JudikaturOGH

3Ob216/24x – OGH Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
17. Dezember 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. WeixelbraunMohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Parteien 1. R*, vertreten durch Dr. Stephan Duschel und andere Rechtsanwälte in Wien, 2. H*, 3. R*, 4. S*, alle vertreten durch Dr. Stella Spitzer-Härting, Rechtsanwältin in Wien, gegen die verpflichtete Partei R*, vertreten durch Dr. Gregor Grubhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwirkung vertretbarer Handlungen (§ 353 EO), über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. Oktober 2024, GZ 46 R 89/24i 29, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 26. Februar 2024, GZ 12 E 2431/23m 12, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Das Erstgericht bewilligte den Betreibenden gegen den Verpflichteten aufgrund eines vollstreckbaren (Räumungs)Urteils die Exekution gemäß § 353 EO durch Entfernen und Abtragen von auf einer näher umschriebenen Liegenschaft vorhandenen Stützvorrichtungen, bestehend aus einbetonierten Eisenstehern und Verplankung mit Eisenbahnschwellen, einer an die Stützvorrichtung anschließenden Mauer, Zaun- und Sichtschutzelementen, Bahnschwellen und Schutt, der in das Wasser gekippt wurde, und trug dem Verpflichteten auf, den Betreibenden einen mit 9.000 EUR bestimmten Kostenvorschuss für die Ersatzvornahme zu zahlen.

[2] Das Rekursgerichtgab dem Rekurs des Verpflichteten nur insofern Folge, als es den Exekutionsantrag hinsichtlich der Entfernung von ins Wasser gekipptem Schutt und auf Zahlung eines insoweit für die Ersatzvornahme vorgesehenen Kostenvorschusses von 3.500 EUR abwies. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes – ausgehend von der Bewertung der Exekutionssache durch die Betreibenden (2.000 EUR) – nicht 5.000 EUR übersteige und der Revisionsrekurs demgemäß gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO iVm § 78 EO jedenfalls unzulässig sei.

[3] In seinem „außerordentlichen“ Revisionsrekurs, mit dem er die gänzliche Abweisung des Exekutionsantrags anstrebt, rügt der Verpflichtete eine offensichtliche Unterbewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Rekursgericht. Wie sich bereits aus der Höhe des vom Rekursgericht aufgetragenen Kostenvorschusses ergebe, sei der behauptete Anspruch objektiv zumindest mit 5.500 EUR zu bewerten. Abgesehen davon liege dem Exekutionsverfahren ein Räumungstitel zugrunde, es handle sich daher um eine Streitigkeit nach § 502 Abs 5 Z 2 iVm § 528 Abs 2 Z 1 ZPO.

Rechtliche Beurteilung

[4] Das Rechtsmittel ist als absolut unzulässig zurückzuweisen.

[5]1. Gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO (iVm § 78 EO) ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 5.000 EUR nicht übersteigt, es sei denn, es handelt sich um Streitigkeiten nach § 502 Abs 4 oder 5 ZPO; dazu zählen also insbesondere Räumungsstreitigkeiten nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO.

[6]2. Ist aber – wie hier – nicht mehr über die Räumung, sondern nur über die Durchsetzung des bereits in vollstreckbarer Form festgestellten Räumungsanspruchs zu entscheiden, kann dies entgegen der Ansicht des Verpflichteten nicht dem Ausnahmetatbestand des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO unterstellt werden, weshalb das Rekursgericht auszusprechen hatte, ob der Entscheidungsgegenstand 5.000 EUR und bejahendenfalls, ob er auch 30.000 EUR übersteigt (vgl RS0115036).

[7]3. Dieser Bewertungsausspruch ist grundsätzlich unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend (RS0042385 ua), es sei denn, das Gericht zweiter Instanz hätte zwingende Bewertungsvorschriften verletzt, eine offenkundige Fehlbewertung vorgenommen oder eine Bewertung hätte überhaupt unterbleiben müssen (vgl RS0042385 [insbesondere T3, T7, T9]).

[8]4. Das Gericht zweiter Instanz darf den Wert des Entscheidungsgegenstands nicht willkürlich festsetzen, es steht ihm aber, soweit die Bewertung nicht ohnehin zwingend vorgegeben ist, ein Ermessensspielraum offen. Sein Ermessen ist ein gebundenes Ermessen, das sich an den für die Bewertung des Streitgegenstands normierten Grundsätzen zu orientieren hat (3 Ob 114/17m mwN). Bestehen keine zwingenden Bewertungsvorschriften, so hat sich die Bewertung am objektiven Wert der Streitsache zu orientieren (RS0118748 [T1]).

[9]5. Dem Verpflichteten gelingt es nicht, eine derartige Fehlbeurteilung (offenbare Unterbewertung) des Rekursgerichts aufzuzeigen. Auch wenn das Gericht zweiter Instanz nicht an die Bewertung des Exekutionsgegenstands durch die Betreibenden gebunden ist (vgl RS0043252), spricht grundsätzlich nichts dagegen, dass es sich an dieser Bewertung orientiert. Die Höhe der Kosten der Ersatzvornahme ist entgegen der Ansicht des Verpflichteten für die Bewertung des Interesses der Betreibenden an der Entfernung der baulichen Einrichtungen nicht zwingend entscheidend, sodass hier nicht von einer offenkundigen, dh eindeutig erkennbaren (3 Ob 114/17m) Unterbewertung gesprochen werden kann.