5Ob62/25s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. Weixelbraun Mohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers M*, vertreten durch Mag. Andreas Kulka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin S* KG, *, wegen § 25 Abs 1 Z 8 und 9 HeizKG, aus Anlass des Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. Jänner 2025, GZ 39 R 138/24v 9, mit dem der (Sach )Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 16. Juni 2024, GZ 10 MSch 5/24k 4, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird an das Rekursgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
[1] Der Antragsteller war als Mitmieter gemeinsam mit einem weiteren nicht Verfahrensbeteiligten seit 1. 2. 2021 Hauptmieter einer Wohnung im Haus der Antragsgegnerin. Sein Mietverhältnis wurde mit 22. 8. 2022 beendet.
[2]Der Antragsteller begehrte am 14. 2. 2024 bei der Schlichtungsstelle die Legung der Heizkostenabrechnung nach § 25 Abs 8 HeizKG und die Durchsetzung seines Anspruchs auf Zwischenermittlung der Verbrauchsanteile im Sinn des § 23 Abs 1 HeizKG nach § 25 Abs 1 Z 9 HeizKG.
[3] Die Schlichtungsstelle forderte den Antragsteller zur Verbesserung seines Antrags durch Beibringung der Unterschrift des weiteren Mitmieters auf. Der Antragsteller kam dem nicht nach und gab an, mit dem weiteren Hauptmieter sei kein Konsens herzustellen.
[4] Gegen die Zurückweisung seines Antrags durch die Schlichtungsstelle mit Beschluss vom 15. 3. 2024 rief der Antragsteller rechtzeitig das Gericht an und vertrat die Auffassung, er sei als Mitmieter allein zur Antragstellung berechtigt.
[5] Das Erstgerichtwies die Anträge zurück. Der Antragsteller und sein Mitmieter seien als Rechtsgemeinschaft Abnehmer im Sinn des HeizKG und eine notwendige Streitgenossenschaft, weshalb der Antrag von beiden zu stellen gewesen wäre. Der Antragsteller allein sei nicht Abnehmer im Sinn des § 2 Z 4 HeizKG.
[6] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass es den Sachantrag abwies. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Die Frage der notwendigen Streitgenossenschaft sei auch im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nach dem materiellen Recht zu beantworten. Eine solche liege insbesondere dann vor, wenn wegen Nichterfassung aller Beteiligten die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch divergierende Einzelentscheidungen bestehe. Dies sei hier der Fall. Würde ohne Beiziehung des Mitmieters als Abnehmer für eine Nutzungseinheit über die Heizkostenabrechnung oder den Anspruch auf Zwischenermittlung der Verbrauchsanteile entschieden, könnte es aufgrund eines gesonderten Antrags des Mitmieters zu divergierenden Entscheidungen kommen. Mangels Beiziehung des zweiten Mitmieters fehle dem Antragsteller daher die Sachlegitimation.
[7] Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Rekursgericht mit 10.000 EUR nicht übersteigend.
[8]Den Revisionsrekurs ließ es über Abänderungsantrag des Antragstellers nachträglich mit der Begründung zu, der Oberste Gerichtshof habe zur Frage der notwendigen Streitgenossenschaft von Abnehmern für die Geltendmachung der Ansprüche auf Legung einer Heizkostenabrechnung und auf Zwischenermittlung der Verbrauchsanteile bisher noch nicht Stellung genommen, sodass eine Klarstellung im Hinblick auf viele ähnlich gelagerte Fälle angezeigt erscheine. Ein Vorgehen nach § 63 Abs 5 1. Satz AußStrG hielt es angesichts der Einseitigkeit des bisherigen Verfahrens für entbehrlich.
Rechtliche Beurteilung
[9] Der Oberste Gerichtshof kann über dieses Rechtsmittel noch nicht entscheiden.
[10]1. Gemäß dem auch im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren anwendbaren (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG) § 68 Abs 1 AußStrG ist – wird ein Revisionsrekurs oder eine Zulassungsvorstellung, mit der ein ordentlicher Revisionsrekurs verbunden ist, gegen einen Beschluss erhoben, mit dem über die Sache entschieden worden ist, und findet das Gericht erster Instanz keinen Grund zur Zurückweisung – jeder anderen aktenkundigen Partei eine Gleichschrift zuzustellen. Diese Parteien können binnen 14 Tagen eine Beantwortung des Revisionsrekurses mittels Schriftsatzes überreichen.
[11] 2. Der Begriff der „Entscheidung über die Sache“ ist weiter als jener der Sachentscheidung ( Schramm in Gitschthaler/HöllwerthAußStrG² § 68 Rz 9). Dass das Verfahren bereits in erster Instanz mehrseitig war, ist nicht erforderlich; die Revisionsrekursbeantwortung steht auch den Parteien zu, die bisher nicht beteiligt oder gar nicht aktenkundig waren (1 Ob 19/06k; Schramm aaO Rz 10).
[12] 3. Die Abweisung des Sachantrags des Antragstellers mangels Aktivlegitimation ist ohne Zweifel eine „Entscheidung über die Sache“, auch wenn die Antragsgegnerin im Verfahren bisher nicht einbezogen war.
[13]4. § 68 Abs 1 AußStrG unterscheidet nicht danach, ob der Antrag schon dem Gegner zugestellt wurde. Allerdings sind Anträge, die sofort zurückoder abzuweisen sind, gemäß § 8 AußStrG dem Antragsgegner nicht zuzustellen. Eine Einschränkung bei Mehrseitigkeit ergibt sich aus teleologischen Erwägungen in einem solchen Fall deshalb, weil diesfalls dem noch nicht in das Verfahren einbezogenen Antragsgegner der Zurück oder Abweisungsbeschluss nicht zuzustellen ist (wie es auch hier der Fall war). Überschießend wäre es, von einer Mehrseitigkeit des Revisionsrekursverfahrens auch dann auszugehen, wenn das Erstgericht den verfahrenseinleitenden Schriftsatz sofort ab oder zurückgewiesen hat, für den Antragsgegner aber ein Nachteil nicht entstehen kann, weil die in einem einseitigen Rechtsmittelverfahren ergangene Entscheidung dem Antragsgegner gegenüber keine Bindung entfaltet ( SchrammaaO Rz 21 mwN; 1 Ob 62/15x).
[14]5. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Die vom Rekursgericht in der Zulassungsbegründung aufgeworfene Frage der notwendigen Streitgenossenschaft würde im Fall ihrer Verneinung dazu führen, dass nur einem Mitmieter die Aktivlegitimation nicht mit der Begründung verwehrt werden könnte, es bedürfe jedenfalls auch der Antragstellung durch den weiteren Mitmieter. Daran wären die Vorinstanzen ebenso gebunden wie die Antragsgegnerin (vgl 4 Ob 56/09b [zur im Außerstreitverfahren ergangenen Entscheidung nach § 40a JN]). Die Antragsgegnerin hatte mangels Zustellung der Entscheidungen der Vorinstanzen und des Revisionsrekurses des Antragstellers aber bisher keine Gelegenheit, sich zu dessen Vorbringen zu äußern, mit dem er seine Aktivlegitimation als Mitmieter zu begründen versucht.
[15]6. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts ist das Revisionsrekursverfahren daher hier zweiseitig. Das Rekursgericht wird daher im Sinn des § 63 Abs 5 1. Satz AußStrG vorzugehen und der Antragsgegnerin zwecks Wahrung ihres rechtlichen Gehörs auch eine Gleichschrift des verfahrenseinleitenden Antrags und der Entscheidungen beider Vorinstanzen zuzustellen haben. Der Akt wird erst nach Einlangen einer Revisionsrekursbeantwortung oder fruchtlosem Verstreichen der Frist hierfür wieder vorzulegen sein.