JudikaturOGH

6Ob128/25d – OGH Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
13. August 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer Zeni Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. H*, vertreten durch Mag. Nikolaus Leutgöb, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Dr. A*, vertreten durch Dr. Renate Garantini, Rechtsanwältin in Linz, wegen 1.304.173,90 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 31. Juli 2024, GZ 3 R 84/24d 40, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die in der Revision enthaltene Ablehnung wurde mittlerweile rechtskräftig als nicht berechtigt erkannt (OLG Linz vom 28. 10. 2024, 13 Nc 19/24b; vgl auch 9 Ob 84/24f).

[2] 2.1. Die Revision kann hinsichtlich der von den Vorinstanzen dargestellten Rechtslage betreffend die Verjährung von Ansprüchen und der dazu in der Rechtsprechung des Höchstgerichts entwickelten Grundsätze keine aufzugreifende Fehlbeurteilung oder erhebliche Rechtsfrage aufwerfen:

[3] 2.2. Den vom Berufungsgericht herangezogenen Umstand, dass der Kläger unzählige Beschwerden und Anträge bei verschiedensten Gerichten während seiner Unterbringung einbringen konnte, so etwa auch im Jahr 2013 eine Amtshaftungsklage gegen die Republik und weitere Verfahren, stellt der Kläger (zu Recht) nicht in Abrede, ebenso wenig, dass ein ihn betreffendes (damals noch) Sachwalterschaftsverfahren im Jahr 2017 eingestellt wurde und er die Einbringung der vorliegenden Klage am 2. 12. 2021 noch lange vor seiner Entlassung mit Beschluss vom 13. 11. 2023 bewerkstelligen konnte. Sein Vorbringen in der Revision zu einer angeblich erst durch den Ausgang eines von ihm (anwaltlich vertreten) geführten Amtshaftungsprozesses erlangten Rechtskenntnis ist unzulässige (und daher unbeachtliche) Neuerung.

[4] 2.3. Der Kläger, der eine Einschränkung seiner Prozessfähigkeit nicht behauptete, sondern gegenteilig darlegte, es sei nie die Notwendigkeit einer Erwachsenenvertretung festgestellt worden (zuletzt im Verfahren 1 P 12/21y eines näher bezeichneten Bezirksgerichts, erachtet es im Rechtsmittelverfahren – und ohne eine Rechtsvorschrift dafür nennen zu können – als geboten, den Beginn der Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt festzulegen, in dem er aus dem forensischtherapeutischen Zentrum entlassen wurde. Damit läge der Beginn der Verjährung weit nach Einbringung der Klage (und die Verjährungsfrist begänne zu jenem Zeitpunkt zu laufen, in dem im vorliegenden Verfahren die letzte Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung stattfand). Die Revision behauptet pauschal, der Kläger sei in der Rechtsdurchsetzung durch die Unterbringung „in der Praxis erheblich eingeschränkt“ (gewesen), weil er sich nicht (habe) frei bewegen, Anwälte und Gutachter aufsuchen könne(n). Dabei lässt die Revision aber jede Auseinandersetzung mit den dem Kläger im dritten Abschnitt des vierten Teils des StVG eingeräumten Möglichkeiten vermissen (insbesondere unter Rücksichtnahme auf § 167 StVG iVm §§ 20 bis 129, 131 bis 135, 146 bis 150 und 152 StVG [beinhaltend die Vorschriften über den Schriftverkehr, die Besuche von Rechtsbeiständen, zu denen zweifellos auch die bestellten Verfahrenshelfer zählen; Besuche, Vernehmungen sowie Ausführungen und Überstellungen]). Warum diese für eine Rechtsverfolgung allgemein oder gerade ihn betreffend – angesichts der Vielzahl seiner gestellten Anträge und Eingaben – faktisch keine ausreichende Möglichkeit der Rechtsverfolgung geboten haben sollten, erklärt die Revision nicht. Auch mit dem Argument der Erfolglosigkeit der vom Kläger bisher unternommenen Schritte und Verfahren kann eine „erhebliche“ Einschränkung in der Praxis nicht schlüssig dargestellt werden.

[5]3. War dem Kläger die Geltendmachung des Anspruchs während seiner Unterbringung nicht verwehrt (oder dem gleichkommend: eingeschränkt), liegt in der Erstellung eines behauptetermaßen falschen Gutachtens kein Verhalten, das es mit sich brächte, den Einwand der Verjährung als rechtsmissbräuchlich und wider Treu und Glaube erhoben im Sinne der Rechtsprechung anzusehen (vgl zu Vertröstungen, Vergleichsverhandlungen etwa RS0034537; allgemein siehe RS0014838). Es kann die Revision nicht aufzeigen, warum schon im Setzen der Ursache des behaupteten Schadens, aus dem der Kläger seinen Schadenersatzanspruch ableitet, ein verpöntes Verhalten der Beklagten gelegen sein sollte, dessentwegen der Kläger als ein Gläubiger nach objektiven Maßstäben der Auffassung sein konnte, sein Anspruch werde (von der späteren Verfahrensgegnerin) entweder ohne Rechtsstreit befriedigt oder nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft werden, sodass er aus diesem Grund dessen rechtzeitige gerichtliche Durchsetzung unterließ. Die Revision beruft sich dafür, dass der Einwand wider Treu und Glauben erhoben worden sei, auf die in einem Unterhaltsverfahren ergangene Entscheidung 1 Ob 10/21h. Diese ist aber nicht als gleichgelagert anzusehen, zumal damals eine aktive bewusste Täuschung des Unterhaltsberechtigten über den Bezug einer kapitalisierten Unterhaltsrente angenommen wurde.

[6]4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 2 ZPO).

[7]5. Der Oberste Gerichtshof hat der Beklagten die Beantwortung der Revision, in der sie die Zurückweisung der Revision als unzulässig beantragt, nicht freigestellt. Die dennoch eingebrachte Revisionsbeantwortung war nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, weshalb für sie ein Kostenersatz nicht zusteht (RS0043690 [T6]).