2R198/24s – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat als Rekursgericht durch den Richter Dr. Kirsch (Vorsitz), die Richterin Mag a . Schiller und den Richter Mag. Scheuerer in der Rechtssache der Antragstellerin A* GmbH , FN **, **, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, gegen die Antragsgegnerin B* GmbH , FN **, **, wegen Hinterlegung nach § 1425 ABGB (hier wegen Verfahrenshilfe) , über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 5. November 2024, **-87, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
Im Verfahren nahm das Erstgericht mit Beschluss vom 11. Juli 2023, ON 2, den gerichtlichen Erlag der Antragstellerin von EUR 471.906,76 als Zahlung gemäß Schiedsspruch vom 31. August 2022 an, lehnte hingegen die von der Erlegerin begehrten, näher bezeichneten Ausfolgungsbedingungen betreffend die Lastenfreistellung näher bezeichneter Liegenschaften ab.
Dem gegen den die Aufnahme der Ausfolgungsbedingungen in den Erlagsbeschluss ablehnenden Beschlussteil von der Erlegerin erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht mit Beschluss vom 24. November 2023, ON 51.1 (**), Folge und knüpfte die Ausfolgung des erlegten Betrags an die von der Erlegerin formulierten Erlagsbedingungen betreffend den Nachweis der Lastenfreiheit näher bezeichneter Liegenschaften.
Den Rekurs der Erlagsgegnerin gegen den dem Erlagsantrag stattgebenden Teil der erstinstanzlichen Entscheidung hatte davor bereits das Erstgericht mit Beschluss vom 16. Oktober 2023, ON 39, rechtskräftig zurückgewiesen.
Zur Erhebung eines außerordentlichen Revisionsrekurs gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes vom 24. November 2023, ON 51.1, beantragte die Erlagsgegnerin mit Eingabe vom 21. Dezember 2023, ON 58.1 die Bewilligung der Verfahrenshilfe .
Das Erstgericht trug ihr daraufhin (nach rechtskräftiger Erledigung der von der Antragsgegnerin initiierten Ablehnungsverfahren) mit Beschluss vom 20. August 2024, ON 80.1, die Verbesserung des Verfahrenshilfeantrages auf. In diesem Rahmen forderte es die Vorlage von Vermögensbekenntnissen sowohl der Erlagsgegnerin selbst, als auch ihrer am Verfahren „wirtschaftlich beteiligten“ Geschäftsführerin und Gesellschafter. Für den Fall der nicht fristgerechten Verbesserung sei – so das Erstgericht in seinem Verbesserungsauftrag weiter – der Antrag auf Verfahrenshilfe „wegen der Annahme des Nichtvorliegens einer verfahrenshilfeauslösenden Einkommens- und Vermögenssituation der juristischen Person bzw deren wirtschaftlich Beteiligten (§ 381 ZPO iVm § 66 Abs 2 ZPO und § 63 Abs 2 ZPO) abzuweisen“.
Die Erlagsgegnerin kam dem Verbesserungsauftrag mit ihrer Eingabe ON 81 (bzw ON 82 und ON 83) nur teilweise nach, indem sie zwar ein eigenes Vermögensbekenntnis vorlegte, nicht hingegen ein solches ihrer Gesellschafter. Vielmehr erhob sie in diesem Umfang unter einem einen Rekurs gegen den Verbesserungsauftrag, den das Erstgericht mit Beschluss vom 3. Oktober 2024, ON 84.1, rechtskräftig zurückwies.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Verfahrenshilfeantrag der Erlagsgegnerin mit folgender Begründung ab: Gemäß § 63 Abs 2 ZPO sei einer juristischen Person die Verfahrenshilfe nur dann zu bewilligen, wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden könnten. Sowohl die Geschäftsführerin als auch die Gesellschafter der Erlagsgegnerin seien als wirtschaftlich Beteiligte in diesem Sinne anzusehen. Es wäre ihnen möglich und zumutbar gewesen, Vermögensbekenntnisse beizubringen oder nachvollziehbar darzulegen, wieso dies nicht möglich sei. Die persönliche Ablehnung, sich an den Verfahrenskosten zu beteiligen, und der Verweis, dass eine Kostenbeteiligung nicht zu den Pflichten der Gesellschafter gehöre und die daraus entstehenden Kosten nicht steuerlich geltend gemacht werden könnten, würden keine nachvollziehbaren Verhinderungsgründe darstellen. Leiste eine Partei wie hier einem Auftrag zur Ergänzung des Vermögensbekenntnisses oder zur Beibringung von Belegen keine Folge, dann sei § 381 ZPO sinngemäß [zu Lasten der Antragstellerin] anzuwenden. Für das Erstgericht lägen daher keine Anhaltspunkte vor, dass die Kosten des Revisionsrekurses weder von der Geschäftsführerin noch von den Gesellschaftern aufgebracht werden könnten, weshalb die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe nach § 63 Abs 2 ZPO nicht gegeben seien.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Erlagsgegnerin aus den Rekursgründen der Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Sie beantragt die Abänderung des Beschlusses in Stattgebung des Verfahrenshilfeantrages. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Weder die Erlagsgegnerin noch der Revisor beteiligten sich am Rekursverfahren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Die lediglich in der Einleitung des Rekurses erwähnte Aktenwidrigkeit führt die Rekurswerberin nicht aus. Soweit sie auf Seite 4 ihres Rekurses die Rechtsmeinung des Erstgerichts als aktenwidrig kritisiert, stellt dies in Wahrheit eine Rechtsrüge dar.
2. Den Ausführungen der Rekurswerberin ist auch nicht ausdrücklich zu entnehmen, worin sie eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erblickt. Wenn sie meint, sie habe entgegen der Ansicht des Erstgerichts sehr wohl einen ausreichenden Grund dargelegt, der der Vorlage der Vermögensbekenntnisse der aus Sicht des Erstgerichts wirtschaftlich Beteiligten entgegenstehe, kritisiert sie jedoch zumindest erkennbar die daran anknüpfende Anwendung des § 381 ZPO durch das Erstgericht. In diesem Umfang können ihre Ausführungen daher der Verfahrensrüge zugeordnet werden, zumal die Frage, ob das Erstgericht ihr Verhalten gemäß § 381 ZPO würdigen durfte, eine Verfahrensfrage darstellt und die unrichtige Anwendung des § 381 ZPO einen Verfahrensmangel bewirken könnte ( Spendling in Fasching / Konecny 3 III/1 § 381 ZPO Rz 14; RS0040679).
Das Gesetz sieht in § 66 Abs 2 letzter Satz ZPO die sinngemäße Anwendung des § 381 ZPO bei Unterbleiben der aufgetragenen Vorlage von Belegen und damit – wie hier – von relevanten Vermögensbekenntnissen wirtschaftlich Beteiligter jedoch ausdrücklich vor (vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 II/1 § 66 ZPO Rz 8). Stichhaltige Gründe, weshalb der Erlagsgegnerin die Vorlage der Vermögensbekenntnisse unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, führte sie weder in erster Instanz ins Treffen, noch sind solche dem Rekurs zu entnehmen. Dem Erstgericht ist beizupflichten, dass die erklärte persönliche Ablehnung der Gesellschafter der Erlagsgegnerin, sich an deren Verfahrenskosten zu beteiligen, selbstredend kein solcher ist.
Das Vorgehen des Erstgerichtes, die Weigerung der aufgetragenen Vorlage der weiterer Vermögensbekenntnisse einer Würdigung nach § 381 ZPO zu unterziehen begründete daher keinen Verfahrensmangel.
3. Auch die Rechtsrüge ist nicht berechtigt:
Einer juristischen Person ist die Verfahrenshilfe zu bewilligen, wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können (§ 63 Abs 2 ZPO).
Als wirtschaftlich Beteiligte sind jene Personen anzusehen, denen aufgrund ihrer Rechtsbeziehungen zur Partei ein Vor- oder Nachteil aus dem Ausgang des Prozesses entstehen kann und auf deren Vermögen sich der Prozessausgang nicht ganz unerheblich auswirkt, sodass es auch aus diesem Grund als zumutbar angesehen werden kann, von dieser Person eine (Vor-)Finanzierung der Verfahrenskosten zu verlangen. Bei einer GmbH sind das alle Gesellschafter, wenn sich der Prozessausgang auf das Gesellschaftskapital und damit auf den Wert des einzelnen Geschäftsanteils auswirken kann ( M. Bydlinski aaO § 63 ZPO Rz 4, 12 f; Fucik in Rechberger/Klicka 5 § 63 ZPO Rz 4).
Dem Erstgericht ist beizupflichten, dass die Vermögensverhältnisse der beiden Gesellschafter hier im Sinne dieser Grundsätze zu berücksichtigen sind, weil sich der Prozessausgang zwingend auf das Gesellschaftskapital und damit auf den Wert ihrer Geschäftsanteile auswirkt.
Die Unterlassung der aufgetragenen Offenlegung der Vermögensverhältnisse der wirtschaftlich Beteiligten veranlasste das Erstgericht zurecht zur Abweisung des Verfahrenshilfeantrags – auch wenn die Erlagsgegnerin nachweisen konnte, dass sie die Kosten der Verfahrensführung aus eigenen Mitteln nicht aufbringen kann ( M. Bydlinski , aaO § 66 ZPO Rz 12). Die Weigerung, dem gerichtlichen Vorlageauftrag nachzukommen, wertete das Erstgericht nämlich zutreffend zu Lasten der für die Voraussetzungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe beweispflichtigen Erlagsgegnerin.
Auf die vom Erstgericht zudem bejahte Frage, ob auch die Geschäftsführerin der Erlagsgegnerin als wirtschaftliche Beteiligte im Sinne des § 63 Abs 2 ZPO anzusehen ist, kommt es nicht an, weshalb weitere Ausführungen dazu unterbleiben können.
Ob der Rekurswerberin in anderen gerichtlichen Verfahren die Verfahrenshilfe bewilligt wurde, ist für das vorliegende Verfahren ebenso irrelevant, wie die Frage, wie sich die Beteiligung der Gesellschafter an den Verfahrenskosten für diese steuerrechtlich auswirkt.
Da der Verfahrenshilfeantrag schon mangels der wirtschaftlichen Voraussetzungen der Rekurswerberin scheitert, ist auf ihre weiteren Rekursausführungen (Punkt 1.), wonach sie mangels juristischer Kenntnisse nicht in der Lage sei, das Vorliegen einer relevanten Rechtsfrage und damit die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zu begründen, nicht einzugehen.
Aus den dargelegten Gründen ist der Rekurs nicht erfolgreich.
Nach § 528 Abs 2 Z 4 ZPO ist der Revisionsrekurs in Verfahrenshilfesachen jedenfalls unzulässig.