Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richterin und weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin R*, vertreten durch Dr. Michael Pallauf, LL.M., ua Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die minderjährige Antragsgegnerin J*, wegen Rechtsunwirksamerklärung eines Vaterschaftsanerkenntnisses, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 26. August 2025, GZ 21 R 250/25y 6, womit in Folge Rekurses der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Tamsweg vom 3. Juni 2025, GZ 22 FAM 3/25t 3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Antragstellerin begehrt die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des von ihrem im Dezember 2024 verstorbenen Sohn im August 2023 abgegebenen Anerkenntnisses der Vaterschaft zur Antragsgegnerin. Der Verstorbene habe im zweiten Halbjahr 2024 begründete Zweifel daran bekommen, dass die Antragsgegnerin von ihm abstamme. Werde die Abstammung der Antragsgegnerin vom Verstorbenen beseitigt, wäre die Antragstellerin dessen gesetzliche Erbin.
[2] Die Vorinstanzenwiesen den Antrag mangels Antragsberechtigung der Antragstellerin übereinstimmend zurück. „Rechtsnachfolger“ iSd § 142 ABGB seien nur Gesamtrechtsnachfolger, also Erben. Bis zur Einantwortung der Verlassenschaft wäre nur diese, nicht aber ein einzelner Erbanwärter aktivlegitimiert. Ein bloßes rechtliches Interesse reiche zur Bejahung der Aktivlegitimation nicht aus.
[3] Das Rekursgerichtließ den Revisionsrekurs zu, weil keine aktuelle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage vorliege, ob Personen, die zwar keine Rechtsnachfolger des Verstorbenen seien, durch die Beseitigung der Abstammung Dritter jedoch Erbenstellung erlangen würden, zur Antragstellung in Abstammungsverfahren iSd § 142 ABGB berechtigt seien oder ihnen die vorfrageweise Beurteilung der Abstammung im Verlassenschaftsverfahren offen stehe.
[4] Der Revisionsrekurs der Antragstellerin zeigt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht auf:
[5]1. Nach § 154 Abs 1 Z 3 lit b ABGB hat das Gericht das Anerkenntnis auf Antrag des Anerkennenden für rechtsunwirksam zu erklären, wenn er beweist, dass das Kind nicht von ihm abstammt und er erst nachträglich von Umständen Kenntnis erlangt hat, die für die Nichtabstammung des Kindes sprechen. Nach § 142 ABGB kann die Feststellung der (Nicht)Abstammung nach dem Tod der betroffenen Person von den Rechtsnachfolgern oder gegen diese bewirkt werden. Als eine von § 142 ABGB erfasste Abstammungsangelegenheit ist auch die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses anzusehen (ErläutRV [zum KindNamRÄG 2013] 2004 BlgNR 24. GP 19).
[6]2. Unter „Rechtsnachfolger“ iSd § 142 ABGB (und der inhaltlich entsprechenden Vorgängerbestimmungen: vgl dazu 4 Ob 131/20y Rz 13) sind nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre nur die Gesamtrechtsnachfolger, also die Erben, zu verstehen, bis zur Einantwortung jedoch der ruhende Nachlass als Inbegriff der Rechte und Pflichten des Verstorbenen (RS0048402 [T3, T6]; 7 Ob 110/18d [Punkt 2.1. mwN]). Die bloße Blutsverwandtschaft mit dem verstorbenen Kind oder dem präsumtiven Vater ist für die Qualifikation als Rechtsnachfolger nicht ausreichend, ebenso wenig genügt ein etwaiges rechtliches Interesse (9 Ob 79/99d; 7 Ob 110/18d [Punkt 2.1. mwN]).
[7] Ausgehend von diesen Grundsätzen verwehrte der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach Kindern des (Präsumtiv)Vaters (die nicht zugleich dessen Gesamtrechtsnachfolger sind) die Möglichkeit, die Nichtabstammung ihrer Geschwister geltend zu machen (9 Ob 79/99d und 9 Ob 32/22d).
[8]3. Wieso im hier zu beurteilenden Fall, in dem die Antragstellerin als gesetzliche Erbin ihres Sohnes nur im Fall der Beseitigung der Abstammung der Antragsgegnerin vom Verstorbenen zum Zug kommen könnte (vgl § 732 ABGB), anderes gelten sollte, ist nicht ersichtlich (vgl auch 1 Ob 75/16k).
[9] Die im Revisionsrekurs erwähnte, von Simotta (in Fasching/Konecny² § 49 JN Rz 127 und in FS Rechberger [2005] 587 [FN 41]) vertretene Rechtsansicht, wonach „Rechtsnachfolger“ allgemein Personen seien, die von der verstorbenen Person bzw aus der Abstammung Rechte und Pflichten ableiten können, hat der Oberste Gerichtshof zu 7 Ob 110/18d (Punkt 2.1.) bereits ausdrücklich abgelehnt.
[10]Der Antragstellerin gelingt es in ihrem Revisionsrekurs auch nicht, mit ihren knappen, ausschließlich unter dem Blickwinkel des Art 8 EMRK gemachten Ausführungen eine Verfassungswidrigkeit des § 142 ABGB aufzuzeigen.
[11]Näherer Ausführungen zur Frage, ob im Verfahren über das Erbrecht nach §§ 161 ff AußStrG entgegen § 140 ABGB eine vorfrageweise Inzidentfeststellung der (Nicht-)Abstammung in Betracht kommen könnte (vgl dazu 2 Ob 175/22g [Rz 32 ff]), bedarf es in diesem Verfahren nicht.
[12] 4. Der Revisionsrekurs war damit zurückzuweisen.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden