JudikaturOGH

11Os119/24w – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
21. Januar 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Jänner 2025 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende, die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger sowie die Hofrätinnen und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Müller BSc als Schriftführerin in der Strafsache gegen * G* wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Geschworenengericht vom 16. Juli 2024, GZ 17 Hv 62/24w 71.10, weiters über dessen Beschwerde gegen einen Beschluss des Vorsitzenden vom 6. August 2024, GZ 17 Hv 62/24w 76, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1]Mit dem angefochtenen – auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden – Urteil wurde * G* des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 10. Jänner 2024 in T* * F* zu töten versucht, indem er ihm mit einem Messer mit stabiler und spitz zulaufender Klinge von 17,5 Zentimetern Länge und bis zu 3,5 Zentimetern Breite mehrfache, kräftig geführte Stiche im Bereich der rechten und linken seitlichen sowie der vorderen Brustwand, gegen die linke Rückenregion und gegen die vordere Bauchwand sowie Schnitte am Oberkörper und an den Extremitäten zufügte, wodurch F* lebensbedrohliche Verletzungen, nämlich eine acht Zentimeter messende Stich-/Schnittwunde an der linken seitlichen Brustwand mit einer rund vier Zentimeter breiten Eröffnung der Brusthöhle, „Luftbrustfüllung“ und Blutung in den Brustraum, zwei oberflächliche Stichwunden über dem Brustbein, eine mehrere Zentimeter breite Stich /Schnittwunde an der rechten seitlichen Brustwand mit einem bis zur Rückenmuskulatur reichenden, ca acht Zentimeter langen Stichkanal, zwei tiefe Stichwunden der linken Schulter-/Rückenregion, zwei Stich-/Schnittwunden im Bereich des linken Ellbogens, eine rund 25 Zentimeter lange Stich-/Schnittwunde der linken Bauchwand mit Eröffnung der Bauchhöhle und Austritt von Bauchorganen sowie Schnittwunden im Bereich des rechten Daumens am Endglied, an der rechten Handfläche in der Daumen /Zeigefingerfalte rechts und über dem Kleinfingerballen sowie am linken Daumen, in der linken Daumen-/Zeigefingerfalte und über dem linken Zeigefingergrundglied erlitt.

[3]Die Geschworenen haben – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde relevant – die anklagekonform gestellte Hauptfrage 1./ in Richtung des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB bejaht und hiezu gestellte Zusatzfragen nachdem Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB; I), dem Rechtfertigungsgrund der Notwehr (§ 3 Abs 1 erster Fall StGB) und dem Schuldausschließungsgrund der Notwehrüberschreitung aus asthenischem Affekt (§ 3 Abs 2 StGB; II) verneint. Die Beantwortung von Eventualfragen ist demgemäß folgerichtig unterblieben.

Rechtliche Beurteilung

[4] Gegen das Urteilrichtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[5]Die gesetzmäßige Ausführung einer Fragenrüge (Z 6) erfordert eine Substantiierung dahin, durch welche in der Hauptverhandlung vorgebrachten konkreten Tatsachen (§ 314 Abs 1 StPO) die nunmehr urgierte weitere Fragestellung indiziert gewesen sein soll (RISJustiz RS0100860). Dabei darf der Rechtsmittelwerber den Nachweis der geltend gemachten Nichtigkeit nicht bloß auf der Grundlage einzelner aus dem Kontext der Gesamtverantwortung gelöster Teile davon führen, sondern hat vielmehr die für die vermisste Fragestellung ins Treffen geführten Verfahrensergebnisse in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0120766 [T2]).

[6] Dem wird die Fragenrüge (Z 6) nicht gerecht.

[7] Sie kritisiertdas Unterbleiben einer Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlags (§§ 15, 76 StGB) mit der auf isoliert herausgegriffene Teile der Verantwortung des Angeklagten gestützten Behauptung, dieser habe sich – aus Eifersucht – in einer emotionalen Ausnahmesituation befunden. D ie Depositionen des Angeklagten werden aber gerade nicht in ihrer Gesamtheit (vgl aber RIS Justiz ) berücksichtigt, hat dieser doch den für die Verwirklichung (auch) des Verbrechens des Totschlags nach §§ 15, 76 StGB erforderlichen (RIS-Justiz ) Tötungsvorsatz mehrfach dezidiert in Abrede gestellt (vgl ON 71.9, 11 und 14), sodass seine Verantwortung als ernst zu nehmendes Indiz für eine Eventualfrage in Richtung § 76 StGB ausscheidet.

[8] Über die gegen den Protokollberichtigungsbeschluss (ON 76) gerichtete Beschwerde (vgl Danek/Mann, WK-StPO § 271 Rz 56), die sich auf keine für den Erfolg der Nichtigkeitsbeschwerde wesentlichen Umstände bezieht, war vom Obersten Gerichtshof zufolge Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 285i StPO), nicht zu entscheiden (vgl RIS-Justiz [T2, T5], [T14]).

[9]In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

[10]Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.