1Bs76/25y – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Richter Mag. Redtenbacher als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag a . Schwingenschuh und den Richter Mag. Wieland in der Maßnahmenvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme nach § 47 StGB über die Beschwerde des Untergebrachten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 6. Mai 2025, GZ **-6, in nichtöffentlicher Sitzung den
BESCHLUSS
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
BEGRÜNDUNG:
Mit Urteil des Landesgerichts Wels als Geschworenengericht vom 5. November 2015, AZ **, wurde A* (der bereits einmal wegen Mordes verurteilt worden war[ON 4 {Pos. 5.}], erneut) wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich wurde er wegen § 21 Abs 2 StGB (aF) in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher (nunmehr: forensisch-therapeutisches Zentrum) eingewiesen.
Dem Schuldspruch zu Folge hat A* am 20. April 2015 in **
Nach den Feststellungen (US 4) hat A* die geschilderten Verbrechen unter dem Einfluss einer geistig-seelischen Abnormität höheren Grades, nämlich einer dissozialen Persönlichkeitsstörung begangen, derentwegen auch in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit (nicht näher konkretisierte) weitere Straftaten mit schweren Folgen zu befürchten sind.
Die Maßnahme wird seit 2. Juli 2021 in der Justizanstalt Graz-Karlau vollzogen (ON 2.2,2; ON 2.4).
Zuletzt wurde die Unterbringung mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 8. Juli 2024, AZ **, fortgesetzt.
Mit dem angefochtenen Beschluss sprach das Erstgericht nach Anhörung des Untergebrachten aus, dass die Unterbringung des A* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB weiterhin notwendig ist (ON 6).
Dagegen meldete der Untergebrachte noch in der Anhörung Beschwerde an (ON 5,2), führte diese aber nach Zustellung der Beschlussausfertigung am 9. Mai 2025 (ON 6.1) nicht aus.
Zum bisherige Verfahrensgang, den Eingaben bzw Stellungnahmen des Untergebrachten (ON 2.6 und ON 2.7), des psychologischen Dienst der Justizanstalt (ON 2.5), der Anstaltsleitung (ON 2.2) und der Staatsanwaltschaft (ON 1.2), dem psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Univ. Prof. Dr. C* vom 11. Juni 2024 aus dem Verfahren AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz, sowie zur maßgeblichen Bestimmung des § 47 Abs 2 StGB wird auf deren jeweils zutreffende Darstellung im angefochtenen Beschluss (BS 2 ff) verwiesen (zur Zulässigkeit vgl RIS-Justiz RS0115236 [T1]).
Die Oberstaatsanwaltschaft Graz äußerte sich dazu inhaltlich nicht.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Die freiheitsentziehende Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB (idgF) darf nur aufrecht erhalten werden, wenn die einen maßgeblichen Einfluss auf die Anlasstat(en) habende schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung sowie die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene nach seiner Aufführung und Entwicklung in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen in absehbarer Zukunft unter dem maßgeblichen Einfluss seiner schwerwiegenden und psychischen Störung weiterhin Prognosetaten mit schweren Folgen begehen wird, noch bestehen und es keine Möglichkeit gibt, die unterbringungsrelevante Gefährlichkeit extra muros hintanzuhalten (§ 47 Abs 2 StGB; Haslwanter in WK 2 StGB § 47 Rz 12 bis 14).
Nach dem unverändert aktuellen und - trotz der im Vorfeld (ON 2.7,1) geäußerten Kritik - zulässigen, schlüssigen (Akten)Gutachten (siehe auch OLG Linz, 9 Bs 51/20v; Pieber in WK 2 StVG § 162 Rz 18) des Sachverständigen Univ. Prof. Dr. C* vom 11. Juni 2024, der auf sämtliche im Akt befindlichen Vorgutachten Bezug nahm, in Verbindung mit der detaillierten Äußerung nach § 25 Abs 3 StGB des psychologischen Diensts der Justizanstalt Graz-Karlau vom 26. Februar 2025 (ON 2.5) ist die erstgerichtliche Annahme der Notwendigkeit der weiteren Unterbringung des Betroffenen nicht zu kritisieren. Weiterhin besteht bei A* eine schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung im Sinne einer dissozialen Persönlichkeitsstörung (F60.2) und eine anhaltende wahnhafte Störung (F22.0). Nach der Aufführung und Entwicklung des Betroffenen in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen ist mit hoher Wahrscheinlichkeit (RIS-Justiz RS0090401) zu befürchten, dass er sonst innerhalb von Wochen oder Monaten unter dem maßgeblichen Einfluss dieser Störung neuerlich mit Strafe bedrohte Handlungen mit schweren Folgen, und zwar den Anlassdelikten gleichartige Delikte gegen Leib und Leben, insbesondere Mord (§ 75 StGB) und schweren Raub (§§ 142, 143 StGB), begehen wird. Der Umstand, dass der Betroffene angibt, sich selbst zu betreuen und nichts zu benötigen (ON 2.5,14), lassen in Kombination mit einer mangelnden Motivation für eine zukünftige Entlassung („ So ein Delikt (Mord), könne einmal passieren, aber kein zweites Mal - er habe somit draußen nichts mehr verloren, das sei er seinen Opfern schuldig “ [ON 2.5,14]), einem tief verwurzelten Misstrauen gegenüber der Justiz und den behandelnden Fachkräften (ON 2.5,14) sowie der Stabilität der Wahnideen (ON 2.5,16; Seite 12 des Gutachtens des Univ. Prof. Dr. C*) keine risikorelevante Veränderungen erkennen.
Umstände, die auf den Entfall oder eine maßgebliche Reduktion der Gefährlichkeit des Untergebrachten hinweisen, sind weder aktenkundig noch wird Derartiges vom Rechtsmittelwerber substanziiert behauptet. Aufgrund dessen kann die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, trotz (grundsätzlich) ruhiger Führung (ON 2.2,1), mangels hinreichenden Therapieerfolgs und Erprobung des Untergebrachten im Rahmen von Vollzugslockerungen durch Maßnahmen im Sinne der §§ 50 bis 52 StGB außerhalb der Unterbringung nicht hintangehalten werden (vgl. Haslwanter in WK 2 StGB § 47 Rz 6, 8 und 10 aE).
Demnach hat das Erstgericht sohin zu Recht die bedingte Entlassung aus der Maßnahme abgelehnt, weshalb der Beschwerde gegen den sach- und rechtsrichtig gefassten Beschluss ein Erfolg zu versagen ist.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm §§ 17 Abs 1 Z 3, 163 StVG).