JudikaturJustiz7Ob625/88

7Ob625/88 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. September 1988

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günter H***, Kaufmann, Bad Münder 1, Lange Straße 44, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Heimo Fürlinger, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Pier-Luigi B***, Kaufmann, Treffling bei Linz, Schinaglweg 4, vertreten durch Dr. Walter Haslinger, Dr. Nobert Nagele, Dr. Klaus Haslinger und Dr. Christoph Szep, Rechtsanwälte in Linz, wegen DM 71.567,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 6. April 1988, GZ 6 R 338/87-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 2. Oktober 1987, GZ 5 Cg 315/86-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 15.924,15 (darin S 1.447,65 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt die Zahlung von DM 71.567,-- s.A. Seine geschiedene Frau, Sigrid G***, habe ihren Geschäftsanteil an der H*** Maschinengesellschaft mbH an den Beklagten übertragen und die aus der Übertragung noch aushaftende Forderung an den Kläger abgetreten. Der Beklagte sei hievon mit Schreiben vom 9. Mai 1984 verständigt worden.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage und wendet ein, seine Ehegattin Sigrid B*** sei Alleinerbin nach ihrer Mutter Anneliese H***, die auch die Mutter des Klägers gewesen sei. Sigrid B*** habe unter anderem die Forderung ihrer Mutter gegen den Kläger aus der Auseinandersetzung der - in Bad Münder, BRD, betriebenen - Werner H*** OHG geerbt, die am 4. Juli 1982 - dem Todestag der Anneliese H*** - DM 352.501,36 betragen habe. Von dieser Forderung habe Sigrid B*** am 5. Juli 1983 einen Teilbetrag von DM 71.567,-- an den Beklagten abgetreten, der mit dieser Forderung gegen die Klageforderung aufgerechnet habe. Einen Pflichtteilsanspruch nach seiner Mutter habe der Kläger durch sein Verhalten verwirkt. Sollte dem Kläger jedoch ein solcher Anspruch zustehen, betrage er höchstens DM 258.262,--. Die Behauptung des Klägers, die von Sigrid B*** dem Beklagten (teilweise) abgetretene Forderung bestehe nicht zu Recht, weil ihm eine diese Forderung übersteigende Pflichtteilsforderung gegen Sigrid B*** als der Alleinerbin nach Anneliese H*** zustehe, die er mit der Forderung der Sigrid B*** verrechnen könne, sei daher unrichtig. Der Kläger behauptet demgegenüber, die Forderung der Sigrid B*** sei weder dem Grund, noch der Höhe nach existent geworden. Der Beklagte sei daher weder materiell noch formell zur Geltendmachung einer Gegenforderung und zu einer Aufrechnung berechtigt. Der von Sigrid B*** ererbte Auseinandersetzungsanspruch betrage höchstens DM 320.784,91, die Pflichtteilsforderung des Klägers dagegen DM 385.207,85. Es verbleibe daher ein Betrag von DM 64.922,93 zugunsten des Klägers, so daß eine abtretungsfähige Forderung der Sigrid B*** nicht existiere.

In der Tagsatzung vom 18. September 1987 stellten die Parteien außer Streit, daß das Auseinandersetzungsguthaben der Annlliese H*** zum Zeitpunkt ihres Todes (4. Juli 1982) unter Berücksichtigung einer Steuerbelastung DM 326.077,64, ohne Berücksichtigung dieser Belastung DM 352.501,36 betragen hat. In derselben Tagsatzung brachte der Beklagte vor, der Kläger habe eine Aufrechnung erstmals am 14. Februar 1985 erklärt. Vorherige Aufrechnungserklärungen seien unwirksam gewesen, weil sich die Forderungen nicht aufrechenbar gegenübergestanden seien. Sigrid B*** habe den Teilanspruch aus dem Auseinandersetzungsguthaben entgeltlich und in der nötigen Form abgetreten.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es traf folgende Feststellungen:

Sigrid G*** besaß an der H***-Maschinengesellschaft mbH mit dem Sitz in Linz einen Geschäftsanteil, den sie dem Beklagten entgeltlich abgetreten hat. Der Abtretungspreis betrug DM 147.973,25 und war in Raten zu bezahlen. Diese Forderung hat Sigrid G*** dem Kläger abgetreten. Der Beklagte leistete lediglich vier Teilzahlungen, so daß sich rechnerisch ein offener Betrag von DM 71.567,-- ergibt, der mit 7 % - ab 1. Oktober 1979 in der jeweils offenen Höhe - zu verzinsen ist.

Der Beklagte und seine Gattin Sigrid B*** ließen durch ihren Rechtsvertreter dem Kläger mit Schreiben vom 25. Mai 1984 mitteilen, daß Sigrid B*** infolge der Gesamtrechtsnachfolge nach ihrer Mutter Anneliese H*** ein Auseinandersetzungsguthaben nach deren Ausscheiden aus der Günter H*** OHG von DM 153.026,13 zustehe. Von dieser Forderung habe Sigrid B*** dem Beklagten einen Teilbetrag von DM 71.567,-- per 5. Juli 1983 abgetreten. Da der Kläger zufolge Abtretung der Ansprüche von Sigrid G*** gegen den Beklagten aus dem Abtretungsvertrag betreffend Geschäftsanteile der Fa. H*** Gesellschaft mbH Eigentümer dieser Forderung sei, erkläre der Beklagte die Aufrechnung mit der ihm zustehenden Forderung.

Der Kläger und sein Vater hatten 1961 die Werner H*** OHG gegründet. Auf Wunsch der Mutter wurden die Verhältnisse nach dem Tod des Vaters 1965 so geregelt, daß die Mutter Gesellschafterin der OHG wurde.

Am 19. März 1964 kam es zu einer Änderung oder Ergänzung des Gesellschaftsvertrages dahingehend, daß im Fall der Auflösung der Gesellschaft die stillen Reserven ebenso wie eventuelle Mehr- oder Minderwerte bei der steuerrechtlichen Bewertung nach dem Verhältnis der Kapitalanteile, wie sie sich auf Grund der Schlußbilanz bzw. Bewertungsbilanz ergeben, unter den Gesellschaftern zu verteilen sind.

Etwa im Jahre 1978 wollte der Kläger nicht mehr, daß das Unternehmen in der bisherigen Form fortgeführt werde. Es gab Schwierigkeiten, weil sich die Mutter Anneliese H*** nach Meinung des Klägers nicht mehr entsprechend um ihre Geschäftsführertätigkeit kümmerte. Es wurde erwogen, daß entweder der Kläger den Anteil seiner Mutter oder Anneliese H*** den Anteil des Klägers kaufe. Anneliese H*** beauftragte die Deutsche Treuhandgesellschaft mit der Ermittlung des Kaufpreises, die die Betriebsliegenschaft mit DM 1,290.000,-- bewertete. Dem Kläger erschien dies zu hoch: Er stellte sich eine Bewertung mit DM 800.000,-- vor. Schließlich kam es zu einer Einigung auf diesen Wert.

Am 12. Juli 1979 schlossen Anneliese H*** und der Kläger eine Auseinandersetzungsvereinbarung. Anneliese H*** schied mit 31. Dezember 1978 aus der OHG aus. Sie vereinbarte mit dem Kläger einen Abfindungsanspruch von DM 1,082.036,80, der mit 2 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen war. Im Falle des Todes von Anneliese H*** sollte die jeweilige Restverpflichtung in drei gleichen Jahresraten bezahlt werden. Steuern, die sich auf Grund einer Betriebsprüfung bis zum 31. Dezember 1978 oder auf Grund dieser Vereinbarung ergeben könnten, sollte der Kläger tragen. An eventuellen Mehr- oder Mindergewinnen auf Grund einer späteren Betriebsprüfung sollte Anneliese H*** nicht teilnehmen. Anneliese H*** errichtete am 24. April 1980 ein Testament, in dem sie den Kläger vom weiteren Erbe ausschloß, weil er sich ihr gegenüber verletzend verhalten habe und in dem sie ihre Tochter Sigrid B*** zur Erbin aller persönlichen Sachen, Sparbücher, Vermögensanteile und des Grundstückes Bad Münder, Angerstraße 50, berief. Ein weiteres Grundstück in Bad Münder, Marktstraße 14, vermachte sie einer aus ihren vier Enkelkindern und der Haushälterin Irmgard R*** bestehenden Erbengemeinschaft.

Anneliese H*** verstarb am 4. Juli 1982.

Am Tag darauf trafen sich der Kläger und Sigrid B*** mit dem Notar R*** im Haus der Verstorbenen. Man stellte fest, daß Anneliese H*** ein Testament errichtet hatte, wonach Sigrid B*** praktisch Alleinerbin war. Es war den Beteiligten klar, daß Sigrid B*** die Pflichtteilsansprüche des Klägers zu erfüllen haben werde. Ein Problem gab es insofern, als bei der Erbengemeinschaft, die das Haus Marktstraße 14 erhalten sollte, das jüngste Kind des Klägers nicht berücksichtigt war. Der Notar schlug vor, das fünfte Enkelkind in die Erbengemeinschaft aufzunehmen und den Wert des Hauses bei der Errechnung des Pflichtteilsanspruches des Klägers nicht zu berücksichtigen. Man einigte sich darauf, daß das fünfte Enkelkind in die Erbengemeinschaft einbezogen werden sollte. Ob auch eine Einigung über die Ausklammerung dieser Liegenschaft bei Berechnung des Pflichtteiles des Klägers erzielt wurde, wurde nicht festgestellt.

Als der Kläger wenige Tage später Sigrid B*** brieflich seine Pflichtteilsansprüche mitteilte, nahm er auch das Haus Marktstraße 14 in die Berechnungsgrundlage auf. Dies hatte zur Folge, daß Sigrid B*** nicht mehr in die Einbeziehung des dritten Kindes des Klägers in die Erbengemeinschaft einwilligte. Es kam zu einem Prozeß vor dem Landgericht Hannover, der damit endete, daß das dritte Kind des Klägers 1/6 des Hauses erhielt.

In der Folge machte der Kläger seine Pflichtteilsansprüche in wechselnder Höhe geltend. Sigrid B*** ihrerseits stellte Angebote in wechselnder Höhe. Eine Gesamtbereinigung konnte nicht erzielt werden.

Sigrid B*** ist durch Erbschein ausgewiesene Alleinerbin nach ihrer Mutter. Sie hat von dem geerbten Auseinandersetzungsguthaben betreffend die Werner H*** OHG einen Teilbetrag von DM 71.567,-- an den Beklagten zediert. Dieser hat durch seine Erklärung vom 25. Mai 1984 gegenüber dem Kläger mit dieser Forderung gegen die Klageforderung aufgerechnet.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, es bestehe kein Streit darüber, daß die Klageforderung rechnerisch offen sei. Im übrigen stünden der von Sigrid B*** ererbte Auseinandersetzungsanspruch gegen den Kläger und der Pflichtteilsanspruch des Klägers gegen Sigrid B*** einander gegenüber. Eine Aufrechnung dieser Forderungen sei vorerst mangels Fälligkeit der Zahlung des Auseinandersetzungsanspruches nicht möglich gewesen. Eine Aufrechnung vollziehe sich nicht von selbst. Es müsse zur Aufrechnungslage noch die Aufrechnungserklärung hinzutreten. Die Aufrechnungserklärung sei eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Kläger jemals eine Aufrechnungserklärung, sei es auch nur eine konkludente, abgegeben habe. Als der Beklagte mit Schreiben vom 25. Mai 1984 dem Kläger die Aufrechnung der ihm von seiner Frau im Umfang von DM 71.567,-- abgetretenen Auseinandersetzungsguthabensforderung gegen die hier geltend gemachte Klageforderung erklärt habe, sei dies wirksam geschehen, weil zu diesem Zeitpunkt zumindest ein Teilbetrag von DM 100.000,-- aus dem Auseinandersetzungsguthaben fällig gewesen sei und somit zwei berechtigte Forderungen in Aufrechnungslage einander gegenübergestanden seien. Die Aufrechnungserklärung habe das Erlöschen der einander gegenüberstehenden Forderungen, soweit sich sich deckten, mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage bewirkt. Wegen der endgültigen Wirkung der Aufrechnung könne dieser Aufrechnung nicht eine weitere Aufrechnung entgegengehalten werden. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Das Erstgericht habe zwar keine dezidierte Feststellung über die Abtretung einer Forderung von DM 71.567,-- an den Beklagten zum 5. Juli 1983 getroffen, gehe aber davon aus. Dies sei insbesondere im Hinblick auf das Schreiben des Beklagtenvertreters vom 25. Mai 1984 (Beilage 9) unbedenklich, weil ein umsichtiger Parteienvertreter eine Forderung nur dann zur Aufrechnung heranziehe, wenn er aus den Umständen mit Sicherheit annehmen könne, daß die Forderung tatsächlich dem Schuldner zediert worden sei. Zumindest würde er dafür sorgen, daß es vor Abgabe der Aufrechnungserklärung zu einer Forderungsabtretung an den Schuldner komme. Die Zession sei wirksam zustandegekommen. Nach § 45 IPRG sei ein Rechtsgeschäft, dessen Wirkungen begrifflich von einer bestehenden Verbindlichkeit abhängen, nach den Sachnormen des Staates zu beurteilen, dessen Sachnormen für die Verbindlichkeit maßgebend sind. Ein Rechtsgeschäft in diesem Sinn sei auch die rechtsgeschäftliche Zession. Gegenstand der strittigen Zession sei ein von ihrer Mutter, die in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft gewesen sei, ererbter Auseinandersetzungsanspruch der Sigrid B*** im Zusammenhang mit dem Ausscheiden ihrer Mutter aus einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen und dort registrierten offenen Handelsgesellschaft. Auf diesen Anspruch sei als Recht der engsten Beziehung (§ 1 Abs 1 IPRG) das Recht der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden. Damit komme aber auch auf die Zession dieses Recht zur Anwendung. Nach Auffassung des BGB sei die Zession ein "abstraktes", von dem zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäft in seiner Gültigkeit unabhängiges Verfügungsgeschäft. Eine Betrachtung des der Zession zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäftes und seiner allfälligen Entgeltlichkeit sei daher entbehrlich. Auch die Aufrechnungserklärung vom 25. Mai 1984 sei daher wirksam erfolgt. Der Kläger habe eine Aufrechnung vor diesem Zeitpunkt weder ausdrücklich noch konkludent erklärt. Die Erklärung vom 14. Februar 1985 (Beilage 16) sei unerheblich, weil die Aufrechnungserklärung zum Erlöschen beider Forderungen führe und der Aufrechnungsgegner danach nicht mehr mit einer anderen Forderung gegen denselben Schuldner aufrechnen könne. Eine Aufrechnungserklärung vor dem 25. Mai 1984 ergebe sich insbesondere auch nicht aus den Schreiben Beilage C (in dem eine Aufrechnung der Ansprüche der Sigrid B*** und des Klägers in Aussicht gestellt worden sei) und D (dem ein Bemühen um vergleichsweise Bereinigung sämtlicher Ansprüche zu entnehmen sei).

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es aufzuheben und die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen, in eventu, es im klagestattgebenden Sinn abzuändern.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht der Kläger geltend, daß für die vom Beklagten behauptete Zession (der Sigrid B***) kein Beweis vorliege und daß überdies eine derartige Zession nach österreichischem Recht zu beurteilen wäre, weil sowohl der Beklagte als auch Sigrid B*** ihren Aufenthaltsort in Österreich hätten und anzunehmen sei, daß die behauptete Zession in Österreich geschlossen worden sei, zumal beide Teile österreichische Staatsbürger seien. Nach österreichischem Recht aber hätte geprüft werden müssen, ob die Zession entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt sei. Es wäre zu beachten gewesen, daß bei der behaupteten Entgeltlichkeit die Bestimmungen des Notariatszwanggesetzes zur Anwendung hätten kommen müssen. Dies aber hätte dem behaupteten Aufrechnungseinwand den Boden entzogen. Selbst bei Anwendung deutschen Rechtes aber wäre auf § 8 IPRG Bedacht zu nehmen gewesen. Der von Sigrid B*** ererbte Auseinandersetzungsanspruch sei "eher" unter die Spezialnorm des § 36 IPRG zu subsumieren als unter die allgemeine Bestimmung des § 1 IPRG und entsprechend dem gewöhnlichen Aufenthalt der Gläubigerin daher nach österreichischem Recht zu beurteilen. Das Erstgericht hat jedoch, wenn auch in knapper Form und ohne auf nähere Umstände einzugehen, festgestellt, Sigrid B*** habe von dem nach ihrer Mutter geerbten Auseinandersetzungsguthaben betreffend die Werner H*** OHG einen Teil in der Höhe des Klagebetrages an den Beklagten zediert, und hat diese Feststellung auch begründet. Die zweite Instanz hat einerseits einen hiezu geltend gemachten Verfahrensmangel nicht als solchen anerkannt und andererseits die Beweiswürdigung des Erstgerichtes nach ausführlichen Erwägungen als unbedenklich bezeichnet. Hat das Berufungsgericht bereits erkannt, daß ein Mangel des Verfahrens erster Instanz nicht vorliegt, kann er im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes über eine Beweisrüge ist mängelfrei, wenn es sich mit dieser befaßt, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält.

Zu prüfen ist allerdings im Rahmen der erhobenen Rechtsrüge, ob die Zession in der Form, wie sie festgestellt wurde, wirksam erfolgt ist.

Die abgetretene Forderung stand zunächst der Mutter des Klägers und der Sigrid B***, Anneliese H***, als Auseinandersetzungsanspruch auf Grund ihres Ausscheidens aus der Werner H*** OHG zu, die bis zum 31. Dezember 1978 zwischen ihr und dem Kläger bestanden hatte. Da die genannte offene Handelsgesellschaft ihren Sitz in der BRD hatte, die Auseinandersetzungsvereinbarung in der BRD abgeschlossen wurde und sowohl der Kläger als auch seine Mutter ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD hatten, kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Auseinandersetzungsanspruch nach deutschem Recht zu beurteilen ist. Der erbrechtliche Übergang dieses Anspruches auf Sigrid B*** hat seine Rechtsnatur - entgegen der offenbar in der Revision vertretenen Ansicht - nicht verändert. Die rechtsgeschäftliche Abtretung dieses nach deutschem Recht zu beurteilenden Anspruches aber ist gemäß § 45 IPRG als abhängiges Rechtsgeschäft gleichfalls nach deutschem Recht zu beurteilen (Schwimann, Grundriß des internationalen Privatrechts, 145; Duchek-Schwind, IPR in MSA 53, Anm. 5 zu § 45). Nach deutschem Recht ist die Abtretung formlos gültig (Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts14 I 575), und zwar auch dann, wenn die abgetretene Forderung auf einem formpflichtigen Geschäft beruht oder das der Abtretung zugrundeliegende Kausalgeschäft formbedürftig ist (Palandt, BGB47 Anm. 3 zu § 398); Mängel des Kausalgeschäfts lassen die Wirksamkeit der Abtretung nach dem Abstraktionsprinzip unberührt (Palandt aaO Anm. 2; Münchener Komm. zum BGB2 II Anm. 18 zu § 398; Larenz aaO 579). Ist aber die Geltung des Abtretungsvertrages unabhängig von der des zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäftes, sind Feststellungen und Erörterungen über das Kausalgeschäft, wie bereits die zweite Instanz ausgeführt hat, entbehrlich.

Verfehlt ist der Hinweis des Klägers auf § 8 IPRG, wonach die Form einer Rechtshandlung nach demselben Recht zu beurteilen sei wie die Rechtshandlung selbst, die Einhaltung der Formvorschriften des Staates, in dem die Rechtshandlung vorgenommen wird, jedoch genügt. Denn entgegen dem mißverständlichen Gesetzestext stellt § 8 IPRG keine Rangordnung auf. Es genügt vielmehr, wenn die Form einer der beiden Rechtsordnungen entspricht. Für die nachträgliche Beurteilung gibt das jeweils günstigere Recht den Ausschlag. Dies entspricht dem allgemeinen kollisionsrechtlichen Bestreben, die Gültigkeit von Rechtsgeschäften zu begünstigen (Schwimann aaO 96 f; Duchek-Schwind aaO Anm. 4 zu § 8).

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht der Kläger - soweit er nicht neuerlich auf die Frage der Wirksamkeit der Zession zurückkommt - geltend, selbst wenn man davon ausgehe, daß der Gattin des Beklagten eine ausdrückliche Aufrechnungserklärung des Klägers vor dem Mai 1984 nicht zugegangen sei, sei doch sein Verhalten als schlüssige Aufrechnungserklärung zu werten. Schon unmittelbar nach dem Tod der Anneliese H*** am 5. Juli 1982 sei zwischen den Geschwistern die mögliche Aufrechnung besprochen und "begrüßt" worden. In der gesamten Korrespondenz, in der es "zugegebenermaßen" primär um die Höhe der Pflichtteilsforderung des Klägers gegangen sei, seien beide Forderungen jeweils einander gegenübergestellt worden, wobei je nach dem Standpunkt des einen oder anderen jeder für sich ein entsprechendes Guthaben reklamiert habe. Nur dann, wenn jemals ein Guthaben der Sigrid B*** existiert haben sollte, hätte sie einen derartigen Überhang abtreten können. Der Kläger habe im Hinblick auf die wechselseitigen Forderungen mehrfach erklärt, er schulde seiner Schwester nichts, denn er habe selbst Forderungen. Es sei nicht zweifelhaft, daß der Kläger mit seinen Pflichtteilsansprüchen gegen die Forderungen seiner Schwester habe aufrechnen wollen. Die Aufrechnung sei schon bei Beurkundung des Erbscheinantrages erfolgt. Vertrete man aber die Auffassung, die Geschwister hätten sich nur vorbehalten, die Aufrechnung zu erklären, komme die Bestimmung des § 406 BGB zur Anwendung. Sigrid B*** habe sich treuwidrig verhalten, wenn sie einen Teil ihrer Forderung gegen den Kläger dem Beklagten zur Aufrechnung überlassen habe.

Die vorliegenden Feststellungen gestatten jedoch nicht die Annahme einer schlüssigen Aufrechnungserklärung. Eine Feststellung, wonach der Kläger mehrfach erklärt habe, er schulde seiner Schwester nichts, denn er habe selbst Forderungen, wurde nicht getroffen. Das Revisionsgericht bezweifelt nicht, daß der Kläger und Sigrid B*** die Absicht hatten, ihre gegenseitigen Forderungen aufzurechnen. Diese Absicht wird aus den Beilagen A (die allerdings mit 30. April 1985 datiert ist, so daß ihr mit Rücksicht auf die Aufrechnungserklärung des Beklagten Beilage 16 insoweit keine Bedeutung zukommen kann), C und D deutlich, in denen beide Teile die Möglichkeit einer Aufrechnung der beiderseitigen Ansprüche begrüßt haben (Beilage C) und Sigrid B*** (Beilage A) bzw. ihre Vertreter (Beilage D) eine Verrechnung der beiderseitigen Ansprüche für den Fall des Einverständnisses über die Höhe der Ansprüche ("wenn .... einverstanden ist"; Beilage D) - über die sich die Geschwister allerdings keineswegs einig waren - ins Auge faßten. Die Absicht, gegenseitige Ansprüche im Wege der Aufrechnung zu erfüllen, vermag jedoch eine - ausdrückliche oder

konkludente - Aufrechnungserklärung nicht zu ersetzen. Der bloße Aufrechnungswille genügt nicht. Die Bereitschaft zu einer Verrechnung stellt noch keine Aufrechnungserklärung dar (Münchener Kommentar aaO, Anm. 1 zu § 388). Der Umstand, daß die - zur Aufrechnung geeigneten - Forderungen des Klägers (Pflichtteilsforderung) und der Sigrid B*** (Auseinandersetzungsanspruch) einander gegenübergestanden sind, hat nur eine Aufrechnungslage geschaffen. Die Aufrechnungslage allein hat aber keine unmittelbare Bedeutung. Bevor die Aufrechnung erklärt wird, stehen einander die beiderseitigen Forderungen rechtlich völlig unberührt gegenüber, so daß sie nicht etwa von selbst erlöschen (Münchener Kommentar aaO, Rz 1 zu § 389). Daß eine Aufrechnung schon bei Beurkundung des Erbscheinantrages erfolgt sei, stellt eine im Revisionsverfahren unzulässige Neuerung dar, da der Kläger im Verfahren vor dem Erstgericht derartiges nicht behauptet hat.

Die Vorschrift des - vom Kläger wohl

mißverstandenen - § 406 BGB - wonach der Schuldner eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen kann, es sei denn, daß er beim Erwerb der Forderung von der Abtretung Kenntnis hatte oder daß die Forderung erst nach der Erlangung der Kenntnis und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist - vermag der Kläger nicht zu seinem Vorteil geltend zu machen (zum Verständnis dieser Bestimmung vgl. etwa Soergel, BGB11 2/1, Anm. 1 und 2 zu § 406). Gemäß § 389 BGB bewirkt die Aufrechnung, daß die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind. Wegen dieser endgültigen Wirkung kann der Aufrechnung nicht eine weitere Aufrechnung entgegengehalten werden ("Replik der Aufrechnung"). Der Aufrechnungsgegner kann nicht mehr mit einer anderen Forderung gegen denselben Schuldner aufrechnen (Soergel aaO Anm. 3 zu § 389; Münchener Kommentar aaO Anm. 2 a zu § 389; RGRK zum BGB12 II/1, Anm. 1 zu § 389; Staudinger, Komm. z. BGB10/11 II 1 d, Anm. 22 zu § 389). Das durch die Aufrechnungserklärung des Beklagten vom 25. Mai 1984 bewirkte Erlöschen der Klageforderung und der vom Beklagten eingewendeten Gegenforderung hindert daher eine Aufrechnung iS des § 406 BGB.

Mit Recht haben daher die Vorinstanzen das Klagebegehren abgewiesen.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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