2Ob150/25k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart, Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richterin und weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am * 2012 verstorbenen F*, zuletzt wohnhaft in *, wegen Feststellung des Erbrechts, zwischen 1. V*, vertreten durch RIZZI Rechtsanwalts GmbH in Wien, 2. I*, vertreten durch Dr. Ralph Forcher, Rechtsanwalt in Graz, und 3. M*, vertreten durch Mag. Ferdinand Attems, Rechtsanwalt in Graz, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Zweitantragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 17. Juli 2025, GZ 4 R 5/25x 239, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die Vorinstanzen stellten das Erbrecht der Erstantragstellerin aufgrund eines am 1. 10. 2012 errichteten Testaments des im selben Jahr verstorbenen Erblassers fest und wiesen die auf das Gesetz gestützten Erbantrittserklärungen der Zweit- und Drittantragsteller ab.
Rechtliche Beurteilung
[2] Der außerordentliche Revisionsrekurs des Zweitantragstellersist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig .
[3] 1. Die Anfechtung eines Testaments wegen Irrtums setzt jedenfalls die Kausalität des Irrtums für die Verfügung voraus ( RS0012441 [T2]). Nach den Feststellungen hätte der Erblasser aber auch dann auf gleiche Weise letztwillig verfügt, wenn er gewusst hätte, dass die vor Errichtung des Testaments erfolgte Schenkung seiner Gesellschaftsanteile an eine Privatstiftung unwirksam war. Wenn die Vorinstanzen auf Grundlage dieses Sachverhalts einen kausalen Irrtum verneint haben, ist dies nicht korrekturbedürftig.
[4] 2. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist Rechtsmissbrauch zwar nicht nur dann anzunehmen, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen oder überwiegenden Grund der Rechtsausübung bildet, sondern auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein krasses Missverhältnis besteht, wenn also das unlautere Motiv der Rechtsausübung das lautere Motiv eindeutig überwiegt ( RS0026265 [T33]; RS0025230 [T7]; RS0026271 [T20, T23, T24]). Die (Behauptungs- und) Beweislast trifft allerdings denjenigen, der sich auf Rechtsmissbrauch beruft, wobei selbst relativ geringe Zweifel am Rechtsmissbrauch zugunsten des Rechtsausübenden den Ausschlag geben, weil demjenigen, der an sich ein Recht hat, grundsätzlich zugestanden werden soll, dass er innerhalb der Schranken dieses Rechts handelt ( RS0025230 [T8]; RS0026271[T26]). Ob Rechtsmissbrauch vorliegt, ist eine nach den Umständen des Einzelfalls zu klärende Rechtsfrage (RS0110900), denen in der Regel keine erhebliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukommt, solange keine aufzugreifende Verkennung der Rechtslage vorliegt.
[5] Der Oberste Gerichtshof hat – wie auch das Rekursgericht erkannt hat – schon in der Rechtsauffassung, dass die Berufung auf die Formungültigkeit eines jüngeren Testaments keinen Rechtsmissbrauch begründet, keine Fehlbeurteilung erblickt ( 2 Ob 12/20h ). Die Ansicht des Rekursgerichts, die bloße, für die Erstantragstellerin wirtschaftlich vorteilhafte, Berufung auf die Unwirksamkeit des Schenkungsvertrags begründe, auch wenn sie allenfalls der ursprünglichen Intention des Erblassers zuwiderlaufe, (noch) keinen Rechtsmissbrauch, ist jedenfalls vertretbar.
[6]3. Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).