JudikaturOGH

7Ob110/18d – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. Juli 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragsteller 1.) J* Z*, 2.) B* T*, 3.) E* Z*, 4.) Jo* Z*, alle vertreten durch Beck Dörnhöfer Partner Rechtsanwälte in Eisenstadt, gegen die Verlassenschaft nach der am 25. Jänner 2017 verstorbenen W* H*, vertreten durch Jo* Z*, als Verlassenschaftskurator, wegen Abstammung, aus Anlass des Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 3. Mai 2018, GZ 20 R 42/18b 6, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Oberpullendorf vom 1. März 2018, GZ 1 Fam 74/17g 3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, für die Bestellung eines Kollisionskurators für die Antragsgegnerin zu sorgen. Der Kurator ist unter Setzung einer angemessenen Frist zu befragen, ob er die bisherige Verfahrensführung durch den Verlassenschaftskurator genehmigt.

Die Akten sind dem Obersten Gerichtshof nach Rechtskraft der Kuratorbestellung und Ablauf der für die Genehmigung gesetzten Frist wieder vorzulegen.

Text

Begründung:

W* H* ist am 25. 1. 2017 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorben.

Die Antragsteller sind Rechtsnachfolger des J* Z*, geboren am * 1909, verstorben am * 1973.

Im Verlassenschaftsverfahren nach W* H*, wurde der Viertantragsteller mit Beschluss des Bezirksgerichts Oberpullendorf vom 23. 10. 2017 (1 A 46/17d 7) gemäß § 157 Abs 4 AußStrG zum Verlassenschaftskurator bestellt, insbesondere zur Winterfestmachung einer Liegenschaft.

Die Antragsteller begehren als Rechtsnachfolger des 1973 verstorbenen J* Z* die Feststellung, dass W* H*, die leibliche Tochter von J* Z* ist. Diese Feststellung sei notwendig, damit die Antragsteller die gesetzliche Erbfolge antreten könnten.

Das Erstgericht wies den Antrag ab.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss.

Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller mit einem Abänderungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Nachlass ist parteifähig (RIS Justiz RS0012288), aber nicht prozessfähig und bedarf daher im Verfahren eines gesetzlichen Vertreters (1 Ob 75/16k). Gesetzlicher Vertreter der Verlassenschaft ist hier der Viertantragsteller als bestellter Verlassenschaftskurator.

2.1 Nach § 5 Abs 1 AußStrG hat das Gericht in jeder Lage des Verfahrens (also auch noch im Rechtsmittelverfahren) zur Beseitigung des Mangels der gesetzlichen Vertretung das Erforderliche anzuordnen und kann dabei angemessene Fristen setzen, auch wenn § 5 Abs 1 AußStrG im Gegensatz zu § 6 Abs 2 ZPO solches nicht ausdrücklich vorsieht (RIS Justiz RS0125145; RS0118612).

2.2 Widerstreiten einander in einer bestimmten Angelegenheit die Interessen einer minderjährigen oder sonst nicht voll handlungsfähigen Person und jene ihres gesetzlichen Vertreters, so hat das Gericht der Person nach § 271 ABGB in Bezug auf diese Angelegenheit einen besonderen Kurator zu bestellen. Voraussetzung für die Kuratorbestellung ist Kollision im formellen und materiellen Sinn. Kollision im formellen Sinn liegt vor, wenn ein zufolge Gesetzes oder behördlicher Verfügung Vertretungsbefugter in bestimmten Angelegenheiten nicht nur zu vertreten, sondern auch im eigenen oder im Namen Dritter zu handeln hätte. Kollision im materiellen Sinn liegt vor, wenn ein Interessenwiderspruch besteht (vgl RIS Justiz RS0058177). Maßgebend ist dabei, ob ein objektiver Tatbestand gegeben ist, bei dem die Interessen auch eines pflichtbewussten gesetzlichen Vertreters dem Interesse des von ihm Vertretenen zuwiderlaufen könnten (RIS Justiz RS0049196 [T1]).

2.3 Dies ist hier der Fall: In Abstammungssachen kann nach der derzeitigen Rechtslage (§ 142 ABGB idF KindNamRÄG) nach dem Tod der betroffenen Person die Feststellung der Abstammung, deren Änderung oder die Feststellung der Nichtabstammung von den Rechtsnachfolgern oder gegen diese bewirkt werden. Das vorliegende Verfahren wird gegen den ruhenden Nachlass der verstorbenen (mutmaßlichen) Tochter des Rechtsvorgängers der Antragsteller geführt. Der Viertantragsteller vertritt damit seine Interessen als Antragsteller, das heißt als Rechtsnachfolger des mutmaßlichen Vaters, und die Interessen der Antragsgegnerin, das heißt der Verlassenschaft nach der mutmaßlichen Tochter. Dass diese Interessen einander zuwiderlaufen können, liegt auf der Hand. Die Antragstellung erfolgt, um letztlich sein (behauptetes) gesetzliches Erbrecht durchzusetzen, weshalb seine Unbefangenheit zweifelhaft ist.

Aufgrund dieser Erwägungen sind dem Erstgericht die aus dem Spruch ersichtlichen Aufträge zu erteilen.

Rückverweise