Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Vollmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P* GmbH, *, vertreten durch die Brauneis Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A* GmbH, *, vertreten durch die DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei I* GmbH, *, vertreten durch die Tucek Stocker-Schellander Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 18. Juni 2025, GZ 53 R 77/25t-56, den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1]1. Zur Abgrenzung von Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht gemäß § 1091 ABGB besteht umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ( RS0020338 ; RS0020513 ). Dabei kommt es immer auf die Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls an ( RS0031183 ). Bestandverträge müssen im Rahmen eines Vergleichs der typischen Merkmale der Vertragstypen danach untersucht werden, welche Elemente in einer Gesamtbetrachtung überwiegen, insbesondere darauf, welchen Umständen die größere wirtschaftliche Bedeutung zukommt ( 1 Ob 177/16k mwN; RS0020521 ). Die Frage, ob aufgrund der näheren Umstände des Einzelfalls das eine oder andere anzunehmen ist, übersteigt an Bedeutung regelmäßig nicht die des konkreten Verfahrens ( 1 Ob 197/24p Rz 1; 7 Ob 68/25p Rz 1, jeweils mwN).
[2]2. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zeigt die Klägerin nicht auf.
[3] 2.1. Der vorliegende Fall ist dadurch geprägt, dass die Streitteile im März 2014 zwei formal getrennte Vereinbarungen zur Überlassung des Hotels der Beklagten an die Klägerin schlossen: Einerseits einen mündlichen „Hotelpachtvertrag“, mit dem die Beklagte als „Pachtobjekt“ das von ihr (auf der Liegenschaft der Nebenintervenientin) betriebene Hotel bis zum 30. 9. 2038 (oder dem früheren Ende des Hauptmietverhältnisses) zum Zweck des (Weiter-)Betriebs in Bestand gab; andererseits einen schriftlichen „Kauf- und Übertragungsvertrag“, mit dem sie der Klägerin „die Betriebsführung bzw Nutzung des Hotels“ als solches „verkaufte“, konkret das Know-how und den Goodwill des Hotelbetriebs (Kundenstamm, technische und kaufmännische Dokumentation) – mit Ausnahme der Rechte an der Marke „A*“ – sowie das bewegliche Anlage- und das Umlaufvermögen (Warenvorräte) entgeltlich übertrug, wobei zugleich die Übernahme der bestehenden Zimmerbuchungsverträge und Arbeitsverhältnisse, aber auch die Verpflichtung der Klägerin zur Rückübertragung des „Kaufgegenstands“ bei vorzeitiger Beendigung des „Untermietverhältnisses“ vereinbart wurde.
[4] 2.2. Für die rechtliche Qualifikation eines atypischen Vertragsverhältnisses (wie des hier vorliegenden), ist nicht dessen Bezeichnung durch die Parteien maßgebend, sondern die inhaltliche Ausgestaltung der getroffenen Vereinbarung und die Absicht der Vertragschließenden (vgl 1 Ob 614/93 mwN; RS0017762 [insb T14, T16]). Die rechtliche Würdigung des konkreten Inhalts und Zwecks des Geschäfts sowie der Interessenlage der Vertragsparteien (vgl RS0017762 [T3]), wirft aufgrund ihrer Einzelfallbezogenheit in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[5] 2.3. Das Berufungsgericht gelangte in seiner rechtlichen Beurteilung zum Ergebnis, dass im vorliegenden Fall nicht von einem isoliert zu betrachtenden Bestandvertrag bloß über die Geschäftsräumlichkeiten auf der einen Seite und einem davon getrennt zu beurteilenden Kaufvertrag über das in diesen Räumlichkeiten betriebene Hotelunternehmen auf der anderen Seite auszugehen sei. Vielmehr liege nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung ein einheitliches Rechtsgeschäft vor, das überwiegend Elemente einer entgeltlichen Unternehmensüberlassung im Sinn einer Unternehmenspacht aufweise.
[6] Dies folgerte das Berufungsgericht insbesondere auch aus der der Klägerin vertraglich auferlegten Betriebspflicht, die hier keine Leerformel sei, sei doch der Betrieb des bestehenden Hotels ausdrücklich als Vertragszweck des „Hotelpachtvertrags“ vereinbart und die Pflicht zur Fortführung des Hotelbetriebs nach den genau umschriebenen Vorgaben der Beklagten (und unter ihrem bestehenden Markenauftritt) geregelt worden.
[7] Zwar setze die Qualifikation als Unternehmenspacht grundsätzlich voraus, dass mit der Betriebspflicht auch die Pflicht zur Rückstellung eines lebenden Unternehmens nach Beendigung des Rechtsverhältnisses einhergehe. Das Fehlen dieses typischen Elements schade aber nicht, zumal die Klägerin nach der getroffenen Vereinbarung bei vorzeitiger Beendigung des auf einen langen Zeitraum angelegten Bestandverhältnisses ohnedies zur Rückstellung des Unternehmens verpflichtet sei. Zudem sei zu beachten, dass der Klägerin die Markenrechte gerade nicht mitübertragen, sondern nur unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden seien. Der Beklagten sei damit bei Pachtende die Fortführung des von ihr an diesem Standort aufgebauten Hotelbetriebs (auch ohne Rückübertragung von Know-how, Goodwill sowie Anlage- und Umlaufvermögen) in gleicher Weise möglich, zumal sich die Klägerin auch zur Rückgabe der Hotelräumlichkeiten in einem guten, für den Betrieb gebrauchsfähigen Zustand verpflichtet habe.
[8] 2.4. Mit dieser Begründung hat das Berufungsgericht seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Die Klägerin hält dem im Wesentlichen nur die bereits in der Berufung vorgebrachten Argumente entgegen:
[9] 2.4.1. Wieso der Umstand, dass sich die Parteien bewusst dazu entschieden haben, den „Hotelpachtvertrag“ und den „Kauf- und Übertragungsvertrag“ formal voneinander zu trennen, der Annahme der Vorinstanzen entgegenstehen soll, wonach diese Vereinbarungen nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt eine (rechtliche) Einheit bilden, legt die Revision nicht nachvollziehbar dar.
[10] 2.4.2. Die Argumentation, in Ansehung des Unternehmens selbst sei gerade kein (bloß) temporäres Nutzungsrecht eingeräumt worden, übergeht zum einen die festgestellte Rückstellungsverpflichtung bei vorzeitiger Beendigung des Bestandverhältnisses. Zum anderen lässt sie unberücksichtigt, dass der Klägerin selbst bei Beendigung des Rechtsverhältnisses durch Zeitablauf aufgrund der von der Gegenseite vorbehaltenen Markenrechte keine realistische Möglichkeit offenstünde, denselben Hotelbetrieb an einem anderen Standort fortzuführen. Ausgehend davon ist die erkennbare Erwägung des Berufungsgerichts, beim vorliegenden Rechtsgeschäft würden die Elemente des Kaufvertrags gegenüber jenen des Dauerschuldverhältnisses in den Hintergrund treten, nicht zu beanstanden.
[11] 2.4.3. Die Behauptung der Klägerin, die ihr auferlegte Betriebspflicht sei bloß eine Leerformel, zumal ein Verstoß die Beklagte nicht dazu berechtige, den Bestandvertrag aufzulösen, lässt eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der rechtlichen Erwiderung des Berufungsgerichts vermissen, die Vereitelung gerade des ausdrücklich definierten Zwecks des Bestandvertrags könne sehr wohl ein zur vorzeitigen Auflösung berechtigender wichtiger Grund sein. Insoweit ist die Rechtsrüge folglich nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043603 [T9] ).
[12] Weshalb der Umstand, dass die Betriebspflicht sowie die Pflicht zur (Weiter-)Führung der bestehenden Marke sowohl in den „Hotelpachtvertrag“ als auch in den „Kauf- und Übertragungsvertrag“ Eingang gefunden hat, gegen die Annahme einer Unternehmenspacht sprechen soll, begründet die Klägerin nicht und ist auch nicht ersichtlich.
[13] 2.4.4. Dass die Klägerin nur nach vorzeitiger Beendigung des Bestandverhältnisses dazu verhalten ist, ein lebendes Unternehmen zurückzustellen, sie also nach dem Inhalt der Vereinbarung keine uneingeschränkte Rückstellungspflicht trifft, hat das Berufungsgericht in seine rechtlichen Erwägungen ohnedies miteinbezogen. Es hat jedoch vertretbar angenommen, der Beklagten stünden nach dem Ende des Bestandvertrags jedenfalls – also auch bei unterbliebener Rückstellung von Know-how, Goodwill sowie (beweglichem) Anlage- und Umlaufvermögen – die wesentlichen Betriebsgrundlagen zur Verfügung, die ihr die Fortführung des Hotelbetriebs ermöglichten, weshalb die nicht vollumfänglich ausgestaltete Rückstellungsverpflichtung der Annahme einer Unternehmenspacht nicht entgegenstehe. Auch auf diese rechtliche Argumentation geht die Revision nicht näher ein.
[14] Wieso die im „Kauf- und Übertragungsvertrag“ vorgesehene Rückstellungsverpflichtung bei „vorzeitiger Beendigung“ dahin auszulegen sein soll, dass sich diese nur auf die vorzeitige Vertragsauflösung aus wichtigem Grund beziehe, nicht aber – wie vom Berufungsgericht angenommen – auf jede vorzeitige Beendigung des Bestandverhältnisses vor dem vertraglich festgelegten Endtermin, legt die Revision schließlich ebenso wenig dar. Dass dem Berufungsgericht bei der Auslegung der Vertragsbestimmung eine aufzugreifende Fehlbeurteilung, also eine Verkennung der Auslegungsgrundsätze unterlaufen wäre, zeigt die Klägerin nicht auf.
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