JudikaturJustiz7Ob374/97v

7Ob374/97v – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. März 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Josef D*****, vertreten durch Dr.Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagte Partei Gerda R*****, vertreten durch Dr.Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 3.Juni 1997, GZ 3 R 161/97t-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 27.März 1997, GZ 6 C 103/97i-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit insgesamt S 2.436,48 (darin enthalten S 406,08 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem am 4.10.1995 geschlossenen schriftlichen Mietvertrag vermietete die Beklagte ihre Eigentumswohnung an den Kläger. Das Mietverhältnis begann am 1.12.1995, wurde für die Dauer von 3 Jahren geschlossen und sollte vereinbarungsgemäß durch bloßen Ablauf der Zeit ohne Kündigung enden. Eine stillschweigende Erneuerung wurde ausgeschlossen. An der Wohnung wurde nach dem 8.5.1945 und vor Errichtung des Mietvertrages Wohnungseigentum begründet.

Der Kläger kündigte den Mietvertrag am 4.2.1997 zum 31.7.1997 gerichtlich auf, wobei er sich auf § 29 Abs 1 Z 3 lit c MRG berief. Die Aufkündigung wurde der Beklagten am 7.2.1997 zugestellt.

Die beklagte Partei führte in ihren Einwendungen aus, daß eine Kündigung vor Ablauf der vereinbarten Bestandzeit nicht möglich sei.

§ 29 Abs 1 lit c MRG finde auf Wohnungen, an denen Wohnungseigentum bestehe, keine Anwendung, weil § 29 Abs 1 lit b MRG die lex spezialis für Eigentumswohnungen sei.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Klagebegehren ab. Gemäß § 1 Abs 4 Z 3 MRG komme die Bestimmung des § 29 MRG zur Anwendung. Aus dem Wortlaut des Gesetzes sei zu erschließen, daß es sich bei der Bestimmung des § 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG um die gegenüber der Bestimmung des § 29 Abs 1 Z 3 lit c MRG speziellere Norm handle, weil sich letztere Bestimmung generell auf Hauptmietverträge über Wohnungen beziehe, während erstere Bestimmung ausdrücklich nur auf Wohnungen, an denen Wohnungseigentum bestehe, anzuwenden sei. Es sei daher § 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG maßgebend, der erst nach 5-jähriger Dauer des Mietverhältnisses ein Kündigungsrecht des Mieters vorsehe. Das Mietverhältnis zwischen den Streitteilen ende daher ohne Kündigungsmöglichkeit durch Zeitablauf.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die Wohnrechtsnovelle 1997 finde auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, weil sich aus der Übergangsbestimmung des § 49 b Abs 8 MRG ergebe, daß das MRG idF der Wohnrechtsnovelle 1997 nur bei Mietverträgen zur Anwendung komme, die vor dem 1.3.1997 geschlossen, rechtswirksam befristet und für einen Zeitraum nach dem 28.2.1997 verlängert worden seien. Letzteres treffe auf den vorliegenden Mietvertrag nicht zu, so daß § 29 Abs 1 Z 3 lit b und c MRG idF des 3. WÄG zur Anwendung kämen. Der "3-Jahresvertrag" im Sinn des § 29 Abs 1 Z 3 lit c MRG idF des 3. WÄG sei dadurch gekennzeichnet, daß er nur auf 3 Jahre und "nicht um einen Tag mehr oder weniger" geschlossen werden könne. Eine Verlängerungsmöglichkeit sei nicht vorgesehen. Treffe die Ansicht des Klägers zu, würde also der gegenständliche, über eine Eigentumswohnung für die Dauer von 3 Jahren abgeschlossene Mietvertrag dem § 29 Abs 1 Z 3 lit c MRG unterstellt, so würde dies bedeuten, "daß eine Verlängerung (im Gegensatz zur Regelung der lit b) rechtlich nicht möglich ist; diesen nicht sachgerechten und keinen erkennbaren Sinn ergebenden Ausschluß eines auf 3 Jahre befristeten Mietvertrages über eine Eigentumswohnung von einer rechtswirksamen Verlängerungsmöglichkeit kann der Gesetzgeber nicht bezweckt haben". Aus dieser Überlegung sei das Berufungsgericht der Ansicht, daß mit dem in § 29 Abs 1 Z 3 lit c MRG idF des 3. WÄG verwendeten Begriff "Wohnung" nicht auch eine Wohnung, an der Wohnungseigentum bestehe, gemeint sei. Es werde daher die Auffassung des Erstgerichtes geteilt, wonach sich die Tatbestände der lit b und c des § 29 Abs 1 Z 3 MRG wechselseitig mit dem Ergebnis ausschlössen, daß sich der Kläger auf § 29 Abs 1 Z 3 lit c MRG als Kündigungstatbestand nicht berufen könne. Die Revision sei zulässig, weil es zu den hier behandelten Rechtsfragen keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes gebe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Verhältnis der lit c zur lit b des § 29 Abs 1 Z 3 MRG idF des 3. WÄG vorliegt. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

In § 29 Abs 1 Z 3 lit b und c MRG idF des BGBl I Nr.22/1997 ist nunmehr ausdrücklich festgelegt, daß der Mieter bei einem "3-Jahresvertrag" das Mietverhältnis nach einjähriger Bestandzeit sowohl bei einer Eigentumswohnung als auch bei einer sonstigen Wohnung aufkündigen kann. Gemäß § 49 b Abs 1 MRG treten die Änderungen des § 29 Abs 1 Z 3 lit b und c MRG durch das BGBl I Nr. 22/1997 mit 1.3.1997 in Kraft.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Zulässigkeit einer Aufkündigung nach den Verhältnissen zur Zeit ihres Zuganges an den Erklärungsgegner zu beurteilen (MietSlg 46.426 ua). Von diesem Grundsatz kann nur ausnahmsweise, etwa bei Wegfall des Kündigungsgrundes des Eigenbedarfes, abgegangen werden (MietSlg 27.351, MietSlg 28.395 ua). Mangels gegenteiliger Übergangsbestimmungen in der Wohnrechtsnovelle 1997 ist daher zu prüfen, ob die Aufkündigung im Zeitpunkt ihrer Zustellung an die Kündigungsgegnerin (7.2.1997) nach den damals geltenden Bestimmungen des MRG idF des 3. WÄG gerechtfertigt war. Daß der Kündigungstermin bereits in die Zeit der Geltung der Wohnrechtsnovelle 1997 fiel, ist dabei bedeutungslos (MietSlg 35.388).

Durch das zwischen der Zustellung der Aufkündigung und dem Kündigungstermin erfolgte Inkrafttreten der Wohnrechtsnovelle 1997 hat sich daran nichts geändert. Ein rückwirkendes Eingreifen des § 29 Abs 1 Z 3 lit c MRG idF der Mietrechtsnovelle 1997 in - nach der alten Rechtslage - unwirksam erfolgte Aufkündigungen fände nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung statt. Eine solche Anordnung ist aber weder der grundsätzlichen Regel, daß die Mietrechtsnovelle 1997 ab dem 1.3.1997 auch auf Mietverträge anzuwenden ist, die vor seinem Inkrafttreten geschlossen worden sind (§ 49a Abs 13 MRG nF), noch den sonstigen Übergangsbestimmungen, wie insbesondere den § 49b Abs 7 und Abs 8 MRG nF eindeutig zu entnehmen.

Die Vorinstanzen haben daher im Ergebnis zu Recht die Frage der Kündigungsmöglichkeit des Klägers nach § 29 Abs 1 Z 3 lit b und c MRG idF des 3. WÄG beurteilt. Auch ihre weitere Ansicht, daß die Bestimmung der lit b gegenüber jener der lit c des § 29 Abs 1 Z 3 MRG die speziellere Norm sei, die für Eigentumswohnungen gelte und daher die Anwendbarkeit der lit c auf Mietverträge über Eigentumswohnungen ausschließe, ist zu teilen.

Die betreffenden Bestimmungen lauten:

"Der Mietvertrag wird aufgelöst ... 3. durch Zeitablauf, jedoch nur wenn

a) ...

b) ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach lit a in einem Hauptmietvertrag über eine Wohnung, an der Wohnungseigentum besteht, schriftlich vereinbart worden ist, daß er durch den Ablauf der bedungenen Zeit ohne Kündigung erlischt und die ursprüngliche oder verlängerte Vertragsdauer 10 Jahre nicht übersteigt; ungeachtet einer derartigen Vereinbarung hat der Mieter nach Ablauf einer 5-jährigen Dauer des Mietverhältnisses das unverzichtbare und unbeschränkbare Recht, den Mietvertrag vor Ablauf der bedungenen Zeit jeweils zum Monatsletzten gerichtlich unter Einhaltung einer 3-monatigen Kündigungsfrist zu kündigen,

c) in einem Hauptmietvertrag über eine Wohnung schriftlich vereinbart wurde, daß er durch den Ablauf der bedungenen Zeit ohne Kündigung erlischt, und die Vertragsdauer 3 Jahre beträgt; der Mieter hat aber nach Ablauf einer 1-jährigen Dauer des Mietverhältnisses das unverzichtbare und unbeschränkbare Recht, den Mietvertrag vor Ablauf der bedungenen Zeit jeweils zum Monatsletzten gerichtlich unter Einhaltung einer 3-monatigen Kündigungsfrist zu kündigen."

Lit c spricht ganz allgemein von "Wohnungen". Die Fassung der Vorgängerbestimmungen nach dem 2. WÄG (1.3.1991 bis 28.2.1994) und in der Urfassung brachten allerdings die Subsidiarität der Bestimmung für "sonstige" Wohnungen (lit c) gegenüber Eigentumswohnungen (lit b) durch die Wortfolge "ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach lit a oder b" klarstellend zum Ausdruck. Die Gesetzesmaterialien zum 3. WÄG (vgl AB 1268 BlgNR 18. GP, zu Art II Z 26) geben keinen Hinweis darauf, warum dieser - in lit b bezüglich lit a nach wie vor enthaltene Passus - in lit c weggefallen ist. Es deutet nichts darauf hin, daß der Gesetzgeber damit beabsichtigt habe, in lit c nunmehr auch Eigentumswohnungen - und weiters auch die in lit a angeführten Wohnungen - einzubeziehen. Es wäre nicht sinnvoll, wenn es dem Mieter einer Eigentumswohnung einerseits nur gestattet sein sollte, das Mietverhältnis erst nach 5-jähriger Dauer aufzukündigen, er aber andererseits im Widerspruch dazu das Mietverhältnis bereits nach einjähriger Vertragsdauer aufkündigen könnte, wenn die vorgesehene Mietdauer genau 3 Jahre beträgt, aber wiederum dann nicht, wenn die Mietdauer darunter oder darüber liegt. Ebenso unverständlich wäre es, warum die freie Gestaltungsmöglichkeit der Mietdauer, die für Wohnungen im Sinne des § 29 Abs 1 Z 3 lit a vorgesehen ist, durch lit c ausgerechnet bei einem 3- Jahresvertrag durch die Einräumung einer zwingenden Kündigungsmöglichkeit des Mieters nach einem Jahr wieder eingeschränkt werden sollte. Bei Verneinung der Subsidiarität der lit c gegenüber der lit b müßte nämlich konsequenterweise auch die Subsidiarität der lit c gegenüber der lit a verneint werden.

Zudem wurde in § 16 Abs 7 MRG idF des 3. WÄG, der einen Abstrich vom Hauptmietzins einerseits bei befristeten Mietverträgen nach § 29 Abs 1 Z 3 lit c und andererseits bei befristeten Mietverträgen nach § 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG, bei letzteren allerdings nur bei "Altbauten", vorsieht, offenbar als selbstverständlich unterstellt, daß sich lit c auf "sonstige" Wohnungen, also nicht auf Eigentumswohnungen bezieht.

Würth in Rummel2 II Rz 7 zu § 29 MRG idF des 2. WÄG begründet zwar das Vorangehen der lit b (bis 10 Jahre Höchstdauer) vor der lit c nur mit der Formulierung "ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach lit a oder b". Wie bereits ausgeführt, ist die zitierte Wortfolge in lit c idF des 3. WÄG nicht mehr vorhanden, sodaß diese vom Erstgericht herangezogene Belegstelle allein nicht die Ansicht stützt, daß bei Überschneidung der Tatbestände der lit b und c idF des 3. WÄG die Bestimmung der lit b auch hinsichtlich der Kündigungsmöglichkeit durch den Mieter (erst nach 5 Jahren) vorgehen müsse. In dem von Würth/Zingher verfaßten Kommentar zum Miet- und Wohnrecht wird jedoch in den auf diese Bestimmungen bezughabenden Ausführungen - weiterhin - als selbstverständlich unterstellt, daß sich lit c auf "sonstige Wohnungen" (also auf solche, die nicht von lit a oder lit b umfaßt sind) bezieht (vgl etwa die Einteilung in "...Zweifamilienhaus - Eigentumswohnung - sonstige Wohnung ...." Seiten 312, 313 sowie weiters RZ 17, 20 und 21 zu § 29 MRG und Rz 31 zu § 16 MRG in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20).

Da somit dem Kläger im Zeitpunkt der Zustellung seiner Aufkündigung an die Beklagte kein Kündigungsrecht zukam, waren die Entscheidungen der Vorinstanzen zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Rechtssätze
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