JudikaturOGH

9Ob110/24b – OGH Entscheidung

Entscheidung
Kindschaftsrecht
26. August 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Korn, Dr. Stiefsohn, Mag. Böhm und Dr. Gusenleitner Helm in der Familienrechtssache des Antragstellers C*, geboren am * 2005, *, vertreten durch Daniel Schwarzl, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner DI Dr. C*, geboren am * 1969, *, vertreten durch Dr. Marco Nademleinsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 3. September 2024, GZ 15 R 292/24b 35, mit dem dem Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Traun vom 26. Juni 2024, GZ 1 FAM 21/24k 28, teilweise Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner ist schuldig, dem Antragsteller die mit 2.199,50 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Der 2005 geborene Antragsteller ist der Sohn des Antragsgegners. Er lebt seit seinem dritten Lebensjahr in den USA. Seit 2023 studiert er an einer amerikanischen Universität. Es handelt sich um die für ihn sowohl finanziell günstigste als auch persönlich passendste Universität. Zu Österreich gibt es keinen Bezug mehr. Unter Berücksichtigung aller Beihilfen und Kredite beträgt die Gesamtnettobelastung für Studiengebühren etwa 1.000 USD monatlich. Mit Beginn seines Studiums übersiedelte er in eine auf den Namen seiner Mutter angemietete Wohnung. Der Antragsteller verfügt über kein eigenes Einkommen.

[2] Der Antragsgegner wurde mit dem Urteil eines kalifornischen Gerichts zu einer monatlichen Unterhaltsleistung bis zur Volljährigkeit des Antragstellers sowie zur Zahlung eines Unterhaltsrückstands iHv 240.375,50 USD verpflichtet. Den Unterhaltsrückstand zahlt der Antragsgegner aktuell in monatlichen Raten von 5.750 USD ab. Das Gericht ordnete einen Kindesunterhalt von 20.000 USD ab dem 1. 1. 2022 an und führte dabei ausdrücklich aus: „Diese Anordnung bleibt so lange aufrecht, als das jeweilige Kind nicht verstirbt, heiratet oder selbsterhaltungsfähig wird, oder das 18. Lebensjahr vollendet hat oder das 19. Lebensjahr vollendet hat und bis zum Zeitpunkt des Abschlusses noch Vollzeit Schüler ist; oder bis zu einem neuerlichen Gerichtsbeschluss oder einer entsprechenden anderslautenden Vereinbarung der Parteien.“

[3] Der Unterhaltsschuldner ist für ein weiteres Kind sorgepflichtig, er verdient monatlich zumindest 20.000 EUR netto. Sein tatsächliches monatliches Einkommen wird jedoch bei weitem höher sein.

[4] Die Lebenserhaltungskosten sind in den USA im Schnitt um 30 % höher als in Österreich.

[5] Der Antragsteller begehrt, den Antragsgegner ab 26. 11. 2023 zu einem monatlichen Unterhalt von 3.000 EUR sowie einem gleich hohen vorläufigen Unterhalt zu verpflichten. Er habe bis zu seinem 18. Geburtstag gegenüber dem Antragsgegner Ansprüche auf Basis eines kalifornischen Unterhaltstitels gehabt. Mit Erreichen der Volljährigkeit seien diese Unterhaltsansprüche erloschen. Auf Grundlage des Haager Unterhaltsprotokolls komme aber subsidiär österreichisches Unterhaltsrecht zur Anwendung. Er sei noch nicht selbsterhaltungsfähig, da er nach Abschluss der High School ein Bachelor Studium beginnen und im Anschluss Medizin studieren wolle.

[6] Der Antragsgegner beantragt die Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung des Antrags. Der Unterhaltsanspruch sei durch eine amerikanische Entscheidung abschließend geregelt. D em Antrag stehe das Prozesshindernis der res iudicata entgegen. Darüber hinaus verfüge der Antragsteller über ausreichend eigene Mittel, ein Anspruch auf Sonderbedarf stehe nicht zu. Der Antragsteller könne in Österreich studieren, was weitaus günstiger wäre. Aufgrund gänzlicher Eigenpflege des Antragstellers habe auch die Mutter Geldunterhalt zu leisten.

[7] Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner zur Zahlung von 21.500 EUR sA an Unterhaltsrückstand sowie zu einem monatlichen Unterhalt von 3.000 EUR ab 1. 7. 2024. Weiters wurde ein einstweiliger Unterhalt in der gleichen Höhe festgesetzt.

[8] Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs des Antragsgegners teilweise Folge und wies den Antrag auf einstweiligen Unterhalt im Umfang von 800 EUR sA ab. Im Übrigen bestätigte es die erstgerichtliche Entscheidung. Res iudicata liege nicht vor, weil die Anordnung des kalifornischen Gerichts nur bis zur Vollendung des 18. b zw 19. Lebensjahres Geltung habe. Art 4 Abs 3 HUP verdränge die Grundsatzanknüpfung des Art 3 durch die lex fori, wenn der Unterhaltsberechtigte seinen Anspruch im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltspflichtigen geltend mache. Auf den Unterhalt vor Antragstellung sei Art 4 Abs 2 HUP anzuwenden. E ine „Anpassung“ des österreichischen Unterhaltsstatuts gemäß Art 14 HUP sei nicht angezeigt.

[9] Zutreffend sei, dass, wenn sich das Kind nicht in Betreuung eines Elternteils befindet, grundsätzlich beide Eltern für den Sonderbedarf im Verhältnis ihrer Leistungsfähigkeit geldunterhaltspflichtig seien. Außer Streit stehe jedoch, dass der Antragsteller gegenüber seiner Mutter keinen Unterhaltsanspruch habe. Zur Beurteilung der Studienkosten als Sonderbedarf sei darauf zu verweisen, dass es sich dabei um keinen Bedarf handelt, der regelmäßig bei der Mehrzahl der unterhaltsberechtigten Kinder anfalle.

[10] Richtig sei allerdings, dass der einstweilige Unterhalt nicht für die Vergangenheit zugesprochen werden könne. Diesbezüglich sei dem Rekurs teilweise Folge zu geben.

[11] Der ordentliche Revisionsrekurs wurde vom Rekursgericht zuge lassen, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage einer allfälligen Berücksichtigung einer – fiktiven – Unterhaltsverpflichtung des anderen Elternteils vorlieg e und auch die Frage der konkreten Ausgestaltung des Mischunterhalts bei höheren Lebenserhaltungskosten des Unterhaltsberechtigten bei Zuerkennung von Luxusunterhalt bislang vom Obersten Gerichtshof nicht beantwortet w orden sei .

[12] Gegen den bestätigenden Teil dieser Entscheidung wendet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den Antrag auf Unterhaltsfestsetzung zurückzuweisen, in eventu abzuweisen, in eventu die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben.

[13] Der Antragsteller beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[14]Der Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).

[15] 1. Österreich und die Vereinigten Staaten von Amerika sind Vertragsstaaten des Übereinkommens über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen vom 23. 11. 2007 (HUÜ).

[16] 2. Unter den Voraussetzungen des Art 20 HUÜ wird eine in einem Vertragsstaat ergangene Entscheidung in den anderen Vertragsstaaten anerkannt und kann dort ohne vorgeschaltetes Verfahren vollstreckt werden. Richtig ist daher, dass mit Anerkennung der Entscheidung des kalifornischen Gerichts dieser sowohl die Einmaligkeitswirkung als auch die Bindungs und Präklusionswirkung zukommt.

[17] Die Argumentation des Antragsgegners, dass diese Entscheidung den Unterhalt auch für die Zukunft, vorbehaltlich einer wesentlichen Umstandsänderung regelt, ist allerdings schon mit de ren Wortlaut nicht in Einklang zu bringen, nach dem die Anordnung so lange aufrecht bleibt, bis eine der nachfolgend genannten Voraussetzungen erfüllt ist, im konkreten Fall die Vollendung des 18. Lebensjahres. Richtig ist daher nur , dass auf Basis dieser Anordnung für den Zeitraum danach kein Unterhalt verlangt werden kann, der Unterhaltsanspruch nach dieser Anordnung ist also terminisiert. Eine Entscheidung über den nachfolgenden Zeitraum wird damit aber gerade nicht getroffen. Der Einwand der res iudicata wurde von den Vorinstanzen daher zu Recht verworfen.

[18] 3. Für eine Vorlage an den EuGH, wie vom Antragsgegner angeregt, besteht keine Veranlassung. Zur Beurteilung des Umfangs der Rechtskraft der Entscheidung kommt es nicht auf die Auslegung des HUÜ an, sondern des kalifornischen Rechts.

[19]4. Österreich ist Vertragsstaat des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 (Haager Unterhaltsprotokoll, HUP). Das HUP ist allseitig und ohne Rücksicht darauf anwendbar, ob die von ihm erfassten Sachverhalte irgendwelche räumlichen oder persönlichen Beziehungen zu einem anderen Vertragsstaat als dem Gerichtsstaat haben. Das vom Protokoll bestimmte Unterhaltsstatut braucht nicht das Recht eines Vertragsstaats zu sein (RS0131701).

[20] 5. Art 4 Abs 3 HU P verdrängt zwingend die Grundsatzanknüpfung des Art 3 durch die lex fori, wenn der Unterhaltsberechtigte – wie hier – seinen Anspruch im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltspflichtigen geltend macht, es sei denn der Unterhaltsberechtigte könnte nach der lex fori keinen Unterhalt erhalten. Damit ist i m vorliegenden Fall österreichisches Recht anwendbar.

[21] 6 . Für die Anknüpfung an das Unterhaltsstatut am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltspflichtigen nach Art 4 Abs 3 Satz 1 HUP 2007 kommt es auf den Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts, also auf die Verfahrenseinleitung, an. Für rückständigen Unterhalt maßgeblich ist jenes Unterhaltsstatut, das zu dieser Zeit (jeweils) die Unterhaltsbeziehung zwischen den Parteien regelte. Nach dem danach zunächst anwendbarem kalifornischen Recht (Art 3 HUP) hatte der Unterhaltsberechtigte für den vor der Antragstellung geltend gemachten Zeitraum jedoch keinen Anspruch. Gemäß Art 4 Abs 2 HUP gilt daher auch für diesen Zeitraum das Recht, das am Ort des angerufenen Gerichts gilt, also ebenfalls österreichisches Recht.

[22] 7. Soweit der Antragsgegner sich darauf beruft, dass nach kalifornischem Recht sehr wohl ein Unterhaltsanspruch bestünde, dieser jedoch Bedürftigkeit voraussetze, ist auf die Entscheidung des EuGH vom 7. 6. 2018, C 83/17, zu verweisen, nach der die in Art 4 Abs 2 HUP enthaltene Wendung „kann … keinen Unterhalt erhalten“ dahin auszulegen ist, dass sie auch den Fall erfasst, dass die berechtigte Person nach dem Recht des Staates, in dem sie früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, keinen Unterhalt erhalten kann, weil sie bestimmte nach diesem Recht bestehende Voraussetzungen nicht erfüllt.

[23] 8. Vorab ist festzuhalten, dass ausgehend vom Einkommen des Antragsgegners sich aus der Prozentsatzmethode (unstrittig) ein höherer als der zugesprochene Unterhalt ergäbe. Der Unterhalt ist daher (nur) nach dem Bedarf des Kindes zu ermitteln, der mit der sogenannten „Luxusgrenze“ nach oben hin gedeckelt ist.

[24] Diese „Luxusgrenze“ wird im Allgemeinen im Bereich des Zweibis Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs angenommen, wobei überwiegend die Meinung vertreten wird, dass dies keine absolute Obergrenze darstellt (RS0007138 [T15]). Wann und unter welchen Voraussetzungen im konkreten Fall ein „Unterhaltsstopp“ zur Vermeidung einer Überalimentierung anzunehmen ist, ist keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (vgl RS0007138 [T17]).

[25] 9. Unterhaltsbeiträge, die im Ausland lebenden Kindern zufließen, müssen einerseits in einem angemessenen Verhältnis zu den durchschnittlichen Lebensverhältnissen und zur Kaufkraft in ihrem Heimatland stehen. Andererseits sollen aber die unterhaltsberechtigten Kinder am Lebensstandard des in Österreich lebenden Verpflichteten teilnehmen. (RS0111899). In solchen Fällen ist ein „Mischunterhalt“ zuzusprechen, der sich nach dem Bedarf des Unterhaltsberechtigten im Ausland und dem E inkommen des Unterhaltspflichtigen in Österreich richtet. Richtig ist, dass sich diese Rechtsprechung regelmäßig auf Fälle bez ogen hat , in denen die Unterh altsberechtigten in Ländern mit geringerer Kaufkraft leben.

[26] 1 0 . In der vorliegenden Sonderkonstellation lebt der Unterhaltsberechtigte in einem Land mit um 30 % höheren Lebenserhaltungskosten als der Unterhaltsverpflichtete. Dies wurde von den Vorinstanzen bei Bemessung des angemessenen Unterhalts durch eine entsprechende Erhöhung der „Luxusgrenze“ berücksichtigt. Das ist nicht zu beanstanden, da damit gerade der angestrebte Zweck erreicht wird, den Unterhaltsberechtigten an den Lebensverhältnissen des Unterhaltsverpflichteten teilhaben zu lassen, vergleichbar dem Standard, den er hätte, würde er im Inland leben. Zugleich führt dies im konkreten Fall nicht zu einer Überforderung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners, da aufgrund seines sehr hohen Einkommens der Prozentunterhalt auch damit nicht ausgeschöpft wurde. Dagegen würde die vom Antragsgegner geforderte Berücksichtigung nur der halben Differenz den Antragsteller unangemessen gegenüber einer vergleichbaren Situation im Inland benachteiligen.

[27] Warum dies im konkreten Fall zu einer pädagogisch schädlichen Überalimentierung führen soll, ist nicht nachvollziehbar. Dass der Antragsteller allenfalls freiwillige Zuwendungen Dritter (auch der Mutter) erhält, hat keinen Einfluss auf die Unterhaltspflicht des Antragsgegners.

[28] 11. Durch Art 14 HUP – der eine materiell-rechtliche Regel darstelle, die unabhängig von Art und Weise in Vertragsstaaten gelte – sollte die Möglichkeit geschaffen werden, Lösungen, die sich aus dem auf die Unterhaltsansprüche anzuwendenden Recht ergeben, zu korrigieren (Bonomi Bericht, Seite 66, Pkt 183). Es sollen damit allfällige, sich aus dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Rechtsordnungen ergebende unangemessene Ergebnisse vermieden werden. Solche werden vom Antragsgegner aber nicht aufgezeigt.

[29] Der Revisionsrekurs argumentiert damit, dass der Antragsteller bereits bis zur Volljährigkeit erhebliche Unterhaltszahlungen erhalten habe, die funktional auch die Versorgung nach Erreichung der Volljährigkeit bedeuteten. Er erhalte nach wie vor Zahlungen aufgrund des kalifornischen Unterhaltstitels.

[30] Dabei übergeht er, dass sowohl die bisher geleisteten Zahlungen als auch die noch zu zahlenden Raten sich nicht auf eine laufende Unterhaltspflicht beziehen, sondern auf die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt bis zum 18. Lebensjahr. Dass bei der Höhe des Unterhalts nach kalifornischem Recht auch eine Versorgung des Kindes für die Zeit nach dem 18. Lebensjahr beabsichtigt wäre, ergibt sich weder aus den bereits vom Erstgericht zitierten Bestimmungen des kalifornischen „Family Code“, noch aus der vom Antragsgegner selbst vorgelegten Entscheidung des kalifornischen Gerichts, die davon spricht, dass die richtwertgetreue Anordnung ausreiche, um die Bedürfnisses der minderjährigen Kinder zu befriedigen und ihnen mehr als nur das Nötigste zum Leben zu ermöglichen und zwar in einer Weise, die dem gegenwärtigen Lebensstandard des Vaters entspricht.

[31] Eine Korrektur des nach österreichischem Recht bemessenen Unterhalts für die Zeit nach Erreichen des 18. Lebensjahres auf Basis von Art 14 HUP wurde daher vertretbar abgelehnt.

[32] 12. Zu einer Berücksichtigung der Unterhaltspflicht auch der Mutter „nach österreichischem Recht“ hat schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass der Antragsteller keinen Unterhaltsanspruch gegenüber seiner Mutter hat, weil in Bezug auf sie nur kalifornisches Recht zur Anwendung gelangt. Es kann ihm daher auch nicht vorgeworfen werden, solche Ansprüche nicht geltend gemacht zu haben. Insoweit kommt eine fiktive Anrechnung von Unterhalt, auf den der Antragsteller keinen Anspruch hat, nicht in Betracht.

[33]13. Erwächst einem unterhaltsberechtigten Kind ein Mehrbedarf, der über den allgemeinen Durchschnittsbedarf („Regelbedarf“) eines gleichaltrigen Kindes in Österreich ohne Rücksicht auf die konkreten Lebensverhältnisse seiner Eltern hinausgeht, bilden diese Kosten einen Sonderbedarf. Auch Ausbildungskosten können als Sonderbedarf anerkannt werden (RS0109908). Ein solcher Mehrbedarf ist nur deckungspflichtig, wenn er aus gerechtfertigten, in der Person des Minderjährigen liegenden Gründen entstanden ist. Weiters muss der Bedarf den Kriterien der „Individualität“, „Außergewöhnlichkeit“ und „Dringlichkeit“ entsprechen. Inhaltlich fallen darunter hauptsächlich Aufwendungen für Gesundheit und Persönlichkeitsentwicklung (Ausbildung, Talentförderung und Erziehung) (RS0047544 [T12]). Er ergibt sich aus der Berücksichtigung der beim Regelbedarf bewusst außer Acht gelassenen Umstände des Einzelfalls (RS0117791).

[34] 14. Beim Antragsteller stellt sich in diesem Zusammenhang nicht die Frage eines Studienaufenthalts im Ausland, sondern eines Studiums in dem Staat, in dem er lebt, und an der Universität, die wie festgestellt für ihn am geeignetsten ist. Die damit verbundenen Kosten sind schon aufgrund des gegenüber Österreich völlig anderen Systems der Studienfinanzierung solche, die über den Regelbedarf eines in Österreich lebenden Unterhaltspflichtigen hinausgehen. Die Beurteilung der Vorinstanzen als Sonderbedarf ist daher nicht korrekturbedürftig.

[35]15. Der vom Unterhaltspflichtigen zu bestreitende Sonderbedarf muss dann streng geprüft werden, wenn ohnehin regelmäßige Unterhaltsleistungen erbracht werden, die den Regelbedarf beträchtlich übersteigen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Unterhaltsberechtigte lediglich deshalb nicht Unterhaltsbeiträge entsprechend der vollen Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen erhält, weil er schon die „Luxusgrenze“ erreicht hat. Dann muss der Sonderbedarf zusätzlich zugesprochen werden, weil bei einer solchen Konstellation das Argument der nicht zu billigenden Überalimentierung des Unterhaltsberechtigten ins Leere ginge, sind doch Leistungen aus dem Titel des Sonderbedarfs zweckbestimmt und stehen nicht zur freien Verfügung des Unterhaltsberechtigten (2 Ob 89/03g). Das ist hier der Fall.

[36] 16. Der Antragsgegner verweist im Wesentlichen nur darauf, dass das Studienfinanzierungssystem in den USA anders als in Österreich die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Förderungen und Steuererleichterungen bietet, Absolventen höhere Gehälter erhalten und kreditierte Studienkosten aus diesen Gehältern auch leichter zurückbezahlt werden können.

[37] Dieser Argumentation kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, da sich aus den Feststellungen ergibt, dass auch unter Berücksichtigung aller Beihilfen und Kredite die Gesamtnettobelastung für Studiengebühren 1.000 USD im Monat betragen, dies ohne die laufenden Kosten wie etwa Lehrmaterialien. Dies entspricht in etwa dem von den Vorinstanzen zuerkannten Betrag.

[38]17. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs des Antragsgegners zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht.

[39]18. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 Abs 2 AußStrG. Der Antragsteller hat in der Revisionsrekursbeantwortung zutreffend auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen (RS0122774).