, ist nicht zu beanstanden. Er wurde zur Begehung der abgeurteilten Straftaten verwendet und stand nach den Feststellungen im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung im Eigentum des Angeklagten (US 9). Da die Konfiskation auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Tat und zur Schuld des Angeklagten steht, sind alle Voraussetzungen des § 19a StGB erfüllt, so dass die Strafberufung auch insoweit ohne Erfolg bleibt.
Die Verpflichtung des Angeklagten zum Ersatz der Kosten des Berufungsverfahrens ergibt sich aus § 390a Abs 1 StPO.
Zum Beschluss:
Wie bereits das Erstgericht zutreffend ausführte, ist wegen der Wirkungslosigkeit früherer Vollzüge und der wiederholten einschlägigen Rückfälligkeit innerhalb der bereits auf fünf Jahre verlängerten Probezeiten anzunehmen, dass es zusätzlich zur verhängten Freiheitsstrafe auch des Widerrufs der bedingten Strafnachsicht zu AZ ** des Landesgerichts Leoben und der bedingten Entlassung zu AZ ** des Landesgerichts Leoben und des Vollzugs der achtmonatigen Freiheitsstrafe und des einmonatigen Strafrests bedarf um den Angeklagten in Zukunft von strafbaren Handlungen abzuhalten. Damit bleibt auch die Beschwerde erfolglos.