12Os28/25x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Mai 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Mag. Fürnkranz, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart des Schriftführers Mag. Vogel in der Strafsache gegen * B* wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 12. November 2024, GZ 33 Hv 27/24m 77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht Innsbruck zu.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B* des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 4. Februar 2024 in S* * S* eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zugefügt, indem er ihn unvermittelt von hinten zu Boden riss, mit dem rechten Fuß einen wuchtigen Fußtritt gegen den Kopf versetzte und ihm in die Nase biss, wodurch Teile der Haut und des Unterhautgewebes abgebissen wurden, die Nasenknorpel frei lagen und das Opfer aufgrund der Notwendigkeit eines plastisch-chirurgischen Eingriffs mit Hautlappentransplantation eine Verletzung mit einer Gesundheitsschädigung von mehr als 24 Tagen erlitt.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen aus Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.
[4] Nach den wesentlichen Feststellungen (US 3 f) riss der Angeklagte das Opfer unvermittelt von hinten zu Boden, versetzte ihm mit dem rechten Fuß einen wuchtigen Fußtritt gegen den Kopf und biss ihm nachfolgend „am Boden liegend“ in die Nase, wodurch Teile der Haut und des Unterhautgewebes abgebissen wurden und die Nasenknorpel frei lagen. Dadurch erlitt * S* die im Spruch ersichtliche Verletzung.
[5] Dem Angeklagten kam es dabei darauf an, das Opfer „durch das Zu-Boden-Reissen, den Fußtritt gegen den Kopf und den Biss in die Nase“ schwer am Körper zu verletzen (US 3; zur Abgrenzung von Versuch und Vollendung vgl im Übrigen RIS Justiz RS0122138).
[6] Aufgrund der erlittenen Verletzung an der Nase wurde an * S* eine erste plastische Operation im Klinikum Innsbruck durchgeführt. Am 9. Februar 2024 erfolgte ein weiterer chirurgischer Eingriff.
[7] Entgegen der – die Annahme einer 24 Tage übersteigenden Dauer der Gesundheitsschädigung (§ 84 Abs 1 erster Fall StGB) kritisierenden – Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) mussten sich die Tatrichter nicht damit befassen, dass bei der (ohnedies berücksichtigten) Operation am 9. Februar 2024 eine dreistündige Hautlappentransplantation durchgeführt wurde.
[8] Denn dieses Beweisergebnis gibt nichts für die Annahme her, dass die pathologische Veränderung des Körpers schon mit diesem chirurgischen Eingriff (vgl RIS Justiz RS0092630) im Sinn eines wesentlichen Abklingens ( Schroll SB BT I 5 § 84 Rz 36) von Leiden wie Funktionsstörungen, Behinderungen in der Bewegungsfreiheit, Schmerzen, Fieber und dergleichen ( Messner , SbgK § 84 Rz 53) beendet worden wäre (vgl auch RIS Justiz RS0092630).
[9] Die Erwägung des Erstgerichts, wonach „aus medizinischen Gründen keine weiteren Maßnahmen erforderlich“ seien, bezieht sich unzweifelhaft auf den Urteilszeitpunkt (US 4; vgl auch den Verweis US 9 auf die Ausführungen des gerichtsmedizinischen Sachverständigen) und nicht auf den Zeitpunkt der genannten Operation, sodass sich daraus kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zu den Konstatierungen zur Dauer der Gesundheitsschädigung ableiten lässt.
[10] Der Argumentation, wonach der genannte ärztliche Eingriff erst mehr als 24 Tage nach der Tat durchgeführt worden sei, fehlt der Bezug zum Urteilssachverhalt (vgl erneut US 4: 9. Februar 2024), sodass der daran geknüpfte Einwand nachträglichen Fehlverhaltens des Opfers keiner Beantwortung zugänglich ist.
[11] Entgegen der weiteren Beschwerde (Z 5 vierter Fall) ist die Ableitung absichtlichen Handelns (§ 5 Abs 2 StGB) aus dem festgestellten objektiven Geschehen unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (vgl RIS-Justiz RS0116882).
[12] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vernachlässigt mit der Behauptung, aus dem Urteil gehe nicht hervor, dass sich die Absicht des Angeklagten auf eine schwere Körperverletzung im Sinn des § 84 Abs 1 StGB bezog, prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0099810) die Gesamtheit der gegenteiligen Konstatierungen (vgl US 1, 3 f, 9).
[13] Die weitere Beschwerde (nominell Z 10, der Sache nach erneut Z 5) kann auf die Erledigung der Mängelrüge verwiesen werden. Denn sie setzt erneut die Konstatierung bezüglich der am 9. Februar 2024 durchgeführten ärztlichen Behandlung mit der Feststellung einer eingetretenen Heilung gleich und kritisiert davon ausgehend die Annahme einer mehr als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung.
[14] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
[15] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.