JudikaturJustiz8ObA111/03m

8ObA111/03m – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Juli 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Spenling und die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Wolf und Manfred Gürtler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Nikolaus P*****, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 55.311,93 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. September 2003, GZ 13 Ra 18/03z-29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 28.Jänner2003, GZ 47 Cga 26/02k-18, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 13. Juni 2003, GZ 47 Cga 26/02k-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.806,04 (darin EUR 301 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 11. 5. 1954 geborene Kläger war vom 13. 12. 1982 bis 31. 5. 1990 Dienstnehmer der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Nach seiner Wiedereinstellung mit Wirkung vom 1. 3. 1992 bestätigte ihm die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 22. 11. 1996, dass das Dienstverhältnis von Seiten der Dienstgeberin unkündbar geworden sei. Das Dienstverhältnis des Klägers unterliegt der Dienst-und Besoldungsordnung für die Bediensteten österreichischer Privatbahnen (DBO).

Am 13. 7. 1999 erlitt der Kläger einen Unfall, bei dem er schwer verletzt wurde. Verletzungsbedingt befand er sich bis 9. 7. 2000 im Krankenstand. Anschließend konsumierte er vom 10. 7. bis 1. 10. 2000 seinen Urlaub.

Mit Bescheid vom 14. 7. 2000 stellte das zuständige Bundessozialamt gemäß § 14 Abs 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) fest, dass der Kläger ab dem 11. 4. 2000 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehöre, wobei der Grad seiner Behinderung 50 % betrage.

Der Kläger war bei der Beklagten bzw ihrer Rechtsvorgängerin als Hilfsarbeiter, Kfz-Mechaniker und als Busfahrer beschäftigt. Aufgrund der Verletzungsfolgen ist er auf Dauer nicht mehr in der Lage, als Busfahrer zu arbeiten. Am 14. 6. 2000, noch vor Beendigung seines Krankenstandes, suchte der Kläger um vorübergehende Versetzung in die Verwaltung an. Dieses Ersuchen wurde mit Schreiben vom 20. 9. 2000 vorläufig mangels Bedarfs abgelehnt. Nach der am 16. 6. 2000 erfolgten arbeitsmedizinischen Untersuchung wurde der Kläger aufgrund seines allgemeinen Körperzustandes für den Dienst bei der Beklagten als tauglich befunden, wobei allerdings eine Tätigkeit als Kraftfahrer nicht in Frage komme. Der Kläger solle für ca drei Monate eine sitzende Tätigkeit ausüben, danach sei eine neuerliche Untersuchung durchzuführen. Aufgrund dieser wiederholten Untersuchung teilte das arbeitsmedizinische Zentrum der Beklagten am 6. 11. 2000 mit, dass der Kläger weiterhin nicht für eine Tätigkeit als Kraftfahrer in Frage komme. Nach zwei Besprechungen und der Erörterung verschiedener Tätigkeitsfelder des Klägers wie Kontrollor, Straßenbahnreiniger, Bus-Innenreiniger, Wagenbegleiter, Lagermitarbeiter oder Mitarbeiter im Verwaltungsbereich beschied die Beklagte dem Kläger, dass sie für ihn keine Arbeit habe.

In der Zeit vom 19. 4. 2001 bis 24. 10. 2002 wurden bei der Beklagten verschiedene, vom Erstgericht auf Seite 8 der Urteilsausfertigung ausdrücklich festgestellte, Posten ausgeschrieben. Für diese Positionen, nämlich Personal-Sachbearbeiter, Kantinenleiter, Sachbearbeiter (Marketing), Elektriker (Obustechnik), Sachbearbeiter (Bereich Verkehr-Planung), Schibuskoordinator, Unterstützung Nachtdienst-Team, Revisor, Mitarbeiter in der Arbeitsvorbereitung, Mitarbeiter in der Busrevision sowie Buselektriker kam der Kläger fachlich nicht in Frage. Er ist nur gelernter Kfz-Mechaniker, aber nicht Kfz-Elektriker. Als Mechaniker ist der Kläger deshalb nicht geeignet, weil bei der Beklagten nur mehr Kfz-Techniker (Kfz-Mechaniker und Kfz-Elektriker) eingesetzt werden. Eine Telefonistenstelle wurde nicht neu ausgeschrieben, sondern erfolgte nur eine Neuregelung der Vertretungstätigkeit. Die Kontrollorstätigkeit wurde mit 2001 bzw 2002 einerseits aus wirtschaftlichen Gründen und andererseits aufgrund von Personalnot ausgelagert. Der Kläger könnte bei der Beklagten derzeit als Kontrollor nicht eingesetzt werden, weil diese Tätigkeit turnusweise mit jener als Busfahrer abwechselt. Im Bereich Reinigung erfolgte keine Neubesetzung bzw Personalvermehrung und wurde aufgrund des Versetzungsantrags des Klägers hausintern abgeklärt, dass es derzeit keinen für den Kläger geeigneten Posten gibt. Der Kläger kann und könnte bei der Beklagten keine andere Tätigkeit als Busfahrer verrichten, und zwar einerseits, weil keine freien Posten vorhanden sind und andererseits wegen mangelnder fachlicher Eignung.

Mit Schreiben vom 27. 11. 2000 erklärte die Beklagte den Kläger wegen Dienstunfähigkeit zu entlassen. In dem von der bei der Beklagten eingerichteten Personalvertretung geführten Anfechtungsverfahren wurde rechtskräftig ausgesprochen, dass die von der Beklagten am 27. 11. 2000 erklärte Entlassung des Klägers rechtsunwirksam sei und dass dessen Dienstverhältnis zur Beklagten weiterhin aufrecht bestehe. Der Oberste Gerichtshof führte in seinem Erkenntnis vom 13. 11. 2002, 9 ObA 94/02t, begründend aus, dass gemäß § 39 der auf den Kläger anzuwendenden DBO die Entlassung nur als Ergebnis eines Disziplinarverfahrens oder aus bestimmten in Abs 2 der Gesetzesstelle aufgezählten Gründen in Frage komme. Der von der Beklagten geltend gemachte Entlassungsgrund der Dienstunfähigkeit ihres Dienstnehmers finde im Entlassungsregime der DBO keine Deckung. Die Entlassung des Klägers sei daher nicht gerechtfertigt gewesen und verletze den besonderen Bestandschutz, den er als begünstigter Behinderter genieße. Von einer Lücke in der DBO, die durch einen Rückgriff auf das allgemeine Entlassungsrecht geschlossen werde müsste, könne keine Rede sein. Im Falle der Dienstunfähigkeit eines Dienstnehmers wäre gemäß § 38 Abs 5 DBO die Kündigung grundsätzlich zulässig, soweit der Kläger nicht anderweitig im Unternehmen verwendet werden könne. Die Beendigungsart bedürfe jedoch im Falle eines begünstigten Behinderten der Zustimmung des Behindertenausschusses, die im vorliegenden Fall von der Beklagten nicht eingeholt worden sei.

Der Kläger hat sich auch nach der ausgesprochenen Entlassung mehrfach arbeitsbereit gezeigt. Er hätte in der Zeit ab 1. 12. 2000 bis einschließlich 31. 1. 2003 das vom Erstgericht im Einzelnen festgestellte (Seite 11 bis 12 der Urteilsausfertigung) Entgelt ins Verdienen gebracht, das in der Summe dem Klagsbetrag entspricht.

Die Beklagte hat zwischenzeitlich beim Bundessozialamt um Zustimmung zur Kündigung des Klägers angesucht, doch ist bislang keine Entscheidung ergangen.

Mit seiner am 6. 2. 2002 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger zuletzt, die Beklagte zur Zahlung des Betrages von EUR 55.311,93 brutto schuldig zu erkennen. Sein Dienstverhältnis zur Beklagten bestehe weiter aufrecht. Trotz der Folgen seines Unfalls sei er weiterhin arbeitsfähig und auch ständig arbeitsbereit gewesen. Die Beklagte habe eine Beschäftigung des Klägers ausdrücklich abgelehnt und ihm seit dem Ausspruch der Entlassung keinerlei Entgelt gezahlt.

Die Beklagte wendete ein, der Kläger sei als Kraftfahrer eingestellt und in weiterer Folge ausschließlich als solcher verwendet worden. Diese vereinbarten Dienste als Kraftfahrer könne der Kläger unfallsbedingt nicht mehr leisten, welcher Umstand gemäß § 1155 ABGB seiner Sphäre zuzurechnen sei. Da der Kläger die vereinbarte Arbeitsleistung nicht mehr erbringen könne, gebühre ihm auch kein Entgelt. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, andere Dienstleistungen des Klägers entgegenzunehmen. Der Kläger sei jedenfalls für alle Dienstposten, die die Beklagte seit dem Ausspruch der Entlassung besetzt habe, nicht geeignet gewesen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, dass die unberechtigte Entlassung des Klägers dessen Dienstverhältnis zur Beklagten nicht aufgelöst habe, weil anderenfalls der Kündigungsschutz gemäß § 8 BEinstG umgangen würde. Der Einwand der Beklagten, dem Kläger gebühre gemäß § 1155 ABGB kein Entgelt, weil das Unterbleiben der vereinbarten Arbeitsleistung seiner Sphäre zuzurechnen sei, sei deshalb nicht stichhältig, weil die Zustimmung des Bundessozialamtes zur Kündigung des Klägers als begünstigtem Behinderten nicht vorliege. Die Beklagte sei, auch wenn der Kläger seine vereinbarte Arbeitsleistung nicht mehr erbringen könne, dennoch verpflichtet, ihm für den klagsgegenständlichen Zeitraum das Entgelt zu bezahlen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Bei Beurteilung des Dienstverhältnisses eines begünstigten Behinderten sei § 1155 ABGB nur nach Maßgabe der Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes anwendbar. Gemäß § 6 Abs 1 BEinstG haben Dienstgeber bei der Beschäftigung von begünstigten Behinderten auf deren Gesundheitszustand jede nach Beschaffenheit der Betriebsgattung und nach Art der Betriebsstätte und der Arbeitsbedingungen mögliche Rücksicht zu nehmen. Es bestehe somit ergänzend zum allgemeinen Arbeitnehmerschutz eine besondere Fürsorgepflicht des Dienstgebers, welche ihn insbesondere dazu verhalte, einem behinderten Dienstnehmer einen Arbeitsplatz zuzuweisen, an dem er seine Kenntnisse und Fähigkeiten möglichst voll verwerten und weiterentwickeln könne. Ein aus § 1155 Abs 1 ABGB abgeleiteter Entgeltanspruch erfordere den Bestand eines aufrechten Dienstverhältnisses. Dies sei hier in Anbetracht der Rechtsunwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Entlassung der Fall. Auch sei der Kläger nicht krankheitsbedingt arbeitsunfähig, sondern lediglich aufgrund seiner Behinderung nicht weiter als Busfahrer einsetzbar. Die Beklagte habe den ihr obliegenden Beweis, dass der Kläger trotz seiner Zustimmung an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz ohne erheblichen Schaden nicht weiterbeschäftigt werden könne, nicht erbracht. Das Erstgericht habe zwar festgestellt, dass der Kläger derzeit im Unternehmen der Beklagten keine andere Tätigkeit verrichten könne, doch habe es ebenso als erwiesen angenommen, dass die Beklagte die in ihrem Betrieb erforderliche Kontrollortätigkeit aus wirtschaftlichen Gründen sowie wegen Personalmangels “ausgelagert” habe. Eine mangelnde Eignung des Klägers für eine Tätigkeit als Kontrollor sei nicht erkennbar, zumal die Beklagte Busfahrer im Turnus wechselnd als Kontrollore einsetze. Es sei somit kein Grund ersichtlich, welcher die Beklagte daran gehindert haben könnte, den Kläger ab der Beendigung seines Krankenstands als Kontrollor zu beschäftigen. Da die Beklagte schon im Jahr 2000 - somit vor “Auslagerung” der Kontrollorstätigkeit - der ihr gemäß § 6 Abs 1 BEinstG obliegenden Verpflichtung zur Förderung des Klägers nicht entsprochen habe, könne sie sich zur Abwehr des vom Kläger zu Recht gegen sie erhobenen Entgeltanspruchs nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er nun nicht mehr als Kontrollor eingesetzt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist zulässig, es kommt ihr jedoch keine Berechtigung zu.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seinem Erkenntnis 9 ObA 94/02t dargestellt hat, wurde durch die rechtsunwirksame Entlassung des Klägers dessen Dienstverhältnis zur Beklagten nicht gelöst. Die Beklagte treffen daher gegenüber dem Kläger weiterhin die Dienstgeberpflichten in der besonderen Ausformung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz. Gemäß § 6 Abs 1 BEinstG haben Dienstgeber bei der Beschäftigung von begünstigten Behinderten auf deren Gesundheitszustand jede nach Beschaffenheit der Betriebsgattung und nach Art der Betriebsstätte und der Arbeitsbedingungen mögliche Rücksicht zu nehmen. Es besteht somit ergänzend zum allgemeinen Arbeitnehmerschutz eine besondere Fürsorgepflicht des Dienstgebers, welche ihn insbesondere dazu verhält, dem behinderten Dienstnehmer einen Arbeitsplatz zuzuweisen, an dem er seine Kenntnisse und Fähigkeiten möglichst voll verwerten und weiterentwickeln kann. Es ist nicht Sache des begünstigten Behinderten, sich im Betrieb geeignete Arbeit zu suchen, sondern Sache des Dienstgebers, für ihn entsprechende fördernde Maßnahmen zu treffen. Erforderlichenfalls sind dem Dienstnehmer im Rahmen beiderseitiger Zumutbarkeit leichtere Arbeiten zuzuweisen. Dies muss vor allem dann gelten, wenn das Dienstverhältnis bereits lange Zeit gedauert hat und wenn der Personalstand des Dienstgebers groß ist (ArbSlg 7559; 11.025; 8 ObA 303/95; 8 ObA 79/02d). Soweit ein Behinderter zufolge seiner Behinderung nicht in der Lage ist, seine Arbeitsleistung in dem Ausmaß zu erbringen wie ein voll einsatzfähiger Arbeitnehmer, darf an ihn nicht derselbe Beurteilungsmaßstab angelegt werden. Er ist gegen Angriffe aus dem Grund einer durch seine Behinderung bedingten unzulänglichen Arbeitsleistung zu schützen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass die ideellen und materiellen Interessen des Arbeitnehmers gewahrt bleiben (DRdA 1993, 284; RIS-Justiz RS0030685). In Fortführung dieser Rechtssätze hat die Rechtsprechung in Verfahren, in denen es um die Entlassung begünstigter Behinderter aus dem Grund des § 27 Z 2 AngG, somit weil sie unfähig waren, die versprochenen oder die den Umständen nach angemessenen Dienste zu leisten, ging, die Beweislast dafür, dass keine für den begünstigten Behinderten geeignete Ersatztätigkeiten vorhanden waren, im vollen Umfang dem Arbeitgeber zugewiesen (zuletzt etwa 8 ObA 79/02d).

Um ein derartiges Entlassungsverfahren geht es hier aber nicht. Aufgrund des bereits mehrfach zitierten Erkenntnisses des Obersten Gerichtshofes 9 ObA 94/02t steht nämlich fest, dass nach den Besonderheiten der für den Kläger geltenden DBO eine Entlassungsmöglichkeit nicht besteht, sondern er nur-mit der gemäß § 8 Abs 2 BEinstG erforderlichen Zustimmung des Behindertenaus- schusses-gekündigt werden kann. Bis zur Rechtswirksamkeit einer derartigen Kündigung ist auf das Dienstverhältnis des Klägers unter anderem auch § 7 BEinstG anzuwenden, nach welcher Bestimmung das Entgelt, das dem im Sinne dieses Bundesgesetzes beschäftigten begünstigten Behinderten gebührt, aus dem Grund der Behinderung nicht gemindert werden darf. Zwar können auch Behinderte ihren Entgeltanspruch gegenüber dem Arbeitgeber verlieren, etwa wenn sie dem Dienst unentschuldigt fernbleiben, bei in die Dienstnehmersphäre fallender Unmöglichkeit der Dienstleistung oder Erschöpfung des Entgeltfortzahlungszeitraumes im Krankheitsfall ( Ernst/Haller BEinstG, 236; Marhold , Beschäftigungspflicht und Entgeltanspruch nach dem BEinstG, RdW1990, 51), jedoch nur dann, wenn der Entgeltfortfall seinen Grund nicht in der Behinderung selbst hat (VwGH ZfVB1994/467; 1995/893). Nach den Feststellungen war der Kläger stets arbeitsbereit und auch nicht über seine Behinderung hinaus erkrankt. Die Tatsache der Behinderung allein durfte aber nicht zu einer Entgeltschmälerung führen. In diesem Sinne ist auch § 1155 Abs 1 ABGB zu lesen, weil dem Kläger-solange das Dienstverhältnis nicht rechtswirksam gelöst ist-seine Behinderung nicht zum Nachteil gereichen darf und es alleine Sache des Dienstgebers ist, ihm entsprechende Arbeit zuzuweisen.

Wie bereits dargestellt, ist gemäß § 8 Abs 2 BEinstG die Kündigung eines begünstigten Behinderten ohne Zustimmung des Behindertenausschusses rechtsunwirksam. Für die bei der Entscheidung des Behindertenausschusses vorzunehmende Interessenabwägung (siehe Ernst/Haller aaO 259 ff) normiert das Gesetz unter anderem in § 8 Abs 4 lit b BEinstG, dass die Fortsetzung des Dienstverhältnisses dem Dienstgeber insbesondere dann nicht zugemutet werden könne, wenn der begünstigte Behinderte unfähig wird, die im Dienstvertrag vereinbarte Arbeit zu leisten, sofern in absehbarer Zeit eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nicht zu erwarten ist und der Dienstgeber nachweist, dass der begünstigte Behinderte trotz seiner Zustimmung an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz ohne erheblichen Schaden nicht weiter beschäftigt werden kann. Will man das Gesetz seiner Schutzfunktion nicht völlig entkleiden, kann dieser Beweis somit nur im Verfahren über die Kündigung angetreten werden. Der Dienstgeber kann sich jedoch nicht vor Auflösung des Dienstverhältnisses mit einem derartigen Vorbringen seiner Entgeltzahlungspflicht entziehen. Dieser Beweis steht ihm nicht offen, sodass es in diesem Zusammenhang weder auf die in der Revision relevierte Frage der Beweislast noch darauf ankommt, ob das Berufungsgericht hinsichtlich der Annahme der Möglichkeit einer Kontrollorstätigkeit ohne Beweiswiederholung von den Feststellungen des Erstgerichts abgewichen ist. Solange das Dienstverhältnis nicht rechtswirksam gelöst ist und die Entgeltzahlungspflicht nicht aus anderem Grunde als der Behinderung fortgefallen ist, hat der Begünstigte gegenüber seinem Dienstgeber Anspruch auf Lohnzahlung, weil es im Sinne des § 1155 Abs 1 ABGB dem Dienstgeber zuzurechnen ist, dass er nicht entsprechend § 6 Abs 1 BEinstG dem Dienstnehmer eine zumutbare Beschäftigung zugewiesen hat. Es liegt ein Fall grundloser Dienstfreistellung vor, der den Entgeltanspruch des Arbeitnehmers nicht zu schmälern vermag (8 ObA 2046/96g).

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

Rechtssätze
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