JudikaturJustizRS0113431

RS0113431 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
14. März 2000

Einem Unmündigen mangelt generell die für eine Selbsttötung im Sinne des § 78 StGB erforderliche Freiwilligkeit. Wird also ein Unmündiger dazu verleitet, sich selbst zu töten oder ihm dazu Hilfe geleistet, scheidet Strafbarkeit nach § 78 StGB aus. Derartiges Verhalten ist vielmehr dem Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB in der Täterschaftsform des § 12 zweiter beziehungsweise dritter Fall StGB zu unterstellen, und zwar ungeachtet dessen, daß der Unmündige selbst keine strafbare Handlung begeht. Denn mit der "strafbaren Handlung", zu der vom Bestimmungstäter bestimmt und vom Beitragstäter beigetragen wird, ist jeweils deren eigene strafbare Handlung gemeint, also jener abstrakte Deliktstypus, der nach § 13 StGB allein durch ihre eigene subjektive Tatseite determiniert ist. Lediglich die Realisierung der dem Tätigkeitswort im Tatbestand unmittelbar entsprechenden Handlung wird durch den unmittelbar Ausführenden veranlaßt oder ihm überlassen. Wer demnach (wie hier) einem Unmündigen einen Revolver mit dem Willen übergibt, es diesem zu ermöglichen, sich zu erschießen, leistet einen sonstigen Beitrag (§ 12 dritter Fall StGB) zur Tötung eines (aus seiner Sicht) anderen, indem er die Tötungshandlung dem unmittelbar Ausführenden überläßt.