JudikaturJustiz9Ob64/11v

9Ob64/11v – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Oktober 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn in der Rechtssache der klagenden Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch die Kaufmann Thurnher Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch die Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 73.008,79 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 29. Juni 2011, GZ 5 R 153/10z 52, womit das Zwischenurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 17. August 2010, GZ 16 Cga 173/06f 48, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der österreichische Gasmarkt ist in drei Regelzonen aufgeteilt. Die Klägerin betreibt als Netzbetreiberin in der Regelzone Ost, die die Bundesländer Wien, Niederösterreich, Burgenland, Steiermark, Kärnten, Salzburg und Oberösterreich umfasst, ein Gas Fernleitungsnetz. Das Gas gelangt an verschiedenen Stellen ins Netz, unter anderem an den Grenzübernahmestellen Baumgarten und Oberkappel, im Bereich der Produktion der O***** E***** GmbH und im Bereich der Speicheranlagen der Klägerin. An diesen Stellen strömt ständig Gas ins Netz und wieder zurück. Diese Gasströme werden von der Klägerin ständig gemessen, wodurch ihr Kosten entstehen.

Die Beklagte nimmt in verschiedenen Funktionen am Gasmarkt teil, unter anderem ist sie Bilanzgruppenverantwortliche. Als solche vertritt sie eine fünfköpfige Gruppe von Versorgern, der sie selbst angehört. Als Bilanzgruppenverantwortliche werden der Beklagten von den Mitgliedern ihrer Bilanzgruppe jeweils die für den nächsten Tag voraussichtlich benötigten Gasmengen bekannt gegeben. Die Beklagte ermittelt auf dieser Grundlage den für den nächsten Tag prognostizierten Gasbedarf der Bilanzgruppe, welcher der Bilanzgruppenkoordinatorin als „Fahrplan“ bekannt gegeben wird. Diese ermittelt wiederum für jede Bilanzgruppe die benötigte Ausgleichsenergie und verrechnet das darauf entfallende Entgelt dem Bilanzgruppenverantwortlichen.

Als Versorgerin kauft und verkauft die Beklagte Gas mit Gewinnabsicht. Sie schließt in diesem Zusammenhang mit verschiedenen Produzenten Gaslieferungsverträge, aufgrund deren die von der Beklagten bestellten Gasmengen an den oben genannten Einspeisestellen bereit gestellt werden. Andererseits schließt die Beklagte Gaslieferungsverträge mit Endverbrauchern, die ihrerseits Gas je nach Bedarf dem Netz entnehmen.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Betrag von 73.008,79 EUR sA. Sie habe für die Beklagte im April 2006 verschiedene Messleistungen für die Einspeisung von Erdgas erbracht und hierüber Rechnung vom 15. 5. 2006 gelegt. Konkret habe es sich um Messleistungen für die Einspeisung aus dem Import in Baumgarten und Oberkappel, für die Einspeisung aus dem Produktionsnetz der O***** E***** GmbH und für die Einspeisung aus den Speicheranlagen der Klägerin gehandelt. Die Beklagte werde als einspeisende Bilanzgruppenverantwortliche in Anspruch genommen. Wenn bestimmte Kunden mehr Gas aus dem Netz entnehmen als vorgesehen, sei es nämlich Aufgabe der Beklagten, dafür einen Ausgleich zu schaffen und Gas (Ausgleichsenergie) in das Netz einzuspeisen oder einspeisen zu lassen. Damit sei die Beklagte auch Einspeiser nach § 6 Z 7 GWG und Kunde iSd § 6 Z 23 GWG und werde unabhängig davon, ob sie als Bilanzgruppenverantwortliche oder zusätzlich als Versorger (= Erdgasunternehmer) auftrete, in Anspruch genommen. Bei den Messungen der Klägerin fallen erhebliche Kosten an. Aufgrund der „Fahrpläne“ der Beklagten sei eine Zuordnung der eingespeisten Gasmengen problemlos möglich. Die Messungen der Klägerin ermöglichen der Beklagten die Berechnung, wie viel Ausgleichsenergie sie kaufen oder verkaufen müsse. Die Klägerin stütze ihr Klagebegehren primär auf das Gesetz, und zwar § 23 Abs 3 GWG, subsidiär auf zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen, nämlich das Bestehen eines schlüssigen Vertrags, auf Schadenersatz, auf Geschäftsführung ohne Auftrag oder auf ungerechtfertigte Bereicherung (Verwendungsanspruch).

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen Abweisung und wendete ein, dass weder die Bilanzgruppe als solche noch der Bilanzgruppenverantwortliche tatsächliche (physikalische) Einspeisungen oder Ausspeisungen in Leitungsanlagen der Klägerin durchführe. Als Bilanzgruppenverantwortliche sei die Beklagte weder Kunde noch Einspeiser. Einem Vertrag über die Messung der Einspeisemengen in das Fernleitungsnetz der Klägerin habe die Beklagte nie zugestimmt. Selbst wenn die Beklagte eine Einspeisung in das Netz vornehmen würde, wäre eine direkte Zuordnung von Kosten für Messungen nicht möglich. Die Klägerin messe lediglich den Gesamtstrom. Eine bloß schlüsselmäßige Aufteilung sei keine Messung, die direkt zuordenbare Kosten verursache.

Das Erstgericht beschränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruchs und erkannte mit Zwischenurteil, dass das Klagebegehren über 73.008,79 EUR sA dem Grunde nach zu Recht bestehe. Unter Zugrundelegung der eingangs wiedergegebenen Außerstreitstellungen und Feststellungen führte es rechtlich aus, dass die Beklagte als Erdgasunternehmen, das mit Gas in Gewinnabsicht handle, unter anderem auch Kunde iSd § 23 Abs 3 iVm § 6 Z 23 GWG sei. Nach § 23 Abs 3 GWG schulde die Beklagte als Kunde der Klägerin als Netzbetreiberin die direkt zuordenbaren Kosten, die mit der Errichtung und dem Betrieb von Zähleinrichtungen, der Eichung und der Datenauslegung verbunden seien. Ob die eingeklagten Kosten der Beklagten direkt zuordenbar seien, sei im derzeitigen Verfahrensstadium, in dem es nur um den Haftungsgrund gehe, noch nicht zu prüfen. Nach § 23 Abs 3 GWG sei jedenfalls davon auszugehen, dass die von der Klägerin erbrachten Messleistungen von jenen zu bezahlen seien, denen sie erbracht werden. Wie sich aus § 23 Abs 3 Satz 2 GWG ergebe, solle das Entgelt für die Messleistungen von den Einspeisern entrichtet werden. Als Erdgasunternehmen sei die Beklagte auch Einspeiserin. Sie sei daher bereits aufgrund des Gesetzes verpflichtet, der Klägerin das Entgelt für Messleistungen iSd § 23 Abs 3 GWG zu zahlen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das erstgerichtliche Zwischenurteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zugelassen. In rechtlicher Hinsicht sei davon auszugehen, dass die Aufgaben und Pflichten des Bilanzgruppenverantwortlichen in § 42a GWG geregelt seien. Diese Bestimmung sehe zwar die Entrichtung von Entgelten des Bilanzgruppenverantwortlichen an den Bilanzgruppenkoordinator vor, nicht aber die Entrichtung von Messentgelten an den Netzbetreiber. Unmittelbar aus dem Gesetz lasse sich daher ein Anspruch der Klägerin, die Beklagte als Bilanzgruppenverantwortliche für Messentgelte in Anspruch zu nehmen, nicht ableiten. In § 23 Abs 3 GWG seien die Bilanzgruppenverantwortlichen nicht angeführt. Die Vorschreibung von Messentgelten an den Bilanzgruppenverantwortlichen sei daher auf vertraglicher Basis zu regeln. Im fortgesetzten Verfahren werde zunächst mit den Parteien zu erörtern sein, inwieweit die Klägerin tatsächlich der Beklagten konkret zuordenbare Messentgelte iSd § 23 Abs 3 GWG in Rechnung gestellt habe. Werde die Beklagte als Bilanzgruppenverantwortliche in Anspruch genommen, werde zu prüfen sein, inwieweit die Beklagte in dieser Funktion Messleistungen in Anspruch genommen habe. Schließlich seien die von der Klägerin ins Treffen geführten weiteren Anspruchsgründe, wie zB das Vorliegen eines schlüssigen Vertrags, zu prüfen. Erforderlich sei eine Erweiterung der Sachverhaltsgrundlage, welche Gasströme konkret an welchen Stellen zu welchem Zweck gemessen wurden und wofür diese Daten konkret benötigt wurden. Erforderlichenfalls werde das Erstgericht einen Sachverständigen beizuziehen haben.

Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das klagestattgebende Ersturteil wiederherzustellen.

Die Beklagte beantragt, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat das Verfahren nach § 189 ZPO auf den Grund des Anspruchs beschränkt und mit stattgebenden Zwischenurteil festgestellt, dass das Klagebegehren über 73.008,79 EUR sA dem Grunde nach zu Recht bestehe. Da der Grund des Anspruchs schon aufgrund des Gesetzes bejaht wurde, musste vom Erstgericht auf die von der Klägerin subsidiär geltend gemachten Anspruchsgrundlagen, wie zB das Bestehen eines schlüssigen Vertrags etc, nicht eingegangen werden. Auch das Rekursverfahren beschränkt sich auf die Prüfung des Vorliegens einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage; nur damit haben sich die Vorinstanzen bisher auseinandergesetzt. Zufolge Beschränkung des Verfahrens auf den Grund des Anspruchs erfolgen auch keine Ausführungen zur Höhe des Klagebegehrens.

Als gesetzliche Anspruchsgrundlage der Klageforderung kommt nur das Gaswirtschaftsgesetz (GWG), BGBl I 2000/121, in Frage. Das nachfolgende Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011), BGBl I 2011/107, welches das GWG ab dem Inkrafttreten per 22. 11. 2011 ablöste, findet auf die laut Klage im April 2006 erbrachten Leistungen noch keine Anwendung. Die Klägerin stellte zuletzt auch klar, dass § 6 Abs 8 Gas Systemnutzungstarife Verordnung (GSNT VO 2004) idF 1. Gas Systemnutzungs-tarife Verordnung Novelle 2006 (1. GSNT VO Novelle 2006), wonach das Messentgelt für die Einspeisung von Erdgas aus dem Import in Oberkappel und Baumgarten, aus dem Produktionsnetz der O***** E***** GmbH sowie für die Einspeisung aus den Speicheranlagen der Klägerin einen bestimmten Betrag je eingespeister MWh nicht übersteigen darf, nur für die Höhe der Klageforderung von Bedeutung ist. Auf Überlegungen der Beklagten, dass § 6 Abs 8 GSNT VO 2004 gesetzwidrig sei, kommt es daher im Rekursverfahren zum Grund des Anspruchs nicht an.

Das Entgelt für Messleistungen (Z 2) ist nach § 23 Abs 1 GWG neben dem Netznutzungsentgelt (Z 1), dem Netzbereitstellungsentgelt (Z 3) sowie dem Netzzutrittsentgelt (Z 4) ein Teil des Systemnutzungsentgelts, bei dem es sich nach § 6 Z 52 GWG um das für die Durchführung des Transports von inländischen Endverbrauchern zu entrichtende Entgelt handelt. Durch das Entgelt für Messleistungen werden nach § 23 Abs 3 GWG dem Netzbetreiber von den Kunden jene direkt zuordenbaren Kosten abgegolten, die mit der Errichtung und dem Betrieb von Zähleinrichtungen, der Eichung und der Datenauslesung verbunden sind. Soweit Messeinrichtungen von den Netzbenutzern selbst beigestellt werden, ist das Entgelt für Messleistungen entsprechend zu vermindern. Nach § 23a Abs 8 GWG ist das Entgelt für Messleistungen nach § 23 Abs 1 Z 2 GWG grundsätzlich aufwandsorientiert zu verrechnen, wobei von der Energie Control Kommission durch Verordnung Höchstpreise bestimmt werden können.

Dass der Klägerin als Netzbetreiberin mit dem Entgelt für Messleistungen schon aufgrund des Gesetzes bestimmte direkt zuordenbare Kosten abzugelten sind, ist nach dem Vorgesagten nicht weiter fraglich. Strittig ist jedoch, ob die Beklagte zum Kreis der Zahlungspflichtigen gehört. Das GWG unterscheidet eine Vielzahl von in der Gaswirtschaft auftretenden Akteuren (zB Bilanzgruppenverantwortliche, Einspeiser, Endverbraucher, Erdgashändler, Erdgaslieferanten, Erdgasunternehmen, Fernleitungsunternehmen etc; siehe Näheres in den Begriffsbestimmungen nach § 6 GWG), denen es verschiedene Aufgaben, Rechte und Pflichten zuweist. Dies ist bezüglich des Entgelts für Messleistungen nicht anders. Dieses wird der Netzbetreiberin nach § 23 Abs 3 GWG von den „Kunden“ geschuldet.

Wenn die Klägerin in erster Instanz betonte, die Beklagte „als Bilanzgruppenverantwortliche“, „als Einspeiserin“ oder „als Kundin“ in Anspruch zu nehmen, so ist zur Vermeidung allfälliger Missverständnisse klarzustellen, dass die Beklagte als Rechtsperson stets die Beklagte ist, unabhängig davon, in welcher Funktion sie gerade agiert. Richtig ist aber, dass § 23 Abs 3 GWG, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhob, nicht an „Bilanzgruppenverantwortliche“, sondern an „Kunden“ anknüpft. Dies liegt augenscheinlich daran, dass der Gesetzgeber bei Kunden „direkt zuordenbare Kosten“ im Zusammenhang mit Messleistungen annimmt und gesondert behandelt wissen will. Beim detaillierten Aufgaben und Pflichtenkatalog des Bilanzgruppenverantwortlichen nach § 42a GWG wird das Messentgelt hingegen nicht erwähnt.

Der Ansatz der Klägerin, die Beklagte „als Bilanzgruppenverantwortliche“ schon aufgrund des Gesetzes für Messleistungen nach § 23 Abs 3 GWG in Anspruch zu nehmen, ist daher nicht zielführend. Wie aber schon erwähnt, wurde die Beklagte mit Fortdauer des Verfahrens auch „als Kundin“ in Anspruch genommen (arg „unabhängig davon, ob sie als Bilanzgruppenverantwortliche … auftritt“ [ON 44]). Kunden sind vom Gesetz ausdrücklich genannte Adressaten der Verrechnung von direkt zuordenbaren Kosten, die mit der Errichtung und dem Betrieb von Zähleinrichtungen, der Eichung und der Datenauslesung verbunden sind.

Der Begriff „Kunden“ wird im GWG auch definiert, der Begriff „direkt zuordenbare Kosten“ hingegen nicht. „Kunden“ sind nach § 6 Z 23 GWG Endverbraucher, Erdgashändler oder Erdgasunternehmen, die Erdgas kaufen. „Endverbraucher“ ist nach § 6 Z 8 GWG ein Verbraucher, der Erdgas für den Eigenbedarf kauft. „Erdgashändler“ ist nach § 6 Z 10 GWG eine natürliche oder juristische Person, die Erdgas kauft oder verkauft, ohne innerhalb oder außerhalb des Netzes, in dem sie eingerichtet ist, eine Fernleitungs oder Verteilerfunktion wahrzunehmen. „Erdgasunternehmen“ ist nach § 6 Z 13 GWG eine natürliche oder juristische Person, die in Gewinnabsicht von den Funktionen Fernleitung, Verteilung, Lieferung, Verkauf, Kauf oder Speicherung von Erdgas, einschließlich verflüssigtes Erdgas, oder Durchführung von Hub Dienstleistungen mindestens eine wahrnimmt und für die kommerziellen, technischen oder wartungsbezogenen Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Funktionen verantwortlich ist, mit Ausnahme der Endverbraucher; Unternehmen iSd § 6 Z 20 („Inhaber von Transportrechten“) und Z 48 („Speicherunternehmen“) sind (auch) Erdgasunternehmen.

Da die Beklagte neben ihrer Tätigkeit als Bilanzgruppenverantwortliche auch Erdgas kauft und verkauft, ist sie auch als Erdgashändler und als Erdgasunternehmen iSd GWG zu qualifizieren. Damit fällt sie auch unter den Kundenbegriff des § 6 Z 23 GWG und ist daher gemäß § 23 Abs 3 GWG ein potentieller Adressat für die Verrechnung des Messentgelts durch die Klägerin als Netzbetreiberin.

Im Bemühen, die komplexen Zusammenhänge der österreichischen Gaswirtschaft auf der Grundlage ihrer Neuordnung durch das GWG zu durchdringen, kam in erster Instanz zu kurz, dass sich die Klage auf eine bestimmte Rechnung der Klägerin stützt, der bestimmte Leistungen in einem bestimmten Zeitraum für die Beklagte zugrundeliegen. Für die Erlassung eines stattgebenden Zwischenurteils über den Grund des Anspruchs ist es noch zu früh, denn es genügt nicht, dass unter Zugrundelegung einer funktionierenden Gaswirtschaft nach den Regeln des GWG möglicherweise manches dafür spricht, dass die Klägerin Leistungen erbrachte, von denen die Beklagte möglicherweise in irgendeiner Funktion und in irgendeiner Form profitierte. Durch die Fällung eines Zwischenurteils werden alle den Grund des Anspruchs betreffenden Rechtsgründe, Einwendungen, Angriffs und Verteidigungsmittel abschließend erledigt. Im fortgesetzten Verfahren über die Höhe des Anspruchs darf auf sie nicht mehr Bedacht genommen werden. Dem entsprechend darf ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs erst dann gefällt werden, wenn das erhobene Begehren zumindest aus einer von mehreren hiefür vorgetragenen rechtserzeugenden Tatsachen gerechtfertigt und keine einzige dagegen vorgetragene Einwendung unberechtigt ist ( Deixler Hübner in Fasching/Konecny 2 III § 393 Rz 5 mwN ua). Dies ist hier noch nicht der Fall.

Wie schon ausgeführt, legte die Klägerin an die Beklagte eine Rechnung vom 15. 5. 2006 über im April 2006 erbrachte Messleistungen für die Einspeisung von Erdgas aus dem Import in Baumgarten und Oberkappel, aus dem Produktionsnetz der O***** E***** GmbH und aus den Speicheranlagen der Klägerin. Die Beklagte bestreitet, dass für sie die verrechneten Messleistungen erbracht wurden. Sie will auch nichts mit zuordenbaren Einspeisungen von Erdgas zu tun gehabt haben. Unstrittig ist nur, dass die Klägerin als Netzbetreiberin ständig in das Netz fließende und wieder zurückfließende Gasströme an den in der gegenständlichen Rechnung genannten Punkten misst, was mit Kosten für die Klägerin verbunden ist. In Bezug auf konkrete Leistungen der Klägerin für die Beklagte in einem konkreten Zeitraum fehlen bisher Feststellungen. Da die Beklagte bestreitet, dass das Messen von Gasströmen durch die Klägerin für sie von irgendeinem quantifizierbaren Nutzen gewesen sei, ist jedenfalls, wie vom Berufungsgericht angeordnet, eine deutliche Verbreiterung der Tatsachengrundlage geboten. Der Aufhebung des Ersturteils und Zurückverweisung an das Erstgericht ist daher nicht entgegenzutreten (vgl Kodek in Rechberger , ZPO 3 § 519 Rz 26 mwN ua).

Im fortgesetzten Verfahren wird mit der Klägerin zu erörtern sein, welche konkreten Messleistungen sie im April 2006 erbrachte, für deren Kosten die Beklagte aufkommen soll. Bezüglich des strittigen Kriteriums der „direkten Zuordenbarkeit“ ist zu beachten, dass es beim leitungsgebundenen Energieträger Erdgas verschiedene Arten von Messungen gibt und diese Unterschiede auch vom System des GWG berücksichtigt werden. Einerseits gibt es Messungen, deren Kosten Kunden zugeordnet werden können, das sind diejenigen bei der Ein- und Ausspeisung in ein Netz, und es gibt sonstige Messungen, die in erster Linie der Systemsteuerung dienen. Das Tarifierungssystem des GWG geht insbesondere vom Prinzip der Gleichbehandlung aller Netzbenutzer (§ 4 Abs 1 Z 1 und § 23a Abs 5 GWG) aus. Durch die tarifmäßige Berechnung des Systemnutzungsentgelts soll eine angemessene Aufteilung der Netzkosten auf die Netzbenutzer bewirkt werden (§ 3 Z 3 GWG). Netzbenutzer ist nach § 6 Z 31 GWG jede natürliche oder juristische Person, die in das Netz einspeist oder daraus versorgt wird. Wie schon mehrfach erwähnt, sollen durch das Entgelt für Messleistungen dem Netzbetreiber Kosten abgegolten werden, die mit der Errichtung und dem Betrieb von Zähleinrichtungen, der Eichung und der Datenauslesung verbunden sind. Angesichts dieser Zielsetzungen muss danach getrachtet werden, die Kostentragung verursachungsgerecht zwischen Einspeisern und Entnehmern zu regeln. Der Anteil, der den Einspeisern direkt zugeordnet werden kann, muss daher von diesen getragen werden. Der Begriff der „direkten Zuordenbarkeit“ darf nicht zu eng ausgelegt werden, um die angestrebte Verursachungsgerechtigkeit nicht zu unterlaufen. Dass die Zuordenbarkeit weiter zu verstehen ist, ist auch schon darin begründet, dass § 23 Abs 3 iVm § 6 Z 23 GWG eben nicht nur auf Endverbraucher bei der Entnahme von Erdgas als Adressaten der Messleistungen abzielt, sondern auch auf Erdgashändler und Erdgasunternehmer bei der Einspeisung von Erdgas. „Direkt zuordenbar“ bedeutet nun nicht zwangsläufig, dass auch jeder einzelne Erdgashändler oder jeder einzelne Erdgasunternehmer seine eigene Messstation haben muss. Es genügt auch eine bloß rechnerische Zuordnung, zumal das GWG davon ausgeht, dass „den Kunden“, was man auch als Kundengruppe verstehen kann, Kosten direkt zuordenbar sind. Insoweit folgt der Oberste Gerichtshof der im Akt einliegenden Äußerung der Energie Control Kommission (ON 19).

Zusammenfassend kann nach dem Vorgesagten von einer Spruchreife der Sache nicht ausgegangen werden. Dem auf eine Wiederherstellung des erstgerichtlichen Zwischenurteils abzielenden Rekurs der Klägerin muss deshalb ein Erfolg versagt bleiben.

Der Kostenvorbehalt ist in § 52 Abs 1 ZPO begründet.