18Cga72/24i – LG Wels Entscheidung
Kopf
Im Namen der Republik
Das Landesgericht Wels als Arbeits- und Sozialgericht hat durch den Richter Prof. Dr. Martin Greifeneder als Vorsitzenden sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag. Roman Gnadlinger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Granz Dirnberger (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, B* C*, **straße **, vertreten durch Beurle Rechtsanwälte GmbH Co KG, D*, **straße E*, wider die beklagte Partei F* C* , B* C*, **straße E*, vertreten durch Jaerger Partner Rechtsanwälte OG, D*, Hauptplatz 30, wegen Feststellung eines aufrechten Dienstverhältnisses zu Recht erkannt:
Spruch
Die Kündigung der Klägerin vom 23.10.2024 ist rechtsunwirksam . Das Dienstverhältnis der Klägerin zur beklagten Partei ist über den 30.11.2024 und auch über den 28.2.2025 hinaus in ungekündigtem Zustand aufrecht .
Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin zu Handen der Klagsvertreterin die mit EUR 6.307,92, darin enthalten EUR 1.051,32 an 20%iger USt, bestimmten Kosten zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Folgender Sachverhalt steht außer Streit:
Die Klägerin ist seit 01.06.2012 bei der beklagten Partei als Vertragsbedienstete beschäftigt. Das Dienstverhältnis wurde mit Nachtrag vom 14.12.2012 auf unbestimmte Zeit verlängert und gilt daher als unbefristet abgeschlossen.
Bei der beklagten Partei handelt es sich um eine Gemeinde in Oberösterreich. Auf das gegenständliche Dienstverhältnis findet das Oö. GDG 2002 Anwendung.
In ihrer Tätigkeit im Verwaltungsbereich „Allgemeine Verwaltung“ und „Bürgerservice“ bezog die Klägerin zuletzt ein Gehalt von monatlich brutto EUR 2.565,98, vierzehnmal jährlich.
Mit Schreiben vom 22.10.2024 (das „Kündigungsschreiben“), der Klägerin zugegangen am 23.10.2024 sprach die beklagte Partei gegenüber der Klägerin die Kündigung zum 30.11.2024 aus.
Im Kündigungsschreiben stützt sich die Beklagte ausdrücklich auf die Bestimmung des § 24 Abs 2 Z 8 Oö. GDG 2002, also auf das Erreichen des Pensionsalters durch die Klägerin.
Die Klägerin hat Anspruch auf die (reguläre) Alterspension; sie hat das Regelpensionsalter mit 01.12.2023 erreicht und bezieht seit 01.12.2023 die (reguläre) Alterspension von der Pensionsversicherungsanstalt.
Die Klägerin stellte das aus dem Spruch ersichtliche Begehren und brachte zusammengefasst vor, die Kündigung zum 30. 11. 2024 unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von bloß einem Monat sei fristwidrig erfolgt. Die Kündigung gestützt auf § 24 Abs 2 Z 8 Oö. GDG 2002, also auf das Erreichen des Pensionsalters durch die Klägerin, sei aufgrund eines Verstoßes gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz als verfassungswidrig zu qualifizieren und ersatzlos aufzuheben, wobei das Erstgericht verpflichtet sei, einen Antrag auf Aufhebung der präjudiziellen Gesetzesbestimmung durch den VfGH zu stellen.
Im Übrigen stützt sich die Klägerin auch auf eine mit dem ehemaligen Bürgermeister getroffene Vereinbarung, bis zu ihrem 65. Geburtstag weiter beschäftigt zu werden.
Die beklagte Partei bestritt dieses Vorbringen, beantragte Klagsabweisung und brachte ihrerseits zusammengefasst vor, § 24 Abs 2 Z 8 Oö. GDG 2002 sei weder europarechtswidrig noch verfassungswidrig. Eine Diskriminierung wegen des Alters oder des Geschlechts liege nicht vor. Die Ausnahmebestimmung des Art 7 Abs 1 lit a RL 79/7/EWG berechtige die Mitgliedsstaaten ein unterschiedliches Rentenalter aufrecht zu erhalten, diese Ausnahmeregelung erfasse nicht nur die Diskriminierung aufgrund des Alters, sondern auch jene aufgrund des Geschlechts. Insoweit sich die Klägerin auf Entscheidungen des EuGH und des OGH zur Richtlinie 76/207/EWG In der Fassung der Richtlinie 2002/73/EG berufe, sei diese Richtlinie nicht unmittelbar anwendbar. Die Bestimmung des § 24 Abs 2 Z 8 Oö. GDG 2002 gehöre zum aufrechten Rechtsbestand und dürfe sich die beklagte Partei daher darauf stützen.
Die von der Klägerin behauptete Vereinbarung sei – jedenfalls nicht durch ein dazu befugtes Organ – geschlossen worden.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht außer Streit, darüber hinausgehende Sachverhaltsfeststellungen, insbesondere auch zur behaupteten Zusage der beklagten Partei, erübrigen sich daher.
Rechtliche Beurteilung
Rechtliche Beurteilung:
1. Fristwidrigkeit der Kündigung:
1.1 Das Dienstverhältnis der Klägerin wurde – unter Berufung auf den Kündigungsgrund nach § 24 Abs 2 Z 8 Oö. GDG – zum 30.112024 gekündigt . Die Kündigung wurde entsprechend dem Schriftlichkeitsgebot nach § 24 Abs 1 Oö GDG mit der Zustellung an die Klägerin am 23.11.2024 rechtswirksam.
1.2. Das am 1.6.2012 zur beklagten Partei begründete Dienstverhältnis hätte auf Grund seiner durchgehenden Dauer von mehr als 10 Jahren gem § 25 Abs 1 Oö. GDG (nur) unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 4 Monaten gekündigt werden können, wobei die nach Monaten bemessene Kündigungsfrist mit Ablauf des Kalendermonats Februar, sohin mit 28.2.2025 geendet hätte . Die Kündigung zum von der beklagten beabsichtigten Beendigungszeitpunkt 30.11.2024 erfolgte sohin fristwidrig .
1.3 Das Dienstverhältnis einer Vertragsbediensteten endet kraft gesetzlicher Anordnung nach § 22 Abs 1 Z 8 Oö. GDG, wenn – wie gegenständlich – das Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen wurde, im Falle einer Kündigung „mit Ablauf der Kündigungsfrist“ . Der tatsächliche Beendigungszeitpunkt wird nach dieser Bestimmung daher ausdrücklich bestimmt durch den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung einerseits und des Ablaufs der in § 25 Abs 1 Oö. GDG festgelegten Kündigungsfrist andererseits (arg: „endet ...mit Ablauf der Kündigungsfrist“). Im Falle der Klägerin sohin frühestens mit 28.2.2025. Bis dahin besteht das Dienstverhältnis der Klägerin jedenfalls auf.
1.4 Entgegen der Rechtsansicht der beklagten Partei hat das Dienstverhältnis daher nicht mit der fristwidrigen Kündigung zum 30.11.2024 geendet und ist die Klägerin nicht auf die Geltendmachung einer Kündigungsentschädigung für den Zeitraum 1.12.2024 bis 28.2.2025 beschränkt. Im Übrigen hat ein Arbeitnehmer nach allgemeinem Arbeitsrecht im Fall einer unwirksamen Auflösung bei bestehendem besonderen Kündigungsschutz und Entlassungsschutz das Wahlrechtzwischen der Geltendmachung der Unwirksamkeit der Auflösung und der Forderung einer Kündigungsentschädigung bei rechtswidriger Beendigung und wird eine Konversion der unwirksamen Beendigung zu einer wirksamen zu einem späteren Zeitpunkt abgelehnt (OGH RIS-Justiz RS0101989; 8 ObA 55/18y zum Nö. LBG).
2. (Un)Zulässigkeit der auf § 24 Abs 2 Z 8 Oö. GDG gestützten Kündigung:
Zunächst ist festzuhalten, dass nach dem Klagsvorbringen nicht klar ergibt, ob sich die Klägerin nur auf eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts beruft, oder auch auf Altersdiskriminierung. Nach Ansicht des Gerichtes sind keine Anhaltspunkte für eine Diskriminierung auf Grund des Alters der Klägerin erkennbar.
2.1 Zur begehrten Vorlage an den VfGH:
Die Klägerin erachtet § 24 Abs 2 Z 8 Oö. GDG 2002 aufgrund eines Verstoßes gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz für verfassungswidrig, weshalb er ersatzlos aufzuheben sei. Nach § 22 Abs 3 Oö. GDG 2002 sei eine unrechtmäßig ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam. Das Erstgericht müsse die anzuwendende Bestimmungen des § 24 Abs 2 Z 8 Oö.GDG 2002 durch den VfGH überprüfen lassen und einen Antrag auf Aufhebung der präjudiziellen Gesetzesbestimmung durch den VfGH stellen, um über die Rechtswidrigkeit der Kündigung entscheiden zu können.
Entgegen dieser Auffassung ist der aufrechte Bestand des § 24 Abs 2 Z 8 Oö.GDG 2002 in Folge des Anwendungsvorranges der RL 2006/54/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen für die Entscheidung nicht präjudiziell (siehe im Folgenden). Eine Vorlage an den VfGH durch das erkennende Gericht wäre daher unzulässig. Denn Im Falle einer offenkundigen Gemeinschafsrechtswidrigkeit von Bestimmungen sind diese auf Grund eines Anwendungsvorranges nicht präjudiziell, sodass dem Verfassungsgerichtshof die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens verwehrt wäre (VfGH VfSlg 15368/1998; B 1330/04 uva).
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechtes anzuwenden hat, gehalten, jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechtes aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet zu lassen, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste(OGH 10 ObS 242/01p; 8 ObA 21/24g; RS0109951 [T3]; RS0075866 [T4]). Wenn daher die beklagte Partei vermeint, sich auf die Bestimmung § 24 Abs 2 Z 8 Oö.GDG 2002 allein deshalb berufen zu dürfen, weil diese sich im aufrechten Rechtsbestand in Österreich befindet, so verkennt sie gänzlich das Wesen des Anwendungsvorranges unmittelbar anwendbarer gemeinschaftsrechtlicher Normen.
2.2 Unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie 2006/54/EG:
2.2.1 Sei 1.1.1995 genießt das unmittelbarwirkende Gemeinschaftsrecht Vorrang gegenüber nationalem Recht. Gemeinschaftsrecht hat Vorrang vor entgegenstehenden Gesetzen der Mitgliedstaaten. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts verlangt, eine ihm widersprechende nationale Norm nicht anzuwenden (OGH RS0109951 [T1,2,6]), wenn deren Anwendung im konkreten Fall zu einem gemeinschaftsrechtswidrigen Ergebnis führen würde (so jüngst OGH 9 ObA 21/23p; RS0075866 [T4]).
2.2.2 Eine Richtliniewie die gegenständliche RL 2006/54/EG ist grundsätzlich nicht unmittelbar anwendbar, sondern muss von den Mitgliedstaaten in das innerstaatliche Recht umgesetzt werden (OGH RS0111214). Wenn jedoch – wie gegenständlich – eine Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt wurde, kann sich der Einzelne dennoch gegenüber dem „Staat“ auf die Richtlinie berufen, vorausgesetzt die dort enthaltenen Regelungen sind inhaltlich unbedingt und hinreichend genau bestimmt. (OGH 8 ObA 42/22t Rn 17; EuGH C-41/74, van Duyn, Rn 12; C-6/90 und C-9/90, Francovich, Rn 11; C-397/01 bis C-403/01, Pfeiffer , Rn 103; C-282/10, Dominguez, Rn 18).
2.2.3. Der Einzelne kann sich auf derartige unmittelbar anwendbaren Bestimmungen einer Richtlinie deshalb auch gegenüber solchen Organisationen oder Einrichtungen berufen, die kraft staatlichen Rechtsakts unter staatlicher Aufsicht eine Dienstleistung im öffentlichen Interesse zu erbringen haben und hierzu mit besonderen Rechten ausgestattet sind, die über diejenigen hinausgehen, die sich aus den für die Beziehungen zwischen Privatpersonen geltenden Vorschriften ergeben (OGH 8 ObA 42/22t Rn 18; EuGH C- 614/11, Kuso, Rn 32; C-188/89, Foster , Rn 18; C-343/98, Collino , Rn 23; C-157/02, Rieser , Rn 24; C-122/17, Smith , Rn 45; C-17/17, Hampshire , Rn 54).
2.2.3.1. Wie der OGH jüngst dazu klarstellte, betrifft dies insbesondere auch juristische Personen des öffentlichen Rechts (OGH 8 ObA 42/22t Rn 18; EuGH C-688/15 und C-109/16, Anisimoviené , Rn 109). So können bspw Dienstnehmer eines Sozialversicherungsträgers sich deshalb auf die Bestimmungen einer Richtlinie berufen, die nicht fristgerecht oder unzureichend umgesetzt wurde (OGH 8 ObA 42/22t, Österr. Gesundheitskasse ; EuGH C-356/09, Österr. Pensionsversicherungsanstalt ; siehe auch C-152/84, Southampton and South-West Hampshire Area Health Authority , Rn 56); ebenso Mitarbeiter eines Sozialhilfeverbandes (EuGH G*, H*, Rn 27); ebenso in einem unbefristeten Angestelltenverhältnis stehende Mitarbeiter einer Österr. Landwirtschaftskammer. LWG (OGH 8 ObA 69/13z; EuGH C-614/11 Nö. Landwirtschaftskammer ).
2.2.3.2 Der OGH hat unter Berufung auf Urteile des EuGH zudem klargestellt, dass dies unabhängig davon gelte, in welcher Eigenschaft – als Arbeitgeber oder als Hoheitsträger – der Staat handelt, weil in dem einen wie dem anderen Fall verhindert werden müsse, dass der Staat aus der Nichtbeachtung des Unionsrechts Nutzen ziehe (OGH 8 ObA 42/22t Rn 18 (Angestellte eines Sozialversicherungsträgers); EuGH C-152/84, Marshall , Rn 49; C-413/15, Farrell , Rn 32; C-684/16, Max-Planck-Gesellschaft , Rn 63). Der Einwand der beklagten Partei, bei der gegenüber der Klägerin als Vertragsbedienstete ausgesprochenen Kündigung handle es sich um einen Akt der Privatwirtschaftsverwaltung, die beklagte Partei trete in diesem Zusammenhang nicht als Trägerin ihrer hoheitlichen Befugnisse auf, weshalb die Richtlinie in diesem Verhältnis keine unmittelbare Direktwirkung entfalten würde, geht sohin ins Leere.
2.2.3.3. Über Vorabentscheidungsersuchen des OGH hat der EuGH weiters klargestellt, dass es für die unmittelbare Anwendbarkeit einer Richtlinie unerheblich ist, ob eine – wie gegenständlich – generelle Norm oder eine einzelvertragliche Vereinbarung dem Gemeinschaftsrecht entgegensteht (EuGH C-614/11 Kuso ).
2.2.4 Auch die F* C* ist als Gebietskörperschaft eine derartige juristische Person öffentlichen Rechts, die kraft staatlichen Rechtsakts unter staatlicher Aufsicht eine Dienstleistung im öffentlichen Interesse zu erbringen hat und hierzu mit besonderen Rechten ausgestattet ist, die über diejenigen hinausgehen, die sich aus den für die Beziehungen zwischen Privatpersonen geltenden Vorschriften ergeben und zählt damit zu den „ staatlichen Einrichtungen“. Das B-VG normiert die Rechtsstellung der Gemeinde in sehr intensiver Weise und überlässt lediglich die Ausführung der Details der Landes(verfassungs)gesetzgebung. Die Gemeinde wird dadurch gegenüber den Ländern stark aufgewertet und bildet gewissermaßen die dritte Ebene des Bundesstaates. Im Bereich der Hoheitsverwaltung besitzt die Gemeinde keine ursprünglichen, sondern lediglich vom Bund oder Land abgeleitete Aufgaben. Alle, auch die in den „eigenen Wirkungsbereich“ fallenden Aufgaben der Gemeinde sind entwederdem Vollzugsbereich des Bundes oder jenem der Länder iSd Art 10 bis 15 B-VG zuzuordnen . Nach dieser Zuordnung bestimmt sich die Zuständigkeit des Bundes oder des Landes zur Aufsicht über die Gemeinde. Die Gemeinde ist somit vollständig in den „Staat“ integriert. Sie ist eine qualifizierte Form dezentralisierter staatlicher Verwaltung ( Öhlinger/Eberhard , Verfassungsrecht 9,Rz 552f). Der eigene Wirkungsbereich wird durch Art 118 B-VG festgelegt, aber selbst in diesem – an sich weisungsfreien – eigenen Wirkungsbereich unterliegt die Gemeinde gem Art 119a B-VG der Aufsicht oder Bund und Land ( Öhlinger/Eberhard , Verfassungsrecht 9, Rz 557, 560). Die Klägerin kann sich daher gegenüber der F* C* auf eine nicht fristgerecht umgesetzte Richtlinie des Gemeinschaftsrechts berufen.
2.2.5. Der EuGH hat auch wiederholt zur gleichlautenden bzw inhaltlich identen Bestimmung des Art 3 der Richtlinie 76/207/EWG, der Art 14 der 2006/54/EG entspricht, ausgesprochen, dass diese unbedingt und hinreichend genau ist , so dass sich ein Einzelner gegenüber dem Staat darauf berufen kann (vgl EuGH C-614/11, Kuso , Rn 32, Marshall , 152/84, Slg. 1986, 723, Rn 52; Foster , C-188/89, Slg. 1990, 1-3313, Rn 21),
2.2.6 Zwischenergebnis: Die Richtlinie 2006/54/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen ist auf den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt daher unmittelbar anzuwenden .
2.3 Verstoß des Kündigungsgrundes nach § 24 Abs 2 Z 8 Oö. Gemeinde-Dienstrechts- und Gehaltsgesetz 2002 (OÖ. GDG 2002) gegen Art 14 Abs 1 lit c RL 2006/54/EG:
2.3.1 Die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen lauten:
§ 24 OÖ. GDG
Kündigung
(1) Der Dienstgeber kann ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Dienstverhältnis, das ununterbrochen ein Jahr gedauert hat, nur schriftlich und mit Angabe des Grundes kündigen. Das Schriftlichkeitsgebot wird durch Ausfertigung einer mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Kündigung erfüllt.
(2) Ein Grund, der den Dienstgeber nach Ablauf der im Abs. 1 genannten Frist zur Kündigung berechtigt, liegt insbesondere vor, wenn
…
8. der (die) Vertragsbedienstete vor dem Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses das für Leistungen aus dem Versicherungsfall des Alters in der gesetzlichen Pensionsversicherung vorgeschriebene Anfallsalter erreicht hat .
Richtlinie 2006/54/EG
Kapitel 3
Gleichbehandlung hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen
Artikel 14
Diskriminierungsverbot
…
c) die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich der Entlassungsbedingungen sowie das Arbeitsentgelt nach Maßgabe von Artikel 141 des Vertrags;
(2) Die Mitgliedstaaten können im Hinblick auf den Zugang zur Beschäftigung einschließlich der zu diesem Zweck erfolgenden Berufsbildung vorsehen, dass eine Ungleichbehandlung wegen eines geschlechtsbezogenen Merkmals keine Diskriminie rung darstellt, wenn das betreffende Merkmal aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt.
2.3.1.1 Diese Regelung ist inhaltsgleich der Vorgängerbestimmung des Art 3 Abs 1 lit c der Richtlinie 76/207/EWG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39 vom 14.2.1976, S. 40. Geändert durch die Richtlinie 2002/ 73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 269 vom 5.10.2002, S. 15). Die dazu ergangene Rechtsprechung ist daher sinngemäß zu beachten.
2.3.2 Der EuGH hat in seinen Urteilen in den Rs Kleist/Österr. Pensionsversicherungsanstalt vom 18.11.2020, C-356/09, sowie Kuso/Nö. I* vom 12. 9. 2013, C-614/11 über Vorabentscheidungsersuchen des OGH ausgesprochen, dass nach „Art 3 Abs 1 Buchst c der Richtlinie 76/207/EWG, in der durch die Richtlinie 2002/73/EG geänderten Fassung – regelungsident mit der ggstl anzuwendenden Bestimmung des Art 14 Abs 1 lit c RL 2006/54/EG – eine nationale Regelung, die vorsieht, dass das Arbeitsverhältnis durch Erreichen des Pensionsantrittsalters endet, das nach dem Geschlecht des Arbeitnehmers unterschiedlich festgesetzt ist, eine nach der Richtlinie verbotene unmittelbare Diskriminierung begründet. (siehe auch OGH 8 ObA 69/13z; Brokes/Ettl , Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber bei Erreichen eines bestimmten Lebens- bzw Pensionsalters, DRdA-infas 2020, 188 [von der beklagten Partei fälschlich für den von ihr vertretenen Standpunkt zitiert]).
2.3.3 Da es sich bei einer derartigen Regelung um eine unmittelbar auf das Geschlecht gestützte Ungleichbehandlung handelt, kann die Diskriminierung auch nicht sachlich gerechtfertigt sein (EuGH C-614/11 Rn 51, Kuso ; 9 ObA 10/15h).
2.3.4 Entgegen dem Standpunkt der beklagten Partei ändert daran auch der Umstand, dass die Kündigungsbestimmung im Zusammenhang mit einer gesetzlichen Pensionsregelung steht, die ein unterschiedliches Pensionsalter für Männer und Frauen vorsieht, die für sich genommen als verfassungs und auch europarechtlich zulässig erachtet wird (vgl 9 ObA 10/15h; 10 ObS 44/14i) nach herrschender Rechtsprechung des EuGH und des Obersten Gerichtshofs nichts. Die nach Art 7 Abs 1 lit a der Richtlinie 79/7/EWG des Rates zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit vom 19. Dezember 1978 vorgesehene Ausnahme vom Grundsatz der Gleichbehandlung ist angesichts der Bedeutung dieses Grundsatzes eng auszulegen und kann nur für die Festsetzung des Rentenalters für die Gewährung der Alters oder Ruhestandsrente und etwaige Auswirkungen daraus auf andere Leistungen der sozialen Sicherheit gelten (EuGH C 110/91 Rn 19, Moroni ; C 356/09 Rn 39, Kleist ua; OGH RISJustiz RS0117672; 9 ObA 10/15h).
2.3.5 Ein Ausnahmetatbestand nach Art 14 Abs 2 RL 2006/54/EG wird – zutreffend – nicht behauptet.
2.3.6 Auch der Einwand des möglichen Doppelbezuges von Frauen von Aktivgehalt und ASVG-Pension wurde bereits iin der Rs Kleist vor dem EuGH erfolglos erhoben (siehe C-356/09 Rn 22).
3. Unwirksamkeit der Kündigung:
3.1 Nach § 24 Abs 1 Oö. GDG kann ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Dienstverhältnis, das ununterbrochen ein Jahr gedauert hat, nur schriftlich und mit Angabe des Grundes gekündigt werden. Die beklagte Partei stützt sich in ihrer Kündigung ausdrücklich – rechtswidrig – auf den Kündigungsgrund des § Abs 2 Oö. GDG. Gem § 22 Abs 3 Oö. GDG ist eine entgegen § 24 Oö. GDG ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam. Das Dienstverhältnis der Klägerin besteht daher über den 30.11.2024 und über den 28.2.2025 hinaus in ungekündigtem Zustand aufrecht.
4. Vereinbarung; Zusage des Altbürgermeisters
Ein näheres Eingehen auf die von der Klägerin behauptete Vereinbarung mit dem Altbürgermeister erübrigt sich auf Grund obiger Ausführungen. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass eine Zusage ohne eine entsprechende Beschlussfassung des dafür zuständigen Organs der F* C* im Verhältnis der Klägerin zur Stadtgemeinde keine Wirkung entfalten könne.
5. Verfristung
Gleiches gilt für das nähere Eingehen auf die behauptete Verfristung. Der Vollständigkeit halber sei auch hier festgehalten, dass es beim Kündigungsgrund nach § 24 Abs 1 Z 8 Oö. GDG in seiner konkreten Formulierung um einen Dauertatbestand handelt, der eine Verfristung ausschließt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.