JudikaturOLG Graz

10Bs227/25w – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
09. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag. a Haas und Mag. Wieland in der Strafvollzugssache des A*wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe nach § 46 StGB über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Vollzugsgericht vom 18. August 2025, GZ **-12, in nichtöffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.

Text

BEGRÜNDUNG:

Der am ** geborene serbische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Klagenfurt - neben mehreren Verwaltungsstrafen - eine (Zusatz-)Freiheitsstrafe von 16 Monaten, die im Verfahren AZ ** des Landesgerichts Leoben gemäß § 31 StGB unter Bedachtnahme auf die Verurteilung im Verfahren AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz (zu einer 8-monatigen Freiheitsstrafe) wegen des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall zweite Alternative StGB über ihn verhängt wurde (siehe auch ON 2.2). Demnach wurde er schuldig erkannt, nachfolgend genannte Beamte jeweils mit Gewalt, teils auch durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper an einer Amtshandlung zu hindern versucht zu haben, und zwar am 17. November 2022 in ** die Justizwachebeamten Bl B*, Gl C*, Gl D*, RI E*, Insp. F*, Insp. G*, Insp. H* und Insp. I* an seiner Verbringung in den ihm zugewiesenen Haftraum, indem er seine Fäuste hob, vor den Beamten Insp. I* und Gl D* wie ein Boxer in Kampfhaltung herumtänzelte und ihnen dadurch zu verstehen gab, dass er sich gegen sie wehren werde, wobei er anschließend versuchte, sich durch Tritte und Schläge sowie durch Verspannen und Verdrehen seines Körpers aus der Fixierung durch die Justizwachebeamten loszureißen.

Des Weiteren wird die im Verfahren des Landesgerichts für Strafsachen Graz, AZ **, verhängte Freiheitsstrafe im Ausmaß von 20 Monaten wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB und der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 StGB vollzogen. Im vorgenannten Verfahren wurde der Strafgefangene schuldig erkannt, er hat als Insasse der Justizanstalt Graz-Jakomini

Errechnetes Strafende ist der 8. Jänner 2027. Die Hälfte der Freiheitsstrafe (§ 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG) ist seit 10. März 2025 verbüßt, zwei Drittel (§ 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG) werden am 18. Oktober 2025 erreicht sein (ON 2.2). Eine bedingte Entlassung zum Hälfte-Stichtag wurde mit Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Vollzugsgericht vom 12. Juli 2025, AZ **, aus spezialpräventiven Gründen abgelehnt (siehe ON 19).

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 12) vom 18. August 2025 lehnte das Erstgericht – konform der ablehnenden Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (ON 1.2), jedoch entgegen der Stellungnahme der Anstaltsleitung (ON 2.1,2) – nach beantragter (ON 2.6) Anhörung des Strafgefangenen (ON 11) seine bedingte Entlassung zum Zwei-Drittel-Stichtag aus spezialpräventiven Gründen ab.

Dagegen richtet sich die noch in der Anhörung angemeldete (ON 11,2), nachfolgend jedoch nicht ausgeführte (ON 16), Beschwerde des Strafgefangenen.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft inhaltlich nicht äußerte, ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat im bekämpften Beschluss die Anlassverurteilungen (ON 3 und ON 4), die weiteren Verurteilungen (ON 2.3), die Stellungnahme des Strafgefangenen (ON 2.6), des Anstaltsleiters (ON 2.2) und der Staatsanwaltschaft (ON 1.2) sowie die anzuwendende Norm, somit die Sach- und Rechtslage, zutreffend dargestellt, weshalb darauf identifizierend verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl RIS-Justiz RS0115236 [T1], RS0119090 [T4]).

Das vom Erstgericht erstellte Prognosekalkül ist zudem nicht korrekturbedürftig. Die Person des Rechtsbrechers, sein Vorleben, sein Verhalten nach der Tat, sein privates Umfeld und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit sind maßgebliche Beurteilungsgrundlage der das künftige Verhalten betreffenden Prognoseentscheidung ( Jerabek/Ropperin WK² StGB § 46 Rz 15/1, Jerabek/Ropperin WK² StGB § 43 Rz 21). Bei Entscheidungen nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Abs 4 leg cit darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können ( Jerabek/Ropperin WK² StGB § 46 Rz 15/1). Der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe soll auf (Ausnahme-)Fälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben ( Jerabek/Ropper, aaO § 46 Rz 17).

Die Strafregisterauskunft des Verurteilten weist zwischen 2015 und 2025 zehn Eintragungen, davon zwei Bedachtnahmeverurteilungen, auf, wobei sämtlichen Verurteilungen (auch) einschlägige Aggressionsdelinquenz zugrunde liegt (ON 2.3). Weder kombinierte Geld- und Freiheitsstrafen, teilweise bedingt nachgesehene Freiheitsstrafen, noch die Unterstützung durch Bewährungshilfe oder der mehrfache Vollzug auch längerer Freiheitsstrafen (wobei bereits die Voraussetzungen nach § 39 Abs 1 StGB vorliegen) konnten deliktabhaltend wirken, wobei identifizierend auf die Rechtsmittelentscheidung des Oberlandesgerichts Graz vom 4. Juli 2024, AZ 10 Bs 189/24f, verwiesen wird (ON 7). In der angeführten Entscheidung wurde bereits die Tatbegehung während aufrechter Haft thematisiert; der Strafgefangene setzte in Strafhaft die der Entscheidung des Landesgerichts für Strafsachen Graz, AZ **, zu Grunde liegenden Taten. Auch sein weiteres Vollzugsverhalten (zur Bedeutung für die bedingte Entlassung RIS - Justiz RS0090874) in der Justizanstalt (ON 2.7) war (weiterhin) von Abmahnungen und verhängten Ordnungsstrafen geprägt, sodass sich eine nachhaltige (behauptete [ON 2.6]) Einstellungsumkehr des Strafgefangenen daraus nicht deduzieren lässt.

Bei einer Gesamtbetrachtung besteht daher – trotz eines behaupteten sozialen und wirtschaftlichen Empfangsraums – im Sinne der zutreffenden Einschätzung des Erstgerichts derzeit kein ausreichender Grund zur Annahme, dass A* durch eine bedingte Entlassung – selbst unter Anwendung flankierender Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird ( Jerabek/Ropper , WK 2StGB § 46 Rz 15/1; Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 14 § 46 Rz 1; Tipold in Leukauf/Steininger, StGB 4 § 46 Rz 7).

Der Beschwerde muss daher der Erfolg versagt bleiben.

Der Rechtsmittelausschluss gründet auf § 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO.