JudikaturJustiz8Ob716/89

8Ob716/89 – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Januar 1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Schwarz und Dr. Graf als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johanna H***, Pensionistin, 1120 Wien, Meidlinger Hauptstraße 8-14/9/3/16, vertreten durch Dr. Franz Bixner jun., Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Johannes A***, Privater, 1100 Wien,

Wirerstraße 6-14/2/15, vertreten durch Dr. Heinz Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe von 1350 Dukaten und Zahlung von S 793.500,-- sA (Gesamtstreitwert S 1,941.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15. November 1989, GZ 11 R 177/88-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 14. März 1988, GZ 28 Cg 125/86-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1.) Die Revisionsbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen;

2.) Der Revision der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben.

a) Die Entscheidung der Vorinstanzen wird in Ansehung eines Zuspruches an die klagende Partei von S 145.000,-- sA aufgehoben und dem Erstgericht insofern eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.

b) Im übrigen wird das berufungsgerichtliche Urteil mit der Maßgabe bestätigt, daß anstatt des Ausdruckes "kleine Golddukaten" der Begriff "einfache Golddukaten" zu treten hat.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte vom Beklagten die Bezahlung von S 793.500,-- sA. Sie habe diesen Betrag dem Beklagten, mit dem sie befreundet war, teils in barem Geld, teils durch Bezahlung des Kaufpreises eines PKWs als Darlehen gegeben, das er nach Fälligkeit (S 480.000,-- am 14. Juli 1985, restliche S 313.500,-- im Dezember 1985) nicht zurückbezahlt habe. Weiters begehrte sie die Herausgabe von 1350 "kleinen Golddukaten" im Wert von je S 850,--, die sie dem Beklagten bis Dezember 1985 geborgt habe, weil er diese angeblich als Kaution habe erlegen müssen. Das Rückforderungsbegehren stützte die Klägerin auf sämtliche denkbaren Rechtsgründe. Sie habe die Vermögenswerte dem Beklagten ausschließlich in der nicht erfüllten Erwartung übergeben, daß später eine Eheschließung stattfinden bzw die Lebensgemeinschaft andauern würde.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er wendete ein, zwischen den Streitteilen habe sich im Jahre 1984 eine Freundschaft entwickelt; er habe die Absicht gehabt, die Klägerin zu heiraten. Die Klägerin habe jedoch erklärt, ihn wegen ihrer Pension nach ihrem Gatten doch nicht heiraten zu wollen; außerdem habe sie mit einem anderen Mann intime Beziehungen aufgenommen. Es treffe zu, daß ihm die Klägerin am 14. Juli 1984 einen Barbetrag von S 480.000,-- zur Verfügung gestellt habe, wobei die Rückzahlung am 14. Juli 1985 erfolgen sollte. Diesen Betrag sollte er, dem Wunsch der Klägerin entsprechend, zur Gründung einer Export-Importfirma, zur Bezahlung persönlicher Schulden und zum Kauf eines PKWs verwenden. Anläßlich einer Zusammenkunft am 13. Mai 1985 habe die Klägerin erklärt, sie liebe den Beklagten so, daß er in ihrem Grab beigesetzt werden solle. Sie habe ihn gebeten, dies nach ihrem Diktat schriftlich festzuhalten. Unmittelbar danach habe die Klägerin auch gewollt, daß er auf die Bestätigung dazu schreibe "und sämtliche Zuwendungen sind erlassen". In diesem Zusammenhang habe die Klägerin ausdrücklich erklärt, daß unter "sämtlichen Zuwendungen" die oben erwähnten S 480.000,-- zu verstehen seien. Dem Wunsch der Klägerin entsprechend habe er diesen Nachsatz dazu geschrieben; die Klägerin habe dann unterschrieben. Er habe diese Schenkung angenommen. Weitere Geldbeträge oder Dukaten habe er nicht erhalten. Am 1. März 1986 habe die Klägerin darauf bestanden, ihm zusätzlich noch den PKW zu schenken.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es

traf - zusammengefaßt dargestellt - folgende Feststellungen:

Die Klägerin, die seit März 1984 mit dem Beklagten befreundet war, gewährte diesem am 14. Juli 1984 ein Darlehen von S 480.000,--. Die Rückzahlung sollte am 14. Juli 1985 erfolgen. Der Beklagte stellte darüber die Bestätigung Beilage A aus. Einen Teil des Geldes verwendete er zum Kauf eines PKWs. Die Klägerin stellte den Beklagten überall als ihren Verlobten vor; es wurde bereits von Heirat gesprochen.

In der Folge gewährte die Klägerin dem Beklagten weitere Darlehen von insgesamt S 313.500,--. Die Rückzahlung wurde bis spätestens 1985 vereinbart. Der Beklagte erklärte, "sie würde alles auf Heller und Pfennig zurückbekommen, das Offiziersehrenwort eines Adeligen müsse ihr genügen." Insgesamt wurden S 793.500 von der Bank behoben und dem Beklagten übergeben.

Im Jahr 1985 übergab die Klägerin dem Beklagten 1350 kleine Golddukaten im Wert von je S 850,--. Der Beklagte brauchte sie angeblich als Sicherstellung bei einer Schweizer Bank. Er versprach jeweils die Rückzahlung der Darlehensbeträge als auch die Rückgabe der Dukaten und gab der Klägerin "sein Offiziersehrenwort". Von einer Schenkung der Beträge oder der Dukaten war nie die Rede. Die Klägerin äußerte einmal den Wunsch, daß der Beklagte als ihr Verlobter in ihrem Grab beigesetzt werden möge. Der Beklagte schrieb dies auf einen Zettel. Der Zusatz "u. sämtliche Zuwendungen erlassen" entsprach nicht dem Willen der Klägerin. Dieser Zusatz wurde vom Beklagten erst nach der Unterfertigung durch die Klägerin ohne deren Wissen und Willen hinzugefügt.

Die Beziehung der Streitteile verschlechterte sich, weil die Klägerin den Eindruck hatte, daß der Beklagte sie ständig belog. Sie konnte ihm nicht mehr vertrauen. Als sie ihm sagte, sie könne ihm nichts mehr geben, kam der Beklagte nicht mehr zu ihr. Im Jahr 1985 erfuhr die Klägerin, daß der Beklagte eine Geliebte hat. Seit März 1986 gab es zwischen den Streitteilen keine Kontakte mehr. Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, die Hingabe der Bargeldbeträge sowie der Golddukaten sei als Darlehensgewährung zu beurteilen, weshalb die Klageforderung zu Recht bestehe. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, soweit er nicht in einer Geldsumme besteht, S 300.000,-- übersteigt. Das Gericht zweiter Instanz billigte die Auffassung des Erstgerichtes. Der Beklagte habe insgesamt den Betrag von S 793.500,-- und 1350 Golddukaten als Darlehen erhalten. Die Fälligkeit zur Rückzahlung sei eingetreten. Das Erstgericht habe daher mit Recht dem Klagebegehren stattgegeben.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin erstattete eine verspätete Revisionsbeantwortung. Die Revision wurde dem Klagevertreter am 3. Oktober 1989 zugestellt. Er gab die Revisionsbeantwortung nach dem Vermerk der Geschäftskanzlei erst am 1. November 1989, demnach verspätet, zur Post. Die Revisionsbeantwortung war daher zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise iS des gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.

Die unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens geltend gemachten Verfahrensverstöße liegen - wie die Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof ergab - nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die vom Berufungsgericht unterlassene Stellungnahme zu den Berufungsausführungen (S. 9) betreffend die Schenkung des PKWs wurde in der Revision nicht gerügt.

Auch die unter dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Rüge des Beklagten, das Klagebegehren sei in Ansehung des Herausgabeanspruches unbestimmt, ist nicht stichhältig. Nach ständiger Rechtsprechung ist dem Erfordernis der Bestimmtheit des Titels dann Genüge getan, wenn ihm die geschuldete Leistung unter Berücksichtigung des Sprach- und Ortsgebrauches und nach den Regeln des Verkehrs einwandfrei zu entnehmen ist (SZ 50/58 ua). Es muß also die Feststellung der Identität der eingeklagten Sachen so ermöglicht werden, daß der Umfang der Leistung zweifelsfrei zu erkennen ist (vgl. SZ 23/157 ua), und daß eine zuverlässige Grundlage für die zwangsweise Durchsetzung der zugesprochenen Leistung geschaffen wird (GesRZ 1988, 229 ua).

Der von den Vorinstanzen verwendete Ausdruck "kleine Golddukaten" ist unter Berücksichtigung der dargelegten Kriterien einwandfrei dahin zu verstehen, daß damit einfache Dukaten (die beispielsweise am 2. Jänner 1984 im Wertbereich von 1.068 : 840 gehandelt wurden) gemeint sind. Dies umschreibt die Klägerin auch mit dem Hinweis darauf, daß die "kleinen Golddukaten" einen Wert von je S 850,-- hatten. Golddukaten können nicht - wie dies der Beklagte in der Revision darzustellen versucht - mit anderen Goldmünzen (Goldkronen, Gulden udgl) gleichgestellt werden. Sie sind Goldmünzen mit besonders hohem Feingehalt (Enzyklopädisches Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen2, 475). Das Wiener Hauptmünzamt prägt solche nach altem Typ und Münzfuß bis heute offiziell nach (Meyers Enzyklopädisches Lexikon VII, 298), wobei zwischen einfachen und vierfachen Dukaten mit dementsprechender Wertabstufung unterschieden wird. Der "kleine" Dukaten kann daher auch nicht mit dem "großen" - Vierfachdukaten - verwechselt werden. Von einer Unbestimmtheit des Herausgabebegehrens der Klägerin kann somit nicht gesprochen werden.

Nicht erschöpfend geklärt ist jedoch die Frage, inwieweit in der von der Klägerin geltend gemachten Summe von S 793.500,-- - wie der Beklagte unter Hinweis auf die von der Klägerin selbst vorgelegte Berechnung Beilage E zutreffend geltend macht - der für den Ankauf des PKWs ausgelegte Betrag von S 145.000,-- seinen Niederschlag findet. Hiezu haben die Vorinstanzen einerseits festgestellt, daß der Betrag von S 145.000,-- aus dem am 14. Juli 1985 zugezählten Darlehen von S 480.000,-- stammt (vgl Ersturteil S 9 bis 10); andererseits scheint dieser Betrag in der Aufstellung der Klägerin Beilage E neuerlich auf und vervollständigt durch seine Neuberücksichtigung erst den Klagebetrag von S 793.500,--. In den Feststellungen der Vorinstanzen tritt somit diesbezüglich ein logischer Widerspruch zutage, der einer Klärung durch Aufhebung in diesem Belang bis in die erste Instanz zuzuführen ist. Im übrigen war jedoch der Revision aus den oben angeführten Gründen der Erfolg zu versagen und wie im Spruch zu erkennen. Der Kostenvorbehalt in Ansehung des aufhebenden Teiles dieser Entscheidung beruht auf § 52 ZPO; die Kostenentscheidung hinsichtlich des bestätigenden Teiles war gemäß §§ 52 Abs 2, 392 Abs 2 ZPO der Endentscheidung vorzubehalten.