JudikaturJustizRS0093320

RS0093320 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
24. November 1992

Wird ein Bezugsobjekt zu Beweiszwecken mit einer Schrift derart in Verbindung gesetzt, daß es ein wesentlicher (fest verbundener) Bestandteil des nunmehr den für die Annahme einer Urkunde (im strafrechtlichen Sinn) maßgeblichen Kriterien (rechtserhebliche Gedankenerklärung, deren schriftliche Verkörperung, Abgabe dieser schriftlich verkörperten Gedankenerklärung zu Beweiszwecken im Rechtsverkehr und Erkennbarkeit des Ausstellers) entsprechenden und demzufolge als Urkunde zu wertenden Schriftstücks ist, dann liegt eine sogenannte zusammengesetzte Urkunde vor. Preisetiketten enthalten ohne Verbindung mit einem Bezugsobjekt (Augenscheinsobjekt) keine bestimmte rechtserhebliche Aussage und können demgemäß nicht als Urkunde im Sinne des § 74 Z 7 StGB gewertet werden. Zu Urkunden werden sie im allgemeinen auch nicht durch die Anbringung an einer Sache (Waren), deren Bestandteil sie damit werden; denn auch dann enthalten sie nur eine für die Kauflustigen und allenfalls auch Verkäufer und Kassiere bestimmte Information, der in der Regel die im § 74 Z 7 StGB einer Urkunde zugedachte Funktion (Beweiszweck) nicht zukommt. Das Unterschieben eines Gegenstandes unter ein Beweiszeichen (im weitesten Sinn) - wie es das Preisetikett ist - stellt kein Fälschen oder Verfälschen (eines privaten Beweiszeichens) dar; eine solche Vorgangsweise wird im § 225 StGB, und zwar ausschließlich mit Beziehung auf öffentliche Beglaubigungszeichen, kriminalisiert.

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