JudikaturLG Feldkirch

1 R 273/11x – LG Feldkirch Entscheidung

Entscheidung
18. Oktober 2011

Kopf

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Präsidenten des Landesgerichtes Dr. Bildstein als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Flatz und die Richterin Dr. Mayrhofer als weitere Senatsmitglieder in der Sachwalterschaftssache der Betroffenen A* , vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in Schruns, und den Sachwalter Dr. C* D*, Rechtsanwalt in Frastanz, über den Rekurs der Betroffenen gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 1. September 2011, **-78, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem am 16.9.2011 eingebrachten Rekurs der Betroffenen wird nicht Folge gegeben.

Der Sachwalter hat die Kosten seiner Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Der am 18.10.2011 beim Rekursgericht eingelangte Rekurs der Betroffenen wird zurückgewiesen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 21.1.2010 bestellte das Erstgericht den Rechtsanwalt Dr. C* D* zum Sachwalter für die Betroffene A* zur Besorgung folgender Angelegenheiten:

- Vertretung in allen über das Alltägliche hinausgehenden finanziellen Angelegenheiten inklusive der Verwaltung von Einkünften und Vermögen,

- Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und Sozialversicherungsträgern sowie gegenüber Banken und privaten Geschäftspartnern,

- Wahrung der Interessen der Betroffenen im Zusammenhang mit der Rückabwicklung des Wohnungskaufs vom **.

Am 18.5.2011 legte der Sachwalter den Pflegschaftsbericht für den Zeitraum vom 21.1.2010 bis 31.1.2011 vor und beantragte gleichzeitig, für diesen Zeitraum eine Entschädigung gemäß § 276 Abs 1 ABGB von EUR 20.520,45. Das Entschädigungsbegehren schlüsselte er wie folgt auf:

5 % der Einkünfte (Bemessungsgrundlage EUR 16.480,70) EUR 824,04

2 % des EUR 10.000,00 übersteigenden Vermögens

(Bemessungsgrundlage EUR 984.820,27) EUR 19.696,41

Gesamtentschädigung EUR 20.520,45.

Mit nunmehr angefochtenem Beschluss bestätigte das Erstgericht den Bericht des Sachwalters vom 21.1.2010 bis 31.1.2011 und bestimmte die Entschädigungsansprüche des Sachwalters für den Zeitraum 21.1.2010 bis 31.1.2011 nach § 276 Abs 1 zweiter Satz ABGB mit EUR 824,04 und nach § 276 Abs 1 vorletzter Satz ABGB mit EUR 8.472,59, insgesamt daher EUR 9.296,63. Das auf eine weitere Entschädigung von EUR 11.223,82 gerichtete Mehrbegehren wies es ab.

Gegen den die Entschädigung des Sachwalters mit EUR 9.296,63 bestimmenden Teil des Beschlusses richtet sich der am 16.9.2011 eingebrachte Rekurs der Betroffenen mit dem erkennbaren und im Zweifel gemäß § 47 AußStrG anzunehmenden Begehren, den Entschädigungsantrag des Sachwalters vollumfänglich abzuweisen. Mit Telefax vom 18.10.2011 langte ein neuerlicher Rekurs der Betroffenen, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, beim Rekursgericht ein, in welchem beantragt wird, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass die Entschädigung des Sachwalters lediglich mit EUR 2.384,04 bestimmt wird.

Der Sachwalter Dr. D* beantragt in seiner Rekursbeantwortung zum Rekurs vom 16.9.2011, dem Rekurs der Betroffenen keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der am 18.10.2011 eingebrachte Rekurs der Betroffenen ist zurückzuweisen, weil auch im Außerstreitverfahren der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels gilt und Nachträge, Ergänzungen und Berichtigungen daher grundsätzlich unzulässig sind (Fucik/Kloiber, AußStrG § 45 Rz 6 mwN, 3 Ob 52/05a). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der am 18.10.2011 durch Rechtsvertreter der Betroffenen eingebrachte Rekurs im Hinblick auf § 142 AußStrG rechtzeitig wäre. Abgesehen davon ist der Rekursantrag in dem am 18.10.2011 eingebrachten schriftlichen Rekurs bereits vom Rekursantrag der Betroffenen vom 16.9.2011 mitumfasst und der angefochtene Beschluss im Rahmen dieses Rekursantrags ohnehin inhaltlich umfassend zu prüfen.

Dem am 16.9.2011 eingebrachten Rekurs kommt keine Berechtigung zu.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Erstgericht zu Recht in diesem Verfahren für die Bestimmung der Entschädigungsansprüche des Sachwalters Dr. D* einen Kollisionskurator nicht bestellt hat. Den nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung ist eine Bestellung eines Kollisionskurators im Verfahren zur Festsetzung der Sachwalterentschädigung nur aus besonderem Anlass notwendig, wenn etwa besonders hohe, den Aufwand rechtfertigende Ansprüche auf Entschädigung (RIS-Justiz RS0048964) oder etwa Verzicht oder Verjährung vom Betroffenen nicht selbst geltend gemacht werden könnten (1 Ob 189/06k). Im Regelfall genügt die amtswegige Prüfung der Ansprüche des Sachwalters durch das Pflegschaftsgericht unter Bedachtnahme auf das Wohl des Leistungspflichtigen, dem nicht durch die Bestellung eines weiteren Kurators – auf den die ohnedies unter der Sanktion einer Amtshaftung stehende Amtspflicht abgeschoben würde – eine zusätzliche Belastung mit Kuratorkosten auferlegt werden soll (1 Ob 189/06k).

Vorliegend beantragt der Sachwalter zwar für den Zeitraum 21.1.2010 bis 31.1.2011 eine Entschädigung von insgesamt EUR 20.520,45, diese liegt aber mit ihrem Gesamtbetrag noch in einer Größenordnung, bei der die Wahrung der Interessen der Betroffenen im Wege der amtswegigen Prüfung durch das Pflegschaftsgericht gewährleistet ist.

Gemäß § 276 Abs 1 ABGB gebührt dem Sachwalter unter Bedachtnahme auf Art und Umfang seiner Tätigkeit, insbesondere auch im Bereich der Personensorge, und des damit gewöhnlich verbundenen Aufwands an Zeit und Mühe eine jährliche Entschädigung. Diese beträgt 5 % sämtlicher Einkünfte nach Abzug der hievon zu entrichtenden Steuern und Abgaben, wobei Bezüge, die Kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind; bei besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen des Sachwalters kann das Gericht die Entschädigung auch mit bis zu 10 % der Einkünfte bemessen. Übersteigt der Wert des Vermögens des Pflegebefohlenen EUR 10.000,00, so ist darüber hinaus pro Jahr 2 % des Mehrbetrags an Entschädigung zu gewähren. Das Gericht hat die Entschädigung zu mindern, wenn es dies aus besonderen Gründen für angemessen hält.

Wie das Erstgericht richtig ausgeführt hat, lässt die Bestimmung des § 276 ABGB nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 2.7.2009, G18/08 ua, zu, einer dem Pflegebefohlenen auf Grund seiner Einkommens- und Vermögenssituation an sich zumutbare, aber auf Grund der Umstände unangemessen hohe Entschädigungsleistung auf das nach den Grundsätzen des ersten Satzes des § 276 Abs 1 ABGB Angemessene zu reduzieren. Es spreche nichts dagegen, einen besonderen Grund für die Verminderung der Entschädigung jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Bemessung des Entgelts des Sachwalters nach dem zweiten und dritten Satz des § 276 Abs 1 ABGB zu einer unangemessen hohen Entschädigung führen würde. Dabei sei es gleichgültig, ob sich die Unangemessenheit der Entschädigung etwa daraus ergebe, dass das Vermögen besonders hoch sei oder daraus, dass der Aufwand des Sachwalters wegen der Umstände des Falles oder wegen eines eingeschränkten Wirkungsbereichs entsprechend geringer gewesen sei. Auch eröffne der Begriff der „besonderen Gründe“ dem Gericht die Möglichkeit der Bedachtnahme darauf, dass ein Vermögen nicht oder nur zum geringen Teil aus (leicht verwertbarem) Geldvermögen bestehe und seine Verwertung zum Zwecke der Entschädigungsleistung an den Sachwalter dem Pflegebefohlenen ganz oder teilweise nicht zumutbar sei.

Aus dem Bericht des Sachwalters vom 18.5.2011 lässt sich entnehmen, dass die Ermittlung des Vermögens der Betroffenen in diesem ersten Sachwalterschaftsjahr auf Grund ihrer mangelnden Bereitschaft zur Zusammenarbeit schwierig und arbeitsintensiv war. Der Sachwalter habe nicht nur Anfragen an sämtliche theoretisch in Frage kommenden Geld- und Versicherungsinstitute richten müssen. Selbst als dieses Vermögen ermittelt gewesen sei, habe sich die Betroffene geweigert, dem Sachwalter Kontoauszüge und Sparbücher zur Verfügung zu stellen.

Die Ermittlung des Vermögens der Betroffenen erschöpfte sich damit nicht im Verfassen eines standardmäßigen Serienbriefs und einem Zeitanspruch von einer Stunde, sondern erforderte auch Zeitaufwand für die Evidenzhaltung, die Erfassung und Aufstellung des Vermögens nach Einlangen der Schreiben der Geld- und Versicherungsinstitute und für Gespräche mit der Betroffenen zur Erlangung der dazu gehörenden Unterlagen.

Die Prüfung der Vermögensverwaltung und Neuveranlagung zweier Sparbücher wiederum erforderte, wie sich aus dem Bericht des Sachwalters vom 18.5.2011 ergibt, ausführliche Gespräche mit Vertretern der mit der Vermögensverwaltung betrauten Banken E* AG, F* B* reg. Gen. mbH, G*.Gen. und mit der außenstehenden F* H* reg. Gen. mbH, um die optimale Vermögensveranlagung sicherzustellen. Aber auch mit der Betroffenen hatte der Sachwalterim Zusammenhang mit den Veranlagungsmöglichkeiten Gespräche zu führen, da die richtige Wahl der Veranlagungsform auch von ihrem Finanzierungsbedarf für eine beabsichtige Veränderung ihrer Wohnsituation abhängig war. Da von der Betroffenen nach dem Bericht des Sachwalters vom 18.5.2011 der Erwerb einer neuen Liegenschaft angestrebt wird, war zusätzlich zu prüfen, inwieweit die Verwertung ihrer jetzigen Liegenschaft möglich ist. Dazu wurden vom Sachwalter auch Gespräche mit I* geführt, zu deren Gunsten die Liegenschaft mit einem Besitznachfolgerecht belastet ist.

Es war daher für den Sachwalter die Besorgung der gegenständlichen Sachwalterschaft im Rechnungslegungszeitraum durchaus mit hohem Aufwand und umfangreichen Bemühungen verbunden, auch wenn entsprechend den Ausführungen des Erstgericht damit noch keine, für eine solche Sachwalterschaft außergewöhnlichen Aufwendungen erforderlich waren.

Mit Rücksicht auf den Aufwand, die Verantwortung und die Bemühungen des Sachwalters in diesem ersten Sachwalterschaftsjahr in der Ermittlung und Überprüfung des nicht unbeträchtlichen Vermögens der Betroffenen, erachtet das Rekursgericht die vom Erstgericht vorgenommene Bemessung der Entschädigung des Sachwalters mit insgesamt EUR 9.296,63 der Höhe nach für die Aufgaben des Sachwalters angemessen.

Die Entschädigungsleistung an den Sachwalter ist der Betroffenen auch zumutbar. Bei der vermögensabhängigen Entschädigung hat das Erstgericht zwar unterlassen, den Sockelschonbetrag von EUR 10.000,00 rechnerisch in seiner Berechnung auszuweisen, hat aber andererseits den Höchstbetrag von 2 % der vermögensabhängigen Entschädigung nach § 276 Abs 1 ABGB nicht ausgeschöpft und auch das Liegenschaftsvermögen als nicht fruchtbringendes Vermögen zur Gänze aus der Bemessungsgrundlage des § 276 ABGB ausgeschieden, obwohl es ebenfalls mit seinem Verkehrswert von EUR 350.000,00 berücksichtigt werden hätte können (2 R 82/08m, 2 R 124/08p, beide LG Feldkirch). Da die angemessene Entschädigung des Sachwalters auch mit Rücksicht auf den Sockelschonbetrag von EUR 10.000,00 im Rahmen der nach § 276 Abs 1 ABGB auszumessenden vermögensabhängigen Entschädigung liegt und alleine schon im Liegenschaftsvermögen der Sockelschonbetrag von EUR 10.000,00 Deckung findet, besteht kein Anlass, von der vom Erstgericht mit EUR 8.472,59 bestimmten, der Höhe nach angemessenen vermögensabhängigen Entschädigung abzugehen. Auch die Bemessung der einkommensabhängigen 5 %igen Enschädigung von EUR 824,04 ist ausgehend von den Einkünften der Betroffenen im Berichtsjahr von EUR 16.480,70 richtig erfolgt. Durch die Gesamtentschädigung des Sachwalters von EUR 9.296,63 ist die Befriedigung der Lebensbedürfnisse der Betroffenen angesichts ihres leicht verwertbaren Vermögens von mehr als EUR 600.000,00 nicht gefährdet.

Nachdem nunmehr die Vermögenslage der Betroffenen ermittelt ist, die Kontounterlagen und Sparbücher vorliegen und die Vermögensveranlagung geprüft und aktualisiert ist, wird in den Folgejahren der mit dieser Vermögensverwaltung verbundene Aufwand entsprechend geringer und dementsprechend der daraus resultierende Entschädigungsanspruch des Sachwalters neu zu beurteilen sein.

Es war somit dem am 16.9.2011 eingebrachten Rekurs nicht Folge zu geben, sondern der erstinstanzliche Beschluss zu bestätigen.

Die vom Sachwalter für die Rekursbeantwortung verzeichneten Kosten hat dieser selbst zu tragen, da gemäß § 139 Abs 2 AußStrG ein Kostenersatz im Verfahren über die Vermögensverwaltung nicht vorgesehen ist.

Die Bemessung der Ansprüche eines Sachwalters gehört nach der Rechtsprechung zu der Entscheidung über die Kosten im Sinne des § 62 Abs 1 Z 1 AußStrG, weshalb der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist.