Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofrätin Mag. Korn und den Hofrat Dr. Stiefsohn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Anja Pokorny (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Peter Csar (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei DI D*, vertreten durch Mag. Andrej Mlecka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch HAIDER OBEREDER PILZ Rechtsanwält:innen GmbH in Wien, wegen 500 EUR sA, Unterlassung und Feststellung (Gesamtstreitwert 19.100 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 27. August 2025, GZ 8 Ra 46/25f 46, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1]Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Klagebegehren, „sämtliches Verhalten, welches gegen Punkt 5 des Vergleichs vom ... widerspricht“, zu unterlassen, zu unbestimmt sei. Der Revision des Klägers gegen diese Entscheidung gelingt es nicht, eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
[2]1. Einem Unterlassungsbegehren kann eine allgemeinere Fassung gegeben werden, um Umgehungen zu vermeiden. Dementsprechend ist es zulässig, die konkrete Verletzungshandlung zu nennen und das Verbot auf ähnliche Eingriffe zu erstrecken, oder das unzulässige Verhalten verallgemeinernd zu umschreiben und durch „insbesondere“ aufgezählte Einzelverbote zu verdeutlichen. Immer muss der Spruch aber den Kern der Verletzungshandlung erfassen (8 Ob 137/21m mwN) und hat sich in seinem Umfang stets am konkreten Verstoß zu orientieren (vgl RS0037645).
[3]2. Ein Unterlassungsgebot muss das verbotene Verhalten aber so deutlich umschreiben, dass es dem Beklagten als Richtschnur für sein künftiges Verhalten dienen kann. Diesem Erfordernis genügen nicht näher konkretisierte allgemeine Begriffe nicht. Es muss in einer für das Gericht und die Parteien unverwechselbaren Weise feststehen, was geschuldet wird (RS0119807).
[4]Aus verfahrensrechtlicher Sicht ist dabei die Tauglichkeit des Unterlassungsbegehrens für ein mögliches Exekutionsverfahren (§ 355 EO) zu beurteilen. Die Abgrenzungskriterien müssen stets derart bestimmt angegeben sein, dass es zu keiner Verlagerung des Rechtsstreits in das Exekutionsverfahren kommt (RS0000878 [T7]). Das erfordert auch mit Blick auf § 7 Abs 1 EO eine deutliche Umschreibung des Verbots bzw die Bestimmtheit der zu unterlassenden Handlung, die Vermeidung von allgemeinen Begriffen und die Anknüpfung an objektive Anhaltspunkte (4 Ob 185/21s). So kann einem Beklagten nicht generell aufgetragen werden, sich rechtmäßig zu verhalten (RS0119807 [T3]).
[5] Der Formulierung des Unterlassungsgebots kommt im Regelfall keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu.
[6] 3. Im vorliegenden Fall ist der Vergleichsinhalt nicht Teil des Begehrens. Punkt 5 des Vergleichs beinhaltet darüber hinaus ganz allgemein die Verpflichtung zum „gegenseitigen Wohlverhalten“ sowie die, keinerlei abträgliche, nachteilige und/oder kreditschädigende Aussagen über verschiedene, teilweise nicht einmal namentlich genannte Personen zu tätigen.
[7] Vor diesem Hintergrund ist die Rechtsauffassung, des Berufungsgerichts, dass diese im Vergleich abstrakt gefassten Wohlverhaltenspflichten durch das Begehren nicht ausreichend konkretisiert werden und sich die angestrebte Unterlassungsverpflichtung auch nicht an bestimmten vorgeworfenen Verstößen orientiert, was zu einer unzulässigen Verlagerung des Rechtsstreits ins Exekutionsverfahren führen würde, nicht korrekturbedürftig.
[8] 4. Wenn die Revision dagegen argumentiert, dass eine allfällige Unbestimmtheit des Vergleichs zu Lasten des Beklagten als Vergleichsverfasser gehe, vermengt sie die Frage der materiell-rechtlichen Auslegung der getroffenen Vereinbarung mit der prozessualen Frage der ausreichenden Bestimmtheit des Klagebegehrens. In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht darauf an, ob durch die dem Beklagten vorgeworfenen Verhaltensweisen die Interessen des Klägers geschädigt sind, sondern ob das Verhalten, das untersagt werden soll, im Spruch des Klagebegehrens ausreichend deutlich umschrieben wurde.
[9] 5. Auch das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Gericht, bevor es ein unbestimmtes, unschlüssiges oder widerspruchsvolles Begehren abweist, dessen Verbesserung anzuregen hat. Es bedürfe jedoch keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen, wenn bereits der Prozessgegner entsprechende, ausreichend konkrete Einwendungen erhoben habe.
[10] Auch der Kläger wendet sich letztlich nicht gegen die Richtigkeit dieser Rechtsansicht. Er argumentiert jedoch, dass der Einwand des Beklagten kurz vor Schluss der Verhandlung nicht geeignet gewesen wäre, Zweifel an der Schlüssigkeit des Klagebegehrens zu wecken.
[11]6. Bei der damit geltend gemachten Verletzung des Überraschungsverbots handelt es sich um eine nach den Umständen des Einzelfalls zu lösende Frage (RS0037300 [T31]), die nur im Fall einer – hier nicht vorliegenden – groben Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts aufzugreifen wäre.
[12] Der Beklagte hat nicht nur allgemein auf eine Unschlüssigkeit des Klagebegehrens verwiesen, sondern vorgebracht, dass dieses zu weit gefasst sei, weil der Kläger nach Punkt 5 des Vergleichs „nur zu einem geringen Teil aktiv legitimiert sei“; „Zudem orientiere sich das Klagebegehren nicht an einer konkreten Verletzungshandlung.“ Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass damit ausreichend deutlich gewesen sei, in welche Richtung das Klagebegehren zu konkretisieren gewesen wäre, ist nicht zu beanstanden.
[13]7. Insgesamt gelingt es dem Kläger nicht, das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
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