JudikaturJustiz9ObA167/13v

9ObA167/13v – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Januar 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Mag. Johann Schneller als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C***** M*****, vertreten durch Dr. Andrea Müller, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei G***** P*****, wegen 2.880 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Oktober 2013, GZ 7 Ra 103/13p 66, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten die Kriterien der Belästigung iSd § 7d BEinstG erfüllt, ist einzelfallbezogen und begründet, von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen, keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (vgl RIS Justiz RS0044088 [zu sexueller Belästigung: T 50]). Eine solche zeigt die Klägerin nicht auf:

1. Bei der Prüfung der Frage, inwieweit ein als Belästigung iSd § 7d BEinstG zu wertendes Verhalten der Klägerin glaubhaft gemacht wurde, kommt es darauf an, ob das Verhalten des Beklagten hier des Teamleiters der Klägerin als unerwünschte, unangebrachte oder anstößige Verhaltensweise qualifiziert werden kann und ob durch dieses Verhalten die Würde der Klägerin verletzt und ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld geschaffen wurde (8 ObA 8/09y).

2. Mit dem Vorbringen der Klägerin, dass die Anweisung des Beklagten, sich bei längeren Abwesenheiten abzumelden, vornehmlich sie getroffen hätte, weil ihre Toilettengänge behinderungsbedingt längere Zeit benötigt hätten, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt. Nach diesem wurde sie einmal, als sie Telefondienst hatte und für das Servicecenter erreichbar sein musste, gesucht. Als sie zurückkam, fragte sie der Beklagte, wo sie gewesen sei und erklärte ihr, sich abmelden zu müssen, wenn sie längere Zeit von ihrem Arbeitsplatz weg sei. Er erklärte generell allen Mitarbeitern, sich abmelden zu müssen, wenn sie längere Zeit nicht an ihrem Arbeitsplatz seien, ohne dass nach dem Grund für das Verlassen des Zimmers unterschieden wurde. Wenn die Vorinstanzen in dieser Anweisung selbst unter Berücksichtigung eines weit zu verstehenden Zusammenhangs zwischen einer belästigenden Verhaltensweise und dem geschützten Merkmal (s RIS Justiz RS0124663; RS0124664) bereits kein Fehlverhalten des Beklagten sehen konnten, so ist dies vertretbar und nicht weiter korrekturbedürftig, zumal ein Teamleiter auch für die Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs zu sorgen hat. In der allgemeinen Anweisung, längere Abwesenheiten vom Arbeitsplatz zu melden, ist auch keine Verletzung der Menschenwürde erkennbar. Es kam auch nicht hervor, dass eine derartige Verletzung bezweckt gewesen wäre (§ 7d Abs 2 Z 1 BEinstG).

3. Soweit die Klägerin meint, der Beklagte hätte auf einen von anderen Mitarbeitern verfassten Beschwerdebrief über die Klägerin reagieren und sie in Schutz nehmen müssen, so liegt eine Diskriminierung zwar auch dann vor, wenn es der Dienstgeber schuldhaft unterlässt, im Falle einer Belästigung durch Dritte angemessene Abhilfe zu schaffen (§ 7d Abs 1 Z 2 BEinstG). Damit ist für die Klägerin aber nichts gewonnen, weil sich ihre Klage nicht gegen den Dienstgeber, sondern gegen einen anderen Dienstnehmer richtet (s 9 ObA 65/13v mwN).

4. Mit ihrem Vorwurf, dass der Beklagte einen Mitarbeiter gerügt habe, weil er den Beschwerdebrief nicht unterzeichnet habe, weicht die Klägerin von den Feststellungen des Erstgerichts ab. Ihnen zufolge teilte der Beklagte jenem Mitarbeiter lediglich mit, dass die Kollegen Unverständnis für dessen Haltung gezeigt hätten.

5. Da die Revision damit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufweist, ist sie zurückzuweisen.

Rechtssätze
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