JudikaturOGH

12Ns58/25p – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Oktober 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Oktober 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Oshidari, Dr. Setz-Hummel LL.M., Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi PMM in der Strafsache gegen * S* wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 39 U 45/25v des Bezirksgerichts Leopoldstadt, in dem zwischen diesem Gericht und dem Bezirksgericht Deutschlandsberg (zu AZ 4 U 59/25y) geführten Kompetenzkonflikt nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Für die Durchführung des Strafverfahrens ist das Bezirksgericht Deutschlandsberg zuständig.

Text

Gründe:

[1]Mit beim Bezirksgericht Deutschlandsberg eingebrachtem (ON 1.24) Strafantrag legte die Staatsanwaltschaft Leoben * S* ein den „Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, teils in Verbindung mit Abs 2 SMG“ (vgl aber RISJustiz RS0114037: Erwerb und Besitz als kumulatives Mischdelikt zum Überlassen) subsumiertes Verhalten zur Last, welches dieser „im Zeitraum von cirka 1. Jänner 2016 bis 8. Jänner 2025 in W*, ... und an anderen Orten des Bundesgebietes in wiederholten Angriffen“ (ON 12, S 1) begangen habe.

[2]Mit „Beschluss“ (vgl aber RS0129801 [T2]; Oshidari , WK-StPO § 38 Rz 8) vom 22. Juli 2025 überwies das Bezirksgericht Deutschlandsberg die Strafsache dem Bezirksgericht Leopoldstadt, weil als Tatort des strafbaren Verhaltens vom 1. Jänner 2016 der Hauptwohnsitz des Angeklagten in 1020 Wien anzunehmen und er überdies erst seit 6. März 2025 – somit nach Ende des inkriminierten Tatzeitraums – im Bezirk Deutschlandsberg gemeldet sei (ON 1.26).

[3]Das Bezirksgericht Leopoldstadt verneinte seine Zuständigkeit mit der Begründung, dass die Handlungs- und Erfolgsorte der Taten „unklar“ seien, weswegen der subsidiär heranzuziehende Wohnort des Beschuldigten zum Zeitpunkt der Anklageerhebung (in Deutschlandsberg) auschlaggebend sei, und legte (gemäß § 38 dritter Satz StPO) die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts vor (ON 1.30 iVm ON 1.28).

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

[4]Gemäß § 37 Abs 1 erster Satz StPO ist im Fall gleichzeitiger Anklage einer Person wegen mehrerer Straftaten das Hauptverfahren vom selben Gericht gemeinsam zu führen. Da kein vorrangiger Anknüpfungstatbestand nach § 37 Abs 2 erster Satz StPO besteht, kommt das Verfahren vorliegend dem Gericht zu, in dessen (nach § 36 Abs 3 StPO zu bestimmender) Zuständigkeit die frühere Straftat fällt (§ 37 Abs 2 zweiter Satz StPO).

[5]Gemäß § 36 Abs 3 StPO ist das Gericht für das Hauptverfahren zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte. Liegt dieser Ort im Ausland oder kann er nicht festgestellt werden, so ist der Ort maßgebend, an dem der Erfolg eingetreten ist oder eintreten hätte sollen, fehlt es an einem solchen, der Ort, an dem der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat oder zuletzt hatte, in Ermangelung eines solchen der Ort, an dem er betreten wurde.

[6] Aus der – insoweit maßgeblichen (RISJustiz RS0131309 [T3]; Oshidari , WK-StPO § 38 Rz 2/1; Bauer , WKStPO § 450 Rz 2) – Aktenlage (insbesondere ON 9.4, S 6 [drittletzter Absatz]) geht der Ausführungsort der frühesten Tat (im Jahr 2016) nicht hervor. Bloße Vermutungen stellen diesen Anknüpfungstatbestand ebenso wenig her wie ein allenfalls wahrscheinlicher Tatort (RIS-Justiz RS0127231 [T4]; 13 Ns 11/25h; zur gesetzesfremden Bezugnahme auf den Wohnsitz des Täters als Tatort bei Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG vgl 14 Ns 52/18k). Eine Erfolgsanknüpfung kann vorliegend ebenfalls nicht festgemacht werden.

[7]Seinen Wohnsitz (§ 36 Abs 3 zweiter Satz StPO) wiederum hatte der Angeklagte zum (ausschlaggebenden; vgl RISJustiz RS0130478) Zeitpunkt des Einbringens der Anklage am 14. Juli 2025 nach dem Aktenstand im Sprengel des Bezirksgerichts Deutschlandsberg (ON 9.4, S 2; ON 14).

[8] Daher ist – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – das Bezirksgericht Deutschlandsberg zur Führung des Verfahrens zuständig.