4Ob139/77 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lassmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger und Dr. Friedl sowie die Beisitzer Dr. Alfred Kepl und Dr. Walter Geppert als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, Berufsjäger in *, vertreten durch Dr. Peter Pflauder, Rechtsanwalt in Lienz, wider die beklagte Partei A*, Kaufmann in *, vertreten durch Dr. Jakob Oberhofer, Rechtsanwalt in Lienz, wegen S 88.207,52 samt Anhang infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 7. Dezember 1976, GZ 2 Cg 39/75 106, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Lienz vom 7. März 1975, GZ Cr 16/74 57, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Beiden Revisionen wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil, welches hinsichtlich der Abweisung eines Teilbegehrens von S 1.176,30 samt 4 % Zinsen seit 24. Oktober 1975 als unangefochten unberührt bleibt, wird im übrigen aufgehoben; die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Kläger war vom 1. April 1966 bis 31. März 1972 beim Beklagten in dessen Jagdrevier in * als Berufs j äger beschäftigt. Im vorliegenden, seit 19. Juni 1972 anhängigen Rechtsstreit verlangt er vom Beklagten aus diesem Arbeitsverhältnis die Zahlung von – zuletzt (ON 69 Bd I S 295) – S 88.207,52 samt Anhang; dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
1. Differenz zwischen dem kollektiv-
vertraglichen Lohn für die Zeit vom
19. Juni 1969 bis 31. März 1972 und den
vom Beklagten für diesen Zeitraum
tatsächlich gezahlten Beträgen S 48.755,02
2. Abfertigung in der Höhe von drei
Monatsentgelten S 15.581,70
3. Schußgelder S 8.880,--
4. Patronengeld S 190,80
5. Hundegeld S 8.000,--
6. Reisepauschale S 6.800,--
zusammen S 88.207,52.
Der Kläger stützt diese Ansprüche primär auf die Kollektivverträge für die im Land Tirol tätigen Berufsjäger vom 17. Oktober 1968 (Beilage B), vom 29. Jänner 1970 (Beilage C ) und vom 17. März 1971 (Beilage D). Auf die Einhaltung dieser kollektivvertraglichen Bestimmungen habe er wiederholt, jedoch erfolglos gedrängt. Im übrigen habe der Beklagte durch eine Zusatzvereinbarung vom 6. Juli 1968 schlüssig zu erkennen gegeben, daß er die kollektivvertraglich festgesetzten Löhne zahlen wolle. In jedem Fall habe der Kläger – welcher in diesem Zusammenhang auch auf den Kollektivvertrag für die Gutsangestellten Tirols verwies –Anspruch auf einen „gerechten“ Lohn im Sinne des § 1152 ABGB.
Demgegenüber behauptet der Beklagte, daß der Kollektivvertrag für die im Land Tirol tätigen Berufsjäger ungültig sei, weil dem „Tiroler Jägerverband“, welcher für die Dienstgeberseite abgeschlossen habe, die Kollektivvertragsfähigkeit fehle. Der Beklagte habe dem Kläger den vereinbarten Monatslohn von netto S 2.200,--, ab 1. Mai 1970 netto S 2.400,-- und ab 1. Jänner 1972 netto S 2.600,-- gezahlt. Der Kläger habe sich nie auf den Kollektivvertrag berufen; eine Vereinbarung, wonach er die kollektivvertraglichen Lohnsätze oder sonstige Leistungen aus dem Kollektivvertrag erhalten solle, sei nie getroffen worden. Mit Zusatzvereinbarung vom 6. Juli 1968 sei dem Kläger – welcher durch die Tätigkeit im Revier des Beklagten nur zu 40 % bis 70 % ausgelastet gewesen sei – als Au sgl eich für allenfalls bestehende kollektivvertragliche Mehrverpflichtungen die Verrichtung von Forstarbeiten für andere Personen gestattet worden; in der Folge habe der Kläger eine solche Nebenbeschäftigung auch tatsächlich ausgeübt. Im übrigen habe der Beklagte dem Kläger ein von ihm gemietetes Gehöft zur Verfügung gestellt und dafür die Miete von S 250,-- monatlich gezahlt, dies auch dann noch, als der Kläger dieses Haus käuflich erworben hatte. Der Kläger habe jährlich ein „Deputatsreh“ zum Abschuß erhalten, des öfteren auch ein Rehkitz. Das Schußgeld in der Höhe von S 200,-- bis S 500,--- sei ihm auf Grund einer Vereinbarung des Beklagten mit den Jagdgästen jeweils von diesen ausgezahlt worden. In einem schriftlichen Vermerk vom 9. April 1972 habe sich der Kläger ausdrücklich als lohnbefriedigt erklärt; seinen Forderungen stehe überdies, soweit sie über drei Jahre bis 19. Juni 1969 zurückliegen, die Einrede der Verjährung entgegen. Im übrigen sei der Kläger seinen Obliegenheiten als Revierjäger nicht ordnungsgemäß nachgekommen; gegen Ende des Dienstverhältnisses habe er sich so verhalten, daß eine Entlassung gerechtfertigt gewesen wäre.
Folgender Sachverhalt steht außer Streit: Mit Beschluß vom 12. Februar 1975, Ne I 22/75 (Beilage 1 3 ) hat das Einigungsamt Wien die im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ erfolgten Verlautbarungen über die Hinterlegung (ua) der Kollektivverträge Beilage B, C und D zur Gänze widerrufen und ausgesprochen, daß die Verlautbarungen der Hinterlegung dieser Kollektivverträge als nicht erfolgt gelten. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, daß dem auf der Dienstgeberseite einschreitenden „Tiroler Jägerverband“ die Kollektivvertragsfähigkeit fehle, so daß die von ihm abgeschlossenen Kollektivverträge nichtig seien.
Der Beklagte hat dem Kläger neben dem vereinbarten Lohn die Betriebskosten, wie sie im Wirtschaftsbuch (Beilage 7 und 8) verzeichnet sind, und außerdem zur Abdeckung der Mietkosten für die Wohnung bis zur Auflösung des Dienstverhältnisses monatlich S 250,-- gezahlt, letzteres, obgleich der Kläger am 5. Juni 1970 die Liegenschaft EZ * KG. * erworben und dort gewohnt hatte. Weitere Zahlungen hat der Beklagte nicht geleistet.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren – welches im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz noch auf S 84.060,72 samt Anhang gelautet hatte – ab, weil die Kollektivverträge, auf die sich das Klagebegehren gründe, nichtig seien. Eine Vereinbarung über die Anwendung dieser Kollektivverträge sei von den Parteien nicht getroffen worden; der Kläger habe bei Antritt des Dienstverhältnisses nicht einmal gewußt, daß ein Kollektivvertrag existierte.
Der Berufung des Klägers – welcher sein Zahlungsbegehren im Berufungsverfahren auf nunmehr S 88.207,52 samt Anhang ausgedehnt hatte – gab das Berufungsgericht teilweise, und zwar dahin Folge, daß es den Beklagten schuldig erkannte, dem Kläger S 64.681,22 samt Anhang zu zahlen; das Mehrbegehren von S 23.526, 3 0 samt Anhang blieb abgewiesen. Auf Grund der Neudurchführung der Verhandlung (§ 25 Abs 1 Z 3 ArbGG) durch das Gericht zweiter Instanz i s t nachstehender wesentlicher Sachverhalt erwiesen:
Mit Pachtvertrag vom 18. August 1963 (Beilage 23) hatte der Beklagte die – 3.224 ha große – Genossenschaftsjagd * für die Pachtdauer vom 1. April 1963 bis 31. März 1972 gepachtet; er hatte überdies während dieser Zeit auch eine Eigenjagd der bischöflichen Mensalverwaltung * im Ausmaß von rund 306 ha in Pacht.
Im Jagdjahr 1965/66 inserierte der Beklagte, daß er einen hauptberuflichen Revierjäger einstelle. Neben anderen Personen bewarb sich auch der Kläger um diesen Posten. Er hatte im Jahre 1943 die Aufsichtsjägerprüfung, im Juli 1947 die Prüfung zwecks Zulassung zur Bestätigung und Beeidigung für den Jagdschutzdienst und im September 1947 die Prüfung für den Jagd- und Jagdschutzdienst abgelegt und überdies im Jahre 1964 einen viermonatigen Forstwartekurs besucht und mit einer Prüfung erfolgreich abgesc hl ossen. Die Parteien kamen überein, daß der Kläger vorerst für ein Probejahr beschäftigt werden sollte; sie schlossen darüber einen „Dienst-Vorvertrag“ (Beilage 3), in welchem ua folgendes vereinbart wurde:
„Herr M* wird mit Dienstantritt 1. April 1966 als hauptberuflicher Revierjäger am Revier *, Genossenschaftsjagd in Pacht des Herrn A*, angestellt.
Die Entlohnung besteht aus:
S 2.200,-- netto monatlich im n achhinein, Weihnachtsremuneration und Urlaubsgeld wie üblich 1 3 . und 14. Monatsgehalt, freie Wohnung bestehend aus 1 Küche, 1 Schlafzimmer und Nebenräume sowie von den angebauten Wirtschaftsräumen nach Bedarf mit der Genehmigung zur Haltung von Kleinvieh, freie Beleuchtung und Heizung. Zur Gewinnung des Holzbedarfes ist gegebenenfalls die eigene Arbeitsleistung vorgesehen.
...................................
Der Vertrag gilt für ein Probejahr, nach dessen Ablauf sich das Dienstverhältnis bei gegenseitiger Zufriedenheit auf unbestimmte Zeit und längstens bis zum Ablauf der Revierpachtung durch den unterzeichneten Arbeitgeber verlängert.
Als Kündigungszeit wird eine gegenseitige Kündigungsfrist von 6 Monaten vereinbart uzw. einzubringen jeweils nur am 30. Juni bzw. 31. Dezember eines Kalenderjahres. Von dieser Kündigungsfrist kann nur bei gegenseitigem Einverständnis abgewichen werden.
.........................................“
Von einem Kollektivvertrag war beiden Vertragsverhandlungen der Parteien nicht die Rede, ebensowenig davon, ob der Kläger als Angestellter eingestuft werde oder nicht. Der Kläger wußte damals gar nicht, daß es einen Kollektivvertrag für Berufsjäger gab.
Beim Vertragsabschluß besprachen die Parteien, daß das erste Jahr ein Probejahr sein solle; nach Ablauf dieses Jahres sollte der Kläger einen höheren Lohn bekommen, über dessen Ausmaß allerdings damals nicht gesprochen wurde. Da der Kläger an seinem vorherigen Dienstposten S 2.400,-- netto, 14 x im Jahr, bei freier Wohnung und freiem Holz gehabt hatte, verdiente er während des Probejahres beim Beklagten etwas weniger als früher; er erwartete aber, nach Ablauf des Probejahres ein höheres Einkommen zu erzielen als an seinem vorhergehenden Dienstposten.
Der Kläger trat seinen Dienst im Jagdrevier des Beklagten vertragsgemäß an. Das Dienstverhältnis wurde über das Probejahr hinaus fortgesetzt. Im Jahre 1968 erhielt der Kläger davon Kenntnis, daß ihm nach dem Kollektivvertrag für Berufsjäger weitere Leistungen zustehen würden. Er drängte hierauf den Beklagten unter Vorlage des Kollektivvertrages auf Zahlung der dort angeführten Nebenleistungen, wie Hundegeld und Patronenwertersatz, und verlangte überhaupt Entlohnung nach dem Kolle k tivvertrag. Der Beklagte war jedoch dazu nicht bereit. Als der Kläger drohte, d a ß er dann gehen wolle, kam es zu folgender „Vereinbarung“ vom 6. Juli 1968 (Beilage 4):
„Im Nachhang zu dem gültigen Dienstvertrag des Revierjägers Herrn M* * wird vereinbart, daß der unterzeichnete Arbeitgeber A* dem Arbeitnehmer M* als Ausgleich zu allenfalls bestehenden kollektivvertraglichen Mehrverpflicht un gen außerhalb der vereinbarten Entlohnung von netto S 2.200,-- sowie 13. und 14. Monatsgehalt sowie Wohnung, Heizung und Licht, es gestattet, im Forstbetrieb der Gemeinde * bzw. im Forst des Bistums in * Forstarbeiten gegen sep a rate Entlohnung dieser Arbeitgeber leisten darf. Dieser zusätzliche Erwerb wird von Seiten des Arbeitgebers zwar zeitlich nicht geregelt, darf jedoch den Obliegenheiten der Revieraufsicht, Hege und Pürschführung etz. in keiner Weise abträglich sein. Die Obliegenheiten eines Revierjägers müssen vor den o.a. Gelegenheitsbeschäftigungen stets den absoluten Vorrang haben.“
Weitere Vereinbarungen zwischen den Parteien sind nicht getroffen worden.
In der Folge versuchte der Kläger, sich entsprechend der ihm erteilten Erlaubnis ein Nebeneinkommen durch Forstarbeiten zu verschaffen. Er arbeitete bei der bischöflichen Mensalverwaltung * höchstens zwei Tage, im Sägewerk L* höchstens zweieinhalb Tage und eine ähnlich kurze Zeit im Sägewerk G*; dabei verdiente er insgesamt einige hundert Schilling. Weitere Forstarbeiten konnte der Kläger nicht verrichten, weil er immer wieder kurz nach Arbeitsbeginn ins Revier zurückgerufen wurde, um Jagdgäste zu führen, und weil er im übrigen durch die Betreuung des Reviers voll ausgelastet war, so daß er bei Ausübung einer regelmäßigen Nebenbeschäftigung das Revier hätte vernachlässigen müssen.
Der Beklagte zahlte dem Kläger bis 31. März 1970 einen monatlichen Nettolohn von S 2.200,--, dann vom 1. April 1970 bis 31. Dezember 1971 monatlich S 2.400,-- und schließlich vom 1. Jänner bis 31. März 1972 monatlich S 2.600,--; dazu kommen an Sonderzahlungen im Jahr 1969 S 4.400,--, im Jahr 1970 S 4.600,--, im Jahr 1971 S 4.800,-- und schließlich bei der Endabrechnung am 9. April 1972 S 650,--.
Außerdem erhielt der Kläger vom Beklagten während der ganzen Dauer seines Dienstverhältnisses monatlich S 250,-- an Mietkosten, insgesamt also für 33 Monate einen Betrag von S 8.250,--. Mit Kaufvertrag vom 5. Juni 1970 erwarb der Kläger das betreffende, aus Küche, Schlafzimmer, Nebenräumen und Wirtsch a ftsräumen bestehende Wohnhaus; er teilte aber dem Beklagten weder den Kauf noch die damit verbundene Auflösung des Mietverhältnisses mit, und zwar deshalb, weil er den Kaufpreis für das Haus zahlen mußte und ein Sparkassendarlehen von S 30.000,-- aufgenommen hatte. Der Beklagte erfuhr erst Jahre später – offenbar erst während des Rechtsstreites – von diesem Umstand.
Der Beklagte leistete überdies für den Kläger Sozialversicherungsbeiträge in unbekannter Höhe sowie Betriebskosten, insbesondere für Strom und Holz zum Heizen. Diese Zahlungen beliefen sich für die Zeit vom 19. Juni 1969 bis 31. Jänner 1972 auf insgesamt S 4.100,--; weitere Leistungen des Beklagten sind nicht erwiesen. Für den Abtransport von Brennholz, welches er selbst aufgearbeitet hatte, mußte der Kläger allerdings jährlich etwa S 400,-- bis S 500,-- auslegen, welche ihm der Beklagte nicht ersetzte.
Der Kläger durfte das Raubzeug und das Raubwil d selbst schießen und behalten, was er auch tat. Davon konnte er die Füchse um jeweils S 200,-- verkaufen; der Erlös aus dem anderen Raubwild war bedeutungslos. Außerdem durfte der Kläger jährlich eine Rehgeiß als Deputatwild schießen und tat dies auch. Der Erlös des Wildbrets betrug jährlich S 400,-- bis S 500,--.
Schußgeld, Patronengeld und Hundegeld nach dem Kollektivvertrag erhielt der Kläger ebenso wenig wie ein Reisepauschale; auch eine Abfertigung wurde ihm vom Beklagten nicht gezahlt.
Die Reviergröße des Genossenschaftsjagdgebiets *, dessen Struktur, der Wildbestand und die damit zusammenhängenden notwendigen Dienstleistungen lasten einem Berufsjäger das ganze Jahr hindurch voll aus. Beim Kläger wurde dies noch dadurch verstärkt, daß er auch das Gebiet der Eigenjagd der bischöflichen Mensalverwaltung * zu versorgen hatte. Seinen Urlaub konsumierte der Kläger nicht im vollen Ausmaß; wieviel Urlaub er tatsächlich verbraucht hat, konnte nicht festgestellt werden.
Etwa Mitte März 1972 schrieb der Beklagte dem Kläger, daß das Dienstverhältnis mit 31. März 1972 (Ende des Jagdpachtverhältnisses) enden werde. Der Kläger nahm diese Mitteilung zur Kenntnis und war damit einverstanden.
Für den 9. April 1972 bestellte der Beklagte den Kläger zu sich, um mit ihm zu verrechnen. Nachdem er dem Kläger die restlichen Sonderzahlungen für 1971 und 1972 im Gesamtbetrag von S 3.215,-- ausgezahlt hatte, wies der Kläger darauf hin, daß er noch eine Abfertigung zu bekommen habe. Der Beklagte erklärte hierauf, daß ihn das nicht interessiere. Er legte dem Kläger das Wirtschaftsbuch Beilage 8 zur Unterschrift vor, welches in diesem Zeitpunkt auf den zwei letzten beschriebenen Seiten folgende Eintragungen aufwies:
Vorletzte Seite: letzte Seite:
„13. Monatsgehalt 1. April 1971 bis 31. März 1972 S 2.400,--
Zuschlag Lohnerhöhung 1. Jänner bis 31. März 1972 S 165,--
Weihnachtsremuneration 1. Jänner bis 31. März 1972 S 650,--
S 3.215,--“.
Weitere Eintragungen waren auf diesen beiden Seiten nicht vorhanden. Der Kläger las den damals vorhandenen Text durch und unterschrieb sodann auf der letzten Seite. Davon, daß es sich um eine Endabrechnung handeln würde, wurde damals ebensowenig gesprochen wie darüber, daß der Kläger nun „lohnbefriedigt“ sei; der Kläger hätte in diesem Zeitpunkt gar nicht gewußt, was dieses Wort bedeutet. Es war vielmehr so, daß die Parteien wegen der erwähnten Differenzen über die Abfertigung in Unfrieden voneinander schieden. Die Überschrift der vorletzten Seite „Bestätigung über Endabrechnung“ und der Nachsatz auf der letzten Seite „lohnbefriedigt erhalten am 9. April 1972“ wurden erst bei späterer Gelegenheit angebracht.
Rechtlich führte das Berufungsgericht aus:
Einen Verzicht auf weitere Ansprüche gegen den Beklagten habe der Kläger nicht abgegeben; er habe vielmehr bewiesen, daß die im Wirtschaftsbuch enthaltene Erklärung, lohnbefriedigt zu sein, nicht von ihm stammt. Die Behauptung des Beklagten, daß ein Entlassungsgrund vorgelegen wäre, sei schon deshalb unbeachtlich, weil der Beklagte tatsächlich keine Entlassung ausgesprochen habe.
Da der Kläger höhere Dienste im Sinne des § 1 Abs 1 GAngG geleistet habe, sei dieses Gesetz auf ihn anzuwenden. Mit Rücksicht auf seine sechsjährige Dienstzeit habe er daher schon nach § 22 Abs 1 GAngG Anspruch auf eine Abfertigung in der Höhe des Dreifachen des für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Entgelts.
Da die Kollektivverträge Beilage B, C und D nichtig sind, könne der Kläger seine Ansprüche nicht unmittelbar auf sie stützen; auch eine Vereinbarung über die Anwendung dieser Kollektivverträge sei von den Parteien weder ausdrücklich noch schlüssig getroffen worden. Hingegen bestehe der – dem zwingenden Recht a n gehörende – Anspruch des Klägers auf einen „gerechten“ (= angemessenen) Lohn zu Recht. Dabei könnten die Kollektivverträge Beilage B, C und D ungeachtet ihrer Nichtigkeit sehr wohl als Maßstab für die Angemessenheit der Entlohnung eines Berufsjägers gelten, weil sie ja zwischen Fachorganisationen – nämlich dem Tiroler Jägerverband und der Landarbeiterkammer – abgeschlossen worden seien.
Für den Beklagten wäre aber auch dann nichts gewonnen, wenn man der Ansicht wäre, daß ein angemessenes Entgelt nach § 1152 ABGB nur bei Fehlen einer Entgeltvereinbarung oder im Fall deren Sittenwidrigkeit gebühren würde: Das Entgelt nach den mehrfach genannten Kollektivverträgen liege nämlich so hoch über den vom Beklagten erbrachten Leistungen, daß die Entgeltvereinbarung der Parteien als sittenwidrig zu qualifizieren wäre. Selbst dann aber, wenn man eine solche Sittenwidrigkeit verneinen wollte, käme immer noch der Kollektivvertrag für die Gutsangestellten Tirols zum Tragen, dessen Ansätze nicht viel niedriger lägen als die Ansätze der drei für nichtig erklärten Kollektivverträge.
Der Kläger sei voll ausgelastet gewesen und habe daher Anspruch auf volle Entlo hn ung in der in den Kollektivverträgen Beilage B, C und D angeführten Höhe. Da sich die Annahme einer Nebenbeschäftigung entsprechend der Vereinbarung Beilage 4 als unmöglich erwiesen habe, seien Mehrleistungen des Beklagten, welche dieser über seine Leistungen hinaus hätte erbringen müssen, damit nicht abgegolten.
Auf Grund dieser sowie verschiedener weiterer Feststellungen über den Inhalt der Berufsjäger-Kollektivverträge und über die vom Kläger für den Beklagten im einzelnen geleistete Tätigkeit kam das Berufungsgericht zusammenfassend zu folgender Berechnung der Ansprüche des Klägers:
1. Lohndifferenz für die Zeit vom 19. Juni 1969
bis 31. März 1972 S 47.179,52
2. Abfertigung ( drei Monatsgehälter) S 15.581,70
3. Schußgelder S 7.330,--
4. Patronengeld S 140,--
5. Reisepauschale S 6.800,--
zusammen S 88.207,52.
Hievon sei ein Betrag von S 8.250,-- + S 4.100,-- = S 12.350,-- für Miete und Betriebskosten abzuziehen, so daß dem Kläger ein Betrag von S 64.681,22 samt Anhang zuzusprechen sei. Das Mehrbegehren von S 23.526,30 – darunter insbesondere das Hundegeld, welches dem Kläger deshalb nicht gebühre, weil sein Hund die nach dem Tiroler Jagdgesetz vorgeschriebene Prüfung nicht aufgewiesen habe – müsse dagegen als unbegründet abgewiesen werden.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird von beiden Parteien mit Revision angefochten. Der Kläger wendet sich aus dem Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO gegen die Abweisung des Teilbegehrens von S 22.350,-- (S 8.000,-- Hundegeld, S 8.250,-- Miete und S 4.100,-- Betriebskosten) und beantragt den Zuspruch auch dieses Betrages. Der Beklagte bekämpft den abändernden Teil der Berufungsentscheidung aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung; er beantragt, in Abände ru ng der angefochtenen Entscheidung das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen, allenfalls das Berufungsurteil aufzuheben und die Recht ss ache im Umfang der Anfechtung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen beide Parteien, der Revision des jeweiligen Prozeßgegners nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionen sind im Ergebnis berechtigt.
Soweit der Beklagte die Feststellung des angefochtenen Urteils, daß der Kläger anläßlich der Auflösung des Dienstverhältnisses auf weitere Ansprüche nicht verzichtet habe, als rechtsirrig bekämpft und der Berufungsentscheidung in diesem Zusammenhang Feststellungsmängel vorwirft, kann ihm allerdings nicht gefolgt werden: Das Berufungsgericht hat auf Grund der Parteiaussage des Klägers (ON 67 Bd I S 280 f) als erwiesen angenommen, daß die beiden letzten Seiten des Wirtschaftsbuches Beilage 8 im Zeitpunkt ihrer Unterfertigung durch den Kläger am 9. April 1972 ausschließlich die oben angeführten Eintragungen aufgewiesen haben; es hat daraus folgerichtig die weitere Tatsachenfeststellung abgeleitet, daß die Überschrift der vorletzten Seite „Bestätigung über Endabrechnung“ und der Nachsatz auf der letzten Seite „lohnbefriedigt erhalten am 9. April 1972“ erst bei späterer Gelegenheit angebra ch t wurden. Die Behauptung des Beklagten, daß die bekämpfte Feststellung „jeder Beweisgrundlage entbehre“, weil „in den gesamten Beweisergebnissen kein Anhaltspunkt“ für sie zu finden sei, steht daher mit der Aktenlage nicht im Einklang; was der Beklagte in dieser Richtung vorbringt, ist in Wahrheit nur ein – in dritter Instanz auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren unzulässiger – Angriff auf die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen. Ob dem Beklagten im Zusammenhang mit der nachträglichen Beifügung des erwähnten Vermerks böse Absicht zur Last fällt oder nicht, ist rechtlich bedeutungslos; entscheidend ist hier, daß der Kläger eine Erklärung, „lohnbefriedigt“ zu sein, nicht abgegeben und daher auf weitere Ansprüche aus dem Dienstverhältnis zum Beklagten nicht verzichtet hat.
Im übrigen ist bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes von der – im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen – Tatsache auszugehen, daß die vom Kläger zur Grundlage seines Zahlungsbegehrens gemachten (siehe ON 5 Bd I S 20) Kollektivverträge Beilage B, C und D mangels Kollektivvertragsfähigkeit des auf der Dienstgeberseite einschreitenden „Tiroler Jägerverbandes“ von Anfang an keine Kollektivverträge im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes waren und daher insoweit (rückwirkend) nichtig sind (vgl dazu Strasser in Floretta-Strasser, ArbVG 108 § 14 Anm 3.3). Da ihnen somit insbesondere auch niemals Normwirkung im Sinne des § 11 Abs 1 ArbVG zugekommen war, kann der Kläger sei ne Ansprüche gegen den Beklagten nicht unmittelbar auf sie stützen. Daß die Parteien eine Anwendung dieser kollektivvertraglichen Bestimmungen auch nicht ausdrücklich oder schlüssig vereinbart haben, wird vom Kläger in dritter Instanz nicht mehr in Zweifel gezogen; den Vorinstanzen ist dabei insbesondere auch darin zu folgen, daß der „Vereinbarung“ vom 6. Juli 1968 (Beilage 4) e in e Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung des kollektivvertraglichen Entgelts an den Kläger umso weniger entnommen werden kann, als sich der Beklagte nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils (ON 106 Bd II S 276) trotz eines entsprechenden Verlangens des Klägers „nicht bereit fand“, den Kläger nach dem Kollektivvertrag zu entlohnen. Wie das Berufungsgericht zu treffend erkannt hat, scheidet damit auch eine vertragliche Vereinbarung der Parteien als Rechtsgrundlage der vom Kläger erhobenen Ansprüche aus.
Berechtigung muß der Revision des Beklagten aber insoweit zuerkannt werden, als sie sich gegen den Zuspruch eines „angemessenen Entgelts“ nach § 1152 ABGB – in der Höhe der vollen kollektivvertraglichen Entlohnungssätze –wendet: Anders als der Werkvertrag, ist der Dienstvertrag gemäß § 1151 Abs 1 ABGB nicht notwendig entgeltlich ( Adler-Höller in Klang² V 157; Koziol-Welser , Grundriß des bürgerlichen Rechts 4 I 3 01, Gschnitzer , S c huldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz 76; Spielbüchler in Floretta - Spielbüchler - Strasser , Arbeitsrecht I 1 3). Aus § 1152 ABGB, wonach dann, wenn „im Vertrage kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart“ ist, ein angemessenes Entgelt als bedungen gilt, läßt sich lediglich ableiten, daß der Dienstvertrag im Zweifel entgeltlich ist ( Ehrenzweig II/1, 480; Koziol-Welser aaO; ähnlich Arb 9166 = RdA 1975, 50 = SozM III A 147 = ZAS 1974, 21 3 ). Haben die Parteien aber, wie hier, eine Entgeltvereinbarung getroffen, dann bleibt diese auch dann gültig, wenn das vereinbarte Entgelt im Einzelfall nicht „angemessen“ –im Sinne des § 1152 ABGB – sein sollte ( Adler-Höller aaO 26 3). Ein Anspruch des Dienstnehmers auf ein bestimmtes Mindestentgelt kann aus § 1152 ABGB nicht abgeleitet werden; er läßt sich insbesondere auch der vom Berufungsgericht zitierten (zweitinstanzlichen) Entscheidung Arb 7511 nicht entnehmen. Vom allgemeinen bürgerlichen Recht her zieht erst § 879 Abs 1 ABGB zum Schutz des Dienstnehmers vor unangemessener Entlohnung eine Untergrenze: „Schund- und Hungerlöhne“, deren Höhe in auffallendem Mißverhältnis zum Wert der Leistung des Dienstnehmers steht, können als „Lohnwucher“ gegen die guten Sitten verstoßen, wenn ihre Vereinbarung durch Ausbeutung des Leichtsinns, einer Zwangslage, der Unerfahrenheit oder der Verstandesschwäche des Dienstnehmers zustande gekommen ist ( Adler-Höller aaO 26 3 ; Mayer-Maly , Österreichisches Arbeitsrecht 85).
Im konkreten Fall war das Berufungsgericht der Auffassung, daß das in den Kollektivverträgen Beilage B, C und D – welche als Maßstab für die Angemessenheit der Entlohnung eines Berufsjägers zu dienen hätten – vorgesehene Entgelt „so weit über den vom Beklagten erbrachten Leistungen“ liege, daß die Entgeltvereinbarung der Parteien als sittenwidrig qualifiziert werden müsse. Dieser Ansicht kann der Oberste Gerichtshof nicht folgen: Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils stehen für die Zeit vom 19. Juni 1969 bis 31. Dezember 1969 einem kollektivvertraglichen Lohnanspruch des Klägers von S 2 3 .818,90 Zahlungen des Beklagten von S 15.400,-- gegenüber; für das Jahr 1970 lauten die entsprechenden Zahlen: S 49.100,24 gegenüber S 33. 000,--, für das Jahr 1971: S 5 3. 529,8 3 gegenüber S 33. 600,--, schließlich für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. März 1972: S 11. 3 45,55 gegenüber S 8.615,--. Hält man sich vor Augen, daß der Kläger damit vom Beklagten in den angeführten Zeiträumen jeweils zwischen 63 % und 76 % des nach dem (nichtigen) Kollektivvertrag für die im Land Tirol tätigen Berufsjäger errechenbaren Entgelts erhalten hat, und berücksichtigt man überdies, daß den weiteren vom Berufungsgericht auf Grund des Kollektivvertrages anerkannten Ansprüchen des Klägers auf Schußgelder, Patronengeld und Reisepauschale im Gesamtbetrag von S 14.270,-- die – im Kollektivvertrag nicht vorgesehenen – Leistungen des Beklagten an Miete und Betriebskosten von zusammen S 12. 3 50,-- gegenüberstehen, dann bleibt nach Ansicht des erkennenden Senates für die Annahme einer sittenwidrigen Ausbeutung des Klägers durch Vereinbarung eines im auffallenden Mißverhältnis zum Wert seiner Dienstleistungen stehenden „Hungerlohns“ keinRaum. War demnach aber die Entgeltvereinbarung der Parteien entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes nicht sittenwidrig gemäß § 879 Abs 1 ABGB, dann hindert sie, wie oben dargelegt, den Zuspruch eines „gerechten“ ( = „ a nge messenen“) Lohnes im Sinne des § 1152 ABGB an den Kläger.
Dennoch ist aber die Rechtssache im Umfang der Anfechtung des Berufungsurteils noch nicht spruchreif:
Der Klagevertreter hat in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 20. Oktober 1976 (ON 84 Bd II S 17) den Kollektivvertrag für die Gutsangestellten Tirols vom 30. Dezember 1968 (Beilage M) vorgelegt und dazu erklärt, daß dieser Kollektivvertrag „im klagsgegenständlichen Zeitraum Gültigkeit hatte“. Ob und in wel chem Umfang damit das –bis dahin primär auf die Kollektivverträge Beilage B, C und D sowie hilfsweise auch auf § 1152 ABGB gegründete – Leistungsbegehren j etzt auch auf die Eigenschaft des Klägers als Gutsangestellter gestützt werden sollte, ist unerörtert geblieben; einer Klarstellung in dieser Richtung hätte es aber im konkreten Fall um so mehr bedurft, als das Berufungsgericht angesichts der unterschiedlichen Regelungen der Kollektivverträge für die im Land Tirol tätigen Berufsjäger einerseits und des Gutangestelltengesetzes bzw des Kollektivvertrages für die Tiroler Gutsangestellten andererseits nicht ohne weiteres davon ausgehen konnte, daß der Kläger alle bisher erhobenen Ansprüche in unveränderter Höhe jetzt auch aus dem – offenbar hilfsweise ins Treffen geführten –neuen Rechtsgrund ableiten wolle. Das Berufungsgericht wäre daher verhalten gewesen, in Ausübung seiner Pflicht zur materiellen Prozeßleitung (§ 182 ZPO) nicht nur auf eine entsprechende Präzisierung dieses (Eventual-)Vorbringens des Klägers hinzuwirken und damit erst den Umfang der Einführung eines neuen Rechtsgrundes klarzustellen, sondern auch den Beklagten – welcher lediglich erklärte, den Kollektivvertrag für die Gutsangestellten Tirols „anzuerkennen“ (?) und im übrigen auf sein bisheriges Vorbringen zu verweisen (ON 84 Bd II S 23) – zu einer konkreten Stellungnahme aufzufordern. Daß es gerade hier unbedingt notwendig gewesen wäre, nicht nur den Umfang der Geltendmachung eines neuen Rechtsgrundes durch den Kläger klarzustellen, sondern auch die sich daraus ergebenden Fragen tatsächlicher und rechtlicher Art mit den Parteien in mündlicher Verhandlung zu erörtern, zeigt der Umstand, daß der Beklagte – nachdem das Berufungsgericht in den Gründen seiner Entscheidung zwar die Anwendbarkeit des Guts a ngestelltengesetzes und damit den Abfertigungsanspruch des Klägers grundsätzlich bejaht (ON 106 Bd II S 345), im übrigen aber nur darauf verwiesen hatte, daß bei Verneinung der Sittenwidrigkeit der von den Parteien getroffen Entgeltvereinbarung „der Kollektivvertrag für die Gutsangestellten Tirols zum Tragen käme“, dessen Ansätze „nicht viel niederiger“ seien als die Ansätze der Kollektivverträge Beilage B, C und D (ON 106 Bd II S 347) – in seiner Revision die Anwendbarkeit sowohl des Gutsangestelltengesetzes als auch des Kollektivvertrages für die Gutsangestellten Tirols aus rechtlichen Erwägungen bestritten und dabei vor allem auf § 1 Z 4 (persönlicher Geltungsbereich), § 18 (Gehaltsordnung) und § 25 (Verfall von Ansprüchen) des Kollektivvertrages verwiesen hat (ON 109 Bd II S 373 f, 378). Da eine abschließende Beurteilung der Frage, ob und welche Ansprüche dem Kläger allenfalls auf Grund seiner Eigenschaft als Gutsangestellter gegen den Beklagten zustehen, erst nach Behebung dieses wesentlichen Verfahrensmangels möglich ist, mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche, nach Verfahr e nsergänzung zu fällende Entscheidung aufgetragen werden.
In rechtlicher Hinsicht ist dazu allerdings schon jetzt folgendes zu bemerken:
Entgegen der Meinung des Beklagten muß die Anwendbarkeit des Gutsangestelltengesetzes BGBl 1923/538 auf den Kläger nach dem bisherigen Verfahrensstand grundsätzlich bejaht werden: Gemäß § 1 Abs 1 dieses Gesetzes gelten dessen Bestimmungen für das Dienstverhältnis von Personen, die in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben oder deren Nebengewerben vorwiegend zur Leistung höherer oder kaufmännischer Dienste ........... angestellt sind; den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sind nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung Jagd- und Fischerei ......... gleichzustellen . Nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen der Vorinstanzen war der Beklagte auf Grund des Pachtv er trages vom 18. August 1963 für die Zeit vom 1. April 1963 bis 31. März 1972 Pächter der Genossenschaftsjagd * und damit gemäß § 10 Abs 4 des Tiroler Jagdgesetzes 1969 LGB l 19 zur Ausübung des Jagdrechtes auf dem Genossenschaftsjagdgebiet (§ 12 Abs 1 des Gesetzes) berechtigt. Da es nun für die Anwendung des Gutsangestelltengesetzes auf die von einem Jagdberechtigten angestellten Dienstnehmer keinen Unterschied machen kann, ob der Dienstgeber – als Inhaber des Jagd-„Betriebes“ – zur Ausübung des Jagdrechtes als Besitzer einer Eigenjagd oder als Pächter einer Genossenschaftsjagd berechtigt ist, muß nach Ansicht des erkennenden Senates auch im konkreten Fall davon ausg egangen werden, daß der Kläger als Dienstnehmer des beklagten Jagdpächters in einem „land- und forstwirtschaftlichen Betrieb“ im Sinne des § 1 Abs 1 GAngG angestellt war. Daß die Tätigkeit eines Revierjägers grundsätzlich auch das Erfordernis „höheren Dienste“ erfüllt, hat der Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen (SZ 9/159; SZ 28/3 = SozM I C 119). Wird überdies berücksichtigt, daß der Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanzen mit der Betreuung des Reviers des Beklagten das ganze Jahr hindurch voll ausgelastet war, so daß seine Tätigkeit jedenfalls auch das nach § 1 Abs 1 GAngG erforderliche zeitliche Ausmaß erreicht hat, dann kann die grundsätzliche Anwendbarkeit dieses Gesetzes auf den Kläger nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes nicht bezweifelt werden.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.